BGH 14. November 2022
NotZ 1/22
BNotO §§ 111, 92 Abs. 1 Nr. 1; GwG § 52 Abs. 1

Zwischenentscheidung über den Rechtsweg; Prüfung der Erfüllung von Pflichten nach dem GwG; Rechtstreitigkeiten über Mitwirkungspflichten des Notars; abdrängende Sonderzuweisung

letzte Aktualisierung: 2.2.2023
BGH, Beschl. v. 14.11.2022 – NotZ 1/22

BNotO §§ 111, 92 Abs. 1 Nr. 1; GwG § 52 Abs. 1
Zwischenentscheidung über den Rechtsweg; Prüfung der Erfüllung von Pflichten nach dem
GwG; Rechtstreitigkeiten über Mitwirkungspflichten des Notars; abdrängende
Sonderzuweisung

Rechtsstreitigkeiten über Mitwirkungspflichten eines Notars gegenüber der Dienstaufsicht anlässlich
der Prüfung der Erfüllung von Pflichten nach dem Geldwäschegesetz werden von der
abdrängenden Sonderzuweisung gemäß § 111 BNotO erfasst. Zur Entscheidung sind die bei den
Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof eingerichteten – sachnäheren – Notarsenate
berufen.

Gründe:

I.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und Notar. Mit Verfügung vom 16. Februar
2021 kündigte der beklagte Präsident des Landgerichts eine Prüfung der Amtsgeschäfte
des Klägers nach dem Geldwäschegesetz für den 16. und 17. März
2021 in den Räumen seiner Geschäftsstelle an. Am Morgen des 16. März 2021
ließ der - persönlich nicht anwesende - Kläger durch einen Mitarbeiter dem Prüfungsbeauftragten
des Beklagten lediglich das Verwahrungsbuch, das Massebuch,
Auszüge aus der Generalakte und Listen der Kalenderjahre 2016 bis 2021
aushändigen, nicht hingegen die - ebenfalls angeforderten - Urkundenrollen und
die Urkundensammlung. Dies begründete er mit datenschutzrechtlichen Bedenken
und seiner Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 18 BNotO. Die Prüfung
wurde abgebrochen. Mit Verfügung vom 30. März 2021 gab der Beklagte
dem Kläger auf, die verlangten Unterlagen einschließlich der Urkundenrollen seit
2016 und der Urkundensammlung seit 2019 zwecks Prüfung zu übersenden.
Dem kam der Kläger nicht nach. Mit seiner beim Kammergericht - Notarsenat -
erhobenen Anfechtungs- und Feststellungsklage begehrt er die Aufhebung der
Verfügung vom 30. März 2021 betreffend die Übersendung der Urkundensammlung,
des Verwahrungs- und des Massenbuchs sowie Feststellung der Rechtswidrigkeit
der Verfügung vom 16. Februar 2021. Die Parteien streiten neben inhaltlichen
Fragen um den zulässigen Rechtsweg.

Das Kammergericht hat die Zulässigkeit des vom Kläger eingeschlagenen
Rechtswegs durch Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG bejaht. Dagegen
wendet sich der Beklagte mit der von der Vorinstanz zugelassenen Beschwerde.

II.
Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 und 4 GVG, § 111 Abs. 2 Nr. 2 BNotO statthafte
und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu
Recht hält das Kammergericht den vom Kläger beschrittenen Rechtsweg im
Sinne von § 111 Abs. 1 BNotO für zulässig.

1. Dies hat das Kammergericht unter anderem damit begründet, die in § 111
Abs. 1 BNotO geregelte abdrängende Sonderzuweisung beziehe sich auf alle
hoheitlichen Maßnahmen, durch die in Rechte oder rechtlich geschützte Interessen
eines Notars eingegriffen werde. Der Kläger erwehre sich eines Eingriffs in
seine ihm nach § 18 Abs. 1 BNotO obliegende Verpflichtung zur Verschwiegenheit
und seine Pflicht gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 BNotO, § 5 Abs. 3 Satz 1 DONot,
die Verfügungsgewalt über Akten und Verzeichnisse zu wahren. Dass die Maßnahme
auf § 51 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GwG, mithin eine Rechtsgrundlage außerhalb
der Bundesnotarordnung gestützt werde, stehe der Anwendung des § 111
BNotO nicht entgegen. Bei den Befugnissen, die der Gesetzgeber dem Beklagten
als Aufsichtsbehörde nach § 50 Nr. 5, § 51 GwG zugewiesen habe, handele
es sich um einen Unterfall der dem Beklagten nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BNotO
obliegenden Prüfung und Überwachung der Amtsführung der Notare. Dazu gehörten
auch die Pflichten, die das Geldwäschegesetz dem Notar gerade wegen
seiner beruflichen Tätigkeit auferlege. Der Gesetzgeber sehe die dem Beklagten
nach § 50 Nr. 5, § 51 GwG obliegende Aufsicht als einen Sonderfall der Amtsaufsicht
im Sinne von § 93 BNotO an. Dies ergebe sich schon aus der Regelung
des § 51 Abs. 2 Satz 3 GwG, folge aber auch aus dem in § 50 Nr. 5 GwG enthaltenen
Verweis auf die Zuständigkeitsregelung nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO sowie
den sich aus der Gesetzesbegründung ergebenden Motiven. So habe der
Gesetzgeber im Entwurf der Bundesregierung zu § 16 Abs. 2 Nr. 6 GwG in der
Fassung vom 21. August 2008 - der Vorgängerregelung zu § 50 Nr. 5 GwG - zum
Ausdruck gebracht, dass der durch den Präsidenten des Landgerichts gemäß
§ 92 ff BNotO umfassend ausgeübten staatlichen Aufsicht über die Amtsführung
der Notare die Aufsicht über die Einhaltung der dem Notar im Rahmen der Bekämpfung
der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung obliegenden Pflichten
hinzugefügt werde. Anderenfalls hätte es der ausdrücklichen Bezugnahme
auf die §§ 92 ff BNotO nicht bedurft. Der Gesetzgeber habe sich - jedenfalls auf
behördlicher Ebene - mit der Bestimmung verschiedener besonders berufsnaher
Aufsichtsbehörden gerade nicht für eine einheitliche Entscheidungszuständigkeit
entschieden. Für die gerichtliche Zuständigkeit gelte nichts anderes.

2. Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Zur Entscheidung
über das Rechtsschutzbegehren des Klägers sind die bei den Oberlandesgerichten
und dem Bundesgerichtshof - erst- und zweitinstanzlich - eingerichteten
Notarsenate berufen.

Bei der Prüfung der Einhaltung der Vorschriften nach dem Geldwäschegesetz
durch die Präsidenten der Landgerichte als Träger der Dienstaufsicht gemäß
§§ 92 ff BNotO handelt es sich um eine der Ausnahmevorschrift des § 111
BNotO unterfallende verwaltungsrechtliche Notarsache und nicht um eine öffentlich-
rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40
Abs. 1 Satz 1 VwGO, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet
ist.

a) Gemäß § 111 Abs. 1 BNotO entscheidet das Oberlandesgericht im ersten
Rechtszug in verwaltungsrechtlichen Notarsachen, das heißt über öffentlichrechtliche
Streitigkeiten nach der Bundesnotarordnung, einer aufgrund dieses
Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder einer Satzung einer der nach diesem
Gesetz errichteten Notarkammern, einschließlich der Bundesnotarkammer,
soweit nicht die Streitigkeiten disziplinarrechtlicher Art oder einem anderen Gericht
ausdrücklich zugewiesen sind, und gemäß § 111 Abs. 2 Nr. 1 BNotO der
Bundesgerichtshof über die gegen die Urteile der Oberlandesgerichte gerichteten
Berufungen. Gegenstand dieser gesetzlichen ("abdrängenden") Sonderzuweisung
sind nicht nur Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG, sondern alle hoheitlichen
Maßnahmen. Von bestimmten, hier nicht einschlägigen Ausnahmen
abgesehen, sind die in Notarsachen geführten Verwaltungsstreitverfahren insgesamt
den Verwaltungsgerichten entzogen und den Notarsenaten zugewiesen
(Senat, Beschluss vom 24. Juli 2006 - NotZ 10/06, BeckRS 2006, 9882 Rn. 5).
Die Zuständigkeit der Notarsenate erstreckt sich danach auf alle öffentlich-rechtlichen
Streitigkeiten aus dem Bereich des Notarrechts, bei denen es um die Vornahme
oder Aufhebung von Amtshandlungen nach der Bundesnotarordnung
geht (Senat, Beschlüsse vom 26. Oktober 2009 - NotZ 19/08, DNotZ 2010, 220;
vom 24. Juli 2006 aaO und vom 29. Juli 1991 - NotZ 25/90, BGHZ 115, 275, 277).
Fehlt es - wie hier im Zusammenhang mit den geldwäscherechtlichen
Pflichten - an einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung, hängt es von der Natur
des Rechtsverhältnisses ab, aus dem der Anspruch hergeleitet wird, welcher
Rechtsweg einschlägig ist (Ruhtig in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl., § 40
Rn. 6). Die Abgrenzung von Streitigkeiten aus dem Bereich des Notarrechts zu
anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten richtet sich nach dem Rechtsschutzziel
des rechtsschutzsuchenden Beteiligten (Senat, Beschlüsse vom 26. Oktober
2009 - NotZ 19/08, DNotZ 2010, 220 und vom 24. Juli 2006 aaO Rn. 6). Rechtsschutzziel
des Klägers ist es, die Verfügungen des Beklagten aufzuheben (Verfügung
vom 30. März 2021), durch die er aufgefordert wurde, für die Prüfung
unter anderem seine Urkundensammlung sowie die Verwahrungs- und Massenbücher
für den dort genannten Zeitraum, auch soweit es sich nicht um sogenannte
"Kataloggeschäfte" im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG handelte, zugänglich
zu machen, beziehungsweise deren Rechtswidrigkeit festzustellen (Verfügung
vom 16. Februar 2021). Es geht damit im Ergebnis um den Umfang der
dem Notar gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde obliegenden Mitwirkungspflichten
nach dem Geldwäschegesetz. Diese stehen in engem Zusammenhang
mit den berufsrechtlichen Pflichten des Notars und werden daher ebenfalls
von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 111 BNotO erfasst.

b) Die aufsichtsrechtliche Prüfung lässt sich in Bezug auf die Überwachung
der Amtsgeschäfte des Notars einerseits und die Einhaltung der Verpflichtungen
nach dem Geldwäschegesetz andererseits weder verfahrensrechtlich
noch inhaltlich trennscharf voneinander abgrenzen. Dies ist auch nicht geboten,
denn die Beachtung der Vorschriften nach dem Geldwäschegesetz gehört zu der
ordnungsgemäßen Erledigung der Amtsgeschäfte im Sinne des § 93 Abs. 2
Satz 1 BNotO (ebenso Blaeschke, DNotZ 2022, 827, 845). Zudem überlappen
sich die allgemeinen dienstrechtlichen Pflichten des Notars und seine Pflichten
nach dem Geldwäschegesetz.

aa) Bereits die Konzeption des Geldwäschegesetzes mit seinen konkreten
Verweisen auf die Bundesnotarordnung zeigt, dass es sich bei der Prüfung nach
dem Geldwäschegesetz um einen Teilbereich der allgemeinen Amtsprüfung handelt.
Die Dienstaufsicht über die Notare im Landgerichtsbezirk obliegt gemäß
§ 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO den Präsidenten der Landgerichte. Sie üben als mit dem
Berufsstand besonders vertraute Institution gemäß § 51 Abs. 1, § 50 Nr. 5 GwG
in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO zugleich die Aufsicht über die Erfüllung
der geldwäscherechtlichen Verpflichtungen aus. § 51 Abs. 2 Satz 1 GwG bestimmt
insoweit, dass die Aufsichtsbehörden "im Rahmen der ihnen gesetzlich
zugewiesenen Aufgaben" geeignete und erforderlichen Maßnahmen und Anordnungen
treffen können, um die Einhaltung der im Geldwäschegesetz und aufgrund
dieses Gesetzes ergangenen Rechtsverordnungen festgelegten Anforderungen
sicherzustellen. Bereits aus dieser Formulierung wird deutlich, dass die
den Präsidenten der Landgerichte übertragenen Aufgaben nach dem Geldwäschegesetz
Bestandteil der ihnen gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO zugewiesenen
Dienstaufsicht sind. Dem entspricht, dass sie nach § 51 Abs. 2 Satz 3 GwG bei
der geldwäscherechtlichen Aufsicht - über die gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 GwG
bestehenden Möglichkeiten hinaus - auch die ihnen für ihre sonstigen Aufsichtsaufgaben
eingeräumten Befugnisse (hier: § 93 BNotO) wahrnehmen können. Gestützt
wird diese Würdigung weiterhin dadurch, dass in § 50 Abs. 1 Nr. 5 GwG
ausdrücklich auf § 92 Abs. 1 Nr. 1 BNotO Bezug genommen wird, der die Dienstaufsicht
der Landgerichtspräsidenten über die in ihrem Bezirk bestellten Notare
bestimmt.

bb) Der enge Zusammenhang beider Aufgabenbereiche kommt besonders
deutlich zum Ausdruck, wenn die aufsichtsrechtliche Prüfung der geldwäscherechtlichen
und der sonstigen dienstlichen Verpflichtungen des Notars - wie
in § 18 der Dienstordnung für Notarinnen und Notare in der Fassung der Bekanntmachung
vom 21. Dezember 2021 (gültig ab 1. Januar 2022, vgl. zB ABl. für Berlin
vom 14. Januar 2022, S. 51, im Folgenden nF) als Regelfall vorgesehen -
gleichzeitig durchgeführt wird. Sie liegt aber auch dann vor, wenn die Dienstgeschäfte
des Notars gesondert nur auf eines dieser Ziele überprüft werden. Denn
die gelegentlich einer solchen Maßnahme erlangten Erkenntnisse können dazu
Anlass geben, sie - dann mit abweichender Zielrichtung - entweder im geldwäscherechtlichen
oder allgemein dienstaufsichtsrechtlichen Bereich weiterzuverfolgen.

cc) Die geldwäscherechtlichen und die sonstigen dienstrechtlichen Verpflichtungen
des Notars überschneiden sich auch inhaltlich, weshalb eine klare
Zuordnung der von der Dienstaufsicht angeordneten Maßnahmen zu den einzelnen
Bereichen regelmäßig nicht möglich ist.

Die nach dem Geldwäschegesetz zu erfüllenden Verpflichtungen treffen
die Notare in ihrer amtlichen Eigenschaft. Auch soweit die Pflichten nicht unmittelbar
im Zusammenhang mit der Vornahme oder Aufhebung von Amtshandlungen
aus Anlass der Beurkundung von Rechtsvorgängen oder anderen Aufgaben
auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege (§ 1 BNotO) stehen, sondern der
Verhütung und Bekämpfung von Straftaten im Bereich der Geldwäsche (§ 1
Abs. 1 GwG, § 261 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 1 Abs. 2 GwG mit genaueren
Hinweisen) dienen, sind sie Teil der den Notaren obliegenden Dienstpflichten.

Der Zweck der Aufsicht gebietet es, dass neben der Einhaltung der
berufsrechtlichen Bestimmungen geprüft wird, ob der Notar alle sonstigen Normen
beachtet, mit denen er bei seiner beruflichen Tätigkeit bestimmungsgemäß
in Berührung kommt (vgl. BeckOK BNotO/Herrmann, 6. Ed., Stand: 1. August
2022, § 93 Rn. 31). Dazu gehört auch die Prüfung der Einhaltung geldwäscherechtlichen
Vorschriften, die er gerade auch aus Anlass der Beurkundung von
Rechtsgeschäften oder sonstigen Vorgängen der vorsorgenden Rechtspflege zu
beachten hat. Diese Prüfung kann im Einzelfall im Ergebnis dazu führen, dass
der Notar eine Beurkundung zu versagen hat (§ 14 Abs. 2 BNotO).

dd) Bei der Prüfung der Amtsgeschäfte des Notars einerseits und der Einhaltung
seiner Pflichten nach dem Geldwäschegesetz andererseits gibt es zudem
eine Reihe von inhaltlichen Schnittmengen.

(1) Die insoweit bestehenden und im Wege der Dienstaufsicht zu überwachenden
Pflichten der Notare ähneln sich und gehen - zumindest in Teilbereichen
- ineinander über.

Dies betrifft etwa die Pflicht zur Feststellung der Identität der Urkundsbeteiligten.
Zur Erfüllung der ihm nach dem Geldwäschegesetz obliegenden Pflichten
hat der Notar - ebenso wie die sonstigen nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten
- ein besonderes Risikomanagement zu betreiben und bestimmte
Sorgfaltspflichten einzuhalten (§§ 4 ff GwG). Insbesondere hat er den Vertragspartner
und die gegebenenfalls für ihn auftretende Person (einschließlich deren
Berechtigung) zu identifizieren, zu klären, ob einer der Vertragspartner für einen
wirtschaftlich Berechtigten handelt und diesen zu identifizieren, Informationen
über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung einzuholen und
die Geschäftsbeziehung einschließlich der Transaktion zu überwachen (§§ 10 ff
GwG). Auch nach dem Beurkundungsgesetz hat sich der Notar Gewissheit über
die Person der Beteiligten zu verschaffen (§ 10 BeurkG) und sich Nachweise
über die Berechtigung eines gesetzlichen Vertreters oder Bevollmächtigten vorlegen
zu lassen (§ 12 BeurkG). Ferner hat er sich über den Gegenstand und
Zweck des zu beurkundenden Geschäfts zu informieren, weil er anderenfalls seinen
Prüfungs- und Belehrungspflichten im Sinne von § 17 BeurkG nicht nachkommen
kann.

(2) Aber auch, soweit es um die Reichweite der Befugnisse der Dienstaufsicht
im Zusammenhang mit der Prüfung der Einhaltung der Pflichten nach dem
Geldwäschegesetz geht, stellen sich vielfach notarspezifische Fragen. So beruft
sich der Kläger vorliegend hinsichtlich seiner der Dienstaufsicht gegenüber bestehenden
Mitwirkungspflichten nach dem Geldwäschegesetz auf seine - seiner
Auffassung nach - diesen (teilweise) entgegenstehende Verpflichtung zur Verschwiegenheit
gemäß § 18 BNotO und auf seine Zweifel an der Berechtigung der
Anordnung, bestimmte näher bezeichnete Unterlagen außerhalb der Räumlichkeiten
der Geschäftsstelle zur Verfügung zu stellen (vgl. § 35 BNotO; § 5 Abs. 3
Satz 1 DONot in der bis zum 31. Dezember 2021 gültigen Fassung, § 17 DONot
nF).

c) Diese die Aufgaben und Befugnisse der Dienstaufsicht beziehungsweise
deren Beanstandungen betreffenden Fragestellungen sind - schon um die
Rechtseinheit zu wahren - vollumfänglich von den mit dem Berufsrecht der Notare
besonders vertrauten Spruchkörpern zu klären. Damit setzt sich die den Gerichtspräsidenten
wegen ihrer Sachkunde und der Nähe zu der Materie übertragene
Aufsichtsfunktion in dem für verwaltungsrechtliche Notarangelegenheiten
vorgesehenen Rechtsweg entsprechend fort. Demgegenüber würde eine Aufspaltung
des Rechtswegs in Bezug auf dienstrechtliche und rein geldwäsche-
rechtliche Fragen die Gefahr der Rechtszersplitterung in sich bergen, insbesondere
weil bei geldwäscherechtlichen Pflichten Abwägungen mit unter Umständen
konfligierenden allgemeinen Notarpflichten notwendig werden können. Abgesehen
davon wäre es kaum praktikabel, die betroffenen Notare auf zwei unterschiedliche
Rechtswege zu verweisen, wenn dieselbe Aufsichtsmaßnahme auf
eine geldwäscherechtliche und eine allgemein notarrechtliche Grundlage gestützt
wird.

d) Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass dann in der Konsequenz für
die Berufsgruppe der Notare zwar für Rechtseinheit gesorgt wird, für Streitigkeiten
zwischen anderen Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz und den für
sie zuständigen Aufsichtsbehörden (§ 50 Nr. 1-4, 6-9 GwG) jedoch unterschiedliche
Rechtswege eröffnet sind. Denn dies hat der Gesetzgeber durch die Angliederung
der Prüfung der geldwäscherechtlichen Verpflichtungen an die jeweilige
berufsrechtliche - mit den spezifischen Besonderheiten vertraute - Aufsicht ersichtlich
in Kauf genommen. Gegenteiliges lässt sich der Gesetzesbegründung
zu § 16 Abs. 2 Nr. 6 GwG in der Fassung vom 21. August 2008 (BGBl. I 1690)
- mit der die Amtsaufsicht durch die Präsidenten der Landgerichte eingeführt worden
ist - und Art. 1 §§ 50 ff GwG des Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EUGeldwäscherichtlinie
zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur
Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom
23. Juni 2017 (BGBl. I, S. 1822), mit dem unter anderem die Vorschriften des
Geldwäschegesetzes neu gefasst worden sind, nicht entnehmen (vgl. BT-Drs.
16/9038, S. 48 und BT-Drs. 18/11555).

III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 111b
Abs. 1 Satz 1 BNotO; sie ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gemäß § 17b
Abs. 2 Satz 1 GVG entbehrlich (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 1993 - V ZB
31/92, NJW 1993, 2541, 2542; BVerwG, NVwZ-RR 2015, 69 Rn. 8 mwN; Zöller/
Lückemann, ZPO, 34. Aufl., § 17b GVG Rn. 4). Eine Wertfestsetzung ist nicht
veranlasst (vgl. § 111f Satz 2 BNotO; Hug in Kopp/Schenke aaO, Anh § 164
Rn. 11 - Stichwort "Rechtswegstreit").

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

14.11.2022

Aktenzeichen:

NotZ 1/22

Rechtsgebiete:

Notarielles Berufsrecht
Beurkundungsverfahren

Normen in Titel:

BNotO §§ 111, 92 Abs. 1 Nr. 1; GwG § 52 Abs. 1