Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich bei Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld aufgrund Belastungsvollmacht
letzte Aktualisierung: 6.11.2023
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.8.2023 – I-3 Wx 86/23
BGB a. F. § 1821;
Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich bei Bestellung einer Finanzierungs-
grundschuld aufgrund Belastungsvollmacht
Die Bestellung einer Grundschuld zur Kaufpreisfinanzierung unterfällt dann nicht dem Erfordernis
einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn die Grundschuld vom Grundstückskäufer in
Ausübung einer ihm im notariellen Grundstückskaufvertrag erteilten, konkret umgrenzten
Belastungsvollmacht bestellt worden ist (a. A. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.12.2004, 3 W
130/04; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 16.6.2011, 20 W 251/11; OLG Hamm, Beschluss
vom 20.9.2013, I-15 W 251/13).
Gründe
I.
Der Beteiligte kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. November 2021 (URNr.
708/2021 B des Notars …) von dem damaligen Grundstückseigentümer Heinz R… dessen
vorbezeichneten Grundbesitz, nämlich eine Eigentumswohnung im Hause … zum Kaufpreis
von 100.000 Euro (Bl. 71 ff. d.A.). In Abschnitt XII Ziffer 3. des notariellen Kaufvertrages
erteilte der – unter Betreuung stehende – Verkäufer dem Beteiligten als Immobilienkäufer über
den Tod hinaus, aber jederzeit widerruflich die Vollmacht, u.a. den erworbenen Grundbesitz mit
Grundpfandrechten bis zur Höhe des Kaufpreises nebst Zinsen und Nebenleistungen
sicherungshalber zu belasten, den Verkäufer dinglich gemäß § 800 ZPO der sofortigen
Zwangsvollstreckung in den verpfändeten Kaufgegenstand zu unterwerfen, Löschungen und
Rangänderungen zuzustimmen und mit der auflösend bedingten Vormerkung zugunsten des
Beteiligten als Käufer im Range zurückzutreten. Der Betreuer des Verkäufers hat den
Kaufvertrag am 3. Januar 2022 genehmigt (Bl. 87 d.A.); das Betreuungsgericht hat die
Genehmigungserklärung des Betreuers mit Beschluss vom 15. März 2022 genehmigt (Bl. 68
d.A.).
Am 31. Mai 2022 ist der Verkäufer Heinz R… verstorben und ausweislich des
Gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Geldern vom 16. Januar 2023 von seinen fünf
Kindern beerbt worden.
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 22. Juni 2022 (UR-Nr. 300/2022 B des Notars …)
hat der Beteiligte die ihm am 30. November 2021 erteilte Belastungsvollmacht in Anspruch
genommen und an dem erworbenen Grundbesitz eine Grundschuld in Höhe von 100.000 Euro
nebst Zinsen bestellt sowie sich selbst und den Grundstückseigentümer der sofortigen
Zwangsvollstreckung in das belastete Eigentum unterworfen und eine Rangrücktrittserklärung
zu Lasten der für ihn eingetragenen Auflassungsvormerkung erklärt.
Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2023 hat der Beteiligte beim Grundbuchamt die Eintragung der
Grundschuld nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung sowie der Rangänderung beantragt.
Das Amtsgericht hat – soweit vorliegend von Interesse – die begehrte Eintragung unter dem 15.
März 2023 von der Vorlage einer Bewilligung aller Erben des Grundstücksverkäufers Heinz R…
abhängig gemacht und dazu eine Zwischenverfügung erlassen. Der Beteiligte ist der Forderung
des Grundbuchamts entgegengetreten und hat umfangreich aus einem rechtlichen Gutachten
des Deutschen Notarinstituts zitiert. Aus diesem Gutachten – so der Beteiligte – ergebe sich,
dass eine Bewilligung der Erben des Verkäufers entbehrlich sei.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht den Beteiligten im Wege der
Zwischenverfügung erneut aufgefordert, innerhalb einer näher bezeichneten Frist die erbetene
Bewilligung der Erben vorzulegen.
Dagegen richtet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde. Er wiederholt seinen rechtlichen
Standpunkt und hält das Grundbuchamt nach wie vor für verpflichtet, die nachgesuchte
Eintragung ohne eine Bewilligungserklärung der Erben des Verkäufers R… vorzunehmen.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit Beschluss
vom 16. Juni 2023 zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Grundbuchakte und die Beschwerdeschrift Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur
Zurückverweisung des Eintragungsantrags vom 22. Februar 2023 an das Amtsgericht.
A. Die angefochtene Entscheidung ist schon deshalb aufzuheben, weil das Amtsgericht über
den Eintragungsantrag des Beteiligten nicht im Wege einer Zwischenverfügung hätte
entscheiden dürfen. Der Erlass einer Zwischenverfügung des Grundbuchamts kommt nur in
Betracht, wenn der beantragten Grundbucheintragung behebbare Hindernisse entgegenstehen.
Stehen der nachgesuchten Eintragung demgegenüber Hindernisse im Weg, die der Antragsteller
nicht ausräumen kann oder nicht ausräumen will, verfehlt eine Frist zur inhaltlichen
Nachbesserung des Eintragungsantrags ersichtlich den Streitstoff des Verfahrens. In einem
solchen Fall hat das Grundbuchamt vielmehr durch Endentscheidung instanzabschließend über
das Eintragungsgesuch zu befinden. Das gilt auch im Streitfall. Der Beteiligte hatte dem in der
ersten Zwischenverfügung vom 15. März 2023 geäußerten Standpunkt des Amtsgerichts, dass
die Eintragung der Grundschuld von einer Bewilligung der Erben des Verkäufers R… abhänge,
im Einzelnen unter Bezugnahme auf ein fachkundig erstelltes Rechtsgutachten widersprochen
und das Grundbuchamt abschließend um Überprüfung der eigenen Ansicht gebeten. Es bestand
nicht der geringste Anlass für die Annahme, der Beteiligte werde gleichwohl seine
Rechtsauffassung aufgeben und sei auf eine erneute Zwischenverfügung hin zur Beibringung der
angeforderten Bewilligungserklärungen bereit. Vielmehr drängte sich auf, dass der Beteiligte die
betreffende Rechtsfrage geklärt haben möchte. Unter diesen Umständen war der Erlass einer
Zwischenverfügung fehlerhaft und hätte das Amtsgericht den Eintragungsantrag vom 22.
Februar 2023 zurückweisen müssen.
B. Der Standpunkt des Amtsgerichts trifft auch in der Sache nicht zu. Die Eintragung der am
22. Juni 2022 bestellten Grundschuld nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung sowie einer
Rangänderung zum Nachteil der eingetragenen Auflassungsvormerkung kann nicht davon
abhängig gemacht werden, dass die Erben des Verkäufers Heinz R… der Grundbuchbestellung
zustimmen.
1. Das Amtsgericht hat zur Rechtfertigung seiner Ansicht ausgeführt: Die von dem Betreuer des
Verkäufers Heinz R… erteilte Belastungsvollmacht könne inhaltlich nicht über seine
Betreuerbefugnisse hinausgehen. Als Betreuer sei er nach den
Vertretungsmacht durch das Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung
beschränkt, weshalb die ohne eine Zustimmung des Betreuungsgerichts erklärte Bestellung der
Grundschuld nicht wirksam sei. Da die Betreuung mit dem Tod des Verkäufers R… kraft
Gesetzes beendet worden sei, komme eine Genehmigung durch das Betreuungsgericht nicht in
Betracht und verbleibe der Mangel der Bewilligung. Dieser Mangel sei nach dem Eintritt des
Erbfalls von den Erben des Heinz R… zu beheben, weil diese nach
Eigentümerstellung eingerückt seien.
2. Diese Erwägungen treffen nicht zu.
a) Verfehlt ist schon die Annahme des Amtsgerichts, eine – unterstellt: notwendige –
Genehmigung der Grundschuldbestellung vom 22. Juni 2022 durch das Betreuungsgericht
könne dadurch herbeigeführt werden, dass die Erben des Betreuten der Bestellung des
Grundpfandrechts zustimmen. Das liegt angesichts der fundamentalen rechtlichen
Unterschiede, die zwischen einer privatrechtlichen Bewilligung und einer gerichtlichen
Zustimmungsentscheidung bestehen, auf der Hand und bedarf keiner weiteren Ausführungen.
b) Unzutreffend ist ebenso die aus der Prämisse des Amtsgerichts, die erteilte
Belastungsvollmacht könne inhaltlich nicht über die Betreuerbefugnisse hinausgehen, gezogene
Schlussfolgerung. Es trifft nicht zu, dass der Betreuer des Grundstücksverkäufers R… nach
§§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB (2009) für die Bestellung einer Grundschuld der
betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedürfe hätte und daher die ohne eine solche gerichtliche
Zustimmung erfolgte Grundpfandbestellung vom 22. Juni 2022 unwirksam sein muss.
Die Argumentation ist in mehrfacher Hinsicht nicht vertretbar.
aa) Zum einen konnte der Verkäufer R… dem Beteiligten – anders als das Amtsgericht meint –
in dem notariellen Kaufvertrag vom 30. November 2021 sehr wohl rechtswirksam eine
Belastungsvollmacht erteilen, ohne dass die Genehmigung der Vollmachtserteilung als solche
einer betreuungsgerichtlichen Zustimmung bedurft hätte. Ein Betreuer bedurfte nach §§ 1908 i
Abs. 1 Satz 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 BGB (2009) – jetzt:
der Genehmigung des Betreuungsgerichts nur für eine Verfügung über ein Grundstück oder
über ein Recht an einem Grundstück des Betreuten (Nr. 1) oder zur Eingehung einer darauf
gerichteten Verpflichtung (Nr. 4). Die Erteilung einer widerruflichen Vollmacht zur
Grundpfandbestellung war schon nach dem Wortlaut der zitierten Vorschriften
genehmigungsfrei. Denn die Einräumung einer jederzeit widerruflichen Belastungsvollmacht
stellt weder eine Verfügung über ein Grundstücksrecht dar noch beinhaltet die
Vollmachtserteilung die Verpflichtung des Bevollmächtigten zu einer Grundpfandbestellung
(zutreffend: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.12.2004, 3 W 130/04; wohl auch KG,
Beschluss vom 13.11.2014, 8 U 35/14; Götz in Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch 82. Aufl.
2023, Einleitung vor § 1848 Rn. 3 und § 1850 Rn. 4; vgl. auch BGH, Beschluss vom 11.3.2021,
V ZB 127/19).
bb) Zum anderen ist der notarielle Kaufvertrag vom 30. November 2021 nach §§ 1908 i, 1821
Abs. 1 Nr. 5 BGB (2009) als Vertrag über den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks ohne
jede Einschränkung betreuungsgerichtlich genehmigt worden. An dieser betreuungsgerichtlichen
Billigung nimmt der gesamte Vertragsinhalt – und mithin auch die dem Beteiligten in Abschnitt
XII Ziffer 3. des Vertrages erteilte Belastungsvollmacht – teil. Ein irgendwie gearteter
Genehmigungsmangel ist nicht zu erkennen.
cc) Sollte das Amtsgericht schließlich der Ansicht sein, ein Betreuer, dessen Rechtsmacht in
bestimmten Fällen durch die Notwendigkeit einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung
beschränkt ist, könne nur eine in gleicher Weise inhaltlich beschränkte Belastungsvollmacht
erteilen, wäre dies schon deshalb unhaltbar, weil es dazu führen würde, das Handeln einer nicht
unter Betreuung stehenden Person (nämlich des Bevollmächtigten) betreuungsgerichtlich
genehmigen zu lassen.
Bei verständiger Betrachtung kann sich alleine die Frage stellen, ob eine Grundschuld auch
dann der betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach den §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1821 Abs. 1
Nr. 1 BGB (2009) bedurfte, wenn sie vom Grundstückskäufer in Ausübung einer ihm im
notariellen Grundstückskaufvertrag erteilten und konkret umrissenen Belastungsvollmacht
bestellt worden ist (so: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.12.2004, 3 W 130/04; OLG
Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.6.2011, 20 W 251/11; OLG Hamm, Beschluss vom
20.9.2013, I-15 W 251/13). Selbst wenn man dieser – alleine am Wortlaut der Bestimmungen
ausgerichteten – Rechtsprechung folgen wollte, ergibt sich daraus im Entscheidungsfall nicht die
Notwendigkeit, die am 22. Juni 2022 bestellte Grundschuld betreuungsgerichtlich genehmigen
zu lassen. Denn die Betreuung des Grundstücksverkäufers R… war bereits am 31. Mai 2002
durch dessen Tod kraft Gesetzes beendet worden, weshalb der vom Amtsgericht angenommene
„Mangel“ der betreuungsgerichtlichen Genehmigung der Grundschuldbestellung offensichtlich
nicht vorliegen kann.
3. Bei richtiger Rechtsanwendung stellt sich die Sach- und Rechtslage wie folgt dar:
a) Der Beteiligte hat die Grundschuld nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung ausdrücklich in
Ausübung der ihm erteilten Belastungsvollmacht vom 30. November 2021 bestellt sowie darauf
gestützt auch die Rangänderung zum Nachteil der eingetragenen Auflassungsvormerkung
erklärt. Sämtliche von ihm dazu abgegebenen Willenserklärungen bedurften weder der
Genehmigung des Betreuers des Grundstückverkäufers R… noch einer betreuungsgerichtlichen
Genehmigung. Das gilt schon deshalb, weil die Betreuung kraft Gesetzes Wochen zuvor durch
den Tod des Verkäufers R… beendet worden war. Es versteht sich von selbst, dass das
betreuungsrechtliche Genehmigungserfordernis der §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 , 1821 Abs. 1 Nr. 1
BGB (2009) für Rechtsgeschäfte, die erst nach dem Ende der Betreuung vorgenommen werden,
nicht gelten kann.
Abweichendes lässt sich auch nicht – wie das Amtsgericht offenbar meint – mit der Erwägung
rechtfertigen, dass der Beteiligte ohne den Tod des betreuten Grundstücksverkäufers R… die
Grundschuldbestellung sowohl vom Betreuer als auch nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1821 Abs. 1
Nr. 1 BGB (2009) vom Betreuungsgericht hätte genehmigen lassen müssen, und das betreute
Vermögen durch den Eintritt des Erbfalls nicht weniger schutzwürdig geworden sei. Diese
Erwägung trifft aus mehreren Gründen nicht zu.
aa) Zum einen schützt das gesetzliche Genehmigungserfordernis den Betreuten als Person vor
einer Beeinträchtigung seines Grundvermögens und nicht sein Vermögen als solches.
Dementsprechend endet die Betreuung kraft Gesetzes mit dem Tod des Betreuten und setzt
sich nicht an dem Nachlass des Betreuten fort. Das ist nach der geltenden Rechtslage eindeutig
und folgt zwingend aus der Tatsache, dass die Erben des Betreuten als neue Vermögensinhaber
(§ 1922 Abs. 1 BGB) eines betreuungsrechtlichen Vermögensschutzes nicht bedürfen.
bb) Zum anderen teilt der Senat die in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene
Auffassung, wonach eine Grundschuld auch dann der betreuungsgerichtlichen Genehmigung
bedarf, wenn sie vom Grundstückskäufer in Ausübung einer ihm im notariellen
Grundstückskaufvertrag erteilten und konkret umrissenen Belastungsvollmacht zur
Kaufpreisfinanzierung bestellt worden ist (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.12.2004, 3 W
130/04; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.6.2011, 20 W 251/11; OLG Hamm, Beschluss
vom 20.9.2013, I-15 W 251/13), nicht.
(1) Gerechtfertigt wird die strikte Wortlautauslegung des
dem Argument, dass der Kreis der genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte im Interesse der
Rechtssicherheit an einer klaren Abgrenzung rein formal und damit eindeutig zu bestimmen sei,
so dass kein Raum für eine wertende, an der wirtschaftlichen oder sonstigen Bedeutung des in
Frage stehenden Geschäfts orientierte Betrachtungsweise bestehe. Aus diesem Grund verbiete
es sich, eine nach dem klaren Wortlaut des
genehmigungsbedürftige Verfügung (hier: die Bestellung einer Grundschuld) alleine deshalb für
genehmigungsfrei zu halten, weil die Interessen des Betreuten bereits durch die
betreuungsgerichtliche Genehmigung eines anderen Rechtsgeschäfts (hier: der Erteilung einer
klar umrissenen Belastungsvollmacht) gewahrt würden.
(2) Die Prämisse der strikt am Gesetzeswortlaut ausgerichteten Normanwendung ist in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung indes aufgegeben worden. Der Bundesgerichtshof hat
jüngst entschieden, dass die Bestellung eines Nießbrauchs oder eines Grundpfandrechts im
Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb eines Minderjährigen jedenfalls dann nicht nach §
1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB (2009) genehmigungsbedürftig ist, wenn sich die Belastung bei
wirtschaftlicher Betrachtung als Teil des Erwerbsvorgangs darstellt und die Auflassung und die
dingliche Einigung über die Belastung gleichzeitig erfolgt (Beschluss vom 11.3.2021, V ZB
127/19). Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt: Die Bestellung eines
Nießbrauchs oder Grundpfandrechts an einem dem Minderjährigen bereits gehörenden
Grundstück stelle zwar im Grundsatz eine Verfügung im Sinne von
(2009) dar. Mit Blick auf den Schutzzweck der Norm sei die Genehmigung aber nicht
erforderlich, wenn die Bestellung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks erfolge
und sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Teil des Erwerbsvorgangs darstelle, so dass dem
Minderjährigen von vornherein nur belastetes Eigentum zukommen solle. Denn dem
Genehmigungsvorbehalt in
zugrunde, den vorhandenen Grundbesitz des Minderjährigen als eine besonders wertvolle Art
seines Vermögens regelmäßig zu erhalten und die Veräußerung nur unter erschwerenden
Voraussetzungen zu ermöglichen. Dieser einschränkenden Auslegung stehe nicht entgegen, dass
ein Nießbrauch nur durch den Eigentümer bestellt werden könne und die Entstehung eines
Fremdnießbrauchs daher den vollendeten Eigentumserwerb des Bestellers voraussetze.
Ausschlaggebend für die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit sei das von den Beteiligten von
Anfang an erstrebte und auch nach der Verkehrsauffassung maßgebende Gesamtergebnis, das
Vermögen des Minderjährigen durch die Zuwendung belasteten Eigentums zu mehren, selbst
wenn die Vollziehung grundbuchrechtlich mehrerer Schritte bedürfe. Ob der Überlassende noch
vor der Übertragung des Grundstücks einen Eigentümernießbrauch begründe oder aber die
Begründung des Nießbrauchs zu seinen Gunsten erst im Zusammenhang mit der Übertragung
erfolge, beeinflusse das wirtschaftliche Ergebnis für den Minderjährigen nicht. Ein hinreichender
Zusammenhang zwischen der Belastung und dem Erwerb sei jedenfalls dann zu bejahen, wenn
bereits die Auflassung mit der dinglichen Einigung über die Belastung in der Weise verknüpft
werde, dass kein Zweifel daran bestehen könne, dass dem Minderjährigen von vornherein nur
belastetes Eigentum zukommen solle.
(3) Bei einer am Normzweck des
Gesetzesauslegung sprechen die besseren Gründe dafür, die Bestellung einer Grundschuld zur
Kaufpreisfinanzierung von dem Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung
freizustellen, wenn die Grundschuld vom Grundstückskäufer in Ausübung einer ihm im
notariellen Grundstückskaufvertrag erteilten, konkret umgrenzten Belastungsvollmacht bestellt
worden ist. Zwar unterfällt das Rechtsgeschäft als eine Verfügung über das Recht an einem
Grundstück dem Wortlaut des
Vorschrift erweist sich die erneute betreuungsgerichtliche Genehmigung aber als bloße
Förmelei. Erteilt der unter Betreuung stehende Grundstücksverkäufer dem Grundstückskäufer
in dem notariellen Grundstückskaufvertrag eine exakt umgrenzte und nach ihrem Inhalt auf die
Finanzierung des Kaufpreises beschränkte Belastungsvollmacht, muss das Betreuungsgericht
bereits bei der Genehmigung des notariellen Kaufvertrages nach
(2009) auch die durch die Belastungsvollmacht betroffenen Belange des Betreuten
berücksichtigen und zur Geltung bringen. Genehmigt das Betreuungsgericht – wie hier – den
Kaufvertrag ohne jede Einschränkung, ist dem von
intendierten Schutz vollumfänglich Genüge getan, und zwar sowohl hinsichtlich des
Grundstücksverkaufs als auch in Bezug auf die zur Kaufpreisfinanzierung erteilte
Belastungsvollmacht des Grundstückskäufers. Die nachfolgende Bestellung der Grundschuld
erschöpft sich bei einer wirtschaftlichen Betrachtung dann in einer schlichten Umsetzung
dessen, was das Betreuungsgericht bereits im Zusammenhang mit der Belastungsvollmacht
gebilligt hatte. Dementsprechend wirft die Grundschuldbestellung im Allgemeinen – und so
auch hier – keine betreuungsrechtlichen Fragen auf, die gerichtlich nicht schon bei der
Genehmigung des notariellen Kaufvertrages geprüft und für bedenkenfrei erachtet worden sind.
Eine betreuungsgerichtliche Genehmigung der nach Maßgabe der Belastungsvollmacht
bestellten Grundschuld läuft in diesen Fällen auf eine bloße Förmelei hinaus. Sie ist für den
Betreuten mit keinem zusätzlichen Schutz seines Vermögens verbunden und nach dem
Normzweck des
b) Die – nach alledem rechtsgültig erteilte – Belastungsvollmacht des Grundstücksverkäufers
R… bindet nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen auch seine Erben. Diese treten gemäß § 1922
BGB kraft Gesetzes in die Rechtsposition des Erblassers ein. Da die Belastungsvollmacht bis
heute nicht widerrufen worden ist, war der Beteiligte am 22. Juni 2022 zur
Grundschuldbestellung bevollmächtigt. Seine diesbezüglichen Willenserklärungen (Bestellung
einer Sicherungsgrundschuld in Höhe von 100.000 Euro nebst Zinsen nebst
Zwangsvollstreckungsunterwerfung, Rangrücktrittserklärung zu Lasten der eingetragenen
Auflassungsvormerkung) halten sich in den Grenzen der nach Abschnitt XII Ziffer 3. des
notariellen Kaufvertrages erteilten Vertretungsmacht und wirken infolge dessen unmittelbar für
und gegen die Erben des Grundstücksverkäufers R… Die Belastungsvollmacht ist auch nicht
entgegen ihrem Wortlaut mit dem Tod des betreuten Grundstücksverkäufers erloschen. Der
Schutz des
Gegen ein Erlöschen der Belastungsvollmacht spricht bereits, dass sowohl der Betreuer des
Verkäufers R… als auch das zuständige Betreuungsgericht der Vollmachterteilung über den Tod
des Betreuten hinaus zugestimmt haben, weshalb eine Schutzlücke von vornherein nicht zu
erkennen ist. Es kommt hinzu, dass der Fortbestand der Belastungsvollmacht über den Tod
hinaus sachlich gerechtfertigt ist, um die Abwicklung des noch zu Lebzeiten des Betreuten
abgeschlossenen Grundstückskaufvertrags sicherstellen zu können. Etwaigen berechtigten
Interessen der Erben des Grundstücksverkäufers ist dadurch hinreichend Genüge getan, dass
die Belastungsvollmacht von ihnen jederzeit frei widerrufen werden kann.
c) Sonstige Gründe, aus denen sich die Notwendigkeit ergeben könnte, dass die Erben des
Verkäufers R… der Grundschuldbestellung zustimmen, sind nicht ersichtlich; sie werden vom
Amtsgericht auch nicht aufgezeigt.
C. Im Ergebnis erweist sich damit die Ansicht des Amtsgerichts, der beantragten
Grundbucheintragung stehe die fehlende Zustimmung der Erben des Herrn R… entgegen, als
unzutreffend. Das Amtsgericht hat deshalb über den Eintragungsantrag vom 22. Februar 2023
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu befinden haben.
III.
Die Beschwerdeentscheidung ergeht gemäß
gerichtskostenfrei. Dementsprechend bedarf es auch keiner Wertfestsetzung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG
liegen nicht vor. Das gilt auch, soweit der Senat die Notwendigkeit einer betreuungsgerichtlichen
Genehmigung für eine in Ausübung einer konkret umrissenen Belastungsvollmacht bestellten
Grundschuld abweichend von den Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte beurteilt. Denn
die betreffende Rechtsfrage ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:01.08.2023
Aktenzeichen:I-3 Wx 86/23
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Gesetzliche Erbfolge
Kostenrecht
Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB a. F. § 1821; BGB § 1850