Keine Schenkungsteuer für verbleibende Gesellschafter einer GmbH nach Veräußerung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters an Pooltreuhänder
letzte Aktualisierung: 11.11.2020
BFH, Urt. v. 6.5.2020 – II R 34/17
ErbStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 7 S. 1; AO §§ 39 Abs. 2, 174 Abs. 5 S. 2
Keine Schenkungsteuer für verbleibende Gesellschafter einer GmbH nach Veräußerung
des Geschäftsanteils eines Gesellschafters an Pooltreuhänder
Veräußert ein Gesellschafter einem vorformulierten Vertragswerk entsprechend seinen
Geschäftsanteil an einen Pooltreuhänder, der diesen bis zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters
treuhänderisch für die verbleibenden Gesellschafter hält, unterliegt der Vorgang bei den
verbleibenden Gesellschaftern nicht der Schenkungsteuer.
Gründe:
II.
Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass die Übertragung des Geschäftsanteils an der W GmbH von X auf den Pooltreuhänder bei dem Kläger nicht der Schenkungsteuer unterliegt.
1. Der Vorgang ist nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m.
a) Als Schenkung unter Lebenden i.S. des
b) Die Voraussetzungen des
aa) Die Frage, ob und auf wen ein Geschäftsanteil übergeht, ist nach dem Zivilrecht zu beurteilen. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer knüpft grundsätzlich an bürgerlich-rechtliche Vorgänge an. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist daher regelmäßig nicht anwendbar. So kommt es auch bei anderen Tatbeständen der Schenkungsteuer für die Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, grundsätzlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist, denn die Schenkungsteuer ist eine Verkehrsteuer (grundlegend BFH-Urteil vom 22.09.1982 - II R 61/80,
bb) Für Treuhandverhältnisse an jedwedem Treugut, mithin auch an gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, gilt nichts anderes. Geht es im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer um die Frage der Rechtszuständigkeit an dem Treugut, so bleibt maßgebend, wer zivilrechtlicher Rechtsinhaber ist. Das ist regelmäßig der Treuhänder. Die abweichende Zurechnungsvorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 AO betrifft eine besondere Form wirtschaftlichen Eigentums und ist im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht grundsätzlich ebenso wenig anwendbar wie
cc)
dd) Nach diesen Maßstäben hat nicht der Kläger, sondern der Pooltreuhänder den Geschäftsanteil des X an der W GmbH erworben, so dass der Vorgang bei dem Kläger nicht nach
c) Ungeachtet dessen ist der Vorgang auch deshalb nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m.
aa) Nachdem die frühere Fassung des Gesetzes ausdrücklich nach einer gesellschaftsrechtlichen Grundlage verlangt hatte (dazu BFH-Urteile vom 01.07.1992 - II R 70/88,
bb) Es kann offenbleiben, unter welchen Voraussetzungen ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 AO angenommen werden könnte, wenn das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung allein der äußeren Form nach in das Rechtskleid eines Kaufvertrags gehüllt wird, ohne dass dieser inhaltlich von einem Ausscheiden gegen Abfindung zu unterscheiden wäre. In der Veräußerung eines Geschäftsanteils an einen Treuhänder, damit dieser den Geschäftsanteil interimsweise bis zum Eintritt eines neuen Gesellschafters hält und verwaltet, vermag der Senat jedenfalls keinen Missbrauch zu erkennen. Das gilt erst recht, wenn der Geschäftsanteil zu demselben Preis veräußert werden muss, zu dem er erworben wurde, ohne dass ein Anspruch auf Abfindung stiller Reserven oder eines Goodwills bestünde.
2. Der Vorgang ist auch nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m.
a) Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (
b) In subjektiver Hinsicht ist ein (einseitiger) Wille des Zuwendenden zur (Teil-)Unentgeltlichkeit seiner Leistung erforderlich. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt vor, wenn und soweit der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung zu erhalten (vgl. BFH-Urteil vom 28.10.2009 - II R 32/08, BFH/NV 2010, 893, unter II.3.a).
c) In dem Poolvertrag war das Schicksal des Geschäftsanteils des jeweiligen Gesellschafters --hier des X-- bei Erreichen der Altersgrenze bereits im Einzelnen geregelt. Alle Vermögensverschiebungen beruhten auf vertraglicher Verpflichtung, die ihrerseits angesichts der Verknüpfung mit dem ursprünglichen Erwerb des Geschäftsanteils schon objektiv eine Unentgeltlichkeit nicht erkennen lässt. Erst recht fehlt es an dem Willen zur Unentgeltlichkeit.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus
Entscheidung, Urteil
Gericht:BFH
Erscheinungsdatum:06.05.2020
Aktenzeichen:II R 34/17
Rechtsgebiete:
Erbschafts- und Schenkungsteuer
Sonstiges Steuerrecht
ErbStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 7 S. 1; AO §§ 39 Abs. 2, 174 Abs. 5 S. 2