Einräumung eines Notwegrechts auch bei technisch nicht herstellbarer Verbindung
letzte Aktualisierung: 31.8.2022
BGH, Urt. v. 13.5.2022 – V ZR 4/21
BGB §§ 916, 917 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 2, 918 Abs. 1
Einräumung eines Notwegrechts auch bei technisch nicht herstellbarer Verbindung
1. Fehlt einem bebauten Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung
mit einem öffentlichen Weg deshalb, weil die in der bestandskräftigen Baugenehmigung vorgesehene
Zuwegung schon bei der Bebauung technisch nicht herstellbar war oder jedenfalls nicht (mehr)
hergestellt werden kann, ist das Notwegrecht nicht gemäß
2. Wird durch den Notweg eine Dienstbarkeit an dem Nachbargrundstück beeinträchtigt, muss der
Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks die Duldung des Notwegs nicht nur von dem
Eigentümer des Nachbargrundstücks, sondern auch von dem Dienstbarkeitsberechtigten verlangen.
3. Ob eine Zuwegung zu einem bebauten Grundstück den Anforderungen an eine zur
ordnungsmäßigen Grundstücksnutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg
genügt, beurteilt sich nach den aktuellen technischen und rechtlichen Voraussetzungen und nicht
nach den Gegebenheiten bei Erteilung der Baugenehmigung.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht unterstellt eine Notlage des Grundstücks des Klägers,
meint jedoch, ein Notwegrecht gegen die Beklagten scheide in entsprechender
Anwendung von
von dem damaligen Grundstückseigentümer bewusst herbeigeführt worden, weil
er entgegen der baurechtlichen Vorgabe das Haus ohne Zufahrt errichtet und
lediglich eine Zugangsmöglichkeit über eine Treppe geschaffen habe. Es könne
dahinstehen, ob die in der Baugenehmigung vorgesehene Zufahrt über das vordere
Grundstück wegen dessen topographischer Lage auch 1956 nicht zu realisieren
gewesen wäre. Dann hätte das Haus nämlich nicht gebaut werden dürfen.
Der damalige Eigentümer habe bewusst auf die dauerhafte Erreichbarkeit des
Grundstücks mit Kraftfahrzeugen verzichtet. Daran müsse sich der Kläger als
Rechtsnachfolger festhalten lassen.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des
Klägers auf Einräumung eines Notwegrechts gemäß
deshalb, weil sein Rechtsvorgänger die Notlage seines Grundstücks willkürlich
herbeigeführt habe.
a) Nach
trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 917 BGB nicht ein, wenn die bisherige
Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Weg durch eine willkürliche
Handlung des Eigentümers aufgehoben wird. Das gilt auch für Handlungen
des früheren Eigentümers (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 1974 - V ZR 69/73,
b) Eine unmittelbare Anwendung von
Berufungsgericht zutreffend erkennt, aus. Die Vorschrift setzt nach ihrem Wortlaut
eine Veränderung der Zugangsverhältnisse in tatsächlicher Hinsicht durch
die Aufhebung einer zuvor bestehenden Verbindung voraus. Daran fehlt es hier.
Das Grundstück des Klägers besaß zu keinem Zeitpunkt eine Verbindung zu dem
öffentlichen Straßennetz. Durch die Grunddienstbarkeit in Form eines Geh- und
Fahrrechts an dem vorderen Grundstück ist eine solche Verbindung nicht zustande
gekommen, weil eine Zufahrt nie erstellt wurde.
c)
entsprechend anwendbar. Es fehlt an der dafür erforderlichen Regelungslücke.
aa) Die Vorschrift des
Rechtsgedanken des Inhalts, dass die Verpflichtung zur Duldung eines Notwegs
nicht mit einem Zustand begründet werden könne, den der Eigentümer durch
Maßnahmen auf seinem Grundstück herbeiführt (vgl. Senat, Urteil vom 24. April
2015 - V ZR 138/14,
des Notwegs nach § 917 BGB über Gebühr eingeschränkt. Wenn
das Grundstück - wie hier - auch vor der Bebauung keine Verbindung zum öffentlichen
Weg hat, wird die Notlage erst durch die mit der Bebauung verbundenen
Änderung der Nutzungsart des Grundstücks verursacht. Diese ist aber grundsätzlich
nicht als willkürlich anzusehen, wenn sie als ordnungsmäßige Nutzung
im Sinne von
2015 - V ZR 138/14,
bb) Die Nutzung eines Grundstücks zu Wohnzwecken ist eine ordnungsmäßige
Nutzung im Sinne von
einer bestandskräftigen Baugenehmigung erfolgt. Die Baugenehmigung
stellt verbindlich fest, dass das Vorhaben mit dem Baurecht übereinstimmt (zur
Legalisierungswirkung näher Senat, Urteil vom 21. Januar 2022 - V ZR 76/20,
juris Rn. 13 ff. mwN). Das gilt auch dann, wenn sie rechtswidrig ist. Hätte mangels
Erschließung die Baugenehmigung nicht erteilt werden dürfen, ist dies wegen
ihrer Bestandskraft unerheblich. Da es für die Bestimmung, ob ein Grundstück
ordnungsmäßig im Sinne von
aus welchen Gründen ihm die Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt, führt
die fehlende Erschließung des Wohngrundstücks in einem solchen Fall grundsätzlich
zu einem Notwegrecht (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2015
- V ZR 138/14,
- V ZR 268/19,
vorgesehene Erschließung zu keinem Zeitpunkt möglich war. Fehlt einem bebauten
Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit
einem öffentlichen Weg deshalb, weil die in der bestandskräftigen Baugenehmigung
vorgesehene Zuwegung schon bei der Bebauung technisch nicht herstellbar
war oder jedenfalls nicht (mehr) hergestellt werden kann, ist das Notwegrecht
nicht gemäß
cc) Gemessen an diesen Grundsätzen stellt die Wohnnutzung eine ordnungsgemäße
Nutzung des Grundstücks des Klägers dar. Die 1956 erteilte Baugenehmigung
ist bestandskräftig. Dass die Auflage, auf dem vorderen Grundstück
eine Zufahrt zu erstellen, nicht erfüllt worden ist, steht dem nicht entgegen.
Die Schaffung der Zufahrt war keine auflösende Bedingung der Baugenehmigung,
so dass diese fortbesteht. Ob die Zufahrt über das vordere Grundstück
aufgrund der topographischen Gegebenheiten (Hanglage, beengte räumliche
Verhältnisse) schon 1956 technisch nicht möglich war oder jedenfalls heute nicht
mehr hergestellt werden kann, ist im Rahmen von
III.
Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im
Ergebnis richtig (
Duldung eines Notwegrechts über das Flurstück 3713 abgewiesen worden ist.
Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann die Duldungspflicht nicht deswegen
verneint werden, weil die Beklagten nicht Eigentümer dieses Grundstücks,
sondern nur Dienstbarkeitsberechtigte sind.
1. Allerdings ist duldungspflichtig im Sinne des
der Nachbar. Damit ist der Eigentümer gemeint, über dessen Grundstück der
Notweg führen soll. Der Eigentümer des zugangslosen Grundstücks kann die
Einräumung eines Notwegs nicht nur von dem Eigentümer desjenigen Grundstücks
verlangen, das unmittelbar an der öffentlichen Straße liegt, sondern von
den Eigentümern aller Grundstücke, die zwischen seinem Grundstück und der
Straße liegen (vgl. Senat, Urteil vom 22. April 2016 - V ZR 189/15, NJW-RR 2017,
210). Dingliche Berechtigte sind dagegen, vorbehaltlich der Regelung des § 917
Abs. 2 Satz 2 BGB (vgl. dazu Rn. 14-16), ebenso wie obligatorisch Berechtigte
nicht duldungspflichtig (vgl. BeckOGK/Vollkommer, BGB [1.4.2022], § 917
Rn. 41; Staudinger/Roth, BGB [2020], § 917 Rn. 33; PWW/Lemke, BGB,
16. Aufl., § 917 Rn. 4). Sie haben aber ein von dem duldungspflichtigen Eigentümer
eingeräumtes Notwegrecht als gesetzliche Beschränkung des Eigentums zu
beachten (vgl. Senat, Urteil vom 22. April 2016 - V ZR 189/15,
Rn. 32 zum Pächter; Grüneberg/Herrler, 81. Aufl., § 917 Rn. 8; NK-BGB/Ring,
5. Aufl., § 917 Rn. 28; Staudinger/Roth, BGB [2020], § 917 Rn. 33).
2. Für den Berechtigten einer Dienstbarkeit an dem Nachbargrundstück ist
es jedoch anders. Dieser kann neben dem Eigentümer duldungspflichtig im Sinne
des
Satz 2 BGB auf § 916 BGB (vgl. Staudinger/Roth, BGB [2020], § 917 Rn. 33;
BeckOGK/Vollkommer, BGB [1.4.2022], § 917 Rn. 41; BeckOK BGB/Fritzsche,
[1.2.2022], § 917 Rn. 26; Grziwotz in Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch
Nachbarrecht, 3. Aufl., Kapitel 4 Rn. 47).
a) Diese Norm befasst sich mit der Beeinträchtigung einer Dienstbarkeit
durch einen Überbau. Bei einer solchen Beeinträchtigung hat der Dienstbarkeitsberechtigte
selbst die Rechte aus den §§ 912 bis 914 BGB. Für ihn besteht ein
eigenes Rentenrecht, soweit seine Beeinträchtigung reicht. Für das Notwegrecht
ist die Verweisung in § 917 Abs. 2 Satz 2 BGB auf die Vorschriften des Überbaus
so zu verstehen, dass das die Duldungspflicht und den Anspruch auf die Notwegrente
auslösende Duldungsverlangen auch gegen den Dienstbarkeitsberechtigten
zu richten sein kann. Wird durch den Notweg eine Dienstbarkeit an dem
Nachbargrundstück beeinträchtigt, muss der Eigentümer des verbindungslosen
Grundstücks die Duldung des Notwegs nicht nur von dem Eigentümer des Nachbargrundstücks,
sondern auch von dem Dienstbarkeitsberechtigten verlangen.
b) Der Anspruch muss nicht gegen beide gemeinsam geltend gemacht
werden (aA PWW/Lemke, BGB, 16. Aufl., § 917 Rn. 5). Ebenso wie die Eigentümer
mehrerer betroffener Grundstücke einzeln in Anspruch genommen werden
können (vgl. Staudinger/Roth, BGB [2020], § 917 Rn. 33; NK-BGB/Ring, 5. Aufl.,
§ 917 Rn. 27), kann der Notwegberechtigte den Anspruch gegen den Eigentümer
und den Dienstbarkeitsberechtigten getrennt geltend machen. Das kommt beispielsweise
dann in Betracht, wenn der Eigentümer mit der Benutzung seines
Grundstücks als Zuwegung einverstanden ist.
3. Infolgedessen wären die Beklagten als Dienstbarkeitsberechtigte passivlegitimiert,
wenn ihre Dienstbarkeit an dem Flurstück 3713 beeinträchtigt sein
sollte; ob es sich so verhält, ist nicht festgestellt.
IV.
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden,
weil noch weitere Feststellungen zu treffen sind. Ob die Voraussetzungen des
Entscheidungsreife ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(
auf Folgendes hin:
1. Richtig ist, dass die im Sinne von
Benutzung des Grundstücks des Klägers eine Zufahrt erfordert, an der
es fehlt.
a) Bei einem Wohngrundstück setzt die ordnungsmäßige Grundstücksbenutzung
in der Regel die Erreichbarkeit des Grundstücks mit einem Kraftfahrzeug
voraus. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass mit einem Kraftfahrzeug
unmittelbar an das Grundstück herangefahren und der Eingangsbereich von dieser
Stelle aus in zumutbarer Weise - auch mit sperrigen Gegenständen - erreicht
werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 106/07, NJW-RR
2009, 515 Rn. 24; Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014,
398 Rn. 12; Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14,
u. 29; Urteil vom 11. Dezember 2020 - V ZR 268/19,
Ist das Grundstück - wie hier - nicht mit dem Fahrzeug erreichbar, fehlt es entgegen
der Ansicht der Revisionserwiderung grundsätzlich auch dann an einer zur
ordnungsmäßigen Nutzung notwendigen Anbindung, wenn zwischen der Stelle,
an die ein Pkw noch gelangen kann, und der Grundstücksgrenze ein kurzer Fußweg
liegt (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015,
1234 Rn. 29; Urteil vom 11. Dezember 2020 - V ZR 268/19,
Rn. 9).
b) So ist es hier. Dass das Grundstück in einem Gebiet liegt, in dem der
Kraftfahrzeugverkehr nach der Planungs- und Nutzungskonzeption von den einzelnen
Wohngrundstücken ferngehalten werden soll und die Erreichbarkeit des
Wohngrundstücks mit einem Kraftfahrzeug deshalb ausnahmsweise nicht Bestandteil
der ordnungsmäßigen Nutzung ist (vgl. Senat, Urteil vom 9. November
1979 - V ZR 85/78,
2020 - V ZR 268/19,
Berufungsurteil nicht und wird von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt.
2. Zu prüfen ist, ob das Notwegrecht gleichwohl ausscheidet, weil dem
Kläger die Errichtung einer Zufahrt über das vordere Grundstück möglich wäre.
a) Angesichts der Schwere des Eingriffs, den ein Notweg für das Eigentum
des Nachbarn bedeutet, kommt ein Notwegrecht nur in Betracht, wenn die Zugangslosigkeit
des Grundstücks nicht anderweitig behoben werden kann. Daher
scheidet ein Notwegrecht aus, wenn der Grundstückseigentümer in zumutbarer
anderer Weise eine Verbindung zu dem öffentlichen Weg herstellen kann. Dies
ist etwa der Fall, wenn dem Eigentümer des notleidenden Grundstücks an anderen
Grundstücken ein rechtlich gesichertes Nutzungsrecht zusteht, das ihm die
Herstellung einer zur ordnungsmäßigen Nutzung ausreichenden Verbindung zu
seinem Grundstück ermöglicht. Von einer solchen Verbindungsmöglichkeit muss
er auch dann Gebrauch machen, wenn sie umständlicher, weniger bequem oder
kostspieliger ist als ein Notweg über Nachbargrundstücke (vgl. Senat, Urteil vom
24. April 2015 - V ZR 138/14,
16. April 2021 - V ZR 85/20,
vorrangig eine Verbindungsmöglichkeit über das vordere Grundstück schaffen,
weil daran eine Grunddienstbarkeit besteht, gegebenenfalls, sollte der Ausübungsbereich
der Dienstbarkeit nicht breit genug sein, unter Geltendmachung
eines ergänzenden Notwegrechts.
b) Anders ist es, wenn die Zufahrt über das vordere Grundstück wegen
der topographischen Gegebenheiten technisch nicht hergestellt werden kann,
oder wenn sie zwar angelegt, wegen des starken Gefälles aber nicht als Fußweg
genutzt werden kann und deshalb für eine ordnungsmäßige Nutzung des Grundstücks
nicht ausreicht. Dafür kommt es, anders als das Berufungsgericht meint,
nicht auf die Verhältnisse 1956, sondern auf die heutigen Verhältnisse an. Maßgebender
Zeitpunkt für die Voraussetzungen des Notwegrechts ist die letzte
mündliche Tatsachenverhandlung (vgl. Senat, Urteil vom 25. November 1964
- V ZR 187/62,
Grundstück den Anforderungen an eine zur ordnungsmäßigen Grundstücksnutzung
notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg genügt, beurteilt sich
nach den aktuellen technischen und rechtlichen Voraussetzungen und nicht nach
den Gegebenheiten bei Erteilung der Baugenehmigung. Das Notwegrecht verfolgt
nämlich das Ziel, dass der Eigentümer des notleidenden Grundstücks dieses
in angemessener Weise wirtschaftlich nutzen kann (vgl. Senat, Urteil vom
2. Januar 2018 - V ZR 47/17,
der Veränderung der technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen teil. So
ist es denkbar, dass eine 1956 als ausreichend erachtete Zuwegung heute wegen
des Gefälles unzulässig geworden ist. Eine Notlage des Grundstücks kann
auch im Nachhinein entstehen.
c) Sofern die Zufahrt heute technisch realisierbar ist, wird weiter zu klären
sein, ob der hierfür erforderliche finanzielle Aufwand zumutbar ist (vgl. Senat,
Urteil vom 7. Juli 2006 - V ZR 159/05,
24. April 2015 - V ZR 138/14,
2021 - V ZR 85/20,
eines Zugangs auf dem eigenen Grundstück verbundenen Erschwernisse so
groß sind, dass die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksbenutzung aufgehoben
oder in unzumutbarer Weise geschmälert wird, ist der Nachbar zur Duldung der
Benutzung seines Grundstücks als Zugang verpflichtet (vgl. Senat, Urteil vom
7. Juli 2006 - V ZR 159/05,
2015 - V ZR 138/14,
dass der Rechtsvorgänger des Klägers bei der Beschaffung der Baugenehmigung
und der Dienstbarkeit angesichts der Hanglage seines Grundstücks auch
das Risiko extrem hoher Aufwendungen für die Herstellung der Zufahrt eingegangen
und ihm daher eine erhöhte Opfergrenze zuzumuten ist (vgl. Senat, Urteil
vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, aaO Rn. 27). Das ist eine Frage tatrichterlicher
Würdigung.
3. Sollte dem Kläger die Errichtung einer Zufahrt über das vordere Grundstück
nicht möglich oder auch unter Berücksichtigung einer erhöhten Opfergrenze
nicht zumutbar sein, wird bezogen auf die Geltendmachung des Notwegs
zum Zwecke des Zugangs zunächst zu prüfen sein, warum der Weg über das
vordere Grundstück insoweit nicht ausreicht. Nach den bisherigen Feststellungen
ist das Grundstück des Klägers über dieses Grundstück fußläufig erreichbar, und
zum Begehen ist der Kläger aufgrund der Grunddienstbarkeit auch berechtigt
(
des Begehens besonderer Begründung.
4. Sollten die Beklagten zur Duldung des Notwegs verpflichtet sein, hat
das Berufungsgericht eine angemessene Notwegrente festzusetzen. Maßgebend
für deren Bemessung sind die Minderung des Verkehrswertes, die die
Grundstücke der Beklagten im Zeitpunkt der Entstehung des Notwegrechts durch
den Notweg erfahren (näher Senat, Urteil vom 16. November 1990 - V ZR
297/89,
630 Rn. 27 ff.), sowie, bezogen auf das Flurstück 3713, der Umfang der Beeinträchtigung
der Dienstbarkeit (vgl. BeckOGK/Vollkommer, BGB [1.4.2022], § 916
Rn. 1; BeckOK BGB/Fritzsche [1.2.2022], § 916 Rn. 1; Staudinger/Roth, BGB
[2020], § 916 Rn. 1).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:13.05.2022
Aktenzeichen:V ZR 4/21
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 916, 917 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 2, 918 Abs. 1