BGH 24. November 2024
VIII ZR 159/23
BGB §§ 126 Abs. 1 u. 3, 126a Abs. 1, 568; ZPO §§ 130e, 173 Abs. 2 u. 4, 298, 416a

Form des Zugangs einer empfangsbedürftigen Willenserklärung; elektronische Form; Zugang einer Willenserklärung, die in einem qualifiziert elektronisch signierten elektronischen Dokument enthalten ist; Möglichkeit des Empfängers, die qualifizierte elektronische Signatur des Erklärenden und damit die Echtheit des Dokuments prüfen zu können

letzte Aktualisierung: 30.1.2025
BGH, Urt. v. 27.11.2024 – VIII ZR 159/23

BGB §§ 126 Abs. 1 u. 3, 126a Abs. 1, 568; ZPO §§ 130e, 173 Abs. 2 u. 4, 298, 416a
Form des Zugangs einer empfangsbedürftigen Willenserklärung; elektronische Form;
Zugang einer Willenserklärung, die in einem qualifiziert elektronisch signierten
elektronischen Dokument enthalten ist; Möglichkeit des Empfängers, die qualifizierte
elektronische Signatur des Erklärenden und damit die Echtheit des Dokuments prüfen zu
können

a) Bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist es auch für die elektronische Form zur
Wahrung der Form nicht ausreichend, dass die Willenserklärung formgerecht abgegeben wurde;
diese muss dem Erklärungsgegner vielmehr auch in der entsprechenden Form zugehen. Für den
Zugang einer in einem qualifiziert elektronisch signierten elektronischen Dokument enthaltenen
Willenserklärung ist es daher erforderlich, dass dieses Dokument so in den Machtbereich des
Empfängers gelangt, dass dieser die qualifizierte elektronische Signatur des Erklärenden und damit
die Echtheit des Dokuments prüfen kann.
b) Diese Voraussetzungen sind in dem Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 130e
ZPO am 17. Juli 2024 erfüllt, wenn in einem Zivilprozess ein elektronischer Schriftsatz mit einer
gültigen qualifizierten elektronischen Signatur, der eine empfangsbedürftige Willenserklärung
enthält, vom Gericht unter Aufrechterhaltung der elektronischen Signatur elektronisch an den
Empfänger der Willenserklärung weitergeleitet wird.
c) In dem Zeitraum vor dem Inkrafttreten des § 130e ZPO bewirkt die Übermittlung eines
Ausdrucks eines mit einer gültigen qualifizierten elektronischen Signatur versehenen, bei Gericht im
Rahmen eines Zivilprozesses eingegangenen elektronischen Dokuments unter Beifügung eines
Transfervermerks im Sinne des § 298 Abs. 3 ZPO keinen wirksamen Zugang der in dem Dokument
enthaltenen empfangsbedürftigen Willenserklärung beim Erklärungsgegner.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für
das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kündigung vom 10. Februar 2022 sei unwirksam, weil sie zu diesem
Zeitpunkt überraschend und damit rechtsmissbräuchlich gewesen sei.
Die beiden Kündigungserklärungen in der Klageschrift vom 9. März 2022
und im Schriftsatz vom 13. Mai 2022 seien formunwirksam.
Nach § 568 Abs. 1 BGB bedürfe die Kündigung des Mietverhältnisses der
schriftlichen Form. Sei durch Gesetz die schriftliche Form vorgeschrieben, müsse
die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels
notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden (§ 126 Abs. 1 BGB).
Solle die Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden - was bei der
Kündigung eines Mietverhältnisses mangels abweichender gesetzlicher Regelung
zulässig sei (§ 126 Abs. 3 BGB) -, müsse der Aussteller der Erklärung dieser
seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten
elektronischen Signatur versehen (§ 126a Abs. 1 BGB). Vorliegend habe die
Klägerin die Kündigungserklärungen vom 9. März 2022 und vom 13. Mai 2022 in
die entsprechenden Schriftsätze aufgenommen, diese mit einer qualifizierten
elektronischen Signatur versehen und die so signierten Schriftsätze auf dem gemäß
§ 130d ZPO vorgeschriebenen Weg bei Gericht eingereicht.

Es genüge jedoch nicht, dass die Erklärung formgerecht abgegeben worden
sei; darüber hinaus müsse dem Erklärungsempfänger die formgerechte Urkunde
zugehen. Der Empfänger habe ein schutzwürdiges Interesse, Gewissheit
und sichere Beweisunterlagen darüber zu erlangen, dass die ihm zugegangene
Erklärung formgerecht und damit wirksam abgegeben worden sei. Bei einer Kündigung
durch prozessualen Schriftsatz sei zu Zeiten des papiergebundenen
Rechtsverkehrs zwar anerkannt gewesen, dass die Schriftform auch dann gewahrt
sei, wenn der vom Erklärenden bevollmächtigte Rechtsanwalt nur die für
das Gericht bestimmte Urschrift des Schriftsatzes handschriftlich unterzeichnet
und der Kündigungsempfänger lediglich eine mit einem Beglaubigungsvermerk
des schriftsatzverfassenden Rechtsanwalts versehene Abschrift erhalten habe.
Eine Beglaubigung durch andere Personen, auch durch die Geschäftsstelle des
Gerichts, habe hingegen nicht genügt.

Im vorliegenden Fall seien die in den Schriftsätzen vom 9. März 2022 und
vom 13. Mai 2022 enthaltenen Kündigungserklärungen dem seinerzeit anwaltlich
nicht vertretenen Beklagten nicht elektronisch, sondern nach Ausdruck auf dem
Postweg übermittelt worden und damit weder in Schriftform noch in sie ersetzender
elektronischer Form zugegangen. Durch den mit dem Ausdruck verbundenen
Medienbruch sei die elektronische Signatur zwangsläufig verloren gegangen.
Die Kammer folge nicht der in der Literatur teilweise vertretenen Auffassung,
dass dem Transfervermerk (§ 298 Abs. 3 ZPO) materiell-rechtliche Bedeutung
zukomme und daher die Schriftform gewahrt sei, wenn mit dem Ausdruck
der Erklärung zugleich der Transfervermerk zugestellt werde.

Der Ausdruck eines Dokuments sei der Urschrift entgegen dieser Auffassung
nicht näher als eine beglaubigte Abschrift. Zudem beruhe die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs zur Wahrung des Schriftformerfordernisses nur
bei Zugang eines handschriftlich unterzeichneten Originals oder einer vom Bevollmächtigten
des Erklärenden beglaubigten Abschrift auf der Überlegung, der
Erklärungsempfänger solle im Interesse der Rechtssicherheit selbst die Möglichkeit
haben, sich von der Authentizität der Erklärung zu überzeugen, und sich insoweit
nicht auf die Beurteilung eines Dritten, auch nicht auf die des Gerichts,
verlassen müssen. Der Transfervermerk sei aber lediglich eine automatisiert erstellte
Erklärung des Gerichts über die Existenz der qualifizierten elektronischen
Signatur und über technische Vorgänge rund um die Übermittlung des signierten
Dokumentes an das Gericht. Der Empfänger eines Schriftsatzausdrucks nebst
Transfervermerk habe daher gerade nicht die Möglichkeit, die qualifizierte
elektronische Signatur eigenständig zu überprüfen.

Die Klägerin könne sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen,
materiell-rechtliche Erklärungen könnten unzweifelhaft im Rahmen eines Prozesses
erfolgen. Dass materiell-rechtliche Erklärungen grundsätzlich auch im Rahmen
eines Prozesses abgegeben werden könnten, stehe außer Streit. Bei der
Frage, ob dies bei einem Medienbruch auch schriftformwahrend möglich sei,
könne das Ziel, eine letztlich pragmatische Handhabung auch weiterhin zu ermöglichen,
nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gesetzgeber mit der Änderung
prozessualer Formvorschriften im Zuge der Digitalisierung des Zivilprozesses
eine Modifikation von § 568 BGB nur im Rahmen des § 126 Abs. 3 BGB vorgenommen,
nicht aber zugleich die Regelungen über den Zugang formbedürftiger
Willenserklärungen geändert habe. Dass - was der Gesetzgeber möglicherweise
übersehen habe - Schriftformkündigungen anwaltlich vertretener Parteien
gegenüber nicht anwaltlich vertretenen Parteien vorübergehend nicht mehr möglich
seien, sei hinzunehmen, zumal es dem Vermieter auch während eines laufenden
Rechtsstreits jederzeit unbenommen bleibe, eine Kündigung außergerichtlich
unmittelbar an den Mieter zuzustellen und den Nachweis darüber in den
Rechtsstreit einzuführen.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung, soweit sie aufgrund des
beschränkten Umfangs der Revisionszulassung eröffnet ist, stand. Die Revision
ist daher zurückzuweisen.

1. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam beschränkt.
Die Zulassung erfasst allerdings nicht nur die vom Berufungsgericht im
Tenor seiner Entscheidung genannte Kündigungserklärung in der Klageschrift
vom 9. März 2022, sondern - wie die Revision zu Recht geltend macht und auch
die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht - auch diejenige im Schriftsatz vom
13. Mai 2022.

a) Die vom Berufungsgericht im Urteilstenor formulierte Zulassungsbeschränkung
"hinsichtlich der Frage [ ], ob die Kündigungserklärung im Schriftsatz
vom 9. März 2022 die gesetzliche Form nach §§ 568, 126 Abs. 1, § 126a
BGB gewahrt hat", zielt ihrem Wortlaut nach auf die Klärung (nur) einer bestimmten
Rechtsfrage ab, was unzulässig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom
26. April 2016 - XI ZR 108/15, WM 2016, 1031 Rn. 11; vom 22. September 2016
- VII ZR 298/14, BGHZ 212, 90 Rn. 18; vom 29. April 2020 - VIII ZR 355/18, NJW
2020, 1947 Rn. 16; vom 28. Oktober 2020 - VIII ZR 230/19, NJW-RR 2021, 15
Rn. 21; vom 15. September 2021 - VIII ZR 76/20, WM 2021, 2046 Rn. 20; vom
6. Juli 2022 - VIII ZR 155/21, juris Rn. 22).

Anerkanntermaßen hat das Berufungsgericht jedoch die Möglichkeit, die
Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbstständigen und abtrennbaren
Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die Partei
selbst die Revision beschränken könnte. Dafür ist es erforderlich, dass der von
der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden
und auch im Fall einer Zurückverweisung kein Widerspruch zu dem unanfechtbaren
Teil des Streitstoffs auftreten kann (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom
15. März 2017 - VIII ZR 295/15, NJW 2017, 2679 Rn. 13 f.; vom 21. Juli 2021
- VIII ZR 118/20, juris Rn. 20; vom 6. April 2022 - VIII ZR 219/20, WuM 2022, 331
Rn. 16 f.; vom 6. Juli 2022 - VIII ZR 155/21, juris Rn. 22; vom 31. August 2022
- VIII ZR 232/21, juris Rn. 22; vom 10. Mai 2023 - VIII ZR 204/21, juris Rn. 25;
Senatsbeschluss vom 21. Februar 2023 - VIII ZR 106/21, WuM 2023, 610
Rn. 8 f.; jeweils mwN).

Ist die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision
zugelassen hat, bei mehreren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich,
liegt in der Angabe des Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung
der Zulassung auf diesen Streitgegenstand (st. Rspr.; vgl. nur BGH,
Urteile vom 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 18; vom 2. Mai
2017 - VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 16; vom 24. Oktober 2017 - II ZR
16/16, WM 2017, 2363 Rn. 9; vom 13. Mai 2020 - VIII ZR 222/18, NZM 2020, 713
Rn. 9; vom 17. August 2021 - VIII ZR 378/19, juris Rn. 8).

b) Danach hat das Berufungsgericht hier die Zulassung der Revision wirksam
beschränkt auf die beiden - jeweils einen eigenen Streitgegenstand bildenden
(vgl. Senatsurteile vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134
Rn. 14; vom 10. April 2019 - VIII ZR 12/18, NJW 2019, 2308 Rn. 33; Senatsbeschlüsse
vom 20. November 2012 - VIII ZR 157/12, juris Rn. 8; vom 6. Oktober
2015 - VIII ZR 321/14, WuM 2016, 225 Rn. 4; vom 15. Mai 2018 - VIII ZR 150/17,
WuM 2018, 514 Rn. 11 f.) - Kündigungserklärungen in der Klageschrift vom
9. März 2022 und im Schriftsatz vom 13. Mai 2022. Nur bei diesen Kündigungserklärungen,
nicht aber bei derjenigen im Schreiben der Klägerin vom 10. Februar
2022 stellt sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene
Frage, ob das Schriftsatzerfordernis gemäß § 568 Abs. 1 BGB dadurch gewahrt
werden konnte, dass die qualifiziert elektronisch signierten und als elektronisches
Dokument eingereichten Schriftsätze vom Gericht ausgedruckt und dem
Beklagten übermittelt worden sind. Der Umstand, dass das Berufungsgericht in
der Entscheidungsformel zur beschränkten Zulassung der Revision nur die Klageschrift
vom 9. März 2022, nicht aber den Schriftsatz vom 13. Mai 2022 erwähnt
hat, beruht auf einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 319 ZPO); eine unterschiedliche
zulassungsrechtliche Behandlung der beiden vorgenannten Schriftsätze ist seitens
des Berufungsgerichts ausweislich der in den Gründen seiner Entscheidung
enthaltenen Zulassungsbegründung, die allein die Kündigungserklärung vom
10. Februar 2022 von der Zulassung ausnimmt, ersichtlich nicht gewollt.
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die beiden
Kündigungserklärungen in der als elektronisches Dokument eingereichten Klageschrift
vom 9. März 2022 und im ebenfalls elektronisch übermittelten Schriftsatz
vom 13. Mai 2022 gemäß § 125 Satz 1 BGB unwirksam sind, weil sie das
Schriftformerfordernis gemäß § 568 Abs. 1 BGB mangels Zugangs einer formgerechten
Willenserklärung beim Beklagten (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht erfüllt
haben.

a) Seit dem 17. Juli 2024 gilt für empfangsbedürftige Willenserklärungen,
die der schriftlichen oder elektronischen Form bedürfen und die klar erkennbar in
einem vorbereitenden (zivilprozessualen) Schriftsatz enthalten sind, die durch
das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz vom 12. Juli 2024 (BGBl. I
Nr. 234, vgl. zum Inkrafttreten Art. 50) geschaffene Norm des § 130e ZPO. Diese
fingiert in Satz 1 für die genannten Willenserklärungen, sofern der Schriftsatz als
elektronisches Dokument nach § 130a ZPO bei Gericht eingereicht und dem
Empfänger zugestellt oder mitgeteilt wurde, den formwirksamen Zugang. Nach
dem Willen des Gesetzgebers schließt diese Fiktion jene der formgerechten Abgabe
der Willenserklärung ein (vgl. BT-Drucks. 20/10943, S. 57). Die Formfiktion
gilt nach § 130e Satz 2 ZPO auch dann, wenn die Ersetzung der schriftlichen
Form durch die elektronische Form ausgeschlossen ist. Über die Verweise insbesondere
in § 70 Abs. 2, § 253 Abs. 4, § 519 Abs. 4, § 520 Abs. 5, § 549 Abs. 2,
§ 551 Abs. 4 und § 575 Abs. 4 Satz 1 ZPO ist die Vorschrift des § 130e ZPO
auch auf bestimmende Schriftsätze anwendbar.

Eine Anwendung dieser Regelung auf den vorliegend bereits vor deren
Inkrafttreten erfolgten Eingang der elektronischen Klageschrift vom 9. März 2022
und des elektronischen Schriftsatzes vom 13. Mai 2022 bei Gericht sowie die
Weiterleitung dieser Schriftsätze durch Ausdruck und Zustellung an den Beklagten
in Papierform kommt jedoch nach den Grundsätzen des intertemporalen
Rechts nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteile vom 18. Oktober 1965 - II ZR 36/64,
BGHZ 44, 192, 194; vom 10. Juli 2024 - VIII ZR 276/23, NJW 2024, 2909 Rn. 15;
Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl., Einl. vor § 241 Rn. 14).

Unter Heranziehung dieser verfassungsrechtlich verankerten Grundsätze
kann der Vorschrift des § 130e ZPO keine Rückwirkung dergestalt zukommen,
dass sie auf die bereits vor ihrem Inkrafttreten erfolgte Abgabe und den Zugang
einer in einem prozessualen Schriftsatz enthaltenen Willenserklärung Anwendung
findet. Denn die Norm regelt, obgleich wegen ihrer Anknüpfung an einen
prozessualen Schriftsatz in der Zivilprozessordnung enthalten, die das materielle
Recht betreffenden Fragen der Abgabe und des Zugangs form- und empfangsbedürftiger
Willenserklärungen. Ob eine form- und empfangsbedürftige Kündigungserklärung
wirksam abgegeben und zugegangen ist, muss sich jedoch aus
Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit nach dem in diesem
Zeitpunkt geltenden Recht beurteilen (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2024
- VIII ZR 276/23, aaO Rn. 16).

Insofern richtet sich die Beurteilung des vorliegenden Falles nach der vor
dem Inkrafttreten des § 130e ZPO geltenden Rechtslage.

b) Ob - wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist - die gemäß § 568
Abs. 1 BGB für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses erforderliche
Schriftform, welche nach § 126 Abs. 1 BGB eine Unterzeichnung der Urkunde
mittels eigenhändiger Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten
Handzeichens voraussetzt, gemäß § 126 Abs. 3 BGB in dem hier vorliegenden
Fall durch die elektronische Form im Sinn von § 126a Abs. 1 BGB ersetzt werden
konnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn es fehlt jedenfalls - wie das
Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat - der erforderliche formgerechte Zugang
der in den qualifiziert elektronisch signierten elektronischen Schriftsätzen
enthaltenen Kündigungserklärungen beim Beklagten (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB).

aa) Nach der durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des
Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr
vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542) mit Wirkung vom 1. August 2001 eingeführten
Vorschrift des § 126 Abs. 3 BGB kann die schriftliche Form durch die elektronische
Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass § 568 Abs. 1 BGB - anders
als beispielsweise die Formvorschriften der §§ 623, 766 Satz 2, § 780
Satz 2 und § 781 Satz 2 BGB - für die Kündigung eines Mietverhältnisses die
elektronische Form nicht ausschließt.

bb) Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob sich der Regelungsgehalt
des § 126 Abs. 3 BGB darin erschöpft, die Ersetzung der Schriftform
durch die elektronische Form für den Fall zu ermöglichen, in dem eine abweichende
gesetzliche Regelung fehlt, oder ob die Möglichkeit der Ersetzung der für
die Wirksamkeit einer Willenserklärung angeordneten Schriftform durch die elektronische
Form gemäß § 126 Abs. 3 BGB bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen
entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. den Regierungsentwurf
des oben genannten Gesetzes [BT-Drucks. 14/4987, S. 15], die
Stellungnahme des Bundesrates [BT-Drucks. 14/4987, S. 34 f.] und die Gegenäußerung
der Bundesregierung [BT-Drucks. 14/4987, S. 41 f.]) zudem - wie die
Revisionserwiderung meint - voraussetzt, dass der Empfänger der Willenserklärung
hiermit einverstanden ist (so Grüneberg/Ellenberger, BGB, 83. Aufl., § 126a
Rn. 6; Erman/Arnold, BGB, 17. Aufl., § 126a Rn. 8; Staudinger/Hertel, BGB, Neubearb.
2023, § 126 Rn. 167; Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2021, § 568
Rn. 16; jurisPK-BGB/Junker, Stand: 1. Mai 2020, § 126 Rn. 87; Schmidt-Futterer/
Streyl, Mietrecht, 16. Aufl., § 568 BGB Rn. 26; Himmen, ZMR 2021, 711, 715; aA
LG Itzehoe, Urteil vom 18. Februar 2022 - 9 S 33/21, juris Rn. 33; BeckOGKBGB/
Hecht, Stand: 1. Juli 2024, § 126 Rn. 82 ff.; BeckOK-BGB/Wendtland,
Stand: 1. Mai 2024, § 126 Rn. 12 f.; MünchKommBGB/Einsele, 9. Aufl., § 126
Rn. 28 ff.; Fleindl, NZM 2024, 65, 66; Heukenkamp, ZfDR 2022, 53, 65 f.; auf
Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs abstellend Hinz, MDR 2022, 1383, 1384 f.).

cc) Die Frage bedarf allerdings vorliegend auch keiner Entscheidung.
Denn unabhängig von einem eventuell erforderlichen Einverständnis des Beklagten
mit der Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form, zu dessen
Vorliegen das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat (zu einem
eventuell erforderlichen, jedenfalls aber in den Fällen der Weiterleitung der in einem
elektronischen Schriftsatz enthaltenen empfangsbedürftigen Willenserklärung
an einen von der Gegenseite bestellten anwaltlichen Prozessbevollmächtigten
infolge der Vorschrift des § 173 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als erteilt anzusehenden
Einverständnis siehe das Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 155/23, unter
II 1 b bb, zur Veröffentlichung bestimmt), sind die in den - nach den rechtsfehlerfreien
Feststellungen des Berufungsgerichts den Anforderungen des § 126a
Abs. 1 BGB an die formgerechte Abgabe einer elektronischen Willenserklärung
entsprechenden - elektronischen Schriftsätzen vom 9. März 2022 und 13. Mai
2022 enthaltenen Kündigungserklärungen dem Beklagten nicht formgerecht zugegangen.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung ist es zur Wahrung einer für eine empfangsbedürftige
Willenserklärung vorgeschriebenen Form nicht ausreichend,
dass diese nach den jeweiligen Formvorschriften abgegeben wurde. Sie muss
vielmehr, um wirksam zu werden, dem Erklärungsgegner auch in der vorgeschriebenen
Form gemäß § 130 BGB zugehen (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar
2015 - IX ZR 174/13, NJW-RR 2015, 735 Rn. 11; vom 6. Dezember 2005
- XI ZR 139/05, BGHZ 165, 213, 216; vom 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96, NJW
1997, 3169 unter II 2 b bb; vom 30. Mai 1962 - VIII ZR 173/61, NJW 1962, 1388
unter II 2; Beschluss vom 4. Juli 1986 - V ZR 41/86, WuM 1987, 209 unter II 3).
Dieses Zugangserfordernis gilt - wie das Berufungsgericht zutreffend und
von der Revision insoweit nicht angegriffen angenommen hat - auch für den Fall
einer empfangsbedürftigen Willenserklärung in elektronischer Form.

Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Möglichkeit der Wahrung von
gesetzlichen Formvorschriften durch ein elektronisches Dokument mit qualifizierter
elektronischer Signatur zwar auf besondere Regelungen über den Zugang
bewusst verzichtet, ist aber davon ausgegangen, dass auch auf in elektronischen
Dokumenten abgegebene Willenserklärungen § 130 BGB Anwendung findet
(vgl. BT-Drucks. 14/4987, S. 20). Dies erklärt sich durch das gesetzgeberische
Ziel einer Funktionsäquivalenz zwischen der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB
und der elektronischen Form des § 126a Abs. 1 BGB. Danach muss die elektronische
Form so ausgestaltet sein, dass sie die mit der Schriftform bezweckten
Leistungsfunktionen regelmäßig sicherstellt, wenn auch eine völlige Gleichheit
hinsichtlich aller Funktionen wegen der tatsächlichen Unterschiede zwischen den
beiden Formen nicht erreichbar ist (vgl. BT-Drucks. 14/4987, S. 15). Zu den mit
der Schriftform bezweckten Leistungsfunktionen, welche die elektronische Form
in vergleichbarer Weise sicherstellen soll, gehört - neben der Identitätsfunktion
(Erkennbarkeit des Erklärenden und Möglichkeit der Identifizierung durch dessen
unverwechselbare Unterschrift) und der Echtheitsfunktion (Gewährleistung der
inhaltlichen Urheberschaft des Unterzeichners durch die räumliche Verbindung
der Unterschrift mit dem Dokument) - auch die damit in Zusammenhang stehende
Verifikationsfunktion, nach der es dem Empfänger des Dokuments möglich
sein soll, zu überprüfen, ob die Unterschrift echt ist (BT-Drucks. 14/4987,
S. 16 f.). Diese Funktion kann nur erfüllt werden, wenn das Dokument selbst dem
Empfänger für eine Überprüfung zur Verfügung steht.

nisch signierten
elektronischen Dokument enthaltenen Willenserklärung gemäß § 126a
Abs. 1 BGB - vergleichbar dem Zugang einer papiergebundenen Willenserklärung
- erforderlich, dass dieses Dokument so in den Machtbereich des Empfängers
gelangt, dass dieser die qualifizierte elektronische Signatur des Erklärenden
und damit die Echtheit des Dokuments prüfen kann.

(2) Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn in einem Zivilprozess ein
elektronischer Schriftsatz mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, der
eine empfangsbedürftige Willenserklärung enthält, vom Gericht unter Aufrechterhaltung
der qualifizierten elektronischen Signatur elektronisch an den Empfänger
der Willenserklärung weitergeleitet wird.

Zwar wird in der Instanzrechtsprechung (LG Bonn, Urteil vom 29. Juni
2023 - 6 S 97/22, juris Rn. 16 [aufgehoben durch Senatsurteil vom heutigen Tag
- VIII ZR 155/23, zur Veröffentlichung bestimmt]; AG Charlottenburg, Urteil vom
22. Februar 2023 - 215 C 120/22, juris Rn. 30) und dem Schrifttum
(vgl. BeckOGK-BGB/Geib, Stand: 1. Oktober 2024, § 568 Rn. 27; BeckOGKBGB/
Mehle, Stand: 1. Juli 2024, § 542 Rn. 14; BeckOK-BGB/Wöstmann, Stand:
1. August 2024, § 568 Rn. 7; Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2021, § 568
Rn. 22; Fritzsche, NJW 2022, 3620 Rn. 6, 8; Meyer-Abich, NJW 2022, 3200
Rn. 17; BeckOK-Mietrecht/R. Schultz, Stand: 1. August 2024, § 568 BGB Rn. 11)
teilweise vertreten, die Legitimationswirkung der Signatur des Absenders gelte
nur gegenüber dem Gericht, nicht aber auch im Verhältnis zu der anderen Partei,
welcher der Schriftsatz durch das Gericht übermittelt werde.

Diese - häufig auf eine entsprechende Formulierung des Amtsgerichts
Hamburg in einem Urteil vom 25. Februar 2022 (48 C 304/21, juris Rn. 40)
gestützte - Ansicht ist für die elektronische Weiterleitung qualifiziert elektronisch
signierter elektronischer Schriftsätze durch das Gericht unter Aufrechterhaltung
der qualifizierten elektronischen Signatur jedoch nicht zutreffend; eine solche
Fallkonstellation war auch in dem der Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg
zugrundeliegenden Sachverhalt nicht gegeben (aaO Rn. 10).

Anders als die in § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2, Abs. 4 ZPO vorgesehene
Einreichung eines elektronischen Dokuments über einen sicheren Übermittlungsweg,
die an das Verhältnis von Absender und erstem (unmittelbaren) Empfänger
anknüpft, ist eine qualifizierte elektronische Signatur (Art. 3 Nr. 12, Art. 26 der
Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für
elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie
1999/93/EG, ABl. L 257 S. 73; im Folgenden eIDAS-VO) in dem Sinne verkehrsfähig,
dass ihre Validierung (Art. 32, 33 eIDAS-VO) nicht nur für den ersten Empfänger
möglich ist, sondern auch für Dritte, denen das elektronische Dokument
mitsamt der qualifizierten elektronischen Signatur elektronisch weitergeleitet
wird. Daher kann ein wirksam qualifiziert elektronisch signierter elektronischer
Schriftsatz grundsätzlich unter Aufrechterhaltung der gültigen und prüfbaren
elektronischen Signatur elektronisch vom Gericht an den gegnerischen Prozessbevollmächtigten
oder - im Fall des § 173 Abs. 4 Satz 1 ZPO - auch an den Gegner
persönlich übermittelt werden (vgl. OLG Bamberg, NJW 2022, 3451 Rn. 24
[zur Weiterleitung einer qualifiziert elektronisch signierten Beschwerdeschrift an
ein anderes Gericht]; Siegmund in Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl.,
§ 568 BGB Rn. 17; Fleindl, NZM 2024, 65, 71; Hinz, MDR 2022, 1383 Rn. 20;
Müller, NJW 2015, 822, 825; Himmen, ZMR 2021, 711, 715 f.; Ehrmann/Streyl,
NZM 2019, 873, 874; vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Mai 2019 - XII ZB
573/18, BGHZ 222, 105 Rn. 18).

(3) Die - hier vorliegende - Übermittlung eines Ausdrucks eines mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur versehenen, bei Gericht im Rahmen eines
Zivilprozesses eingegangenen elektronischen Dokuments (§ 298 Abs. 1 Satz 1
ZPO) vermag hingegen - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - nach
den vorgenannten Ausführungen einen formgerechten Zugang der in ihm enthaltenen
Willenserklärung (hier: der Kündigungserklärung) im Sinn von § 126a
Abs. 1 BGB beim Erklärungsgegner auch dann nicht zu bewirken, wenn - wovon
vorliegend mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts nach
dem entsprechenden Klägervortrag revisionsrechtlich hinsichtlich der beiden hier
in Rede stehenden Kündigungserklärungen auszugehen ist - dem Ausdruck ein
Transfervermerk gemäß § 298 Abs. 3 ZPO beigefügt ist. Die hiergegen erhobenen
Einwände der Revision, die sich auf einen materiell-rechtlichen Gehalt des
Transfervermerks beruft (vgl. LG Berlin, WuM 2023, 566 f.; AG Dresden, ZMR
2023, 375; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 16. Aufl., § 568 BGB Rn. 29;
Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873, 876 f.), greifen nicht durch.

(a) Gemäß § 298 Abs. 1 Satz 1 ZPO in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden
Fassung des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs
mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I 3786) ist, sofern die Akten in
Papierform geführt werden, von einem elektronischen Dokument ein Ausdruck
für die Akten zu fertigen. Nach § 298 Abs. 3 ZPO muss dieser Ausdruck im Falle
eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen und nicht auf
einem sicheren Übermittlungsweg eingereichten elektronischen Dokuments einen
(Transfer-)Vermerk über das Ergebnis der Integritätsprüfung des Dokuments
(Nr. 1), den Inhaber der Signatur (Nr. 2) und den Zeitpunkt der Signatur (Nr. 3)
enthalten. Die Integritätsprüfung (§ 298 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) erfolgt dabei durch einen
- automatisierten - Abgleich der sogenannten Hash-Werte zum Zeitpunkt des
Signierens und zum Zeitpunkt des Ausdrucks für die Akten (vgl. BT-Drucks.
15/4952, S. 48). Durch diesen Abgleich wird überprüft, ob die übermittelten Daten
in der Zwischenzeit verändert oder gar verfälscht wurden. Die Angabe, wer das
Dokument signiert hat (§ 298 Abs. 3 Nr. 2 ZPO; Authentizitätsprüfung), ermöglicht
zusammen mit der Mitteilung, wann das Dokument signiert worden ist, die
Überprüfung, ob die Signatur gültig war (vgl. zum Ganzen Saenger/Kießling,
ZPO, 10. Aufl., § 298 Rn. 7; BeckOK-ZPO/Bacher, Stand: 1. Juli 2024, § 298
Rn. 8d ff.; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 5. Aufl., § 298 Rn. 16 f.).

(b) Für eine materiell-rechtliche Bedeutung des einem Ausdruck eines
elektronischen Dokuments beigefügten Transfervermerks im Hinblick auf die Er-
füllung der Voraussetzungen des Zugangs einer Willenserklärung in elektronischer
Form im Sinn von § 126a Abs. 1 BGB findet sich weder im Wortlaut des
§ 298 ZPO noch in den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks.
17/12634, S. 29; zur vorherigen Fassung BT-Drucks. 15/4067, S. 32) ein Anhaltspunkt.
Zwar wird von § 298 ZPO über seinen unmittelbaren Wortlaut (§ 298
Abs. 1 Satz 1 ZPO: "Ausdruck für die Akten") hinaus auch der Ausdruck eines
elektronischen Dokuments zum Zweck der Zustellung an einen auf elektronischem
Weg nicht erreichbaren Prozessbeteiligten erfasst (BeckOK-ZPO/
Bacher, aaO Rn. 7; Saenger/Kießling, ZPO, aaO Rn. 1; Wieczorek/Schütze/
Assmann, aaO Rn. 3; MünchKomm-ZPO/Prütting, 6. Aufl., § 298 Rn. 3;
Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl. Rn. 2; Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873, 875; für
eine analoge Anwendung des § 298 ZPO jurisPK-ERV/Gomm, Stand: 1. September
2022, § 298 Rn. 28 ff.; vgl. zur vorherigen Fassung des § 298 Abs. 1 ZPO
BT-Drucks. 15/4067, S. 32). Beide Konstellationen betreffen dennoch lediglich
die zivilprozessuale Gleichsetzung eines elektronischen Dokuments mit einem
Ausdruck desselben (vgl. Ulrich/Schmieder, jM 2017, 398, 399 [zu § 298 Abs. 2
BGB aF]; Himmen, ZMR 2021, 711, 716).

Insbesondere die Regelungen in § 298 Abs. 2 und 3 ZPO sprechen dagegen,
dass der Gesetzgeber dem einem Ausdruck eines elektronischen Dokuments
beigefügten Transfervermerk eine Bedeutung im Hinblick auf die materiellrechtliche
elektronische Form beigemessen hat. Denn gemäß § 298 Abs. 3 ZPO
ist bei einem mit einer qualifizierten elektronischen Signatur eingereichten elektronischen
Dokument ein Transfervermerk nur dann zu fertigen, wenn das elektronische
Dokument nicht über einen sicheren Übermittlungsweg im Sinn von
§ 130a Abs. 4 ZPO eingereicht wird. Wenn also ein qualifiziert elektronisch signiertes
Dokument über einen solchen sicheren Übermittlungsweg eingereicht
wird (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen
des elektronischen Rechtsverkehrs und über das elektronische Behördenpostfach
vom 24. November 2017 - Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung,
ERVV; BGBl. I S. 3803), muss nach der Regelung von § 298 ZPO der
Ausdruck den Umstand, dass eine qualifizierte elektronische Signatur vorlag und
damit auch die Anforderungen an die materiell-rechtliche elektronische Form
(§ 126a Abs. 1 BGB) erfüllt sein können, nicht erkennen lassen; nach § 298
Abs. 2 ZPO genügt es vielmehr, die Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg
aktenkundig zu machen (vgl. BeckOK-ZPO/Bacher, aaO Rn. 8 f.). Der
Zweck des Gesetzes besteht demnach ersichtlich allein darin, die Erfüllung der
Voraussetzungen einer prozessrechtlich wirksamen Einreichung eines elektronischen
Dokuments bei Gericht im Sinne des § 130a ZPO zu dokumentieren
(vgl. BT-Drucks. 17/12634, S. 29).

(c) Auch nach der vom Gesetzgeber beabsichtigten Funktionsäquivalenz
zwischen Schriftform und elektronischer Form (BT-Drucks. 14/4987, S. 15,
vgl. auch oben unter II 2 b cc (1)) liegt ein formwirksamer Zugang einer mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Willenserklärung nicht vor,
wenn lediglich ein Ausdruck des Dokuments und der zugehörige Transfervermerk
gemäß § 298 Abs. 3 ZPO in den Machtbereich des Empfängers gelangen.
(aa) Zwar lässt - wie die Revision unter Hinweis auf eine in der Literatur
vertretene Ansicht (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 16. Aufl., § 568 BGB
Rn. 29; Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873, 876) zu Recht betont - ein einem Ausdruck
eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Dokuments
beigefügter und auf dieses Dokument bezogener Transfervermerk im
Sinne des § 298 Abs. 3 ZPO die Identität des Erklärenden und die Echtheit des
elektronischen Dokuments erkennen, indem er darüber Auskunft gibt, wer Inhaber
der Signatur ist, deren mathematisch-logischer Verbindung zum elektronischen
Text die inhaltliche Urheberschaft des Signierenden sicherstellt
(vgl. BT-Drucks. 14/4987, S. 16 f.). Dabei gewährleistet die Integritätsprüfung,
dass das elektronische Dokument auch nicht nachträglich verändert wurde.

(bb) Allerdings ermöglicht - worauf das Berufungsgericht zutreffend maßgeblich
abgestellt hat - der einem Ausdruck eines elektronischen Dokuments beigefügte
Transfervermerk im Sinne des § 298 Abs. 3 ZPO, der lediglich das Ergebnis
einer entsprechenden Prüfung durch das Gericht dokumentiert, es dem
Empfänger nicht, die Echtheit der Signatur auch seinerseits zu überprüfen. Deshalb
ist die nach Auffassung des Gesetzgebers mit der Formvorschrift zu erfüllende
Verifikationsfunktion (vgl. BT-Drucks. 14/4987, S. 16 f.) der qualifizierten
elektronischen Signatur in einem solchen Fall nicht gewahrt (vgl. auch Hinz, MDR
2022, 1383 Rn. 28; BeckOK-Mietrecht/Bruns, Stand: 1. Mai 2024, § 542 BGB
Rn. 135; im Ergebnis ebenso Fleindl, NZM 2024, 64, 70). Der Möglichkeit einer
eigenen Verifizierung durch den Erklärungsempfänger kommt auch deshalb Bedeutung
zu, weil gemäß § 298 Abs. 4 ZPO ein bei Gericht eingereichtes elektronisches
Dokument - sofern die Akten in Papierform geführt werden - nach Ablauf
von sechs Monaten gelöscht werden kann, so dass bei nachträglich aufkommenden
Zweifeln hinsichtlich der Echtheit des Dokuments eine Überprüfung
(vgl. Müller, NJW 2015, 822, 824) unmöglich werden kann.

(cc) Die fehlende Erfüllung der Verifikationsfunktion im Falle der Zusendung
eines Ausdrucks eines qualifiziert signierten elektronischen Dokuments
nebst Transfervermerk im Sinne des § 298 Abs. 3 ZPO wird auch nicht durch den
Umstand aufgewogen, dass das Risiko, dass eine Signatur bei der gerichtlichen
Prüfung fehlerhaft als gültig ausgewiesen wird, nur theoretischer Natur sein mag
(vgl. hierzu Bacher, NJW 2015, 2753, 2755; Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873,
876).

Dass dieses Risiko nicht rechtlich unbeachtlich ist, belegt die am 1. Januar
2018 in Kraft getretene Bestimmung des § 4 Abs. 2 ERVV, die im Bereich der
prozessrechtlichen elektronischen Form die zuvor in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung für zulässig erachtete Verwendung der sogenannten Container-
Signatur (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - VI ZB 7/13, BGHZ 197, 209
Rn. 10 mwN) mit der Begründung untersagt, andernfalls sei eine Überprüfung
der Authentizität und Integrität der elektronischen Dokumente im weiteren Verfahren
insbesondere für den Prozessgegner oder andere Verfahrensbeteiligte regelmäßig
nicht mehr möglich, da die Container-Signatur nach der Trennung der
elektronischen Dokumente nicht mehr überprüft werden könne (vgl.
BR-Drucks. 645/17, S. 15; vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Mai 2019 - XII ZB
573/18, BGHZ 222, 105 Rn. 11 ff.).

(d) Entgegen der Auffassung der Revision spricht auch die durch das Gesetz
zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRuG) vom 5. Juli 2021 (BGBl.
I S. 3338) mit Wirkung vom 1. August 2022 neu gefasste Vorschrift des § 47 Alt. 2
BeurkG nicht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts.

Die Revision lässt bei ihrer Argumentation außer Betracht, dass § 298
ZPO - anders als § 47 Alt. 2 BeurkG - gerade keine materiell-rechtliche Regelung
dahingehend enthält, dass der mit einem Transfervermerk versehene Ausdruck
eines elektronischen Dokuments das Original im Rechtsverkehr vertrete.
(e) Der Annahme der Revision, bei einem Ausdruck eines mit einer qualifizierten
elektronischen Signatur versehenen elektronischen Dokuments nebst
Transfervermerk im Sinne des § 298 Abs. 3 ZPO handele es sich materiell-rechtlich
um eine "Urschrift im Rechtssinn", steht zudem die Vorschrift des § 416a
Alt. 2 ZPO entgegen.

(aa) Nach dieser Regelung steht der Ausdruck eines gerichtlichen elektronischen
Dokuments (§ 130b ZPO), der einen Vermerk des zuständigen Gerichts
gemäß § 298 Abs. 3 ZPO enthält, einer öffentlichen Urkunde in beglaubigter Abschrift
gleich. Der Gesetzgeber hat sich dabei bewusst für eine Gleichsetzung
lediglich mit der beglaubigten Abschrift, nicht aber mit der (elektronischen) Urschrift
entschieden (vgl. BT-Drucks. 15/4067, S. 35).

(bb) Dem Rechtsgedanken der Bestimmung von § 416a ZPO entsprechend
könnte dem Ausdruck eines von einer Partei eingereichten elektronischen
Dokuments (§ 130a ZPO) nebst Transfervermerk gemäß § 298 Abs. 3 ZPO - was
hier allerdings letztlich offenbleiben kann (vgl. für eine entsprechende Anwendung
auf private elektronische Dokumente BeckOK-ZPO/Bacher, Stand: 1. September
2024, § 298 Rn. 16; jurisPK-ERV/Gomm, Stand: 1. September 2022,
§ 298 ZPO Rn. 70; aA Anders/Gehle/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 416a Rn. 1; vgl.
auch Prütting/Gehrlein/Preuß, ZPO, 16. Aufl., § 416a Rn. 9) - allenfalls der Beweiswert
einer vom Gericht beglaubigten Abschrift des Dokuments, nicht jedoch
der Beweiswert einer Urschrift zukommen.

Vor diesem Hintergrund vermag - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt
hat - die von einigen Stimmen in der Literatur vertretene Ansicht, der Ausdruck
eines elektronischen Dokuments stehe der Urschrift näher als eine beglaubigte
Abschrift (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 16. Aufl., § 568 BGB Rn. 29;
Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873, 876), nicht zu überzeugen.

(cc) Soweit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Zugang von
der Schriftform bedürfender Willenserklärungen anerkannt ist, dass eine in einer
beglaubigten Abschrift eines prozessualen Schriftsatzes enthaltene Willenserklärung
das materiell-rechtliche Schriftformerfordernis trotz fehlender Unterschrift
des Erklärenden ausnahmsweise auch dann erfüllt, wenn der Erklärende selbst
die Beglaubigung vorgenommen hat, weil er mit seiner Unterschrift unter dem
Beglaubigungsvermerk nicht nur die Übereinstimmung mit der Urschrift bezeugt,
sondern zugleich die Verantwortung für den Inhalt der Urkunde übernommen hat
(BGH, Urteil vom 25. März 1987 - VIII ZR 71/86, NJW 1987, 2506 unter II 1; Beschluss
vom 4. Juli 1986 - V ZR 41/86, NJW-RR 1987, 395 unter II 3; BAG, NJW
2007, 250 Rn. 28; NJW 2021, 1551 Rn. 64; so auch die st. Rspr. zur prozessrechtlichen
Schriftform; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 22. März 2022 - VI ZB
27/20, NJW-RR 2022, 716 Rn. 9 ff.; vom 10. April 2018 - VIII ZB 35/17, juris
Rn. 11 ff.; vom 26. März 2012 - II ZB 23/11, NJW 2012, 1738 Rn. 9; jeweils
mwN), gilt dies nicht für die - der vorliegenden Fallgestaltung vergleichbare - gerichtliche
Beglaubigung (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 1986 - V ZR 41/86,
aaO; AG Gelsenkirchen, WuM 2016, 737, 739; AG Wiesbaden, NZM 2013, 424;
Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 16. Aufl., § 568 BGB Rn. 27; Ehrmann/Streyl,
NZM 2019, 873, 876; Lützenkirchen/Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl., § 568
BGB Rn. 21; vgl. auch BeckOK-BGB/Wöstmann, Stand: 1. August 2024, § 568
Rn. 7; BeckOK-Mietrecht/Bruns, Stand: 1. Mai 2024, § 542 BGB Rn. 133;
BeckOK-Mietrecht/Schultz, Stand: 1. August 2024, § 568 Rn. 11; Siegmund in
Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 568 BGB Rn. 15; Bub/Treier/
Fleindl, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kapitel IV
Rn. 40; Himmen, ZMR 2021, 711, 715; Hinz, MDR 2022, 1383 Rn. 2).
(f) Ein gegenteiliges Ergebnis rechtfertigt sich entgegen der Ansicht der
Revision (vgl. auch Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873, 877) letztlich auch nicht
dadurch, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften
des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr
vom 13. Juli 2001 die sinnvolle und möglichst weitgehende Nutzung
der - zum damaligen Zeitpunkt - neuen Technologien im Rechtsverkehr ermöglichen
wollte (vgl. BT-Drucks. 14/4987, S. 10). Eine vorbehaltlose Förderung
des elektronischen Rechtsverkehrs unter Zurückstellen sonstiger allgemeiner
Grundsätze des Rechts der Willenserklärung und insbesondere des Erfordernisses
des Zugangs war mit dieser Zwecksetzung nach der Vorstellung des Gesetzgebers
gerade nicht verbunden (BT-Drucks. 14/4987, S. 11, 20).

Demzufolge ist es hinzunehmen, dass bis zu dem am 17. Juli 2024 erfolgten
Inkrafttreten der Vorschrift des § 130e ZPO (BGBl. I Nr. 234) die Kündigung
eines Wohnraummietverhältnisses durch zivilprozessualen - und wegen § 130d
ZPO zwingend elektronischen - Schriftsatz eines Rechtsanwalts gegenüber einer
anwaltlich nicht vertretenen Naturalpartei, die keine Zustimmung im Sinne des
§ 173 Abs. 4 Satz 1 ZPO erteilt hat, nicht formwirksam erklärt werden kann. Eine
unzumutbare Beeinträchtigung der Kündigungsmöglichkeiten ist damit nicht verbunden,
da die Kündigung in der genannten Konstellation auch während eines
Räumungsprozesses ohne Weiteres außergerichtlich unter Wahrung der Schriftform
des § 126 Abs. 1 BGB erfolgen und der diesbezügliche Vortrag sodann
durch elektronischen Schriftsatz in den Prozess eingeführt werden kann.
Ebenfalls bis zu dem vorstehend genannten Zeitpunkt hinzunehmen ist
der von der Revision (vgl. auch Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873, 877; Schmidt-
Futterer/Streyl, Mietrecht, 16. Aufl., § 568 BGB Rn. 29) kritisierte Umstand, dass
im - hier nicht gegebenen - Fall, dass eine medienwahrende elektronische Zustellung
einer in einem mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen
elektronischen Schriftsatz enthaltenen Kündigungserklärung an den Erklärungsempfänger
möglich ist (§ 173 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1, 3 ZPO), das Gericht zu
einer elektronischen Zustellung nur berechtigt, aber nicht verpflichtet ist
(vgl. BT-Drucks. 19/28399, S. 34 f.; Hinz, MDR 2022, 1383 Rn. 21), und die
Frage eines formwirksamen Zugangs der Willenserklärung damit von der Vorgehensweise
des Gerichts abhängt, auf die der Erklärende keinen Einfluss hat. Die
hierin liegende Beeinträchtigung der Rechtssicherheit (vgl. BGH, Beschluss vom
15. Mai 2019 - XII ZB 573/18, BGHZ 222, 105 Rn. 20) erscheint angesichts der
in diesem Fall bestehenden Möglichkeit, die Kündigungserklärung außergerichtlich
entweder in einer der Vorschrift des § 126a Abs. 1 BGB entsprechenden
Form oder - wie soeben ausgeführt - in der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB zu
erklären und den diesbezüglichen Vortrag sodann in den Prozess einzuführen,
als zumutbar.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

24.11.2024

Aktenzeichen:

VIII ZR 159/23

Rechtsgebiete:

Bürgschaft u.a. Personalsicherheiten
Allgemeines Schuldrecht
Miete
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB §§ 126 Abs. 1 u. 3, 126a Abs. 1, 568; ZPO §§ 130e, 173 Abs. 2 u. 4, 298, 416a