OLG Schleswig 16. Mai 2022
2 Wx 40/21
GBO §§ 21, 32

Vertretungsbescheinigung eines ausländischen Notars als tauglicher Nachweis ggü. dem Grundbuchamt

letzte Aktualisierung: 15.7.2022
OLG Schleswig, Beschl. v. 16.5.2022 – 2 Wx 40/21

GBO §§ 21, 32
Vertretungsbescheinigung eines ausländischen Notars als tauglicher Nachweis ggü. dem Grundbuchamt

1. Die Bescheinigung der Vertretungsberechtigung durch einen deutschen Notar reicht als
Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt jedenfalls dann gemäß § 21 BNotO aus, wenn der
Notar Einsicht in ein ausländisches funktionsäquivalentes Register genommen hat, das seiner
rechtlichen Bedeutung nach dem deutschen Handelsregister entspricht.

2. Eine Vertretungsbescheinigung durch einen ausländischen Notar reicht – auch wenn § 21
BNotO nicht direkt anwendbar ist – ebenfalls als Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt aus,
wenn für Gesellschaften öffentliche Register existieren, die in ihrer rechtlichen Bedeutung dem
deutschen Handelsregister entsprechen und wenn die Bescheinigung den für eine solche
Bescheinigung geltenden Bestimmungen des ausländischen Rechts entspricht. Das gilt für Notare
aus dem Bereich des lateinischen Notariats, das geprägt ist durch das Verständnis der Notarin
oder des Notars als Träger eines öffentlichen Amtes im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege.

3. Die Vertretungsbescheinigung eines niederländischen Notars nach Einsicht in das Register der
niederländischen Handelskammer ist ein tauglicher Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt, weil
es sich bei dem niederländischen Register um ein funktionsäquivalentes Register handelt und
niederländische Notare solche des lateinischen Notariats sind.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt als Eigentümerin im Grundbuch von
X Blatt … eingetragen zu werden.

Im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist die A. GbR mit Sitz in Amsterdam (NL),
bestehend aus den Gesellschaftern B. B.V. und F. GbR, letztere bestehend aus den
Gesellschaftern C. B.V., D. B.V., B. B.V. und E. B.V..

Am 23.05.2019 schloss die Antragstellerin mit der A. GbR (im folgenden Verkäuferin) einen
Kaufvertrag über den Erwerb des im Grundbuch von X Blatt … eingetragenen
Grundbesitzes (UR-Nr. … des Notars Dr. H. in H.). Die Verkäuferin und deren
Gesellschafter wurden dabei durch eine Vertreterin ohne Vertretungsmacht vertreten.

Am 19.06.2019 beglaubigte der Vertreter und Kandidatsnotar M. als Stellvertreter der
niederländischen Notarin G. die Unterschriften der Gesellschafter der Veräußerin unter der
Genehmigungserklärung zum Kaufvertrag vom 23.05.2019 (UR-Nr. … des Notars Dr. H.
in H.). Zugleich bestätigte er, dass er am gleichen Tage Einsicht in das Register der
niederländischen Handelskammer genommen habe. Hieraus ergebe sich, dass die B. B.V.
und die F. GbR, letztere bestehend aus den Gesellschaftern C. B.V., D. B.V., B. B.V. und E.
B.V. Gesellschafterinnen der Verkäuferin seien. Zudem wird unter Berufung auf weitere
Einsichtnahmen durch den niederländischen Notar in das Register der niederländischen
Handelskammer vom gleichen Tage die Vertretungsbefugnis der unterzeichnenden
Personen für die C. B.V., die D. B.V., die B. B.V. und die E. B.V. bestätigt. Der Schluss der
notariellen Bestätigung enthält den Hinweis, dass die F. GbR und die A. GbR als
ausländische Gesellschaften registriert seien und dass nach deutschem Recht und/oder den
Gründungsdokumenten der jeweiligen Gesellschaft (zu deren Auslegung er nicht qualifiziert
sei) Ausnahmen vorgesehen sein können hinsichtlich der Vertretungsberechtigung. Zudem
gelte die Bescheinigung nur unter der Voraussetzung, dass die Auslegung niederländischem
Recht unterliege.

Auf Antrag der Antragstellerin wurde am 27.06.2019 zugunsten der Antragstellerin eine
Eigentumsübertragungsvormerkung im Grundbuch unter Bezugnahme auf die Bewilligung
in der Urkunde mit der UR-Nr. … des Notars Dr. H. in H. eingetragen.

Mit Schreiben vom 03.02.2020 hat die Antragstellerin beantragt, die
Eigentumsumschreibung gemäß dem Kaufvertrag, UR-Nr. … des Notars Dr. H. in H.,
einzutragen.

Durch Zwischenverfügung vom 07.08.2020 hat das Grundbuchamt in Ziffer 1 der
Verfügung der Antragstellerin aufgegeben, die Vertretungsberechtigung/
Gesellschafterzusammensetzung durch Auszüge aus dem niederländischen Handelsregister
samt Apostille nachzuweisen, weil der niederländische Notar bei Beglaubigung der
Unterschriften vom 19.06.2019 seine Bestätigung der Vertretungsberechtigung/
Gesellschafterzusammensetzung dahingehend eingeschränkt habe, dass diese nur gelte,
sofern niederländisches Recht anzuwenden sei, die GbR aber eine solche nach deutschem
Recht sei. Hieran hat das Grundbuchamt mit den Ausführungen unter lit. a) der
Zwischenverfügung vom 15.09.2020 festgehalten. Mit Zwischenverfügung vom 09.11.2020
hat das Grundbuchamt klargestellt, dass die Nachweiserleichterungen des § 32 GBO i.V.m.
§ 21 Abs. 1 GBO nicht für ausländische juristische Personen gelten würden. Der
Vertretungsnachweis in der Form des § 29 GBO könne nur durch beglaubigten und mit
Apostille versehenen Handelsregisterauszug nebst Übersetzung erfolgen. An dieser
Auffassung hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 11.05.2021 festgehalten.
Auf den Inhalt der angegriffenen Zwischenverfügungen wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 01.07.2021. Die
Antragstellerin habe alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Die Auflassungsvormerkung
sei auch ohne Beanstandung in das Grundbuch eingetragen worden. Die
Notarbescheinigung sei auch bei ausländischen Rechtsträgern ein taugliches Mittel, weil das
niederländische Register mit dem deutschen Handelsregister vergleichbar sei und die
Befugnisse des niederländischen Notars dem eines deutschen Notars entsprächen.
Unabhängig davon müssten die vorgelegten Unterlagen auch deshalb ausreichen, weil der
geforderte Registerauszug aus dem niederländischen Handelsregister vorliegend nicht mehr
möglich sei, da die Verkäuferin mittlerweile (mehrfach) ihre Rechtsform geändert habe und
nicht mehr als GbR im niederländischen Register eingetragen sei. Auf die Begründung im
Einzelnen wird Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das Grundbuchamt durfte der Antragstellerin mit den angegriffenen Zwischenverfügungen
nicht aufgeben, die Vertretungsberechtigung bzw. die Gesellschafterzusammensetzung der
Veräußerin nachzuweisen, weil die Antragstellerin diesen Nachweis bereits erbracht hat.

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin den erforderlichen Nachweis der
Vertretungsberechtigung und der Gesellschafterzusammensetzung der Verkäuferin durch
die Erklärung der niederländischen Notarin G. vom 19.06.2019 erbracht. Die Erklärung
bescheinigt, dass die B. B.V. und die F. GbR, letztere bestehend aus den Gesellschaftern C.
B.V., D. B.V., B. B.V. und E. B.V Gesellschafterinnen der Verkäuferin seien. Zudem wird
unter Berufung auf weitere Einsichtnahmen durch den niederländischen Notar in das
Register der niederländischen Handelskammer vom gleichen Tage die Vertretungsbefugnis
der unterzeichnenden Personen für die C. B.V., die D. B.V., die B. B.V. und die E. B.V.
bestätigt.

Diese Bescheinigung einer niederländischen Notarin nach Einsichtnahme in das Register
der niederländischen Handelskammer bezüglich der betroffenen Gesellschaften ist nach
Ansicht des Senats auch ausreichend, um den Nachweis über die Vertretungsberechtigung
der Verkäuferin zu erbringen.

Die Frage, inwiefern die Bescheinigung der Vertretungsberechtigung durch Notare nach
Einsichtnahme in ein entsprechendes Register bei ausländischen Gesellschaften möglich ist,
wird in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet.

Zum Teil wird vertreten, dass ein solcher Nachweis nicht möglich sei, wenn die
Gesellschaften nicht in einem deutschen Register eingetragen sind, weil die
Voraussetzungen der §§ 32 GBO, 21 BNotO nicht gegeben seien (vgl. etwa BeckOK
GBO/Otto, 45. Ed. 1.3.2022, GBO § 32 Rn. 29).

Ganz überwiegend wird vertreten, dass eine Notarbescheinigung eines deutschen Notars
jedenfalls dann gemäß § 21 BNotO ausreicht, wenn der Notar Einsicht in ein ausländisches
funktionsäquivalentes Register genommen hat, das seiner rechtlichen Bedeutung nach dem
deutschen Handelsregister entspricht (Senat, Beschluss vom 13. Dezember 2007 – 2 W
198/07 –, Rn. 15, juris; Schöner/Stöber GrundbuchR, Rn. 3635i-3636h, beck-online;
Demharter GBO, 32. Aufl., § 32 Rn. 8; Volmer in: Keller/Munzig, KEHE
Grundbuchrecht, § 32, Rn. 50 ff.; LG Kleve, Beschluss vom 22. August 2007 – 4 T 386/06
–, Rn. 6, juris; OLG München, Beschluss vom 10. November 2020 – 34 Wx 235/20 –,
Rn. 29, juris; OLG München, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 34 Wx 187/14 –, Rn. 20,
juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 25. März 2014 – 15 W 381/14 –, Rn. 19, juris; OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 21. August 2014 – I-3 Wx 190/13 –, Rn. 10, juris).

Ein Teil der Vertreter der letztgenannten Auffassung vertritt weitergehend den Standpunkt,
dass dies im Ergebnis - auch wenn § 21 BNotO nicht direkt anwendbar ist - gleichermaßen
bei Vertretungsbescheinigungen durch ausländische Notare gilt, wenn für Gesellschaften
öffentliche Register existieren, die in ihrer rechtlichen Bedeutung dem deutschen
Handelsregister entsprechen und wenn diese Bescheinigung den für solche Bescheinigung
geltenden Bestimmungen des ausländischen Rechts entspricht, was für Notare aus dem
Bereich des Lateinischen Notariats gilt (Schöner/Stöber aaO, Rn. 3636j; Demharter aaO;
LG Kleve aaO).

Der Senat schließt sich der letztgenannten weitergehenden Auffassung an. Für die
Auffassung, dass die Vertretungsbescheinigung durch einen Notar nach Einsicht in ein dem
deutschen Register vergleichbares Register ausreicht, spricht, dass bei funktionsäquivalenten
Registern auch der Registerauszug unmittelbar (nach Apostille und Übersetzung)
Verwendung finden könnte und die Zwischenschaltung des Notars dies nur abkürzt (so
zutreffend für den deutschen Notar: Schöner/Stöber aaO, Rn. 3636h). Dies gilt
gleichermaßen für ausländische Notare aus dem Bereich des lateinischen Notariats, das
geprägt ist durch das Verständnis der Notarin oder des Notars als Träger eines öffentlichen
Amtes im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege. Es kann keinen Unterschied machen, ob
ein Registerauszug eines mit dem deutschen Register vergleichbaren Registers vorgelegt
wird oder ein ausländischer Notar als Träger eines öffentlichen Amtes den entsprechenden
Inhalt eines solchen Registers nach Einsichtnahme in dieses bestätigt. Ebenso wenig kann
es einen Unterschied machen, ob ein ausländischer Notar als Träger eines öffentlichen
Amtes den Inhalt eines funktionsäquivalenten Registers nach Einsichtnahme bestätigt oder
ein deutscher Notar.

Danach ist die Bescheinigung eines niederländischen Notars nach Einsicht in das Register
der niederländischen Handelskammer ein tauglicher Nachweis, weil es sich bei dem
niederländischen Register um ein funktionsäquivalentes Register handelt und
niederländische Notare solche des lateinischen Notariats sind (LG Kleve aaO;
Schöner/Stöber aaO, Rn. 3636l). Mit Blick auf das niederländische Register geht auch das
Grundbuchamt von einem gleichwertigen Register aus, weil es die Antragstellerin in den
angegriffenen Zwischenverfügungen selbst zur Einreichung eines entsprechenden
Registerauszugs zum Nachweis der Vertretungsberechtigung aufgefordert hat.

An der Tauglichkeit der Bescheinigung des Notars ändert sich auch nichts durch den
Hinweis des niederländischen Notars am Ende seiner Erklärung, demzufolge die F. GbR
und die A. GbR als ausländische Gesellschaften registriert seien und dass nach deutschem
Recht und/oder den Gründungsdokumenten der jeweiligen Gesellschaft (zu deren
Auslegung er nicht qualifiziert sei) Ausnahmen vorgesehen sein können hinsichtlich der
Vertretungsberechtigung. Insoweit gilt, dass der Notar mit Blick auf die
Vertretungsberechtigung den Inhalt des niederländischen Registers bestätigt hat. Ein
Auszug aus dem Register mit Apostille und Übersetzung würde ebenfalls genügen. Auf die
Frage der Anwendbarkeit des deutschen Rechts kommt es danach nicht an, weil sich die
Gesellschafterzusammensetzung bzw. die Vertretungsberechtigung bereits aus dem Register
ergibt; ein entsprechender Auszug hätte dem Grundbuchamt ausweislich der angegriffenen
Zwischenverfügungen auch als Nachweis genügt.

Unabhängig davon haben alle der damaligen Gesellschafter der Veräußerin, zu diesem
Zeitpunkt eine GbR, die Genehmigung erteilt. Nach deutschem Recht wäre die
Zustimmung damit in jedem Fall wirksam, da die Geschäftsführung in der GbR nach dem
Grundsatz der Selbstorganschaft zwingend durch die Gesellschafter wahrzunehmen ist (vgl.
BeckOK BGB, BGB § 709 Rn. 4, beck-online), selbst wenn die Geschäftsführung auf
einzelne Personen übertragen worden sein sollte, müsste es sich um Gesellschafter handeln
(vgl. BeckOK BGB/Schöne, 61. Ed. 1.2.2022, BGB § 710 Rn. 7), sodass jedenfalls eine
wirksame Zustimmung vorliegt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Schleswig

Erscheinungsdatum:

16.05.2022

Aktenzeichen:

2 Wx 40/21

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht

Normen in Titel:

GBO §§ 21, 32