Kammergericht 04. Februar 2021
19 W 1118/20
BGB §§ 2265, 2267, 2269, 2270

Gleichzeitiges Versterben der Ehegatten keine Voraussetzung des „gemeinsamen Ablebens“ für die Einsetzung des Schlusserben

letzte Aktualisierung: 03.12.2021
KG, Beschl. v. 4.2.2021 – 19 W 1118/20

BGB §§ 2265, 2267, 2269, 2270
Gleichzeitiges Versterben der Ehegatten keine Voraussetzung des „gemeinsamen
Ablebens“ für die Einsetzung des Schlusserben

1. Ein gemeinschaftliches Testament kann dergestalt errichtet werden, dass beide Ehegatten
jeweils eine eigenhändige Verfügung in der Form des § 2247 BGB für ihren jeweiligen
Nachlass treffen, wobei sich aus dem Errichtungszusammenhang ergibt, dass es sich um ein
gemeinschaftliches Testament handeln soll.

2. Ein „gemeinsames Ableben“ als Voraussetzung für die Einsetzung des Schlusserben kann auch
ein zeitlich weiter – hier mehrere Jahre – auseinanderliegendes Versterben der Eheleute umfassen,
wenn die Auslegung des Testaments – wie hier – ergibt, dass es sich um eine rein zeitliche
Einordnung handelt.

(Leitsätze der DNotI-Redaktion)

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. streiten darum, wer von ihnen testamentarischer Alleinerbe des
am . . . . .... geborenen Herrn ...-... ... ... (im Folgenden: Erblasser) geworden ist.

Der Erblasser siedelte ... von der DDR nach Westdeutschland um und heiratete dort im
Jahre ... die am .. .. . .... geborene Frau ... ..., geborene ..., die sich ... von Herrn ... hatte
scheiden lassen. Herrn ... hatte sie ... geheiratet; aus dieser Ehe ist die ... geborene Beteiligte
zu 2. und Antragstellerin hervorgegangen.

Den weit vor ... gestellten Ausreiseantrag hatte der Erblasser damit begründet, zu seiner
damaligen Verlobten, Frau ... ..., geb. ..., ziehen zu wollen. Frau ... ist die Mutter des 1956
geborenen Beteiligten zu 1. und Antragstellers.

Der Beteiligte zu 3. ist der Bruder des Erblassers, der auf seinen Antrag hin am
Erbscheinsverfahren beteiligt wird. Der Erblasser hatte noch eine Schwester, Frau ... ..., die
am Erbscheinsverfahren nicht weiter beteiligt werden wollte.

Am ... ... ... errichteten der Erblasser und seine Ehefrau ein handschriftliches Testament, das
wie folgt lautet (Bl. I/40 d.A.):

„Testament

des Ehepaars ... ... und ... ...

auf Gegenseitigkeit

Hiermit erkläre ich, daß meine Ehefrau ... ... ..., geb. ..., meinen gesamten persönlichen
Besitz und die Geldbeträge auf meinen Konten als Universalerbin nach meinem Ableben
erhalten soll und über die Verwendung frei verfügen kann.

Berlin ..., ... ......, . ... ... ...

(Unterschrift ... ...-...)

Hiermit erkläre ich, daß mein Ehemann ...-... ..., meinen gesamten persönlichen Besitz und
die Geldbeträge auf meinen Konten als Universalerbe nach meinem Ableben erhalten soll
und über die Verwendung frei verfügen kann.

Berlin ..., ... ......, ... ... ...

(Unterschrift ... ..., geb. ...)

Nach gemeinsamen Ableben soll Frau ... ..., geb. ... (Tochter), Universalerbe unseres
gesamten Vermögens sein.

Berlin, den ... ... ...

(Unterschrift ... ... und ...-... ...)“

Von diesem Testament existiert nur eine Fotokopie, die von der Antragstellerin beim
Nachlassgericht eingereicht wurde.

Am ... ... ..., also drei Tage später, verfügten die Eheleute handschriftlich folgendes:

„Testament

des Ehepaars ...-... ... und ... ...

Es besteht ein Testament auf Gegenseitigkeit.

Nach beiderseitigem Ableben soll Frau

... ..., geb. ... am ... ... ...

Universalerbin unseres gesamten Vermögens sein.

...... Berlin ......, ... ..., ... ... ...

(Unterschrift ...-... ......)

(Unterschrift ... ..., gesch. ..., geb. ...)“

Dieses Testament liegt im Original vor.

... ... starb am . . . . ..... Die Ehe mit dem Erblasser blieb kinderlos.

Am .. .. . .... errichtete der Erblasser ein notarielles Testament. Darin heißt es u.a.:

„Über Pflichtteilsrechte wurde belehrt. Nach seiner Erklärung ist der Erschienene weder
durch Erbvertrag noch durch Gemeinschaftliches Testament in der Verfügung über seinen
Nachlaß gebunden.

Der Erschienene erklärte mit dem Ersuchen um Beurkundung seines letzten Willens unter
Aufhebung aller etwaigen früheren letztwilligen Verfügungen mündlich folgendes

Testament

Zu meinem Alleinerben bestimme ich den Sohn meiner Lebensgefährtin ... ..., Herrn ... ...,
geb. am ... ... ....(...)“

Der Erblasser starb gut neun Monate später, zwischen dem .... und ...............

Am .... . . . .... stellte die Beteiligte zu 2. einen notariellen Erbscheinsantrag, wonach sie
aufgrund der Testamente vom ....... und .... . . . .... Alleinerbin des Erblassers geworden sei.

Am .... . . . .... stellte der Beteiligte zu 1. gleichfalls einen notariellen Erbscheinsantrag,
wonach er aufgrund des Testaments vom . . . . .... Alleinerbe des Erblassers geworden sei.

Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom . . . . .... die für die Erteilung des von der
Beteiligten zu 2. beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet
und den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Die außergerichtlichen
Kosten der Beteiligten zu 2. hat es dabei dem Beteiligten zu 1. auferlegt. Hinsichtlich der
ausführlichen Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen (Bl. I/163 ff. d.A.).

Der Beschluss ist dem Beteiligten zu 1. am .... . . . .... zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom
... ... ... - bei Gericht am selben Tag eingegangen - hat er gegen den Beschluss Beschwerde
eingereicht, mit der er sowohl die Entscheidung über die Erbscheinsanträge als auch die
Kostenentscheidung angreift.

Der Beteiligte zu 1. macht im Wesentlichen geltend:

Das Testament vom ... ... ..., welches unstreitig nur als Kopie vorliegt, enthalte keine
Wechselbezüglichkeit hinsichtlich der Anordnung einer Schlusserbin. Es liege kein
klassisches „Berliner Testament“ vor, sondern zwei eigenständige Verfügungen der
Eheleute. Jeder Ehegatte habe einzeln verfügt und vor allem bestimmt, dass der jeweils
erbende Ehegatte über die Verwendung des Erbes frei verfügen könne. Dies spreche klar
gegen eine Wechselbezüglichkeit und für eine Abänderungsbefugnis.

Auch allein die Tatsache, dass die Beteiligte zu 2. als Stieftochter als Schlusserbin eingesetzt
worden sei, könne nicht als besonderes Näheverhältnis gemäß § 2270 Abs. 2 BGB und
damit als Argument für eine Wechselbezüglichkeit ohne besondere Anhaltspunkte rechtlich
gewürdigt werden. Ein solches Näheverhältnis sei weder vorgetragen noch habe es ...
tatsächlich bestanden. Für die Annahme eines Näheverhältnisses stelle die Rechtsprechung
erhebliche Anforderungen.

Ohnehin sei ein Rückgriff auf die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB unzulässig, da
eine Auslegung des Testaments bereits ergebe, dass eine Wechselbezüglichkeit nicht gewollt
gewesen sei. Wäre Wechselbezüglichkeit gewollt gewesen, hätten die Ehegatten ein übliches
gemeinschaftliches Testament erstellt, das von einer Person abgefasst und dann von beiden
unterschrieben werde. Angesichts des großen Altersunterschieds zwischen den Ehegatten
von fast ...... Jahren könne nicht angenommen werden, dass der Erblasser sich hinsichtlich
der Schlusserbeneinsetzung hätte binden wollen. Es sei beispielsweise nicht ausgeschlossen
gewesen, dass der Erblasser nach dem wahrscheinlichen Vorversterben seiner Ehefrau
erneut hätte heiraten wollen, so dass er dann ganz sicher nicht hätte erbrechtlich gebunden
sein wollen. Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass dann, wenn ein Verwandter
nur eines Ehegatten als Schlusserbe eingesetzt werde, der andere Ehegatte das Recht haben
solle, die Verfügung der Schlusserbeneinsetzung zu ändern. Dies spiegele vorliegend auch
die „Öffnungsklausel“ im Testament wieder.

Gegen Wechselbezüglichkeit spreche auch, dass nur der Erblasser vermögend gewesen sei,
die Ehefrau hingegen nicht. ... habe der Erblasser schon längere Zeit in ...... gelebt und sich
eine Existenz aufgebaut. Hinsichtlich der Immobilie im ... ... sei er Alleineigentümer
gewesen und sei dies auch geblieben. Dass die Mutter der Beteiligten zu 2. den
Handwerksbetrieb von ihrem früheren Ehemann ... ... geerbt habe, werde bestritten;
dagegen spreche die bereits ... erfolgte Scheidung.

Schließlich sei auch außerordentlich zweifelhaft, ob die Schlusserbeneinsetzung überhaupt
für den hier vorliegenden Fall des Nacheinanderversterbens gelte. Mit den Formulierungen
„gemeinsames Ableben“ bzw. „beiderseitiges Ableben“ sei vielmehr nach der
Rechtsprechung ein zeitgleiches oder im engen zeitlichen Zusammenhang eintretendes
Versterben gemeint.

Habe der Erblasser mithin das Testament aus ... abändern dürfen, sei der Beteiligte zu 1.
wirksam Alleinerbe geworden. Im Übrigen zeige auch das Testament aus ... deutlich, dass
das Testament aus ... keinen Bestand mehr haben sollte und gar nicht mehr existiert habe
und der Erblasser davon ausgegangen sei, in seiner Verfügungsbefugnis nicht beschränkt zu
sein. Jedenfalls dokumentiere das Testament aus ... einen ganz anderen Erblasserwillen.
Entscheidend sei auch, dass der Erblasser ... gegenüber dem Notar erklärt habe, in der
Verfügung über seinen Nachlass nicht gebunden zu sein.

Der Umstand, dass die Beteiligte zu 2. nach dem Tod ihrer Mutter das Testament vom ... ...
... nicht vorgelegt habe, spreche zudem dafür, dass dieses ... schon nicht mehr existiert habe.
Es sei ungewöhnlich, dass die Beteiligte zu 2. nach dem Tod ihrer Mutter keinen Pflichtteil
geltend gemacht habe. Der Beteiligte zu 1. gehe jedenfalls davon aus, dass das Testament
vom ... ... ... durch Vernichtung widerrufen worden sei.

Jedenfalls aber sei die Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten zu 1. unzutreffend. Der
Beteiligte zu 1. habe nicht durch sein Verschulden Anlass zu dem Verfahren gegeben. Auf
das Unterliegen und Obsiegen könne nicht abgestellt werden, beide Seiten hätten
wechselseitige Erbscheinsanträge gestellt. Auch seien die außergerichtlichen Kosten der
Beteiligten zu 2. bereits im Zeitpunkt der Antragstellung entstanden.

Die Beteiligte zu 2. macht im Wesentlichen geltend:

Die Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung ergebe sich aus § 2270 Abs. 2 BGB,
der hier einschlägig sei. Dass im Testament vom ... ... ... eigenständige Verfügungen
getroffen worden seien, sei unerheblich, da ein gemeinschaftliches Testament immer
einzelne Verfügungen der Ehegatten enthalte, „gemeinschaftliche“ Verfügungen kenne das
Gesetz nicht.

Der jeweilige Satz in dem Testament, dass der überlebende Ehegatte über das Vermögen
frei verfügen könne, bedeute nach der Rechtsprechung lediglich, dass über den Nachlass
unter Lebenden frei verfügt werden dürfe, begründe jedoch keine Abänderungsbefugnis
bezüglich der Schlusserbeneinsetzung.

Zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 2. habe seit ... regelmäßiger Kontakt
bestanden, der nach dem Mauerfall ab ... beträchtlich intensiviert worden sei. ... habe der
Erblasser der Beteiligten zu 2. anlässlich ihres Geburtstages einen PKW geschenkt. Auch
habe er den Lebensweg der Tochter der Beklagten zu 2., ... ..., intensiv verfolgt und mit
Zuwendungen begleitet. Der enge persönliche Kontakt zwischen dem Erblasser und der
Beteiligten zu 2. habe auch nach dem Ableben ihrer Mutter fortbestanden.

Die angebliche Vermögenslosigkeit der Mutter der Beteiligten zu 2. werde mit Nichtwissen
bestritten. Die Beteiligte zu 2. gehe davon aus, dass ihre Mutter sehr wohl Vermögen
erworben habe. So habe ihre Mutter den Handwerksbetrieb ihres ... verstorbenen
Ehemannes geerbt und diesen noch vor ihrer Ausreise nach ...... verkauft. ... habe ihre
Mutter deshalb möglicherweise über nicht unerhebliche Kontenguthaben verfügt.

Die beiden Testamente aus ... habe ihr geschiedener Ehegatte ... ... in seiner Wohnung in der
... ... in ... in einem der Beteiligten zu 2. gehörenden und bei Herrn ... verbliebenen
Lackkästchen anlässlich einer anderweitigen Suche nach Unterlagen gefunden. Diesen
Ablageort habe die Beteiligte zu 2. vergessen. Da die Beteiligte zu 2. im Zeitpunkt der
Testamentserrichtung in ... lebte, habe ihre Mutter ihr bei einem Besuch die beiden
Testamente mitgebracht; dabei sei ihr das Testament vom ... ... ..., da es sie als Schlusserbin
betraf, im Original übergeben worden. Das Original des Testaments vom ... ... ... sei bei den
Eheleuten ... verblieben.

Für einen Widerruf oder eine Vernichtung des Testaments vom ... ... ... gebe es keinerlei
Anhaltspunkte.

II.

Die gemäß den §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte
Beschwerde hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat mit Recht die für die
Erteilung eines Erbscheins für die Beteiligte zu 2 erforderlichen Tatsachen als festgestellt
erachtet und den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 2
ist testamentarische Alleinerbin geworden. Hingegen ist das Testament vom ... ... ... nicht
maßgeblich, da der Erblasser die Schlusserbeneinsetzung aus den Testamenten aus ...... nach
dem Tod seiner Ehefrau nicht mehr wirksam widerrufen konnte, § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Die Schlusserbeneinsetzung war wechselbezüglich gemäß § 2270 Abs. 2 BGB.
58 Im Einzelnen gilt folgendes, wobei ergänzend auf die ausführlichen und zutreffenden
Ausführungen im amtsgerichtlichen Beschluss Bezug genommen wird:

1.

Nach § 2270 Abs. 1 BGB liegt Wechselbezüglichkeit vor, wenn Ehegatten in einem
gemeinschaftlichen Testament Verfügungen getroffen haben, von denen anzunehmen ist,
dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre.
Voraussetzung ist demnach zunächst das Vorliegen eines gemeinschaftlichen Testaments.
Ein solches gemeinschaftliches Testament liegt hier mit den Testamenten vom ....... und ...
... ... vor.

Nach § 2265 BGB kann ein gemeinschaftliches Testament nur von Ehegatten errichtet
werden; diese Voraussetzung ist gegeben. Eine bestimmte Form schreibt das Gesetz für ein
gemeinschaftliches Testament nicht vor. Nach § 2267 BGB ist es im Falle der Errichtung
eines eigenhändigen Testaments nach §§ 2247 BGB ausreichend, wenn ein Ehegatte das
Testament in der Form des § 2247 BGB errichtet und der andere Ehegatte die
gemeinschaftliche Erklärung mitunterzeichnet. Möglich ist aber auch, dass beide Ehegatten
jeweils eine der Form des § 2247 BGB entsprechende eigenhändige Verfügung für ihren
jeweiligen Nachlass treffen und sich aus dem Errichtungszusammenhang ergibt, dass es sich
um ein gemeinschaftliches Testament handeln soll (vgl. Nur MüKo-Musielak, BGB 8. A., §
2267 BGB Rn. 19 m.w.N.). Vorliegend sind im Testament vom ... ... ... beide Formen
einschlägig: ausweislich der Handschriften hat der Erblasser den ihn betreffenden ersten
Teil der Urkunde selbst geschrieben und unterschrieben. Den zweiten Teil, der seine
Ehefrau betrifft, ist von dieser eigenhändig geschrieben und unterschrieben worden, denn
die Handschrift weicht deutlich ab von der Handschrift im ersten Teil. Der dritte Teil der
Urkunde hingegen entspricht der Form des § 2267 BGB: der Text zur Einsetzung der
Universalerbin erfolgte in derselben Handschrift wie im zweiten Teil und ist demnach von
der Ehefrau verfasst worden; diesen Teil haben aber beide Ehegatten unterschrieben.

Anders als der Beschwerdeführer sieht der Senat die Voraussetzungen für ein
gemeinschaftliches Testament vorliegend als eindeutig erfüllt an. Dabei spielt es keine Rolle,
wie „üblicherweise“ ein Berliner Testament gestaltet ist. Entscheidend ist, dass beide
Eheleute zwar jeweils einzeln eine letztwillige Verfügung verfasst haben, dies jedoch auf
einer einheitlichen Urkunde und unter der gemeinsamen Überschrift „Testament des
Ehepaars ...-... und ... ... auf Gegenseitigkeit“ sowie unter Zufügung einer der Form des §
2267 BGB entsprechenden gemeinschaftlichen Schlusserbenbestimmung. Damit kommt
sowohl objektiv anhand des Errichtungszusammenhanges als auch subjektiv der
Gemeinschaftlichkeitswille bei der Errichtung klar zum Ausdruck (vgl. Zum Begriff der
Gemeinschaftlichkeit insbesondere BeckOGK/Braun, BGB § 2265 Rn. 7 ff.; vgl. zum alten
Recht auch BGH, Urteil v. 12.3.1953, IV ZR 131/52).

2.

Weiterhin erforderlich ist, dass die im Testament enthaltene Schlusserbeneinsetzung
überhaupt den vorliegenden Fall erfasst, wonach der Erblasser ...... Jahre nach seiner
Ehefrau starb. Dies ist der Fall und ergibt sich im Wege der gebotenen Auslegung der
testamentarischen Regelungen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sollte durch
die testamentarischen Regelungen nicht lediglich der Fall des zeitgleichen oder des zeitnah
nacheinander Versterbens erfasst werden.

Im Testament vom ... ... ... ist formuliert, dass die Beteiligte zu 2 „nach gemeinsamen
Ableben“ „Universalerbe unseres gesamten Vermögens“ sein solle. In der
Testamentsergänzung vom ... ... ..., in der die Schlusserbeneinsetzung im Ergebnis
wiederholt wird, ist formuliert worden, dass „nach beiderseitigem Ableben“ die Beteiligte zu
2 „Universalerbin unseres gesamten Vermögens“ sein soll.

Mit dem Amtsgericht ist der Senat der Auffassung, dass diese Formulierung auch und
gerade das zeitlich weiter auseinanderliegende Versterben der Eheleute umfasst. Vom
Wortlaut her spricht bereits die zuletzt verwendete Formulierung „beiderseitig“ stark dafür,
dass die Eheleute nicht allein den Fall des zeitgleichen Versterbens erfassen wollten. Auch
das Wort „gemeinsam“ erfasst üblicherweise auch das zeitlich versetzte Sterben und ist
nicht so einschränkend gemeint oder zu verstehen wie die Formulierung „gleichzeitig“ (vgl.
KG, Beschluss v. 15.1.2020, 6 W 45/19, Rn. 15). Vor allem aber enthält die Formulierung
keine einschränkende Bedingung, wonach sie nur für einen bestimmten Fall gelten soll,
sondern ist sie rein zeitlich formuliert, indem dieser Teil der Verfügung in beiden
Testamenten mit dem Wort „Nach...“ eingeleitet wird. Hätten die Ehegatten gewollt, dass
die Schlusserbeneinsetzung nur ausnahmsweise und nur für den - seltenen - Fall des
zeitgleichen Versterbens gelten sollte, hätten Formulierungen wie „Für den Fall, dass wir
gemeinsam versterben“, „im Falle unseres gemeinsamen Ablebens“ (so beispielsweise im
Fall des OLG Düsseldorf, Beschluss v. 2.6.1999, 3 Wx 130/99; ähnlich OLG Karlsruhe,
Beschluss v. 28.4.1987, 11 W 152/86), „im Falle unseres beiderseitigen Ablebens“
(BayObLG, Beschluss v. 28.12.1989, Breg. 1a Z 1/89) oder „Sollte uns beiden etwas
zustoßen“ nahegelegen (vgl. zu den möglichen Formulierungen die Beispiele bei
Horn/Kroiß, Testamentsauslegung, 2.A., § 26 Rn. 19 ff.). Denkbar wäre auch die
Formulierung „bei unserem gemeinsamen Tod“ (so im Falle des OLG Schleswig v.
2.11.2003, 3 Wx 47/02). Wenn stattdessen „nach unserem gemeinsam Tod“ formuliert
wird, spricht dies stark für eine rein zeitliche Einordnung (so auch OLG Schleswig aaO Rn.
24 und OLG Karlsruhe aaO). Letztlich spricht auch der erhebliche Altersunterschied
zwischen den beiden Ehegatten von rund 22 Jahren dafür, dass ein zeitgleiches Versterben
bzw. ein Versterben kurz nacheinander sehr unwahrscheinlich war (vgl. zu diesem
Kriterium im Rahmen der Auslegung auch OLG München, Beschluss v. 30.7.2008, 31 Wx
29/08) und sich aus dem Testament und der Formulierung nichts dafür ergibt, dass nur ein
solch unwahrscheinlicher Fall von den Ehegatten hätte geregelt werden sollen.

Dass es sich dabei um eine Schlusserbeneinsetzung im Sinne der sogenannten
„Einheitslösung“ (vgl. dazu u.a. BeckOK BGB/Litzenburger, BGB § 2269 Rn. 3;
Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, 6. A., § 14 Rn. 54 ff.) handelte und
nicht um die Begründung einer Vor- und Nacherbschaft (sogenannte „Trennungslösung“),
ergibt sich gleichfalls eindeutig durch Auslegung des Testaments, so dass es eines Rückgriffs
auf die Zweifelsregelung des § 2269 BGB nicht bedarf. Hierfür spricht bereits die
Formulierung „Universalerbe unseres gesamten Vermögens“ (vgl. BeckOK
BGB/Litzenburger BGB § 2269 Rn. 16; OLG Frankfurt, Beschluss v. 3.3.1998, 20 W
143/95; Horn/Kroiß, Testamentsauslegung, 2. A., § 23 Rn. 20 m.w.N.), ferner der
Umstand, dass nach dem Testament vom 13.2. der jeweils überlebende Ehegatte in der
Verwendung über das Erbe frei verfügen können sollte (Horn/Kroiß aaO). Soweit der
Beschwerdeführer behauptet, die Ehefrau des Erblassers sei vermögenslos gewesen, spielt
dies hingegen für die Frage der Anordnung einer Schlusserbeneinsetzung keine Rolle, da
dies nicht ausschließt, dass die Ehegatten ihr jeweiliges Vermögen als gemeinschaftliches
Ehevermögen begreifen und dies erbrechtlich auch als gemeinschaftlich behandeln wollen
(vgl. nur MüKo-Musielak, BGB 8. A., § 2269 BGB Rn. 22 m.w.N.; Horn/Kroiß aaO
Rn. 22). Von einer angeordneten Vor- und Nacherbschaft geht im Übrigen auch keiner der
Beteiligten aus.

3.

Diese den vorliegenden Fall erfassende Schlusserbeneinsetzung war wechselbezüglich. Es ist
gemäß § 2270 Abs. 2 BGB von Wechselbezüglichkeit zwischen der Einsetzung des
Ehemanns als Alleinerbe seiner Ehefrau und der Bestimmung des Ehemanns/Erblassers,
die Tochter seiner Ehefrau als Schlusserbin einzusetzen, auszugehen. Auch dies hat das
Nachlassgericht zutreffend bewertet. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers führt
eine Auslegung nicht zu einem anderen Ergebnis.

Gemäß § 2270 Abs. 2 BGB ist von Wechselbezüglichkeit auszugehen, wenn dem einen
Ehegatten von dem anderen Ehegatten eine Zuwendung gemacht wird und für den Fall des
Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit
dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahesteht.

Dies ist vorliegend erfüllt: die Ehefrau hat in dem gemeinschaftlichen Testament den
Ehemann als ihren Alleinerben eingesetzt. Sodann haben beide bestimmt, dass nach ihrem
gemeinsamen Ableben die Tochter der Ehefrau Universalerbin sein soll. Darin liegt zugleich
die Verfügung des Ehemanns, dass für den Fall, dass er seine Ehefrau überlebt und nach ihr
stirbt, die Tochter der Ehefrau seine Erbin sein soll. Da es sich bei der Tochter um eine
Person handelt, „die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist“, kommt es auf die zweite
Alternative des § 2270 Abs. 2 BGB, das Näheverhältnis, nicht an, so dass die Verweise des
Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift auf die Rechtsprechung zum Näheverhältnis
(u.a. auf KG, Beschluss v. 10.7.2018, 6 W 35/18 und OLG Hamm, FamRZ 2001, 1647 und
OLG Koblenz NJW-RR 2007,1599) und die dazu getätigten Ausführungen rechtlich
unerheblich sind. Ist die eingesetzte Schlusserbin mit dem anderen Ehegatten verwandt,
kommt es nach dem Gesetzeswortlaut für das Eingreifen der gesetzlichen Vermutung auf
ein Näheverhältnis nicht an. Im Übrigen käme es auf ein Näheverhältnis nicht zum
Erblasser, sondern „zum anderen Ehegatten“ an, also dem Ehegatten, der den anderen
Ehegatten zum Alleinerben eingesetzt hat; dies wäre hier die vorverstorbene Ehefrau.

Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass § 2270 Abs. 2 BGB nur eine
Auslegungsregel ist und deshalb nicht eingreift, wenn sich durch Auslegung des Testaments
ergibt, dass eine Wechselbezüglichkeit nicht gewollt war. Der Senat vermag jedoch durch
Auslegung nicht festzustellen, dass vorliegend die Eheleute im Zeitpunkt der
Testamentserrichtung im ...... eine solche Wechselbezüglichkeit nicht gewollt haben.

Das Argument des Beschwerdeführers, gegen die Wechselbezüglichkeit spreche bereits,
dass in dem Testament die Ehegatten jeweils bestimmt hätten, dass der andere Ehegatte
allein erbe und dann „über die Verwendung frei verfügen“ könne, verfängt nicht. Hiermit
soll weder die Wechselbezüglichkeit ausgeschlossen noch ein Änderungsvorbehalt bezüglich
der Schlusserbeneinsetzung formuliert werden. Darauf hat die Beteiligte zu 2) unter
Zitierung der einschlägigen Rechtsprechung bereits mit Schriftsatz vom ... ... ... hingewiesen.
Durch die auch im vorliegenden Fall verwendete Formulierung, dass der erbende Ehegatte
„frei verwenden“ könne, wird regelmäßig nur ausgedrückt, dass der erbende Ehegatte
ermächtigt ist, über den Nachlass unter Lebenden frei zu verfügen, er also bei der
Verwendung des Nachlasses keinerlei Beschränkungen unterliegt (vgl. nur KG, Beschluss v.
9.9.1997, 1 W 678/96; Staudinger/Kanzleiter (2019), § 2270 BGB Rn. 26a). Anhaltspunkte
dafür, dass die Ehegatten dies im vorliegenden Fall anders gemeint haben könnten, sind
nicht gegeben.

Auch die behauptete Vermögenslosigkeit der Ehefrau lässt im Rahmen der Auslegung
keinen zwingenden Schluss gegen eine gewollte Wechselbezüglichkeit zu (vgl. dazu
BeckOGK/Braun § 2270 BGB Rn. 44). Wie bereits oben zur Frage der
Schlusserbeneinsetzung erörtert, haben die Ehegatten durch die Formulierung
„Universalerbe unseres gesamten Vermögens“ zum Ausdruck gebracht, dass sie keine
getrennten Vermögensmassen sahen, sondern ein gemeinschaftliches Ehevermögen, über
das sie auch als solches letztwillig verfügen wollten. Die Eheleute waren im Zeitpunkt der
Testamentserrichtung bereits ... Jahre lang verheiratet und lebten zusammen. Dass der
Erblasser bereits zuvor in den Westen übergesiedelt war und „sich eine Existenz aufgebaut“
hatte, wie der Beschwerdeführer geltend macht, tritt angesichts der gemeinsamen Ehezeit
bis zur Errichtung des Testaments in den Hintergrund (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss v.
7.11.1994, 15 W 288/94). Jedenfalls lässt sich allein aus dem behaupteten (und von der
Antragstellerin bestrittenen) Vermögensunterschied der Ehegatten nicht positiv der Wille
der Ehegatten feststellen, dass sie beide eine Wechselbezüglichkeit nicht wollten (vgl. auch
OLG Frankfurt, Beschluss v. 7.5.2015, 20 W 196/14, Rn. 40 ff.). Aus dem Testament von
... ergibt sich nichts dafür, dass sie dem Vermögensunterschied irgendeine Bedeutung
beigemessen haben. Im Gegenteil spricht die zitierte Formulierung „unseres gesamten
Vermögens“ sogar gegen eine solche Bewertung.

Die äußere Form des Testaments spricht auch nicht gegen die Annahme von
Wechselbezüglichkeit. Die Schlusserbeneinsetzung ist bereits in dem Testament vom ... ... ...
enthalten und wurde zeitgleich mit den weiteren letztwilligen Verfügungen auf einem Stück
Papier getroffen. Die Schlusserbeneinsetzung wurde am ... ... ... - unter Verweis auf das
Bestehen eines „Testaments auf Gegenseitigkeit“ - ausdrücklich wiederholt. Dass die
Ehegatten diese Schlusserbeneinsetzung auf einem gesonderten Papier drei Tage nach dem
ersten Testament wiederholten, spricht sogar eher für eine Wechselbezüglichkeit, da
offensichtlich beiden diese Bestimmung so wichtig war, dass sie sie noch einmal
bekräftigten.

Für die Auslegung und damit die Ermittlung des Willens der Ehegatten bei Errichtung des
Testamentes unerheblich ist das spätere Testament des Erblassers aus .... Es ist schon
zweifelhaft, dass sich aus diesem Testament, das Jahrzehnte nach dem Testament aus ...
errichtet wurde, ein Wille des Erblassers gegen die Wechselbezüglichkeit und für die
Abänderbarkeit ableiten lässt, da das Testament aus ... darin mit keinem Wort erwähnt wird.
Jedenfalls aber besagt dieses Testament nichts über den Willen der vorverstorbenen
Ehefrau. Für die Auslegung des Testaments aus ... und die Frage der Wechselbezüglichkeit
ist jedoch der Wille beider Ehegatten von Bedeutung. Rückschlüsse aus dem Testament des
Erblassers aus ... auf den Willen der Ehefrau im Jahre ... sind nicht möglich (vgl. auch OLG
München, Beschluss v. 6.7.2007, 31 Wx 33/07, Rn. 21).

Schließlich führt auch der große Altersunterschied zwischen den Ehegatten nicht zur
positiven Annahme, dass eine Wechselbezüglichkeit nicht gewollt gewesen sei. Zwar mag es
in diesen Fällen voraussehbar sein, welcher der Ehegatten den anderen überlebt, und mag es
vorliegend auch wahrscheinlich gewesen sein, dass der Erblasser seine Ehefrau nicht nur für
kurze Zeit, sondern für einen längeren Zeitraum überlebt. Diese statistische Betrachtung
greift jedoch zu kurz und lässt nicht den zwingenden Schluss (gestützt auf die allgemeine
Lebenserfahrung) zu, dass die Ehegatten von einer unverhältnismäßig langen Bindung des
überlebenden Ehegatten ausgingen und eine solche nicht gewollt hätten. Wie unsicher
dieser Schluss ist, zeigt auch der vorliegende Fall: obwohl der Altersunterschied zwischen
den Ehegatten rund ... Jahre betraf, hat der Erblasser seine Ehefrau „nur“ um ... Jahre
überlebt. Lässt sich mithin der Zeitraum der Bindung auch bei großen Altersunterschieden
nicht sicher vorhersagen, lässt sich ohne weitere Anhaltspunkte auch nicht feststellen, ob
die Ehegatten eine solche Bindung nicht gewollt haben (vgl. BeckOGK/Braun, § 2270
BGB Rn. 45). Vorliegend war die Ehefrau im Zeitpunkt der Testamentserrichtung ...... Jahre
alt, der Erblasser ...... Jahre alt. Von welcher Lebenserwartung die Ehegatten ausgingen, ist
nicht bekannt. Statistisch betrachtet hatte die Ehefrau noch rund ...... Jahre zu leben. Zu
Lebzeiten hätten beide Ehegatten das Testament, auch soweit es wechselbezüglich war,
noch widerrufen können. Dies haben sie nicht getan. Dass der Erblasser eine darüber
hinausgehende Bindung nach dem Vorversterben der Ehefrau dennoch nicht gewollt haben
sollte, lässt sich mangels weiterer dafür sprechender Anhaltspunkte nicht annehmen.

Auch eine Gesamtbetrachtung aller genannten Umstände führt zu keinem anderen
Ergebnis. Der Senat vermag daraus keine Auslegung des Testaments aus ... herzuleiten,
wonach der Wille der Ehegatten ... eine Wechselbezüglichkeit ausschließen wollte. Letztlich
bleibt das Motiv der Ehegatten für die Errichtung der Testamente im Jahre ... im Dunkeln.
Damit aber verbleibt es bei der Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB, wonach die
Wechselbezüglichkeit im Zweifel anzunehmen ist. Damit aber konnte der Erblasser die
Schlusserbeneinsetzung nach dem Tod seiner Ehefrau nicht mehr widerrufen, § 2271 Abs. 2
Satz 1 BGB. Sein Testament aus ... ist unwirksam.

4.

Das Testament vom ... ... ... ist auch nicht von den Ehegatten zu deren Lebzeiten durch
Vernichtung widerrufen worden, § 2255 BGB. Entsprechendes lässt sich jedenfalls nicht zur
Überzeugung des Senats feststellen.

Zwar existiert das Testament vom ... ... ... nur noch als Kopie. Dass es damals formwirksam
errichtet wurde, ist unstreitig und ergibt sich auch aus der vorgelegten Kopie und der
Bezugnahme im (als Original vorliegenden) Testament vom ... ... .... Eine Fälschung wird
nicht behauptet. Den erhöhten Beweisanforderungen im Erbscheinsverfahren im Falle des
Fehlens des Originals (vgl. dazu nur KG, Beschluss v. 3.8.2018, 6 W 52/18 m.w.N.) ist
damit Genüge getan.

Nach § 2255 BGB kann ein Testament durch Vernichtung der Testamentsurkunde
widerrufen werden. Die Beweis- und Feststellungslast für einen solchen Widerruf trägt
derjenige, der sich darauf beruft (vgl. Burandt/Rojahn/Lauck, 3. A., § 2255 BGB Rn. 7;
OLG Naumburg, Beschluss v. 29.3.2012, 2 Wx 60/11), hier also der Beschwerdeführer.
Allein der Umstand, dass nach dem Tod des Erblassers das Original der Testamentsurkunde
nicht mehr auffindbar ist, begründet keine tatsächliche Vermutung oder einen
Erfahrungssatz dahingehend, dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist
(OLG Naumburg aaO m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.2.2019, 25 Wx 65/18;
OLG Hamburg, Beschluss v. 25.1.2019, 2 W 45/18). Konkrete Anhaltspunkte für eine
solche bewusste Vernichtung sind nicht ersichtlich. Dass der Erblasser in seinem Testament
von ... erklärt hat, nicht durch gemeinschaftliches Testament in der Verfügung über seinen
Nachlass gebunden zu sein, lässt keinen Schluss auf eine Vernichtung des Testaments aus ...
zu. Dieses Testament vom ... ... ... wird im Testament von ... gar nicht erwähnt. Dass der
Erblasser angab, nicht gebunden zu sein, ließe sich auch dadurch erklären, dass er das
Testament aus ... vergessen hat oder dass er annahm, durch dieses Testament nicht in der
Verfügung beschränkt zu sein. Gegen eine bewusste Vernichtung des Testaments vom ... ...
... spricht im Übrigen, dass das Testament vom ... ... ..., das ausdrücklich auf das Testament
vom ... ... ... Bezug nimmt, noch im Original vorliegt. Hätten die Ehegatten das Testament
vom ... ... ... durch Vernichtung widerrufen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass sie dann
auch für eine Vernichtung des daran anknüpfenden Testaments vom ... ... ... gesorgt hätten.

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass die Antragstellerin nach dem Tod ihrer
Mutter sich nicht auf das Testament von ... berufen und keinen Pflichtteilsanspruch geltend
gemacht habe, belegt dies nicht, dass das Testament vom ... ... ... von den Eheleuten zu
diesem Zeitpunkt vernichtet worden war. Die Antragstellerin hat vorgetragen, von Anfang
an nur eine Kopie des Testaments vom ... ... ... erhalten zu haben, von dem Testament vom
... ... ... hingegen das Original. Ferner hat sie vorgetragen, dass sie im Zeitpunkt des Todes
ihrer Mutter selbst in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt habe und sie keinen
Anlass gehabt habe, erbrechtliche Ansprüche gegenüber dem Ehegatten ihrer Mutter
geltend zu machen. Anderes lässt sich nicht feststellen. Selbst wenn - wie der
Beschwerdeführer behauptet - zu diesem Zeitpunkt nur noch die Kopie existiert haben
sollte, bliebe offen und unbekannt, ob das Original dazu bewusst vernichtet oder nur
verloren gegangen war. Der Umstand, dass die Mutter der Antragstellerin ihrer Tochter eine
Kopie überreichte, spricht zudem gegen eine bewusste Vernichtung des Originals mit
Widerrufsabsicht. Andere Tatsachen, die für eine solche Widerrufsabsicht beider Ehegatten
bezüglich des Testaments vom ... ... ... sprechen, sind vom Beschwerdeführer nicht
vorgetragen und für den Senat nicht ersichtlich.

5.

Hatte damit die Beschwerde in der Hauptsache keinen Erfolg, war auf die Beschwerde des
Beschwerdeführers hin jedoch die amtsgerichtliche Kostenentscheidung wie aus dem Tenor
ersichtlich abzuändern. Die Kostenentscheidung für die erste Instanz beruht dabei auf § 81
FamFG.

Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss in Ziffer 2 des Tenors
ausgesprochen: „Der Beteiligte zu 1. hat die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2.
zu erstatten.“ Nach der Begründung soll der Beteiligte zu 1 der Beteiligten zu 2 vor allem
deshalb die außergerichtlichen Kosten erstatten, weil er mit seinem Antrag unterlegen, sie
hingegen mit ihrem Antrag obsiegt hat. Dies greift jedoch zu kurz und erscheint
ermessensfehlerhaft. Denn grundsätzlich sind bei der nach billigem Ermessen zu treffenden
Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren sämtliche in Betracht kommenden Umstände
des Einzelfalls heranzuziehen und kann - ohne Anwendung eines Regel-Ausnahme-
Verhältnisses - neben anderen Umständen auch das Obsiegen und Unterliegen
berücksichtigt werden (vgl. grundsätzlich BGH, Beschluss v. 18.11.2015, IV ZB 35/15). Die
amtsgerichtliche Entscheidung lässt demgegenüber nicht erkennen, dass es mögliche andere
Umstände neben dem Maß des Obsiegens tatsächlich in seine Erwägungen eingestellt und
abgewogen hat. Dazu gehört vorliegend vor allem der Umstand, dass die Beteiligte zu 2 das
Erbscheinsverfahren von Anfang an mit anwaltlicher Vertretung betrieben hat, diese
Kosten also unabhängig vom Verfahrensverhalten des Beteiligten zu 1 entstanden wären.
Ferner war zu berücksichtigen, dass die Frage der Bindungswirkung und
Wechselbezüglichkeit eine schwierige Rechtsfrage betrifft, so dass das Vorgehen des
Beklagten zu 1 (Abweisungsantrag bezüglich Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und
eigener Erbscheinsantrag) nicht von vornherein aussichtslos erschien. Unter Abwägung
dieser gesamten Umstände entspricht es deshalb billigem Ermessen, dass die Beteiligten ihre
außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz selbst zu tragen haben.

Hinsichtlich der Gerichtskosten der ersten Instanz verbleibt es bei der amtsgerichtlichen
Entscheidung.

6.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 81, 84 FamFG.
Dabei war maßgeblich, dass der Antragsteller mit seiner Beschwerde in der Hauptsache
erfolglos geblieben ist. Nach § 84 FamFG tritt in diesem Fall die Kostenhaftung des
Unterlegenen ein. Gründe, von dieser Regel abzuweichen, liegen nicht vor. Der Erfolg
hinsichtlich der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung fiel dabei nicht ins Gewicht; der
Antragsteller hätte das Rechtsmittel zur Vermeidung unnötiger Kosten auch nur auf die
Kostenentscheidung beschränken können.

7.

Die Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 61 GNotKG. Sie
beruht auf der Angabe des Nachlasswertes in dem Erbscheinsantrag des Antragstellers
sowie auf dem vom Beteiligten zu 1. ausgefüllten Nachlasswertverzeichnis vom 22.2.2020.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

04.02.2021

Aktenzeichen:

19 W 1118/20

Rechtsgebiete:

Gemeinschaftliches Testament
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Testamentsform

Normen in Titel:

BGB §§ 2265, 2267, 2269, 2270