Zwischenverfügung; Angemessenheit der Frist zur Behebung des Eintragungshindernisses; Antrag auf Fristverlängerung
letzte Aktualisierung: 1.8.2024
BGH, Beschl. v. 21.3.2024 – V ZB 17/23
GBO §§ 18, 71 Abs. 1, 78
Zwischenverfügung; Angemessenheit der Frist zur Behebung des Eintragungshindernisses;
Antrag auf Fristverlängerung
1. Eine Zwischenverfügung des Grundbuchamtes, mit der eine Fristverlängerung abgelehnt wird,
kann mit der Beschwerde angegriffen werden. Folglich kann nach Zulassung auch
Rechtsbeschwerde erhoben werden.
2. Die Angemessenheit einer Frist zur Hebung eines Eintragungshindernisses richtet sich nicht
danach, ob nach Antragstellung der Verlust einer Rechtsposition wegen nachträglicher
Verfügungsbeschränkungen droht, sondern danach, wie lange der Zeitraum zur Hebung des
Hindernisses nach Grundbuchaktenlage unter Berücksichtigung des Erledigungsinteresses und der
Aufgaben des Grundbuchamtes zu bemessen ist.
Gründe:
I.
Die Beteiligte ist Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten
bebauten Grundstücks, dessen Teilung gemäß
Das Grundstück befindet sich in dem Geltungsbereich der auf der Grundlage von
.
14. Juli 2016 und im Geltungsbereich der auf der Grundlage von § 250 Abs. 1
Satz 3 BauGB erlassenen Berliner Umwandlungsverordnung vom 21. September
2021 (GVBl. 2021, 1175), die am 7. Oktober 2021 in Kraft getreten ist.
Am 27. September 2021 erklärte die Beteiligte die Teilung in Wohnungseigentum
und beantragte am 29. September 2021 Vollzug der Teilung im Grundbuch.
Mit Zwischenverfügung vom 9. Dezember 2021 wies das Grundbuchamt
ng einer Frist von einem Monat unter anderem auf das Fehlen einer
Genehmigung nach
die Beteiligte bei dem Grundbuchamt die Verlängerung der gesetzten Frist um
zwei Monate sowie bei dem Bezirksamt eine Genehmigung nach § 172 Abs. 1
Satz 4 BauGB. Nach im Februar 2022 erfolgter Zurückweisung dieses bei dem
Bezirksamt gestellten Antrags und Einlegung eines Widerspruchs durch die Beteiligte
verlängerte das Grundbuchamt die Frist antragsgemäß bis Mai 2022.
Eine unter Hinweis auf eine beabsichtigte Klage vor dem Verwaltungsgericht
gegen die zwischenzeitliche Zurückweisung dieses Widerspruchs beantragte
weitere Fristverlängerung bis August 2022 hat das Grundbuchamt im Juni
2022 abgelehnt. Die gegen diese Ablehnung einer weiteren Fristverlängerung
gerichtete Beschwerde der Beteiligten, mit der sie hilfsweise eine Fristverlängerung
bis einen Monat nach Ende des Beschwerdeverfahrens beantragt hat, hat
das Kammergericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit der
zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts, das die Zulässigkeit der Beschwerde
dahinstehen lässt, war das Grundbuchamt nicht verpflichtet, die Frist
(erneut) zu verlängern. Die zuletzt bis Mai 2022 verlängerte Frist sei angemessen
gewesen. Gewöhnlich genüge ein Zeitraum von fünf Monaten zur Beibringung
einer Genehmigung nach
Antrag auch binnen eines Monats bearbeitet. Eine (weitere) Fristverlängerung
wäre nur in Betracht gekommen, wenn nunmehr die Behebung des Hindernisses
in absehbarer Zeit zu erwarten gewesen wäre. Dagegen spreche aber die Not-
wendigkeit der Klageerhebung zum Verwaltungsgericht; bis dato liege die Genehmigung
auch nicht vor. Nichts anderes folge aus dem Umstand, dass die Beteiligte
nur bis zur Zurückweisung ihres Antrags Aussicht darauf habe, entsprechend
schwerer zu erlangende - Genehmigung nach
können.
III.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist infolge der Zulassung nach
statthaft und auch im Übrigen gemäß
Eine Zwischenverfügung des Grundbuchamtes, mit der eine Fristverlängerung
abgelehnt wird, kann mit der Beschwerde angegriffen werden (ebenso
KG,
Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, 12. Aufl., § 71 Rn. 38). Folglich kann nach Zulassung
auch Rechtsbeschwerde erhoben werden (vgl. allg. zur Unstatthaftigkeit einer
Rechtsbeschwerde trotz Zulassung bei schon unstatthafter - sofortiger - Beschwerde
BGH, Beschluss vom 4. Mai 2022 - VII ZB 46/21,
Beschluss vom 25. Juni 2009 - IX ZB 161/08,
vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03,
Zweifel des Beschwerdegerichts greifen nicht durch. Denn die Beschwerde richtet
sich in einem solchen Fall gegen die (als solche anfechtbare) Zwischenverfügung
und greift die den Antragsteller beschwerende Fristsetzung in der
Zwischenverfügung als aus Sicht des Antragstellers unangemessen kurz an. Im
Übrigen änderte sich an der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde auch dann
nichts, wenn, wie sich der Rechtsbeschwerdebegründung entnehmen lässt, das
an die Auffassung des Beschwerdegerichts gebundene Grundbuchamt den Eintragungsantrag
zwischenzeitlich zurückgewiesen haben sollte (vgl. Senat, Beschluss
vom 30. Juni 1983 - V ZB 20/82,
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Zwischenverfügung, mit
der das Grundbuchamt eine (weitere) Fristverlängerung abgelehnt hat, ist nicht
zu beanstanden.
a) Gemäß
Eintragung ein Hindernis entgegensteht, entweder den Antrag unter
Angabe von Gründen zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene
Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Ist nach Ablauf der Frist
die Hebung des Hindernisses nicht nachgewiesen, ist der Antrag zurückzuweisen
(
nach Fristablauf, aber vor Bekanntmachung des zurückweisenden Beschlusses
beachtlich ist (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 18 Rn. 4; BeckOK GBO/Zeiser
[1.3.2024], § 18 Rn. 13; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 466).
Erweist sich die gesetzte Frist als zu kurz und besteht Aussicht auf Hebung des
Hindernisses, kann die Frist auf Antrag verlängert werden (vgl. Meikel/Böttcher,
GBO, 12. Aufl., § 18 Rn. 111).
b) Dahinstehen kann, ob dem Grundbuchamt ein echtes, nach pflichtgemäßem
Ermessen auszuübendes Wahlrecht zwischen Antragszurückweisung
und Zwischenverfügung zusteht, wenn - behebbare - Eintragungsvoraussetzungen
fehlen (näher Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 10/23, juris
Rn. 23 mwN). Einigkeit besteht nämlich darüber, dass eine Zwischenverfügung
zur Beibringung von fehlenden Unterlagen, insbesondere solchen, die erst in ei-
nem anderen Verwaltungsverfahren eingeholt werden müssen (hier: Genehmigung
nach
dass der Antrag jedenfalls nach Ablauf einer mit der Zwischenverfügung gesetzten
angemessenen Frist zurückgewiesen werden darf.
c) Hier lag im Zeitpunkt der Antragstellung wegen des Fehlens einer gemäß
Genehmigung ein behebbares Hindernis vor. Ob die Frist zur Hebung
dieses Hindernisses angemessen war, beurteilt sich nach Sinn und Zweck von
nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Senat, Beschluss
vom 27. April 2023 - V ZB 58/22,
Rahmen nicht zu beanstanden.
aa) Das Grundbuchamt hat Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu
behandeln und in angemessener Zeit zu erledigen, nicht aber noch nicht vollziehbare
Anträge und Unterlagen zwischenzulagern (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl.,
§ 18 Rn. 1b; Bauer/Schaub/Wilke, GBO, 5. Aufl., § 18 Rn. 1; BeckOK GBO/Zeiser
[1.3.2024], §18 Rn. 15). Die Frist gemäß
grundsätzlich danach zu bemessen, wie lange die Hebung des Hindernisses
nach Grundbuchaktenlage in Anspruch nehmen wird (vgl. Wilsch in BeckNotar-
HdB, 8. Aufl., § 11 Rn. 230 Fn. 879). Als angemessen wird im Regelfall eine Frist
von ein bis zwei, teilweise auch bis zu vier Monaten erachtet (vgl. BeckOK
GBO/Zeiser, aaO Rn. 15, 35 mwN; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 18
Rn. 108). Die Zwischenverfügung stellt ein Mittel dar, ein einmal anhängig gewordenes
Antragsverfahren geordnet voran und zu einem erfolgreichen geset-
Hebung des Hindernisses binnen angemessener Frist nicht möglich sein wird,
steht das Hindernis einem unbehebbaren gleich und der Antrag ist zurückzuweisen
(vgl. KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 18 Rn. 34).
bb) Hier ist der Antrag auf Erteilung der Genehmigung binnen der zunächst
zu ihrer Beibringung gesetzten Frist bearbeitet, wenngleich abschlägig
beschieden worden. Schon daraus ergibt sich, dass die Frist grundsätzlich angemessen
war. Angemessen mag es ebenfalls noch gewesen sein, die Frist mit
Blick auf das wegen der Nichterteilung der Genehmigung durchgeführte Widerspruchsverfahren
und die damit verbundene Möglichkeit, eine Genehmigung
doch noch zeitnah zu erlangen, zu verlängern. Nicht zu beanstanden ist es indes,
wenn das Grundbuchamt und ihm folgend das Beschwerdegericht nach Zurückweisung
des Widerspruchs davon ausgingen, dass eine Hebung des Hindernisses,
mithin eine Beibringung der fehlenden Genehmigung nicht (mehr) binnen
angemessener Frist möglich sein würde. Die Durchführung eines gegebenenfalls
mehrere Instanzen umfassenden Verwaltungsstreitverfahrens musste keinesfalls
abgewartet werden (ähnlich OLG München,
erforderlicher Beschaffung anderer Titel; s.a.
das Fehlen der Genehmigung stand damit vielmehr einem nicht behebbaren Hindernis
gleich, sodass eine (weitere) Fristsetzung oder Fristverlängerung nicht in
Betracht kam.
cc) Ob das Bezirksamt die Erteilung der Genehmigung nach
zu Unrecht versagt hat, ist dabei durch das Grundbuchamt nicht zu prüfen (vgl.
Abramenko in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 7 Rn. 46; Häublein,
zur Abgeschlossenheitsbescheinigung). Auch hat das Grundbuchamt keine eigenen
Ermittlungen anzustellen (vgl. OLG Karlsruhe,
Abramenko in Jennißen, aaO Rn. 47). Ebenso wenig ist entgegen der Auffassung
der Rechtsbeschwerde im Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellen, dass die
Nichterteilung der Genehmigung - die nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren
zugrunde zu legenden Sachstand noch verwaltungsgerichtlich überprüft wird -
rechtswidrig war. Der Senat prüft die Rechtmäßigkeit des Handelns des Grundbuchamtes.
Darf das Grundbuchamt - wie hier - das Fehlen einer für die Eintragung
erforderlichen Genehmigung nach
ausblenden, gilt dies gleichermaßen für die rechtliche Überprüfung dieses Vorgehens
im Rechtsbeschwerdeverfahren. Die Überprüfung der Genehmigungsversagung
ist Sache der Verwaltungsgerichte, nicht des Grundbuchamtes.
dd) Schließlich folgt die Notwendigkeit einer (weiteren) Fristverlängerung
entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht aus einer entsprechend
(1) Richtig ist allerdings, dass
auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 Satz 1,
3 BauGB ergebende Verfügungsbeschränkung des teilenden Grundstückseigentümers
entsprechend anwendbar ist (s. hierzu Senat, Beschluss vom
21. März 2024 - V ZB 10/23, juris Rn. 11). Richtig ist weiter, dass die nicht fristgebundene
Grundbuchbeschwerde wie ein neuer Antrag zu behandeln ist, wenn
die Zurückweisung des Eintragungsantrags rechtsfehlerfrei war und der zurückweisende
Beschluss lediglich aufgrund neuer Tatsachen aufgehoben wird. Infolgedessen
ist eine nach Stellung eines Antrags auf Vollzug einer Teilungserklärung
in Kraft getretene Umwandlungsverordnung im Sinne von § 250 Abs. 1
Satz 1, 3 BauGB zu beachten, wenn eine Beschwerde gegen die Zurückweisung
des Antrags nur deshalb erfolgreich ist, weil die Genehmigung nach § 172 Abs. 1
Satz 4 BauGB erstmals im Beschwerdeverfahren beigebracht wird. Das Grundbuchamt
darf dann die Eintragung gemäß
Nachweis einer Genehmigung vornehmen (s. hierzu ebenfalls Senat, Beschluss
vom 21. März 2024 - V ZB 10/23, juris Rn. 17 f.).
(2) Entgegen der Rechtsbeschwerde führt aber die entsprechende Anwendung
von
MüKoBGB/Lettmaier, 9. Aufl., § 878 Rn. 3; jurisPK-BGB/Vieweg/Egger
[15.3.2023], § 878 Rn. 3), nicht dazu, dass eine grundsätzlich im Sinne von § 18
Abs. 1 Satz 1 GBO angemessene Frist nur deshalb weiter zu verlängern wäre,
weil der Antragsteller zwischenzeitlich in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt
worden ist und er bei einer Antragszurückweisung die aus
Rechtsposition verliert. Es ist bereits umstritten, ob einem Antragsteller die
Schutzwirkung des
beizubringende Unterlagen bei Antragstellung (noch) nicht vorliegen (s. näher
hierzu Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 10/23, juris Rn. 15). Das
muss hier allerdings nicht entschieden werden. Denn auch unter Berücksichtigung
der Schutzwirkung von
gesetzte (bereits verlängerte) Frist angemessen und nicht weiter zu verlängern
war.
bemerkt, die Fürsorgepflicht des Grundbuchamtes, und dem Antragsteller bleiben,
wenn das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung erlässt, Rang und
Rechtswirkungen, die sich nach dem Eingang des Antrags richten, erhalten (vgl.
Senat, Beschluss vom 24. April 2017 - V ZB 121/16,
Beschluss vom 26. Juni 2014 - V ZB 1/12,
Grundbuchverfahrensrecht, 9. Aufl.,
GBO dient aber, auch wenn eine anstelle einer Zurückweisung des Antrags wegen
Fehlens von Eintragungsvoraussetzungen erfolgende Zwischenverfügung
(zunächst) zur Rangwahrung und zum Schutz vor nachträglichen Verfügungsbe-
schränkungen führt, nicht dem (längerfristigen) Erhalt einer solchen - etwa entsprechend
Fortgang des Grundbuchverfahrens (s.o. Rn. 11). Die Angemessenheit einer gemäß
Hebung eines Eintragungshindernisses richtet sich deshalb auch nicht danach,
ob nach Antragstellung - unter Umständen zunächst sowohl für den Antragsteller
als auch für das Grundbuchamt nicht vorhersehbar - der Verlust einer Rechtsposition
wegen nachträglicher Verfügungsbeschränkungen droht, sondern allein
danach, wie lange der Zeitraum zur Hebung des Hindernisses nach Grundbuchaktenlage
unter Berücksichtigung des Erledigungsinteresses und der Aufgaben
des Grundbuchamtes zu bemessen ist.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (
Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:21.03.2024
Aktenzeichen:V ZB 17/23
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Öffentliches Baurecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GBO §§ 18, 71 Abs. 1, 78