Reichweite notarieller Belehrungspflichten im Hinblick auf verdecktes Geschäft
Reichweite notarieller Belehrungspflichten im Hinblick auf verdecktes Geschäft
a) Die notariellen Belehrungspflichten gemäß
b) Die Interventionswirkung nach
(Bestätigung BGH, Urteil vom 19. Januar 1989 – IX ZR 83/88,
BGH, Urt. v. 4.4.2019 – III ZR 338/17
Problem
Der unternehmerisch tätige Verkäufer beauftragte den beklagten Zentralnotar mit dem Entwurf für das Kaufangebot eines Verbrauchers bzgl. einer sanierten Eigentumswohnung. Der Entwurf enthielt eine sog. unbefristete Fortgeltungsklausel: Nach Ablauf einer kurzen Mindestbindungsfrist sollte das Angebot bis zu einem etwaigen Widerruf durch den Anbietenden fortgelten.
Nach Abgabe des Angebots durch den Verbraucher und Ablauf der Mindestbindungsfrist beurkundete der Zentralnotar die Annahmeerklärung des Verkäufers. Der Käufer hatte zuvor mit der Verkäuferin außerhalb der notariellen Urkunde eine Eigenprovisionsvereinbarung getroffen, wonach ihm aus dem zu beurkundenden Kaufpreis eine Eigenprovision zustehen sollte. Von der verdeckten Provisionsabrede hatte der Notar keine Kenntnis.
Nach vollständigem Vollzug des Kaufvertrags wurde der Verkäufer im Rahmen eines Zivilverfahrens zwischen ihm und dem Käufer – dem der beklagte Notar als Streithelfer aufseiten des Verkäufers beitrat – zur Rückabwicklung des Vertrags verurteilt. Der BGH bestätigte dies im Revisionsverfahren (
Der Verkäufer warf dem Notar vor diesem Hintergrund vor, dass dieser die Unwirksamkeit des Kaufangebots wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB hätte erkennen und ihn hierüber hätte aufklären müssen. Der Notar habe den durch die erzwungene Rückabwicklung entstandenen Schaden beim Verkäufer verursacht.
Entscheidung
Nach Ansicht des BGH steht dem Verkäufer gegen den Notar kein Amtshaftungsanspruch aus
Der BGH bejaht einen fahrlässigen Verstoß des Notars gegen die ihm obliegende Hinweis- und Belehrungspflicht nach § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 S. 2 BNotO. Der Notar habe die Verkäuferin vor der Beurkundung ihrer Annahmeerklärung im Rahmen seiner Amtspflichten darauf hinweisen müssen, dass das Angebot des Käufers infolge der Unwirksamkeit der unbefristeten Fortgeltungsklausel bereits erloschen gewesen sein könnte (vgl. dazu bereits BGH
Eine Amtspflichtverletzung lasse sich auch nicht mit dem Argument verneinen, dass zugleich ein nichtiges Scheingeschäft (
Eine Amtshaftung des Notars nach
Eine Haftung des Notars für kausal verursachte Schäden komme nur in Betracht, wenn ihm die Schäden bei wertender Betrachtung auch zugerechnet werden könnten. Ersatz könne nur für solche Schadensfolgen verlangt werden, die innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm lägen.
Zur Herstellung des haftungsrechtlich erforderlichen inneren Zusammenhangs zwischen einer vom Notar (pflichtwidrig) geschaffenen Gefahrenlage und einem Schaden sei es für sich genommen jedoch nicht ausreichend, dass die Gefahrenlage im Allgemeinen geeignet sei, den eingetretenen Schaden herbeizuführen. Erforderlich sei darüber hinaus vielmehr stets, dass der Schaden in den Bereich der Gefahren falle, um derentwillen die verletzte Rechtsnorm erlassen worden sei.
Die notarielle Belehrungspflicht gem. § 17 Abs. 1 u. 2 BeurkG beschränke sich dabei grundsätzlich auf das konkret zu beurkundende Geschäft (vgl. BGH
Aus diesem Grund falle auch der vorliegend geltend gemachte Schaden des Verkäufers nicht in den Schutzbereich der verletzten Belehrungspflicht. Denn dieser sei gerade nicht im Bereich des beurkundeten Kaufvertrags (bzw. der hierauf bezogenen Annahmeerklärung), sondern im Bereich eines verdeckten Kaufvertrags entstanden, den der Beklagte weder gekannt habe noch habe kennen müssen. Die das verdeckte Geschäft betreffende (unheilbare) Unwirksamkeit sei keine Folge, die in den Bereich der Gefahren falle, um derentwillen der Beklagte zur Belehrung gem. § 17 Abs. 1 u. 2 BeurkG hinsichtlich des beurkundeten Geschäfts verpflichtet gewesen sei. Zwischen dem durch sie entstandenen Schaden und der Pflichtverletzung des Beklagten bestehe daher kein innerer Zusammenhang.
Etwas anderes ergebe sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der gesetzlichen Wertung, einen formnichtigen Immobilienkaufvertrag durch Auflassung und Eintragung zu heilen (
An die Feststellungen des zivilrechtlichen Vorverfahrens über die Eigenprovisionsabrede und ihre Beurteilung sei die Klägerin aufgrund der Interventionswirkung des Vorprozesses, in dem der beklagte Notar ihr als Streithelfer beigetreten sei, gebunden. Die von Amts wegen zu berücksichtigende Interventionswirkung nach
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:04.04.2019
Aktenzeichen:III ZR 338/17
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Notarielles Berufsrecht
Beurkundungsverfahren
Allgemeines Schuldrecht
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
DNotI-Report 2019, 85-86
NJW 2019, 1748-1751
NotBZ 2019, 426-429
BeurkG § 17 Abs. 1 u. 2