OLG Koblenz 09. Juni 2010
1 U 1344/09
BGB §§ 328 Abs. 1, 652 Abs. 1 S. 1, 781

Auslegung einer Maklerklausel als deklaratorisches Schuldanerkenntnis; Ausschluss von Einwendungen wegen Verflechtung

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 1u1344_09
letzte Aktualisierung: 14.03.2012
OLG Koblenz, 9.6.2010 - 1 U 1344/09
BGB §§ 328 Abs. 1, 652 Abs. 1 S. 1, 781
Auslegung einer Maklerklausel als deklaratorisches Schuldanerkenntnis; Ausschluss von
Einwendungen wegen Verflechtung
1. Ein das Entstehen des Maklerprovisionsanspruchs hindernder (unechter) Verflechtungstatbestand liegt nahe, wenn eine Bank nach Kündigung des Kreditengagements dem Verkäufer die
freihändige Veräußerung des besicherten Grundstücks unter ihrer Obhut empfohlen hat und die
Immobilientochtergesellschaft der Bank als Maklerin für den Käufer tätig wird.
2. Zur Auslegung der in einen notariellen Kaufvertrag aufgenommenen Maklerklausel.


Entscheidungsgründe:
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer Tochtergesellschaft der ...[A]-Bank eG, die Rückzahlung der im Zuge des freihändigen Erwerbs eines Hausanwesens in …[X] gezahlten Käuferprovision.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540
Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Der Kläger, der eine Wertschätzung seiner Hausbank eingeholt hatte, besichtigte Mitte Mai 2008
mit Mitarbeitern der Beklagten das Hausanwesen des Voreigentümers, seines Nachbarn; dieser
hatte der Beklagten im März 2008 einen Makler-Alleinauftrag erteilt. Bei der Beurkundung
wurde der Kläger vom Notar auf die vorgesehene Maklerklausel nebst Unterwerfungserklärung
in § 7 des Kaufvertrages vom 16. August 2008 hingewiesen. Die von der Beklagten nachfolgend
in Rechung gestellte Käuferprovision in Höhe von 5.057,50 € hat der Kläger – zur Vermeidung
von Nachteilen in Ansehung der Zwangsvollstreckungsunterwerfung – ausgeglichen.
Das Landgericht hat – nach Beweisaufnahme – die Klage abgewiesen; hiergegen richtet sich die
Berufung des Klägers.
Der Kläger erkennt einen Verflechtungstatbestand, da die …[A]-Bank eG als „wirtschaftliche
Eigentümerin/faktische Verkäuferin“ des von ihr kreditierten Hausanwesens entscheidenden
Einfluss auf die Kaufverhandlungen genommen habe. Die Beklagte wiederum habe als „100%ige und in den Verwaltungsapparat eingegliederte“ Tochter der …[A]-Bank eG keine eigenständige Entscheidungsbefugnis mehr besessen, sondern sei vielmehr den wirtschaftlichen Interessen ihrer Mutter unbedingt verpflichtet gewesen. Im Übrigen sei aber auch ein Provisionsanspruch mangels entsprechender Maklerleistung der Beklagten nicht entstanden; zur Übergabe
des im Rechtsstreit vorgelegten Exposees sei es im Mai 2005 – entgegen der nicht glaubwürdigen Bekundung der Zeugin ...[B] – nicht gekommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Mainz vom 13. Oktober aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.057,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 22. November 2008 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 546,69 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe aufgrund der (keinesfalls überraschenden) Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag seine Verpflichtung zur Zahlung der
gegenständlichen Käuferprovision ausdrücklich bestätigt (deklaratorisches Schuldanerkenntnis).
Es liege auf ihrer, des Maklers, Seite auch keine unzulässige (echte oder unechte) Verflechtung
mit der Verkäuferseite vor; sie, die Beklagte, sei als GmbH eine eigene Rechtspersönlichkeit und
führe ihre Geschäfte selbständig und ohne jeden Einfluss ihrer Mutter, der ...[A]-Bank eG.
II.
Die – zulässige – Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der aufgrund der Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag vom 16. August 2008 – unter Vorbehalt – gezahlten Käuferprovision gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB.
Dem Vortrag des insofern darlegungs- und gegebenenfalls beweisbelasteten (vgl.
Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 362 Rn. 14) Klägers lässt sich das Fehlen eines
rechtlichen Grundes für die Leistung nicht schlüssig entnehmen.
Es wird auf die ausführlichen Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
Bezug genommen, die wie folgt zusammengefasst werden:
a) Allerdings liegt bei einer wertenden Gesamtbetrachtung die Annahme einer das Entstehen
eines Maklerprovisionsanspruchs gemäß § 652 Abs. 1 S. 1 BGB hindernden – zumindest
unechten – Verflechtung der Beklagten (Maklerin) mit der Verkäuferseite des Grundstücksgeschäfts und eines dementsprechend institutionalisierten Interessenkonflikts nahe (vgl. zu den
Grundlagen der Rechtsprechung zusammenfassend BGH NJW 2009, 1809 ff.; Palandt/Sprau,
a. a. O., § 652 Rn. 29 ff.).
Die ...[A]-Bank eG als Kreditgeberin und Grundschuldgläubigerin hatte dem Verkäufer das
Kreditengagement gekündigt und ihm – zur Meidung der allfälligen Zwangsversteigerung – die
freihändige Veräußerung des Hausanwesens unter ihrer Obhut empfohlen. Stand insofern das
Interesse der …[A]bank an der Befriedigung des dinglich gesicherten Darlehens inmitten, so
hatte sie zugleich im Blick auf die Sicherungsabrede mit dem Verkäufer auf eine bestmögliche
Verwertung des Hausanwesens Bedacht zu nehmen. Gegenläufig dazu stand das Interesse des –
von der (als „100%-ige Tochter“ vollständig in den Unternehmensverbund der ...[A]-Bank integrierten) Beklagten mit eigenem Provisionsinteresse unterstützten – Klägers (Käufers) an einem
möglichst niedrigen Erwerbspreis. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 24. Juni 1997 – XI ZR
178/96 – = NJW 1997, 2672 f.) hat im Fall einer die Zwangsversteigerung betreibenden Bank,
die nach Vermittlung eines freihändigen Verkaufs den Kaufpreis durch Vereinbarung einer
Maklerprovision mit dem Käufer gemindert hat, eine „institutionell bedingte Interessenkollision“
angenommen. Im Streitfall dürfte sich die Sachlage nicht entscheidend anders darstellen.
Unbeschadet ihrer – formalen – rechtlichen Selbständigkeit drängt es sich gleichsam auf, dass
sich die Beklagte als Immobilientochtergesellschaft der ...[A]-Bank regelmäßig den geschäftlichen Interessen ihrer Mutter verpflichtet ansehen wird und damit dem gesetzlichen Leitbild des
Maklers als unabhängiger Wahrer der Interessen seines Auftraggebers bei objektiver Betrachtung nicht mehr genügen kann. Bei dieser so „verwobenen“ Interessenlage konnte alsdann die
...[A]-Bank eG steuernden Einfluss sowohl auf die Geschäftstätigkeit der Maklerin als auch des
Vertragsgegners des Klägers nehmen (vgl. dazu BGH NJW 1974, 1130).
b) Der Kläger hat allerdings – nach dementsprechend vorausgegangener Belehrung durch den
beurkundenden Notar – die Maklerklausel in § 7 des notariellen Kaufvertrages vom 16. August
2008 hingenommen. Er hat insofern – nicht anders als der Zeuge ...[C] hinsichtlich der Verkäuferprovision (vgl. zum sog. Doppelmakler Palandt/Sprau, a. a. O., § 654 Rn. 4) – ausdrücklich
anerkannt, dass der Vertrag durch die Beklagte vermittelt bzw. nachgewiesen wurde und er als
Käufer eine Maklerprovision in bestimmter Höhe schulde. Es wurde insofern eine unmittelbare
Anspruchberechtigung zu Gunsten der Beklagten begründet (§ 328 Abs. 1 BGB). In dieser –
vom Kläger im vorliegenden Rechtsstreit hinsichtlich ihrer Rechtswirksamkeit nicht beanstandeten – Vertragsklausel sieht der Senat, in Übereinstimmung mit der Berufungserwiderung, die
Abgabe eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses (Schuldbestätigungsvertrag; zur Auslegung der Maklerklausel vgl. Palandt/Sprau, a. a. O., § 652 Rn. 23). Die Parteien wollten –
getragen schon vom insofern eindeutigen Wortlaut – ersichtlich eine etwaige Unsicherheit über
den Abschluss des Maklervertrages und das Entstehen des Provisionsanspruchs ausräumen. Der
Kläger ist demzufolge mit allen Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur gegen den
Bestand der bestätigten Forderung der Beklagten ausgeschlossen, die ihm zum besagten Zeitpunkt bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnen musste; eine Kondiktion ist ihm
insofern verschlossen (vgl. Palandt/Sprau, a. a. O., § 781 Rn. 3 f.). Die tatsächlichen Umstände
einer etwaigen Verflechtung der Verkäuferseite mit der Maklerin (sub a.) waren zum Zeitpunkt
des Notartermins offenkundig.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
IV.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird gemäß §§ 47 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, 48 Abs. 1
S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO festgesetzt auf
5.058 Euro.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Koblenz

Erscheinungsdatum:

09.06.2010

Aktenzeichen:

1 U 1344/09

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Maklervertrag
Bürgschaft u.a. Personalsicherheiten

Normen in Titel:

BGB §§ 328 Abs. 1, 652 Abs. 1 S. 1, 781