OLG Hamm 11. Mai 2022
10 W 159/21
BGB § 2108

Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts des Nacherben

letzte Aktualisierung: 2.2.2023
OLG Hamm, Beschl. v. 11.5.2022 – 10 W 159/21

BGB § 2108
Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts des Nacherben

1. Nach § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB ist das Anwartschaftsrecht des Nacherben vererblich, sofern nicht
ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
2. Die erforderliche Auslegung des Testaments kann ergeben, dass der Erblasser die Vererblichkeit
der Nacherbenanwartschaft, wenn nicht völlig ausschließen, so aber doch auf die Abkömmlinge der
Nacherben beschränken wollte. Das kann angenommen werden, wenn der Erblasser ausdrücklich
nur seine Nachkommen bedacht hat und als Ersatzerben auch nur deren Abkömmlinge vorgesehen
hat. Bei der Berufung dieses Personenkreises zu Nacherben steht regelmäßig der Wille im
Vordergrund, den Nachlass im Familienbesitz zu erhalten und deshalb nach dem Tod eines
Nacherben nicht dessen familienfremde testamentarische Erben zum Zug kommen zu lassen.
3. Die Anordnung in einem Testament, dass bei Kinderlosigkeit des Vorerben der Nacherbfall
eintreten soll, spricht dafür, dass nach dem Willen des Erblassers unter Umständen Anwachsung
gem. § 2094 BGB eintreten sollte, um den Nachlass den Geschwistern zu erhalten.

Gründe:

I.
Der Erblasser war mit der am 00.00.1966 vorverstorbenen Frau I B, geb. J verheiratet. Aus
dieser Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen. Es handelt sich um den am 00.00.1993
verstorbenen K B, die am 00.00.2009 verstorbene Q L, die am 00.00.2005 verstorbene M
F, die am 00.00.2013 verstorbene O N und den am 00.00.2013 verstorbenen D B.
Der Erblasser und seine Ehefrau errichteten am 23.07.1949 ein notarielles
Ehegattentestament. Ein weiteres gemeinschaftliches Testament ließen sie am 21.06.1957
beurkunden. In diesem späteren Testament ergänzten sie die gegenseitige Erbeinsetzung
aus dem älteren Testament und bestimmten weiter:

„Der Überlebende von uns soll Erbe des Vorversterbenden bleiben. Er soll zugunsten
unserer Nachkommenschaft und eventuell der Schwiegerkinder frei testieren dürfen,
jedoch soll Erbe unserer Besitzung in P nur jemand aus unserer Nachkommenschaft
werden dürfen.

Sollten wir beide versterben, ohne dass der Überlebende eine letztwillige Verfügung
getroffen hat, so soll unser Sohn D Erbe sein, so lange er jedoch ohne leibliche
Nachkommen ist, einfacher Vorerbe.

Sollte unser Sohn D ohne leibliche Nachkommen sterben, so sollen unsere Kinder K, Q, M
und O oder deren Nachkommen vom Tode unseres Sohnes D an Nacherben sein.
Für den Fall des Eintritts der Nacherbschaft ernennen wir den Ältesten der dann noch
lebenden Geschwister oder im Nichterlebensfall den Ältesten der leiblichen Nachkommen
zu unserem Testamentsvollstrecker “

Mit notarieller Urkunde vom 29.08.1994 verzichteten die Kinder Q, O und M für sich und
„soweit möglich auch für ihre Nachkommen“ auf ihr Nacherbenanwartschaftsrecht bzw. die
Ersatznacherbschaft zugunsten ihres Bruders D B. Dieser verstarb am 00.00.2013
kinderlos und wurde von seiner Ehefrau Herta B, der Beteiligten zu 2), beerbt.
Die Tochter Q L hatte eine Tochter, die am 00.00.1950 geborene E.
Die Tochter M F hatte zwei Kinder. Es handelt sich dabei um die am 00.00.1946 geborene
Beschwerdeführerin und den am 00.00.1947 geborenen Herrn G F.
Der Sohn K B verstarb am 00.00.1993 kinderlos. Er war verheiratet mit Frau R B. Diese
verstarb am 00.00.2013 und wurde aufgrund eines notariellen Testaments vom 05.04.2000
von Frau S beerbt, die ihre Erbschaft gemäß notarieller Urkunde vom 22.11.2013 auf den
Beteiligten zu 3) übertrug.

Die Beschwerdeführerin hat die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins mit
Testamentsvollstreckervermerk beantragt und dazu vorgetragen, die Übertragung des
Nacherbenanwartschaftsrechts habe, da in dem Testament des Erblassers und seiner
Ehefrau Ersatznacherbschaft angeordnet worden sei, nur dann Auswirkungen, wenn der
Ersatznacherbfall zum Zeitpunkt des Todes von D B noch nicht eingetreten sei. Dies
betreffe lediglich O N, die zeitlich nach D B verstorben sei. Das
Nacherbenanwartschaftsrecht des K B sei den übrigen Nacherben angewachsen.
Die Beteiligte zu 2) hat vorgetragen, die Testamentsvollstreckung könne wegen § 2210
BGB nicht angeordnet werden.

Der Beteiligte zu 3) ist dem Antrag der Beteiligten zu 1) entgegen getreten und hat
vorgetragen, K B habe sein Anwartschaftsrecht an seine Ehefrau R B vererbt, die es an
Frau S weiter vererbt habe. Von dort sei es auf ihn übertragen worden, so dass er nach
dem Tod des Vorerben Erbe des Erblassers geworden sei.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag auf Erteilung des
Erbscheins zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der beantragte Erbschein
könne nicht erteilt werden. Es könne offen bleiben, ob der Beteiligte zu 3) Miterbe
geworden sei. Jedenfalls seien weder die Beschwerdeführerin noch Frau E und Herr G F
Miterben geworden. Diese seien nicht Ersatznacherben geworden. Es habe nicht mehr
zum Anfall der Nacherbschaft an sie kommen können, da ihre Eltern, die als Nacherben
bestimmten Q L, M F und O N durch notariellen Vertrag mit dem Vorerben D B auf ihre
Nacherbenanwartschaften wirksam verzichtet hätten bzw. diese auf den Vorerben D B
übertragen gehabt hätten. Dadurch sei der Vorerbe in Bezug auf diese Erbteile Vollerbe
geworden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die ihren Erbscheinsantrag
weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Vorerbe durch Erwerb der
Nacherbenanwartschaften Vollerbe werde, gelte nur, soweit keine Ersatznacherben
eingesetzt seien. Denn der Nacherbe könne nicht mehr Rechte übertragen als er selbst
besitze. Die Rechte der Ersatznacherben seien daher von der Übertragung unberührt. Es
seien nur die Übertragungen durch den Nacherben wirksam, bei denen der Nacherbe den
Vorerben überlebe. Das Nacherbenanwartschaftsrecht sei durch den Erbanfall beim
Ersatznacherben auflösend bedingt. Im Ersatzfall ende die auflösend bedingte Vereinigung
der beiden Rechtsstellungen in einer Person des Vorerben und die
Nacherbenanwartschaftsrechte für die bisherigen Ersatznacherben gelangten gleichwohl
zur Entstehung.

Der Beteiligte zu 3) hält an seiner Auffassung fest, Erbe geworden zu sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Verfahrensstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache durch Beschluss
vom 15.12.2021 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist gem. §§ 58, 352 e FamFG statthaft und
auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 63 FamFG eingelegt
worden.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Das Amtsgericht hat den Antrag der
Beschwerdeführerin auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins mit
Testamentsvollstreckervermerk zu Unrecht abgelehnt.

a) Die Beschwerdeführerin und ihr Bruder G F haben den Erblasser zu je 1/6
beerbt. Weitere Erben zu je 1/3 sind die Tochter der Frau Q L, Frau E, und der Vorerbe, D
B, bzw. dessen Rechtsnachfolger. Diese Erbfolge ergibt sich aus dem gemeinschaftlichen
Testament des Erblassers und seiner Ehefrau vom 21.06.1957. Darin haben die Eheleute
B bestimmt, dass Erbe des Letztversterbenden der gemeinsame Sohn D sein sollte,
allerdings nicht als Vollerbe, sondern nur als Vorerbe. Nacherben für den Fall, dass der
Sohn D ohne leibliche Nachkommen verstirbt, sollten die Kinder K, Q, M und O bzw.
ersatzweise deren Nachkommen sein. Die Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls –
der Sohn D verstirbt ohne eigene Nachkommen – ist eingetreten. Der Vorerbe D B ist am
00.00.2013 kinderlos verstorben. Das hat hier zur Folge, dass der Erblasser, wie von der
Beschwerdeführerin in dem Erbscheinsantrag vom 11.08.2021 ausgeführt, beerbt worden
ist.

aa) Der auf den Sohn K entfallene Erbteil ist nach dessen Tod am 00.00.1993
durch Anwachsung gem. § 2094 BGB auf die drei Schwestern Q, M und O übergegangen.
Der Bruder K ist vor Eintritt des Nacherbfalls, kinderlos verstorben. Mit dem Erbfall hatte er
zwar ein grundsätzlich unentziehbares und unbeschränkbares Anwartschaftsrecht an der
Erbschaft erworben, das auch vererblich ist, § 2108 Abs. 2 BGB (vgl. nur Grünewald-
Weidlich, BGB, § 2100 Rn. 12). Seine Nacherbenanwartschaft ist jedoch nicht seine
Ehefrau R B, die ihn allein beerbt hat, vererbt worden. Dementsprechend hat auch der
Beteiligte zu 3) keine Rechte an der Erbschaft erlangt.

Nach § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB geht nämlich das Anwartschaftsrecht nur auf den Erben
über, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist. Das ist hier aber der
Fall. Die erforderliche Auslegung des Testaments ergibt, dass der Erblasser und seine
Ehefrau die Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft, wenn nicht völlig ausschließen, so
aber doch auf die Abkömmlinge der Nacherben beschränken wollten (vgl. dazu OLG Celle,
Beschluss vom 24. Juni 2015 – 6 W 135/15 –, juris; Schneider in: Herberger/Martinek
/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 2108 BGB (Stand: 03.04.2020) Rn.
11). Denn die Testierenden haben ausdrücklich nur ihre Nachkommen bedacht und als
Ersatzerben auch nur deren Abkömmlinge vorgesehen. Bei der Berufung dieses
Personenkreises zu Nacherben bzw. Ersatzerben steht aber regelmäßig der Wille im
Vordergrund, den Nachlass über die unmittelbaren Nacherben hinaus im Familienbesitz zu
erhalten und deshalb nach dem Tod eines Nacherben nicht dessen familienfremde
testamentarische Erben zum Zug kommen zu lassen (BGH, Urteil vom 23.01.1963 – V ZR
82/61 –, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.04.1999 – 11 Wx 12/98 –, juris).
Die Unvererblichkeit des Nacherbenrechts hat hier zur Folge, dass die Anwartschaft des
Bruders K den Schwestern bei dessen Tod angewachsen ist. Dass alternativ keine
Anwachsung eingetreten ist, sondern in Höhe des Anteils des verstorbenen Bruders K die
Vorerbschaft zur Vollerbschaft erstarkt ist (vgl. dazu Staudinger/Avenarius (2019) BGB §
2108 Rn. 19; Grüneberg-Weidlich, BGB, § 2108 Rn. 4), ist hingegen nicht anzunehmen.
Unabhängig davon, dass im Zweifel stets Anwachsung anzunehmen sein dürfte
(Staudinger/Otte (2019) BGB § 2094 Rn. 4), spricht hier die Anordnung in dem Testament,
dass bei Kinderlosigkeit des Vorerben der Nacherbfall eintreten sollte, entscheidend dafür,
dass nach dem Willen der Erblasser Anwachsung eintreten sollte, um den Nachlass den
Geschwistern zu erhalten.

bb) Wie von der Beschwerdeführerin zutreffend dargelegt, scheiden die Tochter O
bzw. deren Rechtsnachfolger ebenfalls als Nacherben des Erblassers aus. Vor Eintritt des
Erbfalls ist der Nacherbe zwar noch nicht Erbe geworden, doch hat er bereits – wie oben
dargelegt - eine so sichere Aussicht auf die Erbschaft, dass von einem Anwartschaftsrecht
des Nacherben auszugehen ist, über das er schon vor dem Nacherbfall verfügen kann
(Grüneberg-Weidlich, BGB, § 2100 Rn. 12 m.w.Nw.). Auch eine Übertragung auf den
Vorerben ist zulässig. Hier haben die Schwestern Q, M und O in dem notariell
beurkundeten Vertrag vom 29.08.1994 zum Zwecke der Auseinandersetzung der
Nacherbfolge vereinbart, ihre Anwartschaftsrechte auf den Vorerben D B zu übertragen. In
dem Vertrag ist zwar von einem Verzicht die Rede. Da aber ein einseitiger Verzicht des
Nacherben auf sein Recht nicht möglich ist, weil dies den Vorschriften über die
Erbausschlagung zuwiderliefe, ist der dem Vorerben gegenüber erklärte Verzicht in eine
zulässige Übertragung der Anwartschaft auf den Vorerben umzudeuten (OLG Köln,
Beschluss vom 22. November 2017 – I-2 Wx 219/17 –, juris; Schneider in:
Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 2100 BGB (Stand:
03.04.2020) Rn. 25). Durch den Erwerb des Anwartschaftsrechts ist der Vorerbe Vollerbe
geworden und die Anwartschaft in seiner Hand durch Konsolidation untergegangen
(Staudinger/Avenarius (2019) BGB § 2100 Rn. 85). Der Vorerbe D B ist mithin hinsichtlich
des auf die Schwester O entfallenden Nacherbteils im Jahr 1994 Vollerbe geworden.
Dieser Erbteil betrug infolge der Anwachsung im Jahr 1993 nach dem Tod des Bruders K
1/3.

cc) Die beiden Schwester Q und M, bzw. deren Rechtsnachfolger, sind jeweils
(Nach-) Erben zu 1/3 geworden, so dass auf die beiden Kinder der Schwester M F, die
Beschwerdeführerin und ihr Bruder G F je 1/6 und auf die Tochter der Mitnacherbin Q L,
Frau E 1/3 entfällt.

Nicht zu überzeugen vermag hingegen die Ansicht des Amtsgerichts, der Vorerbe D B sei
auch bezüglich dieser Erbteile infolge des notariellen Übertragungsvertrages Vollerbe
geworden. Mit der Übertragung der Nacherbenanwartschaften auf den Vorerben ist dieser
zwar in die Rechtsstellung der Nacherben eingetreten. Er ist dadurch aber nicht Vollerbe
geworden, denn das Anwartschaftsrecht des Nacherben erlischt dann nicht, wenn es die
Rücksichtnahme auf Rechte Dritter gebietet. Das ist dann der Fall, wenn es nur
eingeschränkt, z.B. durch Anordnungen über weitere Nacherbenrechte oder eine
Ersatzerbschaft übertragen werden kann (BGH, Beschluss vom 27. September 1995 – IV
ZR 52/94 –, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 11. April 2013 – I-15 W 112/13 –, juris).
Sind – wie hier – Abkömmlinge der Nacherben als Ersatznacherben bestimmt, wirkt die
Übertragung, wenn durch das Vorversterben der Nacherben der Ersatzerbfall eintritt, nur
gegen sie, falls sie der Übertragung der Nacherbenanwartschaften zugestimmt oder
ihrerseits ihre Anwartschaftsrechte auf den Vorerben übertragen haben (OLG München,
Beschluss vom 28. November 2017 – 34 Wx 176/17 –, juris). Andernfalls werden ihre
Rechte von der Übertragung nicht berührt (Grüneberg-Weidlich, BGB, § 2100 Rn. 13, 16
m.w.Nw.). Insoweit liegt der Fall auch anders als bei der Schwester O (s.o. zu 2) a) bb)),
die den Vorerben überlebt hat, so dass eine Ersatzerbenanwartschaft nicht zum Vollrecht
erstarken konnte. An einer wirksamen Zustimmung fehlt es hier. Zwar haben die
Schwestern in der notariellen Urkunde vom 29.08.1994 auch „soweit möglich“ für ihre
Nachkommen auf die Nacherbschaft bzw. Ersatznacherbschaft verzichtet und ein etwa
verbleibendes Anwartschaftsrecht auf den Vorerben übertragen. Da es sich aber bei der
Übertragung – wie dargelegt – nicht um einen einseitigen Erbverzicht handelt, findet §
2349 BGB, nach dessen Regelung sich ein Erbverzicht auch auf Abkömmlinge erstreckt,
keine Anwendung. Dass die Schwestern befugt gewesen sind, die Übertragung auch im
Namen ihrer seinerzeit bereits lange volljährigen Kinder zu erklären, ist nicht ersichtlich.

b) Weiterhin steht auch § 2210 BGB der Aufnahme eines
Testamentsvollstreckervermerks in den Erbschein nicht entgegen. Diese Vorschrift, nach
der die Anordnung der Testamentsvollstreckung unwirksam wird, wenn seit dem Erbfall 30
Jahre verstrichen sind, greift nur im Fall der Dauervollstreckung. Für die
Abwicklungsvollstreckung gem. § 2203 BGB gilt diese zeitliche Begrenzung nicht. Diese
Art der Testamentsvollstreckung, die das Gesetz als Regelfall erachtet (Grüneberg-
Weidlich, BGB, § 2203 Rn. 1) liegt hier aber vor. Die Testamentsvollstreckung sollte nur für
den Fall der Nacherbschaft angeordnet werden, so dass angenommen werden kann, dass
es dem Erblasser und seiner Ehefrau bei der Anordnung der Testamentsvollstreckung
allein darum gegangen ist, ihre letztwilligen Verfügungen ordnungsgemäß auszuführen.

c) Der Erbschein ist gemäß § 352e Abs. 1 Satz 1 FamFG zu erteilen, denn die zur
Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen können als festgestellt erachtet werden.
Allerdings kann der Senat den beantragten Erbschein nicht selbst erteilen, so dass das
Nachlassgericht zur Erteilung des Erbscheins anzuweisen ist (Grüneberg-Weidlich, BGB, §
2353 Rn. 56; Keidel-Zimmermann, FamFG, § 352 e Rn. 130). Es entfällt aber trotz des
Widerspruchs des Beteiligten zu 3) der in § 352 e Abs. 2 FamFG vorgesehene Erlass
eines Feststellungsbeschlusses, weil die Entscheidung des Senats unanfechtbar ist
(Keidel-Zimmermann, a.a.O., Rn. 134).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG. Die Voraussetzungen für die Zulassung
der Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

11.05.2022

Aktenzeichen:

10 W 159/21

Rechtsgebiete:

Testamentsvollstreckung
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Erbverzicht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB § 2108