BGH 23. Februar 2024
V ZR 132/23
WEG §§ 10 Abs. 1 S. 2, 28

Mehrhausanlage; Bildung von Untergemeinschaften; Zuständigkeit der Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer; Anspruch auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums; Anforderungen an Beschluss über Erhebung einer Sonderumlage

letzte Aktualisierung: 6.6.2024
BGH, Urt. v. 23.2.2024 – V ZR 132/23

WEG §§ 10 Abs. 1 S. 2, 28
Mehrhausanlage; Bildung von Untergemeinschaften; Zuständigkeit der Gesamtgemeinschaft
der Wohnungseigentümer; Anspruch auf ordnungsgemäße Herstellung des
Gemeinschaftseigentums; Anforderungen an Beschluss über Erhebung einer Sonderumlage

1a. Sind nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage weitgehend verselbstständigte
Untergemeinschaften gebildet, kann nur die Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer die den
einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer wegen Mängeln des
Gemeinschaftseigentums zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des
Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; dies
gilt auch dann, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil der Anlage
betreffen.
1b. Die Kompetenz, durch Beschluss über die gerichtliche Geltendmachung der vergemeinschafteten
Ansprüche und die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Fragen (hier:
Aufnahme von Vergleichsverhandlungen und Erhebung einer Sonderumlage zur Finanzierung der
Prozesskosten) zu entscheiden, steht ebenfalls allein der Gesamtgemeinschaft der
Wohnungseigentümer zu.
2. Grundsätzlich muss in einem Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage die auf den
einzelnen Eigentümer entfallende Summe betragsmäßig bestimmt sein. Es reicht aber aus, wenn der
geschuldete Einzelbetrag objektiv eindeutig bestimmbar ist und von den Wohnungseigentümern
selbst ohne Weiteres errechnet werden kann.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht meint, die angefochtenen Beschlüsse seien nicht
nichtig und widersprächen zudem nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Entscheidend sei, dass die Eigentümerversammlung der gesamten
Wohnungseigentümergemeinschaft die Ausübung der Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche
sowie der Sachmängelrechte mit Beschluss vom 4. Februar
2020 an sich gezogen habe. Hierzu sei sie auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
(WEMoG) berechtigt gewesen. Dieser
Beschluss sei weder angefochten worden noch sei er mangels Beschlusskompetenz
der GdWE nichtig. Zwar könnten in Mehrhausanlagen - wie hier -
durch Vereinbarung weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet
werden. Das bedeute aber nicht, dass allein der jeweiligen Untergemeinschaft
die Beschlusskompetenz für die Vergemeinschaftung von Rechten gegenüber
dem Bauträger zukomme. Vom Gesetz abweichende Regelungen in der
Gemeinschaftsordnung müssten klar und eindeutig formuliert sein. Die Gemeinschaftsordnung
der Beklagten verhalte sich in keiner Weise zu der Geltendmachung
von Sachmängelansprüchen gegen den Bauträger. Die Beschlusskompetenz
für die Entscheidung über deren Vergemeinschaftung stehe allein der Gesamtgemeinschaft
zu, denn nur diese sei rechtsfähig. Daher dürfe die Gesamtgemeinschaft
auch über die Fortführung des von ihr eingeleiteten Rechtsstreits
und dessen Finanzierung beschließen.

Der Beschluss zu TOP 14 widerspreche auch nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Verwaltung. Er leide insbesondere nicht an einem Ladungsmangel.
Der Beschluss zu TOP 15 sei inhaltlich hinreichend bestimmt und wirke nicht
zurück, da die Fälligkeit der Sonderumlage erst auf den 15. November 2021 festgesetzt
worden sei.

II.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht Beschlussmängel im Hinblick
auf den Beschluss zu TOP 14 vom 15. Oktober 2021.

a) Der Beschluss zu TOP 14 ist nicht wegen mangelnder Beschlusskompetenz
der Gesamtgemeinschaft nichtig, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei
annimmt. Die Gesamtgemeinschaft hat die auf Beseitigung von Baumängeln
am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Wohnungseigentümer durch
nicht angefochtenen Beschluss vom 4. Februar 2020 wirksam an sich gezogen
und war infolgedessen auch befugt, in der Wohnungseigentümerversammlung
am 15. Oktober 2021 über die mit der Prozessführung im Zusammenhang
stehenden Folgeangelegenheiten zu entscheiden.

aa) Den TOP 14 zugrundeliegenden Beschluss über die Vergemeinschaftung
der Mängelrechte vom 4. Februar 2020 konnte nur die Gesamtgemeinschaft
fassen, nicht aber die Untergemeinschaft G. straße 54.

(1) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG können allerdings in Mehrhausanlagen
durch Vereinbarung - wie hier - weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften
gebildet werden (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Juli 2021
- V ZR 163/20, NJW 2021, 3057 Rn. 7 mwN). Damit ist aber nicht gesagt, dass
ausschließlich die auf diese Weise gebildeten Untergemeinschaften über sämtliche
ihrer" Angelegenheiten eigenständig entscheiden dürfen. Nach der Rechtsprechung
des Senats kann den Mitgliedern der für einzelne Gebäude oder Gebäudekomplexe
gebildeten Untergemeinschaften durch die Gemeinschaftsordnung
für eine Mehrhausanlage zwar die Kompetenz eingeräumt werden, unter
Ausschluss der anderen Eigentümer die Durchführung von Instandhaltungs-, Instandsetzungs-
und Sanierungsmaßnahmen zu beschließen, die ein zu der je-
weiligen Untergemeinschaft gehörendes Gebäude betreffen, wenn zugleich bestimmt
wird, dass die durch diese Maßnahmen verursachten Kosten im Innenverhältnis
allein von den Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaft zu tragen
sind (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16, NJW 2018, 1309
Rn. 21 ff.). Der Senat hat aber andererseits entschieden, dass auch dann, wenn
nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage Untergemeinschaften in
eigener Zuständigkeit nach dem Vorbild selbstständiger Eigentümergemeinschaften
über die Lasten und Kosten entscheiden, für die Gesamtgemeinschaft
eine einheitliche Jahresrechnung erstellt und beschlossen werden muss (vgl.
Senat, Urteil vom 16. Juli 2021 - V ZR 163/20, NJW 2021, 3057 Rn. 8 ff.). Wie es
sich verhält, wenn eine Untergemeinschaft - wie hier - nach der Teilungserklärung
eine eigene Teilversammlung abhalten darf und gleichwohl die Versammlung
aller Wohnungseigentümer in einer die Untergemeinschaft betreffenden Angelegenheit
abgestimmt hat, hat der Senat ausdrücklich offengelassen (vgl.
Senat, Urteil vom 26. Juni 2020 - V ZR 199/19, NJW-RR 2020, 959 Rn. 14).
Diese Frage kann auch hier dahinstehen.

(2) Sind nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage weitgehend
verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet, kann richtigerweise nur
die Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer die den einzelnen Erwerbern
aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums
zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des
Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung
an sich ziehen (ähnlich auch Eichhorn, ZfIR 2015, 8, 10).

(a) Im Ausgangspunkt stehen die Rechte wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums
den Erwerbern aus den mit dem Veräußerer jeweils geschlos-
senen Verträgen zu. Daher ist der Erwerber von Wohnungseigentum grundsätzlich
berechtigt, seine individuellen Rechte aus dem Vertrag mit dem Veräußerer
selbstständig zu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene
Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des
Veräußerers nicht beeinträchtigt sind. So kann der Erwerber die nicht gemeinschaftsbezogenen
Rechte auf großen Schadensersatz oder Rücktritt selbstständig
geltend machen. Aber auch die auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums
gerichteten Mängelansprüche kann der Erwerber grundsätzlich
selbstständig verfolgen. Die GdWE ist jedoch für die Geltendmachung
und Durchsetzung solcher Rechte von vornherein allein zuständig, die ihrer Natur
nach gemeinschaftsbezogen sind und ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen
Wohnungseigentümers nicht zulassen. Das betrifft die Rechte auf Minderung
und auf kleinen Schadensersatz. Darüber hinaus kann die Wohnungseigentümergemeinschaft
im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums
die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des
Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den
Verträgen mit dem Veräußerer durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen. In der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist insoweit anerkannt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft
mehrheitlich beschließen kann, wegen eines
Mangels des Gemeinschaftseigentums Vorschuss zu fordern oder einen auf die
Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums gerichteten Erfüllungsoder
Nacherfüllungsanspruch durchzusetzen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar
2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 7; BGH, Urteil vom 12. April 2007
- VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20). Auch nach dem am 1. Dezember 2020
in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) ist die
GdWE nach § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG befugt, die auf Beseitigung von
Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum
durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich
zu ziehen (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 2022 - V ZR 213/21, NJW 2023,
217 Rn. 30; BGH, Urteil vom 9. November 2023 - VII ZR 241/22, NZM 2024, 113
Rn. 32).

(b) Entscheidend für die alleinige Beschlusskompetenz der Gesamtgemeinschaft
sprechen die Gründe, die zur Anerkennung der Vergemeinschaftung
geführt haben. Schon im Ausgangspunkt bezieht sich die Vergemeinschaftung
der auf Beseitigung von Herstellungsmängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten
werkvertraglichen Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche regelmäßig
auf die Individualrechte aller Wohnungseigentümer und nicht nur der Mitglieder
einzelner Untergemeinschaften. Damit begründet die Gesamtgemeinschaft
ihre alleinige Zuständigkeit und schließt ein selbstständiges Vorgehen der Erwerber
aus (§ 18 Abs. 1 WEG). Den einzelnen Wohnungseigentümern wird die materielle
Ausübungsbefugnis entzogen mit der Folge des Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis
kraft Gesetzes (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 2022
- V ZR 213/21, NJW 2023, 217 Rn. 34). Geltend machen kann die Mängelrechte
im Außenverhältnis allein die Gesamtgemeinschaft, die - anders als die rechtlich
unselbstständige Untergemeinschaft (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017
- V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 18) - partei- und rechtsfähig ist (§ 9a Abs. 1
Satz 1 WEG). Der Entzug der materiellen Ausübungsbefugnis mit der Folge des
Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis kraft Gesetzes stellt jedenfalls bei
vertraglich begründeten Individualrechten einen gravierenden Eingriff in die Privatautonomie
(Art. 2 Abs. 1 GG) dar, die auch verbürgt, dass eigene Rechte
grundsätzlich selbst ausgeübt und prozessual durchgesetzt werden können (Senat,
Urteil vom 11. November 2022 - V ZR 213/21, aaO Rn. 34). Daher können
die Ansprüche der Erwerber nur vergemeinschaftet werden, wenn die ordnungsgemäße
Verwaltung ein gemeinschaftliches Vorgehen erfordert. Die ordnungs-
gemäße Verwaltung erfordert es regelmäßig, dass alle Wohnungseigentümer einen
gemeinschaftlichen Willen darüber bilden, wie die ordnungsgemäße Herstellung
des Gemeinschaftseigentums zu bewirken ist. Nur eine solche gemeinschaftliche,
allein verbindliche und koordinierte Willensbildung verhindert zudem,
dass der Veräußerer verschiedenartigen Ansprüchen ausgesetzt wird, die letztlich
doch nicht durchsetzbar wären (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR
236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20), und ermöglicht eine effektive Durchsetzung der
werkvertraglichen Sachmängelansprüche im Außenverhältnis. Das gilt nicht nur
im Hinblick auf Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche, sondern auch für Ansprüche
auf Vorschuss oder Aufwendungsersatz, die davon abhängen, wie die
Selbstvornahme bewirkt wird. Letztlich liegt es auch im Interesse des Veräußerers,
dass sich nicht unterschiedliche Untergemeinschaften wegen des gleichen
Sachmangels an verschiedenen Gebäuden einer Mehrhausgemeinschaft für die
Geltendmachung unterschiedlicher Sachmängelansprüche entscheiden.
(c) Die Beschlusskompetenz für die Vergemeinschaftung von Mängelrechten
steht auch dann allein der Gesamtgemeinschaft und nicht der Untergemeinschaft
zu, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil
der Anlage betreffen. Denn die gebotene effektive Rechtsverfolgung wäre beeinträchtigt,
wenn eine einzelne verselbstständigte Untergemeinschaft eigenverantwortlich
über das weitere Vorgehen entscheiden könnte. Vielfach wird sich im
Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Vergemeinschaftung der auf Beseitigung
von Herstellungsmängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten werkvertraglichen
Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche nicht mit der notwendigen
Sicherheit abschätzen lassen, ob sich ein Sachmangel auf das Gebäude beschränkt,
an welchem sich Mangelsymptome zeigen, oder ob andere Häuser der
Mehrhausanlage Sachmängel gleicher Art aufweisen, ohne dass bereits Mangel-
symptome hervorgetreten sind. Denkbar ist ebenfalls, dass ein Haus einer Mehrhausanlage
einen Sachmangel aufweist, die Mangelsymptome aber an einem
anderen Gebäude der Anlage zum Vorschein treten.
würde zu
nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die Beschlusskompetenz
führen. Bei Beschlussfassung ließe sich nämlich vielfach nicht mit der notwendigen
Sicherheit abschätzen, ob sich ein Mangel auf ein Gebäude - gegebenenfalls
auf welches - beschränkte, so dass die jeweils betroffene Untergemeinschaft
über die Vergemeinschaftung der werkvertraglichen Erfüllungs- oder
Nacherfüllungsansprüche entscheiden dürfte, oder ob die Gesamtgemeinschaft
den Vergemeinschaftungsbeschluss fassen müsste. Bisweilen bedürfte es zur
Klärung der Beschlusskompetenz vorab einer nicht prozessökonomischen und
kostenintensiven Beweisaufnahme über Art und Umfang der Sachmängel. Unter
Umständen träte erst nach Beschlussfassung zutage, dass die unzuständige Gemeinschaft
den Beschluss gefasst hat, weil der Umfang der Sachmängel bei Beschlussfassung
unzutreffend eingeschätzt wurde. Es muss aber von vornherein
klar und eindeutig feststehen, welchem Rechtsträger die Beschlusskompetenz
zusteht; dieses Ergebnis lässt sich nur erzielen, indem die Beschlusskompetenz
allein der Gesamtgemeinschaft zugeordnet wird.

bb) Anders als die Revision meint, fehlt es der GdWE selbst dann nicht an
einer Beschlusskompetenz für die Vergemeinschaftung der Mängelrechte durch
den Beschluss zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 4. Februar 2020,
wenn die Klägerin mit drei Wohnungseigentümern nicht durch Bauträgerverträge,
sondern durch Kaufverträge verbunden sein sollte. Eine unterschiedliche Beurteilung
der Befugnisse der GdWE danach, ob sich die Ansprüche nach Kauf- oder
Werkvertragsrecht richten, findet im Gesetz keine Stütze; für eine solche Differenzierung
der auf das gleiche Ziel gerichteten Ansprüche besteht jedenfalls
dann kein Anlass, wenn - wie hier - gleichgerichtete Ansprüche mehrerer Erwerber
gegen einen einzigen Veräußerer bestehen (vgl. Senat, Urteil vom 11. November
2022 - V ZR 213/21, NJW 2023, 217 Rn. 37).

b) Der Beschluss zu TOP 14 widerspricht nicht deshalb ordnungsmäßiger
Verwaltung, weil der Verwalter die Wohnungseigentümer in einer für deren Willensbildung
ursächlichen Weise fehlerhaft über die Tatsachengrundlage der Entscheidung
unterrichtet haben soll. Dies verneint das Berufungsgericht ohne
Rechtsfehler; die darauf bezogene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und
nicht als durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

2. Ferner ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den zu
TOP 15 gefassten Beschluss vom 15. Oktober 2021 über die Erhebung einer
Sonderumlage zur Prozessfinanzierung für rechtmäßig erachtet. Die Kompetenz,
durch Beschluss über die gerichtliche Geltendmachung der vergemeinschafteten
Ansprüche und die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Fragen
zu entscheiden, steht ebenfalls allein der Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer
zu. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass
dem Beschlussinhalt keine Rückwirkung zukommt, da die Wohnungseigentümer
am 15. Oktober 2021 die Erhebung einer erst zum 15. November 2021 fälligen
Sonderumlage beschlossen haben.

a) Zwar wird im Schrifttum vertreten, dass eine rückwirkende Fälligkeit einer
Sonderumlage nicht beschlossen werden darf (vgl. Bärmann/Becker, WEG,
15. Aufl., § 28 Rn. 105; Jennißen in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 28 Rn. 82). Ob
dem generell zu folgen ist, kann dahinstehen, da die Wohnungseigentümer bei
der gebotenen objektiven Auslegung (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010
- V ZR 72/09, NJW 2010, 3093 Rn. 9) die Erhebung einer Sonderumlage beschlossen
haben, die erst nach der Beschlussfassung fällig wird. Die Auslegung
des Berufungsgerichts hält der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht
(st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 13. Dezember 2019 - V ZR
203/18, NJW 2020, 1354 Rn. 7 mwN) stand.

b) Entgegen der Ansicht der Revision wird die Wirksamkeit des Beschlusses
über die Erhebung der Sonderumlage auch nicht deshalb in Frage gestellt,
weil die auf die jeweiligen Eigentümer entfallenden Anteile der der Gesamthöhe
nach angegebenen Sonderumlage nicht in absoluten Beträgen beziffert werden,
sondern nur auf die aufgeführten Miteigentumsanteile als Maßstab der auf die
einzelnen Eigentümer entfallenden Anteile der Sonderumlage Bezug genommen
wird.

aa) Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss, insbesondere weil ein
Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG an Beschlüsse gebunden
ist, inhaltlich bestimmt und klar sein. Es besteht ein Interesse des Rechtsverkehrs,
die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschlussformulierung
entnehmen zu können. Eigentümerbeschlüsse sind daher
aus sich heraus" auszulegen, und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses
dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen
des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. Senat,
Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 104/15, NJW-RR 2016, 985 Rn. 9). Um eine
Zahlungspflicht der Eigentümer zu begründen, muss auch der Beschluss über
die Erhebung einer Sonderumlage hinreichend bestimmt sein. Da die Sonderumlage
der Sache nach eine Ergänzung des geltenden Wirtschaftsplans ist (vgl.
Senat, Urteil vom 13. Januar 2012 - V ZR 129/11, NJW-RR 2012, 343 Rn. 15),
muss der Beschluss anteilmäßige Beitragsverpflichtungen der Wohnungseigentümer
festlegen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Juni 1989 - V ZB 22/88, NJW
1989, 3018). Grundsätzlich muss damit in einem Beschluss über die Erhebung
einer Sonderumlage auch die auf den einzelnen Eigentümer entfallende Summe
betragsmäßig bestimmt sein. Es reicht aber aus, wenn der geschuldete Einzelbetrag
objektiv eindeutig bestimmbar ist und von den Wohnungseigentümern
selbst ohne Weiteres errechnet werden kann (vgl. BayObLG NZM 2003, 66;
NJW-RR 1998, 1386; NJW-RR 1990, 720, 721; NJWE-MietR 1997, 36; KG,
NJW-RR 1991, 912; LG München I, ZMR 2021, 346 f.; BeckOGK/G. Hermann,
WEG [1.12.2023], § 28 Rn. 71; Staudinger/Lehmann-Richter, BGB [2023], § 28
WEG Rn. 36; aA Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 28 Rn. 53).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluss über die
Erhebung der Sonderumlage zweifellos hinreichend bestimmt. Die Wohnungseigentümer
haben beschlossen, eine Sonderumlage in Höhe von insgesamt
6.000 zu erheben, die von den aufgeführten Wohnungseigentümern anteilig
entsprechend den in den Beschlusstext aufgenommenen Miteigentumsanteilen
zu tragen ist. Auf der Grundlage dieses Maßstabs kann jeder Wohnungseigentümer
den auf ihn entfallenden Anteil an der Sonderumlage unschwer ermitteln.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

23.02.2024

Aktenzeichen:

V ZR 132/23

Rechtsgebiete:

WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 10 Abs. 1 S. 2, 28