Eintragungsfähigkeit der Einzelvertretungsmacht eines grundsätzlich gesamtvertretungsberechtigten „directors“
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 28.4.2015
OLG Frankfurt, 3.2.2015 - 20 W 199/13
HGB §§ 5, 13d Abs. 1, 13g Abs. 1;
Eintragungsfähigkeit der Einzelvertretungsmacht eines grundsätzlich
gesamtvertretungsberechtigten „directors“
Die auf die Zweigniederlassung einer englischen private company limited by shares beschränkte
konkrete Einzelvertretungsmacht eines im Übrigen gesamtvertretungsberechtigten directors ist
im Handelsregisterblatt der Zweigniederlassung eintragungsfähig.
Gründe
I.
Mit elektronischer Anmeldung vom 17.05.2013, auf die wegen ihres Inhalts im Einzelnen Bezug
genommen wird, hat der Beteiligte zu 2) angemeldet seine Bestellung zum „Geschäftsführer
(Director)“ der Gesellschaft, das Ausscheiden dreier weiterer, von zum Anmeldezeitpunkt
insgesamt fünf im Handelsregister der Zweigniederlassung unter der Bezeichnung
„Geschäftsführer“ eingetragenen Personen und weiterhin, dass in Bezug auf die deutsche
Zweigniederlassung jeder - also auch er selbst - der verbliebenen „Geschäftsführer (Directors)“
der Gesellschaft Einzelvertretungsbefugnis in Bezug auf die Zweigniederlassung besitze.
Vorliegend ist Verfahrensgegenstand der Beschwerde nur noch der Teil der Anmeldung des
Beteiligten zu 2) als „Geschäftsführer (Director), nachdem das ebenfalls angemeldete
Ausscheiden von drei weiteren als „Geschäftsführer“ eingetragenen Personen sich im Laufe des
Beschwerdeverfahrens nach Eintragung dieses Ausscheidens aufgrund nochmaliger
anderweitiger Anmeldung erledigt hat.
Zum Anmeldungszeitpunkt waren alle fünf damals im Handelsregister der Zweigniederlassung
unter der Bezeichnung „Geschäftsführer“ eingetragenen Personen unter Spalte 4 b) des
Handelsregisterblattes mit dem persönlichen Zusatz „einzelvertretungsberechtigt; beschränkt auf
die Zweigniederlassung“ versehen, was auch der ihrer Eintragung zugrundeliegenden
Erstanmeldung der Zweigniederlassung vom 20.07.2012 entsprach.
Als allgemeine Vertretungsregelung ist im Handelsregister unter Spalte 4 a) eingetragen: „Die
Geschäftsführer vertreten gemeinsam“.
Der verfahrensgegenständlichen Anmeldung vom 17.05.2013 sind Erklärungen des englischen
Notars … beigefügt vom 28.05.2013, in der dieser unter anderem bescheinigt, dass der Beteiligte
zu 2) als einer der Vorstandsmitglieder der Gesellschaft eingetragen sei und in seiner
vorbeschriebenen Eigenschaft befugt sei, die Anmeldung im Namen der Gesellschaft zu
unterzeichnen, sowie vom 03.05.2013, in der er unter anderem bestätigt, dass der Beteiligte zu 2)
am 01.04.2013 bestellt worden sei und aufgrund eines von ihm eingesehenen, am 20.07.2012
satzungsmäßig gefassten Beschlusses des Vorstandes der Gesellschaft ordentlich befugt sei, die
Gesellschaft in Bezug auf die deutsche Zweigniederlassung gerichtlich und außergerichtlich
jeweils alleine zu vertreten.
Die Rechtspflegerin des Registergerichts hat sodann unter anderem darauf hingewiesen, der
Anmeldung könne nicht entsprochen werden, da diese durch sämtliche Geschäftsführer zu
erfolgen habe, einer entsprechenden Anmeldung werde entgegengesehen (Bl. 21 der
Registerakte). Mit weiterem Schreiben hat sie unter anderem erklärt, es bleibe bei der
vorgenannten Beanstandung. Die Eintragungen im hiesigen Handelsregister der
Zweigniederlassung müssten mit den Eintragungen im ausländischen Register übereinstimmen.
Es sei daher nicht möglich, den director abweichende konkrete Vertretungsregelungen zu
erteilen. Laut Bescheinigung zur Ersteintragung der Zweigniederlassung sei die allgemeine
Vertretungsregelung, dass sämtliche director die Gesellschaft gemeinsam vertreten. Für die
einzelnen director seien keine abweichenden Vertretungsregelungen bestimmt. Solche konkreten
Vertretungsregelungen seien daher auch nicht im hiesigen Handelsregister einzutragen. Der
Einreichung einer Anmeldung, nach welcher die directors jeweils nach der allgemeinen
Vertretungsregelung vertreten, werde entgegengesehen (Bl. 22 f. der Registerakte).
Mit Schreiben an das Registergericht vom 10.06.2013 hat der Verfahrensbevollmächtigte der
Beteiligten unter Bezugnahme auf eine mitübersandte Fundstelle aus der Literatur unter anderem
die Auffassung vertreten, dass es nach englischem Recht möglich sei, einzelnen „Direktoren“ in
Bezug auf eine Zweigniederlassung Einzelvertretungsberechtigung zu erteilen und es sich nicht
erschließe, wieso dies im Handelsregister der Zweigniederlassung nicht eintragungsfähig sein
solle. Die Eintragungen für eine Zweigniederlassung dienten gerade dazu, Auskunft über die
Vertretungsberechtigung der gesetzlichen Vertreter in Bezug auf diese zu geben. Außerdem sei
der Gedanke einer auf eine Zweigniederlassung beschränkten Vertretungsmacht dem deutschen
Recht keineswegs fremd. So sei diese Möglichkeit in
ausdrücklich geregelt. Ferner bestünde auch kein Widerspruch zu den Eintragungen im
ausländischen Register, da in das Register des Companies House die Art und Weise der
Vertretungsbefugnis überhaupt nicht aufgenommen werden müsse (Bl. 29 ff. der Registerakte).
Die Rechtspflegerin des Registergerichts hat trotz diesen Ausführungen an ihren
Beanstandungen festgehalten und erklärt, die Anmeldung hinsichtlich der Einzelvertretung des
Beteiligten zu 2) sei zurückzunehmen (Bl. 27 der Registerakte).
Mit Schreiben vom 14.06.2013 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten Beschwerde
gegen die Verfügungen des Registergerichts vom 05.06., 07.06 und 12.06.2013 eingelegt, im
Wesentlichen unter Wiederholung der bereits zuvor geäußerten Rechtsansichten (Bl. 38 ff. der
Registerakte).
Daraufhin hat die Rechtspflegerin des Registergerichts ihre Ansicht nochmals bekräftigt und
weiter ausgeführt. Die Möglichkeit der Erteilung einer Einzelvertretungsberechtigung für
einzelne director/Geschäftsführer sei nach englischem Recht gegeben. Von dieser Möglichkeit
sei bei der Hauptniederlassung in England jedoch kein Gebrauch gemacht worden. Daher könne
eine solche Einzelvertretung lediglich für die hiesige Zweigniederlassung nicht eingetragen
werden. Auch die Beschränkungsmöglichkeit der Prokuristen erteilten Handlungsvollmacht auf
eine Zweigniederlassung sei kein Argument für die Erteilung einer abweichenden
Vertretungsberechtigung von Geschäftsführern einer Zweigniederlassung, da es sich bei der
Prokura um eine Befugnis der Vertretung der Gesellschaft aufgrund einer Vollmacht und nicht
um eine organschaftliche Vertretung handele (Bl. 37 der Registerakte).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.06.2013 hat die Rechtspflegerin des Registergerichts
sodann die Anmeldung vom 17.05.2013 zurückgewiesen (wegen der Begründung im Einzelnen
wird auf Bl. 45 f. der Registerakte Bezug genommen). Sie hat insbesondere darauf hingewiesen,
dass bei der Eintragung von Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften die hiesige
Eintragung im Handelsregister den Spiegel zur Eintragung im ausländischen Register bilden
müsse. Da eine von der allgemeinen Vertretungsregelung abweichende Regelung bei der
Hauptniederlassung im Ausland nicht erteilt worden sei, könne eine solche - auch lediglich
bezogen auf die Zweigniederlassung beschränkt erteilte -Einzelvertretungsberechtigung im
hiesigen Handelsregister nicht eingetragen werden. Da keine Behebung der Beanstandung erfolgt
sei, die Anmeldung nicht zurückgenommen worden und um eine rechtsmittelfähige
Entscheidung gebeten worden sei, sei die Anmeldung nunmehr zurückzuweisen.
Mit Schreiben an das Registergericht vom 04.07.2013 hat der Verfahrensbevollmächtigte der
Beteiligten unter Wiederholung des Inhalts seines Schreibens an das Registergericht vom
14.06.2013 Beschwerde eingelegt (Bl. 48 ff. der Registerakte), der die Rechtspflegerin des
Registergerichts mit Beschluss vom 09.07.2013, auf den im einzelnen Bezug genommen wird,
nicht abgeholfen hat (Bl. 59 f. der Registerakte). Eine Zweigniederlassung habe, mit Ausnahme
der besonderen Vertreter nach
besonderen gesetzlichen Vertreter. Es erfolge die Eintragung der im ausländischen Register
eingetragenen organschaftlichen Vertreter mit entsprechender Vertretungsregelung. Die
Vertretungsmacht könne nicht auf eine Zweigniederlassung beschränkt oder ausgenommen
werden; die Vertretungsmacht der Geschäftsführer sei daher gemäß der Eintragung im
ausländischen Register im deutschen Handelsregister einzutragen. Es sei nicht möglich, eine
ausländische Vertretungsregelung, welche eine Vertretung durch alle Geschäftsführer
gemeinsam vorsehe, durch einfache Anmeldung dahingehend abzuändern, dass alle
Geschäftsführer einzelvertretungsberechtigt seien.
Letztlich wird Bezug genommen auf die nach Hinweisen des Senats vom 12.08.2014 (Bl. 123 f.
der Registerakte), vom 19.09.2014 (Bl. 147 f. der Registerakte) und vom 04.12.2014 (Bl. 160 ff.
der Registerakte) übersandten und nach Rücksendung der Originale noch in beglaubigter
Abschrift in der Registerakte befindlichen weiteren Erklärungen des englischen Notars … vom
02.09.2014 nebst zweier Protokolle von board meetings der Gesellschaft vom 20.07.2012 und
01.04.2013 (Bl. 130 ff. der Registerakte), vom 05.11.2014 nebst einer von dem Beteiligten zu 2)
als director der Gesellschaft erstellten „Vollmacht“ vom selben Tag sowie vom 21.01.2015 nebst
eines Beschlusses des board of directors vom 09.01.2015 (Bl. 168 ff. der Registerakte).
II.
Die Beschwerden der Beteiligten sind gemäß § 382 Absatz 3, 58 Absatz 1 FamFG statthaft und
auch im Übrigen zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht eingelegt wurden (§§ 63,
64 FamFG) und die Beteiligten - die vorliegend auch Antragsteller sind - durch die
Zurückweisung der Anmeldung der Eintragung des Beteiligten zu 2) als neuer director der
Gesellschaft in eigenen Rechten beeinträchtigt sind (§ 59 Absatz 1 und 2 FamFG; zum
Beschwerderecht des Beteiligten zu 2) neben der Gesellschaft vgl. KG Berlin, Beschluss vom
18.11.2003, Az. 1 W 444/02, zitiert nach juris, Rn. 15 m.w.N.).
Die Beschwerden sind der Sache nach begründet, da die Anmeldung vom 17.05.2013, wonach
der Beteiligte zu 2) als director der Gesellschaft eingetragen werden soll, verbunden mit dem
persönlichen Zusatz, dass dieser, was die Vertretung der Zweigniederlassung betrifft,
einzelvertretungsberechtigt ist, von dem Registergericht aus unzutreffenden Gründen
zurückgewiesen worden ist und
auch darüber hinausgehende Eintragungshindernisse jedenfalls im Laufe des
Beschwerdeverfahrens behoben worden sind.
Allerdings war die Eintragung selbst - die nur vom Registergericht vorgenommen werden kann -
noch von der im Tenor dieses Beschlusses dargelegten förmlichen Übersendung der dort
genannten - und die rechtliche Grundlage der angemeldeten Tatsache bildenden - Urkunden, die
dem Senat im Beschwerdeverfahren vorab in Papierform übersandt worden waren, abhängig zu
machen.
Die vorliegende Anmeldung des Beteiligten zu 2) findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 13 d Absatz
1, 13 g Absatz 1 und 5 HGB i.V.m.
Danach ist bei einer Zweigniederlassung von „Gesellschaften mit beschränkter Haftung“ mit Sitz
im Ausland jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer unter Beifügung der Urkunden
über die Bestellung der Geschäftsführer in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift zur
Eintragung in das Handelsregister der deutschen Zweigniederlassung anzumelden. Soweit dabei
auf „Gesellschaften mit beschränkter Haftung“ mit Sitz im Ausland Bezug genommen wird,
entspricht es allgemeiner Auffassung, die auch der Auffassung des Senats entspricht, dass eine
britische private company limited by shares - um die es sich vorliegend bei der Gesellschaft
handelt - im Hinblick auf die Anwendung der genannten gesetzlichen Bestimmungen aufgrund
deren Vergleichbarkeit mit der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung gleichgestellt
ist (wegen der Begründung vgl. Senat, Beschluss vom 29.12.2005, Az. 20 W 315/05, zitiert nach
juris, Rn. 5 m.w.N.; so auch Senat, Beschluss vom 17.06.2010, Az. 20 W 241/09, nicht
veröffentlicht; weiterhin u.a. BGH, Beschluss vom 07.05.2007, Az. II ZB 7/06, zitiert nach juris,
Rn. 6; KG Berlin, a.a.O., Rn. 12; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 09.03.2006, Az. 6
W 693/05, zitiert nach juris, Rn. 6; OLG München, Beschluss vom 04.05.2006, Az. 31 Wx
23/06, zitiert nach juris, Rn. 5; OLG Hamm, Beschluss vom 21.07.2006, Az. 15 W 27/06, zitiert
nach juris Rn. 27;OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.06.2010, Az. 11 Wx 35/10, zitiert nach
juris, Rn. 9; Pentz in Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008,
Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., 2014, § 13 e, Rn. 1; Pentz in Ebenroth/Boujong/Joost/
Strohn, HGB, 3. Aufl., 2014, § 13 e, Rn. 12).
Der Beteiligte zu 2) ist auch befugt, seine Bestellung zum lediglich in Bezug auf die
Zweigniederlassung einzelvertretungsberechtigten director trotz der im Übrigen bei der
Gesellschaft geltenden Gesamtvertretung durch die directors alleine anzumelden, da ihm - wie
angemeldet - in zulässiger Weise Einzelvertretungsbefugnis für die Angelegenheiten der
Zweigniederlassung erteilt worden ist. Zu diesen Angelegenheiten gehören auch die
Anmeldungen zum Handelsregister der Zweigniederlassung.
Der Senat hat - woran er festhält - bereits in seinem oben in Bezug genommenen Beschluss vom
17.06.2010 (a.a.O.) entschieden, dass für eine englische private limited company by shares nicht
zwingend im deutschen Handelsregister nur eine Gesamtvertretung eingetragen werden darf,
sondern auch die Eintragung einer dem director erteilten umfassenden
Einzelvertretungsbefugnis, jedenfalls soweit die Satzung der Gesellschaft die Erteilung einer
derartigen Einzelvertretungsbefugnis zulässt. Andernfalls würde dies der Funktion des
Handelsregisters, die Vertretungsverhältnisse einer Gesellschaft mit Hauptsitz im Ausland in
vergleichbarer Weise zu verlautbaren, wie dies für die Geschäftsführer einer deutschen
Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorgesehen ist, nicht gerecht. Die entsprechende
Eintragung sei daher geboten, um dem Rechtsverkehr einen möglichst zutreffenden Überblick
über die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft zu verschaffen und eine Irreführung zu
vermeiden.
Nichts anderes kann dann nach Ansicht des Senats auch für den vorliegenden Fall gelten, bei
dem es nicht um die zulässige Eintragung einer umfassenden Einzelvertretungsbefugnis, sondern
um ein Weniger hierzu geht, nämlich die Eintragung einer solchen auf die Zweigniederlassung
beschränkten Einzelvertretungsberechtigung eines directors.
Schon daraus ergibt sich, dass die Auffassung der Rechtspflegerin des Registergerichts, die
Vertretungsmacht könne für einen „organschaftlichen Vertreter“ nicht auf eine
Zweigniederlassung beschränkt werden, vorliegend bereits deswegen nicht erheblich sein kann,
weil es hier tatsächlich nicht um eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Beteiligten zu 2)
geht. Dessen Vertretungsmacht soll gerade nicht auf die Zweigniederlassung beschränkt werden,
sondern insoweit gegenüber seiner fortbestehenden Vertretungsmacht als director der
Gesellschaft mit Gesamtvertretungsbefugnis dahingehend erweitert werden, dass er im Hinblick
auf die Angelegenheiten der Zweigniederlassung sogar einzelvertretungsberechtigt ist.
Die Rechtspflegerin des Registergerichts übersieht bei ihren Ausführungen auch, dass es
vorliegend nicht auf die von ihr geforderte, der Anmeldung entsprechende („spiegelbildliche“)
Eintragung zur Vertretungsbefugnis im ausländischen Register - also bei dem companies house -
ankommen kann, da dort nur die Namen und weitere personenbezogene Daten der directors
aufgenommen werden, aber keinerlei Aussagen zu deren Vertretungsbefugnis (vgl. Beschluss
des Senats vom 17.06.2010, a.a.O., m.w.N.; Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Aufl. 2013, Rn.
311c).
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 17.06.2010 (a.a.O.) weiterhin bereits darauf
hingewiesen, dass, obwohl die im englischen Recht zulässige Erteilung einer umfassenden
Einzelvertretungsmacht für einen director eher als Regelung einer rechtsgeschäftlichen
Vertretungsbefugnis erscheinen möge, dies ihrer Publizierung im deutschen Handelsregister
nicht entgegenstehe, da diese Einzelvertretungsbefugnis bezüglich ihrer rechtlichen
Auswirkungen der dem Geschäftsführer einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung
erteilten Einzelvertretungsbefugnis unbeschadet der rechtlichen Herleitung durchaus
vergleichbar erscheine.
Im Hinblick auf diese Vergleichbarkeit der Einzelvertretungsbefugnisse hält es der Senat auch
im vorliegenden Fall nach wie vor für angezeigt, das insoweit im maßgeblichen englischen
Recht Zulässige schon im Interesse des Rechtsverkehrs an einer umfassenden Darlegung der
tatsächlichen, bei der Gesellschaft gegebenen Vertretungsverhältnisse so auch im
Handelsregister der Zweigniederlassung zu verlautbaren.
Dies gilt auch dann, wenn man, was der Senat in seinem Beschluss vom 17.06.2010 (a.a.O.)
angedeutet hat, tatsächlich davon auszugehen haben dürfte, dass die im englischen Recht
zulässige Erteilung einer umfassenden Einzelvertretungsmacht für einen director die Regelung
einer rechtsgeschäftlichen und keiner organschaftlichen Vertretungsbefugnis darstellt.
Insoweit wird nämlich in der - soweit eingesehenen - deutschsprachigen Literatur zum
englischen Gesellschaftsrecht übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass die Befugnisse
jedenfalls des einzelnen director tatsächlich nicht aus einer Stellung als gesetzlicher Vertreter
erwachsen, sondern dieser vielmehr als Beauftragter der Gesellschaft und nicht als deren Organ -
einem Rechtsbegriff, der danach dem englischen Recht fremd ist - anzusehen ist (sog.
Mandatstheorie). Dies wird mehrheitlich auch für das board of directors, also die Gesamtheit der
directors, so gesehen (a.A. hinsichtlich des board of directors wohl Schall in NZG, 2006, 54, 55).
Danach stehen dem director bzw. dem board of directors keine originär aus dem Gesetz
abgeleiteten Befugnisse zu, sondern diese leiten sich vielmehr von den Gesellschaftsmitgliedern
auf der Basis der allgemeinen Regeln des Auftragsrechts ab (vgl. insgesamt Just, „Die englische
Limited in der Praxis“, 4. Aufl., 2012, Rn. 156; Ringe/Otte in
Triebel/Illmer/Ringe/Vogenauer/Ziegler „Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht“, 3.
Auflage, 2012, Rn. 207, 223; Birle/Klein/Müller, Praxishandbuch der GmbH, 3. Aufl., 2014, Rn.
8472; Triebel/von Hase/Melerski, „Die Limited in Deutschland“, 2006, Rn. 175, 179; Behrens
„Gesellschaft mit beschränkter Haftung im internationalen und europäischen Recht“, 2. Auflage,
1997, S. 860, 861; Kasolowsky/Schall in Hirte/Bücker „Grenzüberschreitende Gesellschaften“,
2. Aufl., 2006, Rn. 26, 3; Heinz/Hartung „Die englische Limited“, 3. Auflage, 2012, 7.
Abschnitt, Rn. 6).
Geht man nun davon aus, dass nach einhelliger Auffassung (vgl. nur Thorn in Palandt, BGB, 74.
Aufl., 2015, Anh. EGBGB 12, Rn. 17 m.w.N. zur Rspr.) lediglich für die Frage der
organschaftlichen Vertretung auf das Personalstatut - vorliegend das englische Recht -
abzustellen ist, für die Frage der rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung jedoch auf das
Vollmachtstatut - vorliegend auf das deutsche Recht - wäre unter Zugrundelegung der
dargelegten Mandatstheorie bereits jegliche Eintragung eines directors in das deutsche
Handelsregister unzulässig. Dies folgt daraus, dass das deutsche Recht eine auf Vollmacht
beruhende Vertretungsmacht nur in besonderen - im vorliegenden Fall nicht gegebenen - im
Gesetz normierten Fällen als im Handelsregister eintragungsfähig anerkennt. So ist insbesondere
die Prokura, obwohl es sich bei dieser lediglich um eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht
handelt (vgl. nur Weber in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., 2014, § 48, Rn. 1), in
das Handelsregister einzutragen (
Bevollmächtigung darstellende Handlungsvollmacht nach
unbeschränkte Generalvollmacht streitig (vgl. Hopt, in Baumbach//Hopt, HGB, 36. Aufl., 2014,
§ 8, Rn. 5 m.w.N.). Ebenfalls nach deutschem Recht in das Handelsregister eintragungsfähig ist
die Bestellung eines ständigen Vertreters nach
ob dieser lediglich rechtsgeschäftlich vertritt oder aber organschaftliche Befugnisse hat (vgl. u.a.
Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Aufl. 2013, Rn. 317; OLG München, Beschluss vom 04.05.2006,
Az. 31 Wx 23/06 und Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 18.12.2012,
Az. 2 W 97/12, jeweils zitiert nach juris; Hopt, a.a.O., § 13e, Rn. 3; Pentz in
Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, a.a.O., § 13e, Rn. 31)
Eine derart strikte Abgrenzung nach Personalstatut und Vollmachtstatut würde im vorliegenden
Fall der Aufgabe des Handelsregisters jedoch nicht gerecht. Andernfalls wäre - wie gesagt -
schon die Eintragung von directors und deren Vertretungsbefugnis im Handelsregister mangels
gesetzlich normierter Eintragungsfähigkeit ausgeschlossen, was im Interesse des Rechtsverkehrs
an einem möglichst zutreffenden Überblick über die Vertretungsverhältnisse auch der private
company limited by shares nicht gewollt sein kann.
Die Berücksichtigung derartiger Besonderheiten eines ausländischen Rechts verlangt letztlich
auch der Gesetzgeber u.a. ausdrücklich in §§ 13 g Abs. 4 und 5; 13 f Abs. 2, 4, 5 und 13 d Abs. 3
HGB.
Hinzu kommt weiterhin, dass gemäß
bei der Anmeldung von Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit
Sitz im Ausland auch Art und Umfang der „Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer“
anzumelden ist. Da damit jedenfalls nicht der ständige Vertreter nach
gemeint sein kann, sondern eben nur ein dem deutschen Geschäftsführer stärker vergleichbarer
director, kann diese Anmeldungs- und Eintragungspflicht (
eines directors einer englischen private company limited by shares letztlich auch dann nicht ins
Leere gehen, wenn dieser kein organschaftlicher Vertreter wie ein deutscher Geschäftsführer ist.
Im Hinblick auf diese rechtsgeschäftliche Bestellung des directors hat der Senat vorliegend auch
keine Bedenken - so wie dies auch in der vorgelegten „notariellen Bescheinigung“ vom
02.09.2014 gesehen wird - die notwendige satzungsmäßige Zulassung der vorliegend
angemeldeten, auf die Zweigniederlassung beschränkten Einzelvertretungsbefugnis, in Artikel
3.3. der maßgeblichen Satzung der Gesellschaft vom 15.05.2012 zu sehen. Danach können die
directors sogar sämtliche ihnen nach der Satzung zukommenden Rechte an eine andere Person
übertragen, was letztlich bei Übertragung der Rechte aller zunächst bestellter directors auf ein
und die selbe Person, beispielsweise auch einen der directors, zu einer entsprechenden
Einzelbevollmächtigung führen könnte.
Die entsprechende Beschlussfassung über die Bestellung eines directors obliegt nach Artikel 6.2
der Satzung auch nicht alleine der Gesellschafterversammlung durch „ordinary resolution“
(Artikel 6.2.1) sondern alternativ auch der Entscheidung der directors („decision oft the
directors“, Artikel 6.2.2.). Somit reicht dem Senat jedenfalls die neuerliche einstimmige
Beschlussfassung vom 09.01.2015 aus, bei der drei der vier directors der Gesellschaft im
Ergebnis der Erteilung der der Anmeldung zugrundeliegenden „Einzelvollmachtserteilung“ an
sämtliche directors - damit auch an den Beteiligten zu 2) - zugestimmt haben. Im Hinblick auf
Artikel 4.5.2 der Satzung, wonach - auch in Übereinstimmung mit der vorgelegten „notariellen
Bescheinigung“ vom 02.09.2014 - für die Abhaltung einer Vorstandssitzung lediglich die
Teilnahme zweier directors erforderlich ist, bestehen insoweit an der Beschlussfähigkeit der
Versammlung der directors vom 09.01.2015 auch keine Bedenken.
Die Notwendigkeit der im Tenor genannten förmlichen Übersendung der dort genannten
Urkunden folgt aus
die weitere Urkunde über das meeting of the board of directors vom 20.07.2012 bilden die
Grundlage für die angemeldete Eintragung. Der am 20.07.2012 gefasste Beschluss der
Gesellschaft deckt nach Ansicht des Senats die einschränkungslos angemeldete
Einzelvertretungsbefugnis des Beteiligten zu 2) in Bezug auf die Zweigniederlassung nicht, wie
der Senat dies in seinem Hinweis vom 19.09.2014 an den Verfahrensbevollmächtigten der
Beteiligten unter Bezugnahme auf die Bestätigung des englischen Notars … vom 02.09.2014 im
Einzelnen, beispielsweise im Hinblick auf Grundstücksaufverträge ausgeführt hat. Auf diesen
Hinweis und die genannte Bestätigung des englischen Notars wird wegen der - hier nicht zu
wiederholenden - Begründung im Einzelnen nochmals ausdrücklich Bezug genommen.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Eintragung des Beteiligten zu 2) als director -
und nicht, wie bislang bei den Eintragungen im Handelsregisterblatt der Zweigniederlassung
erfolgt, als Geschäftsführer - deswegen erforderlich ist, weil diese Eintragungsfassung dem
Zweck des Handelsregisters, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der
Zweigniederlassung der Gesellschaft als ausländischer Kapitalgesellschaft möglichst klar,
verständlich, vollständig und richtig anzugeben am ehesten entspricht. Der director einer
englischen private company limited by shares ist rechtlich nicht identisch mit einem
Geschäftsführer nach deutschem Recht. Dass die streitgegenständliche Anmeldung vom
17.05.2013 den Begriff director zwar nur in Großschreibung und als Klammerbegriff zu dem
Begriff Geschäftsführer enthält, steht dem nicht entgegen, da die Handelsregisteranmeldung
auslegungsfähig ist und nicht zwingend mit der vorzunehmenden Handelsregistereintragung
übereinstimmen muss. Die Formulierung der Eintragung ist vielmehr alleine Sache des
Registergerichts, so dass es ausreicht, dass die einzutragende registerfähige Tatsache der
Anmeldung im Wege der Auslegung hinreichend klar zu entnehmen ist (vgl. hierzu
Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Aufl., 2013, Rn. 76 und 173 m.w.N. zur einhelligen Rspr.).
Insoweit wird das Registergericht auch zu prüfen haben, ob eine amtswegige
Fassungsberichtigung der weiteren ausschließlich als Geschäftsführer eingetragenen directors in
Frage kommt.
Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde ist das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei
(§ 25 Absatz 1 GNotKG); eine hiervon abweichende Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Somit bedarf es auch keiner Bestimmung des Geschäftswertes für das Verfahren der
Beschwerde.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:03.02.2015
Aktenzeichen:20 W 199/13
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
GmbH
HGB §§ 5, 13d Abs. 1, 13g Abs. 1; GmbHG § 39