BGH 18. Februar 2021
V ZB 28/20
BNotO § 15; BGB §§ 372, 883 Abs. 1; GBO § 19

Rücktritt vom Kaufvertrag; Anforderung an die Löschung einer Auflassungsvormerkung; Weisung beider Parteien ggü. Notar

letzte Aktualisierung: 23.9.2021
BGH, Beschl. v. 18.2.2021 – V ZB 28/20

BNotO § 15; BGB §§ 372, 883 Abs. 1; GBO § 19
Rücktritt vom Kaufvertrag; Anforderung an die Löschung einer Auflassungsvormerkung; Weisung beider Parteien ggü. Notar

1. Inhalt und Umfang der Amtspflichten des Notars ergeben sich aus den im Kaufvertrag
enthaltenen Weisungen, die er streng zu befolgen und mit an ihrem Wortlaut orientierter
Genauigkeit zu beachten hat, ohne dass es auf außerhalb des Auftrags liegende Umstände
ankommt. Für den Inhalt einer gemeinsamen Anweisung ist in erster Linie deren Wortlaut
maßgeblich, und es ist nicht Sache des Notars oder des Beschwerdegerichts, den Inhalt der
Anweisung abweichend von ihrem Wortlaut auszulegen. (Tz. 9)
2. Unter dem Begriff der „Rückzahlung“ ist bei wortlautgetreuer Auslegung die Rück-führung des
teilweise gezahlten Kaufpreises in das Vermögen des Käufers zu verstehen. Ist – wie hier – die
Rückzahlung nach der dem Notar erteilten Anweisung zudem durch eine Bankbestätigung
nachzuweisen, so dass im Ergebnis diese Voraussetzung nur durch eine Überweisung des
zurückzuzahlenden Betrages auf ein Konto des Käufers erfüllt werden kann, so ist eine
Hinterlegung des Betrages nicht ausreichend. (Tz. 11)

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2 (nachfolgend Verkäuferin) verkaufte dem Beteiligten
zu 1 (nachfolgend Käufer) mit von dem Notar am 16. November 2018 beurkundetem
Vertrag ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 115.000 € und bewilligte
zu seinen Gunsten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Zu dieser ist in
§ 6 des Vertrages u.a. folgendes geregelt:

„Die Auflassungsvormerkung erlischt (auflösende Bedingung), wenn der beurkundende
Notar durch gesiegelte Eigenurkunde feststellt, dass der gesicherte
Anspruch (soweit ihm erkennbar) erloschen ist. Die Beteiligten bewilligen und beantragen,
die Bedingung bei der Vormerkung einzutragen. Hierzu weisen die Beteiligten
den Notar gemeinsam an, vorgenannte Eigenurkunde nur unter den
nachfolgenden Voraussetzungen zu erstellen und dem Grundbuchamt vorzulegen
- was vom Grundbuchamt jedoch nicht zu prüfen ist:

- Der Verkäufer legt dem Notar die schriftliche Rücktrittserklärung des Käufers
vor und erklärt dabei schriftlich, ob und ggf. welche Zahlungen bereits auf den
Kaufpreis erfolgt sind und der Käufer widerspricht nicht binnen vier Wochen nach
Absendung einer schriftlichen Aufforderung des Notars diesem gegenüber, dass
ein Rücktritt nicht erfolgt sei; oder

[…]

Soweit (Teil-) Zahlungen auf den Kaufpreis vom Verkäufer bestätigt oder vom
Käufer durch Bankbestätigung nachgewiesen sind, wird der Notar angewiesen,
das Erlöschen nur festzustellen, wenn ihm deren Rückzahlung durch Bankbestätigung
nachgewiesen ist.“

Nach § 8 des Vertrages („Vollmachten“) sollte der Notar u.a. „zur Löschung
der Auflassungsvormerkung“ im Falle des erklärten Rücktritts befugt sein.

Die Vormerkung wurde in das Grundbuch eingetragen. Der Käufer zahlte
an die Verkäuferin einen Teil des Kaufpreises in Höhe von 20.000 €. Weitere
Zahlungen erfolgten nicht. Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 erklärte der Käufer
gegenüber der Verkäuferin den Rücktritt von dem Kaufvertrag und teilte dies
am selben Tage dem Notar mit. Dieser wandte sich an die Verkäuferin, die ihm
gegenüber bestätigte, das Rücktrittsschreiben erhalten zu haben und mitteilte,
mit der Rückabwicklung einverstanden zu sein.

Mit Schreiben vom 19. Juni 2019 kündigte der Notar dem Käufer an, dass
er die Auflassungsvormerkung zur Löschung bringen werde, sobald der Teilkaufpreis
von 20.000 € zurückgezahlt sei. Dem widersprach der Käufer und erklärte,
die Zustimmung zur Löschung nur zu erteilen, wenn die Verkäuferin seine Gegenansprüche
erfülle. Mit Schreiben vom 21. August 2019 forderte die Verkäuferin
den Käufer erfolglos zur Erteilung einer Löschungsbewilligung und zur Entgegennahme
des auf den Kaufpreis gezahlten Betrages auf. Diesen hinterlegte sie
im September 2019 bei dem Amtsgericht unter Verzicht auf die Rücknahme und
benannte als Berechtigten den Käufer.

Mit Vorbescheid vom 22. Oktober 2019 hat der Notar den Beteiligten mitgeteilt,
dass er aufgrund des Rücktritts und der Hinterlegung davon ausgehe,
dass die Voraussetzungen der Löschung der Vormerkung gegeben seien, und
hat ihnen angekündigt, diese beim Grundbuchamt zu beantragen. Die gegen den
Vorbescheid von dem Käufer erhobene Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde hat der Käufer zunächst beantragt,
die Beschwerdeentscheidung aufzuheben und dem Notar zu untersagen,
die Löschung der Auflassungsvormerkung zu beantragen. Nach zwischenzeitlich
erfolgter Löschung der Auflassungsvormerkung hat er die Rechtsbeschwerde
beschränkt und beantragt nunmehr, der Verkäuferin die Kosten des
Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Die Verkäuferin
beantragt die Zurückweisung auch der beschränkten Rechtsbeschwerde.

II.

Das Beschwerdegericht meint, der Notar dürfe die Eigenurkunde wie angekündigt
errichten und die Löschung beantragen. Zwar sei er an Weisungen der
Vertragsparteien strikt gebunden und dürfe diese weder auslegen noch im Rahmen
einer Ermessenentscheidung relativieren. Die Voraussetzungen für die von
ihm angekündigte Vorgehensweise seien aber gegeben. Die Wirksamkeit des
von dem Käufer erklärten Rücktritts von dem Kaufvertrag sei zwischen den Beteiligten
unstreitig. Es wäre eine reine Förmelei gewesen, wenn der Notar die ihm
von dem Käufer übersandte Rücktrittserklärung an diesen selbst zurückgesandt
und ihn zur Erklärung über den Rücktritt aufgefordert hätte. Der Käufer habe dem
Notar auch die Annahme des Rücktritts durch die Verkäuferin übermittelt und
hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass er an seiner Rücktrittserklärung festhalte.
Schließlich habe die Verkäuferin dem Notar noch die Rücktrittserklärung
des Käufers übersandt und erklärt, dass ein Teilbetrag von 20.000 € auf den
Kaufpreis gezahlt und nunmehr bei dem Amtsgericht hinterlegt sei. Soweit der
Käufer gegenüber dem Löschungsbegehren der Verkäuferin Gegenansprüche
geltend mache, seien diese gegebenenfalls im Zivilrechtswege zu klären und
nicht von dem Notar im Rahmen seiner Amtstätigkeit.

III.

1. Die infolge der Zulassung statthafte (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m.
§ 70 Abs. 1, Abs. 2 FamFG) und auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG)
Rechtsbeschwerde ist in der Hauptsache mit der Löschung der zu Gunsten des
Käufers im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung gegenstandslos
geworden. Hat sich die Hauptsache im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
erledigt, wird die Rechtsbeschwerde unzulässig, wenn - wie hier - kein Fall des
§ 62 FamFG vorliegt. Der Beschwerdeführer kann die Rechtsbeschwerde aber
auf den Kostenpunkt beschränken (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom
7. April 2011 - V ZB 11/10, ZfIR 2011, 537 Rn. 4 f.; Beschluss vom 27. September
2012 - V ZB 57/12, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015
- II ZB 7/14, NJW 2015, 1449 Rn. 7 jeweils mwN). Das ist hier geschehen.

2. Die Entscheidung über die Kosten ist gemäß § 83 Abs. 2 i.V.m. § 81
Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen (Senat, Beschluss vom
7. April 2011 - V ZB 11/10, ZfIR 2011, 537 Rn. 9; Beschluss vom 7. November
2013 - V ZB 111/12, juris Rn. 4). Eine Kostenentscheidung zu Gunsten des
Rechtsbeschwerdeführers hat danach zu ergehen, wenn sein Rechtsmittel ohne
die Erledigung der Hauptsache begründet gewesen wäre (vgl. Senat, Beschluss
vom 7. November 2013 - V ZB 111/12, aaO; vgl. auch Beschluss vom 10. Februar
1983 - V ZB 18/82, BGHZ 86, 393, 396). So liegt es hier, da die Entscheidung
des Beschwerdegerichts - wäre es nicht zur Erledigung gekommen - auf
die Rechtsbeschwerde des Käufers aufgehoben und der Notar angewiesen worden
wäre, die angekündigte Amtshandlung nicht vorzunehmen.

a) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, ergeben
sich Inhalt und Umfang der Amtspflichten des Notars aus den im Kaufvertrag
enthaltenen Weisungen, die er streng zu befolgen und mit an ihrem Wortlaut
orientierter Genauigkeit zu beachten hat, ohne dass es auf außerhalb des Auftrags
liegende Umstände ankommt (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Dezember
2010 - V ZB 174/10, MittBayNot 2011, 422 Rn. 11; Beschluss vom 1. Oktober
2015 - V ZB 171/14, ZfIR 2016, 104 Rn. 12). Für den Inhalt einer gemeinsamen
Anweisung ist in erster Linie deren Wortlaut maßgeblich, und es ist nicht
Sache des Notars oder des Beschwerdegerichts, den Inhalt der Anweisung abweichend
von ihrem Wortlaut auszulegen (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Oktober
2010 - V ZB 70/10, juris Rn. 33; Beschluss vom 20. Januar 2011
- V ZB 219/10, RNotZ 2011, 326 Rn. 7; Beschluss vom 26. September 2019
- V ZB 41/19, DNotZ 2020, 522 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2000
- IX ZR 41/99, NJW 2000, 1644).

b) Rechtsfehlerhaft ist indes die Annahme des Beschwerdegerichts, der
Notar habe nach diesen Maßstäben das Vorliegen der in § 6 des Kaufvertrages
genannten Voraussetzungen bejahen und wie angekündigt das Erlöschen des
gesicherten Auflassungsanspruchs durch Eigenurkunde feststellen und die Löschung
der Auflassungsvormerkung beantragen dürfen. Es fehlt jedenfalls an
dem hierfür erforderlichen Nachweis der Rückzahlung des Teilkaufpreises von
20.000 €.

(1) Unter dem Begriff der „Rückzahlung“ ist bei wortlautgetreuer Auslegung
- die der Senat nach den dargestellten Grundsätzen (oben Rn. 9) selbst
vornehmen kann - die Rückführung des teilweise gezahlten Kaufpreises in das
Vermögen des Käufers zu verstehen. Die Rückzahlung ist nach der dem Notar
erteilten Anweisung zudem durch eine Bankbestätigung nachzuweisen, so dass
im Ergebnis diese Voraussetzung nur durch eine - bislang nicht nachgewiesene
- Überweisung des zurückzuzahlenden Betrages auf ein Konto des Käufers erfüllt
werden kann.

(2) Der Notar durfte den Nachweis der Rückzahlung auch nicht deswegen
als erbracht ansehen, weil die Verkäuferin den Betrag hinterlegt hat - wohl weil
der Käufer trotz Aufforderung kein Bankkonto benannt hatte - und einer Hinterlegung
unter bestimmten Voraussetzungen die gleichen Wirkungen wie einer Erfüllung
zukommen. Denn die Frage, ob andere Arten der Erfüllung des Anspruchs
auf Rückgewähr des teilweise gezahlten Kaufpreises einer Rückzahlung gleichzustellen
sind, ließe sich nur durch eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung
der Weisung ermitteln. Bei der gebotenen strengen Befolgung ihres Wortlauts
konnte hingegen kein Zweifel bestehen, dass eine Hinterlegung keine Rückzahlung
des Kaufpreises darstellt.

Das gilt auch dann, wenn die Hinterlegung materiell-rechtlich zur Erfüllung
des Anspruchs des Käufers auf Rückgewähr des Teilkaufpreises geführt haben
sollte, denn der Notar ist nicht dazu berufen, dies zu beurteilen. Hierzu wäre nämlich
zum einen zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach § 372 BGB für die Hinterlegung
vorlagen, namentlich, ob der Käufer sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung
im Annahmeverzug befand (Satz 1), und zum anderen, ob das Recht der
Verkäuferin, das hinterlegte Geld zurückzunehmen, nach § 376 Abs. 2 BGB ausgeschlossen
war (§ 378 BGB). Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Notars
- und damit auch nicht der über eine Notarbeschwerde entscheidenden Gerichte
der freiwilligen Gerichtsbarkeit -, über materiell-rechtliche Fragen zu entscheiden;
solche Fragen sind gegebenenfalls im Zivilprozess zu klären (vgl. Senat,
Beschluss vom 28. Oktober 2010 - V ZB 70/10, juris Rn. 33; Beschluss vom
1. Oktober 2015 - V ZB 171/14, ZfIR 2016, 104 Rn. 21; zu eng begrenzten Ausnahmen
Senat, Beschluss vom 19. September 2019 - V ZB 119/18, NJW 2020,
610 Rn. 14 ff. und 40 ff.).

III.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts nach dem Kaufpreis beruht auf
§ 61 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 3 Hs. 1, § 47 Satz 1 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

18.02.2021

Aktenzeichen:

V ZB 28/20

Rechtsgebiete:

Notarielles Berufsrecht
Allgemeines Schuldrecht
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Vormerkung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BNotO § 15; BGB §§ 372, 883 Abs. 1; GBO § 19