Vorlageverlangen des Grundbuchamtes bzgl. Erbschein
letzte Aktualisierung: 26.03.2020
OLG Naumburg, Beschl. v. 27.8.2019 – 12 Wx 31/19
Vorlageverlangen des Grundbuchamtes bzgl. Erbschein
Fehlen dem Grundbuchamt Aufklärungsmöglichkeiten, ob das Testament eine Erbeinsetzung oder
lediglich ein Vermächtnis anordnet, kann es die Vorlage eines Erbscheins verlangen.
Gründe
I.
In das Grundbuch von E. , Blatt ... 0 (zuvor Blatt ... 7 ) ist M. K. als Eigentümerin
des Flurstücks 165/49 der Flur 22 der Gemarkung E. eingetragen.
M. K. ist am 20. Dezember 2018 verstorben. Der Beteiligte hat unter Verweis
auf ihr vor der Notarin R. in St. am 23. Februar 2007 errichtetes Testament und
auf das Nachlassverfahren 5 IV 112/07 vor dem Amtsgericht Aschersleben mit Schreiben
vom 20. Mai 2019 die Umschreibung des Eigentums auf ihn beantragt. Das Testament trifft
u.a. folgende Festlegungen:
„2.
Im Falle meines Ablebens bestimme ich zu meinem Alleinerben meinen Sohn,
D. K. geboren am 01.02.1961, wohnhaft in E. , T. Straße 35.
3.
Die handgearbeitete Standuhr erhält unter Anrechnung auf ihren etwaigen Pflichtteil meine Tochter, R.
M. .
Weiterhin soll ihr der von mir im Jahre 1999 überlassene Geldbetrag von seinerzeit 40.000,00 DM auf
ihren Pflichtteil angerechnet werden.
Meine weitere bewegliche Hinterlassenschaft einschließlich Geld sollen meine drei Kinder zu gleichen
Teilen erhalten, nachdem sämtliche Nachlassverbindlichkeiten beglichen sind.“
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat mit Schreiben vom 5. Juni 2019 darauf hingewiesen,
dass im vorliegenden Fall Unsicherheit betreffend die Erbfolge bestehe, weil im Hinblick
auf die angeordneten Vermächtnisse betreffend die bewegliche Hinterlassenschaft nicht
festzustellen sei, was den werthaltigeren Nachlass ausmache, und um Vorlage eines Erbscheins
gebeten. Dem ist der Beteiligte mit Schreiben vom 12. Juni 2019 entgegengetreten.
Er sei eindeutig als Erbe eingesetzt. Die Auslegungsversuche des Grundbuchamtes seien
nicht nachzuvollziehen. Ob und wieviele Vermächtnisse angeordnet seien, entziehe sich der
Prüfung des Grundbuchamtes. Die Vermögenswerte gingen das Grundbuchamt nichts an.
Mit Zwischenverfügung vom 18. Juni 2019 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass
der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegenstehe, nämlich aus den im Schreiben
vom 5. Juni 2019 genannten Gründen der fehlende Nachweis der Erbfolge in Gestalt eines
Erbscheines, zu dessen formgerechter Behebung gemäß
Monat gesetzt wurde. Erachte das Grundbuchamt die Erbfolge durch die vorgelegten Urkunden
nicht für nachgewiesen, könne die Vorlage eines Erbscheins verlangt werden. Bei Vorliegen
einer Verfügung von Todes wegen bestehe für das Grundbuchamt eine erweiterte
Prüfungskompetenz.
Hiergegen hat der Beteiligte mit Faxschreiben vom 25. Juni 2019 ohne weitergehende Begründung
zum Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes
hat der Beschwerde durch Beschluss vom 2. Juli 2019 nicht abgeholfen und das
Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt,
dass die Frage, ob die Erblasserin bei der Anordnung „die bewegliche Hinterlassenschaft
einschließlich Geld“, die ihre drei Kinder zu gleichen Teilen erhalten sollten, über ihr
Vermögen im Ganzen verfügt habe, von ihr nicht beurteilt werden könne.
II.
Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 18. Juni 2019 ist zulässig, in der Sache
jedoch nicht begründet, da die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung
vorgelegen haben.
Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt einen Antrag unter Angabe der
Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des
Hindernisses zu bestimmen, wenn einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht.
Dabei soll eine Eintragung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nur vorgenommen werden,
wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen
durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden und auch die anderweitigen
Voraussetzungen der Eintragung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen sind. Zutreffend
hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs durch die
vorgelegten Unterlagen nicht nachgewiesen ist:
Das Grundbuchamt hat die Frage, ob als Voraussetzung für den Vollzug der gemäß § 82
GBO beantragten Grundbuchberichtigung der Nachweis der Erbfolge durch Vorlage eines
Erbscheins zu führen ist, zutreffend auf der Grundlage der Vorschrift des
beurteilt. Danach kann der Nachweis der Erbfolge dem Grundbuchamt gegenüber grundsätzlich
nur durch einen Erbschein erfolgen. Beruht die Erbfolge jedoch auf einer Verfügung
von Todes wegen, die – wie hier – in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es,
wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der
Verfügung vorgelegt werden. Erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden
nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Das Grundbuchamt
ist danach zu einer eigenständigen Auslegung eines öffentlichen Testaments verpflichtet,
selbst wenn diese Auslegung rechtlich schwierige Fragen aufwirft. Nur wenn sich
bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen hinsichtlich des behaupteten Erbrechts
Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des
Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können, darf und muss
die Vorlage eines Erbscheins verlangt werden, weil zu solchen Ermittlungen das Grundbuchamt
nicht befugt ist (z. B. OLG Hamm, Beschluss vom 21. September 2000,
15 W 272/00, BayObLG, Beschluss vom 9. Februar 2000, 2Z BR 139/99; OLG Köln, Beschluss
vom 5. November 1999, 2 Wx 41/99; sämtlich zitiert nach Juris). In Anwendung dieser
Grundsätze hat das Grundbuchamt zu Recht die Vorlage eines Erbscheins für erforderlich
gehalten:
Zwar ordnet das Testament im Ausgangspunkt unter Ziffer 2 für sich genommen eine eindeutige
Einsetzung des Beteiligten als Alleinerben an. Allerdings kann die Auslegung eines
Testaments nach § 2087 BGB ergeben, dass die Zuwendung eines Bruchteils des Vermögens
auch dann als Erbeinsetzung anzusehen ist, wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet
ist. Im vorliegenden Fall kommt es wegen der Anordnung unter Ziffer 3, dass die
bewegliche Hinterlassenschaft einschließlich Geld unter den drei Kindern aufgeteilt werden
soll, immerhin in Betracht, dass neben dem Beteiligten auch die weiteren Kinder der Erblasserin,
M. F. und R. M. , als Erben eingesetzt werden sollten. Dabei ist das
Wertverhältnis der zugewandten Einzelgegenstände zum Wert des Nachlasses ein wesentliches
Kriterium für die Frage, ob eine Erbeinsetzung oder lediglich ein Vermächtnis gewollt ist
(z. B. OLG Köln, Beschluss vom 24. Januar 1992, 2 Wx 38/91, zitiert nach Juris). Soweit zu
dem Nachlass bewegliches Vermögen, insbesondere Geld und Kapitalanlagen, in einem gegenüber
dem Wert des Immobilienvermögens gewichtigen Umfang gehört, käme daher eine
Auslegung des Testaments in Betracht, dass alle drei Kinder als Erben eingesetzt werden
sollten. Die für die Auslegung maßgeblichen Feststellungen kann das Grundbuchamt selbst
allerdings nicht treffen. Weder aus der Grundakte noch aus der beigezogenen Nachlassakte
des Amtsgerichts Aschersleben, 5 IV 112/07, ergeben sich Anhaltspunkte für den Wert der
einzelnen Nachlassgegenstände. Weitergehende Ermittlungen sind dem Grundbuchamt verwehrt.
Von dem Beteiligten ist keine Aufklärung zu erwarten. Dieser hat sich gegenüber dem
Grundbuchamt ausdrücklich einer Auskunft über die zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände
verweigert. Anders liegen die Dinge im Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins.
Hier hat das Nachlassgericht gemäß § 26 FamFG alle zur Aufklärung des Sachverhalts
erforderlichen Ermittlungen durchzuführen, wobei der Antragsteller an den weiteren Ermittlungen
des Nachlassgerichts durch vollständige und wahrheitsgemäße Angaben gemäß
FamFG, 12. Auflage, Rdn. 12, 13 zu
Die Kostenentscheidung beruht auf
für das Beschwerdeverfahren folgt aus
Grimm Bode Dr. Fichtner
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Naumburg
Erscheinungsdatum:27.08.2019
Aktenzeichen:12 Wx 31/19
Rechtsgebiete:
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
ZEV 2020, 125
Normen in Titel:GBO § 35 Abs. 1; BGB § 2087