(Un-)Zulässiger Inhalt einer Dienstbarkeit
Rechtsprechung
BGB §§ 1018, 1090;
(Un-)Zulässiger Inhalt einer Dienstbarkeit
Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die die Beschränkung enthält, dass das auf einem Grundstück errichtete Wohngebäude nur zu Wohnzwecken für einen bestimmten Personenkreis genutzt werden darf, ist unzulässig (Leitsatz der DNotI-Redaktion).
OLG München, Beschl. v. 15.7.2019 – 34 Wx 264/17
Problem
Im Grundbuch war eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Freistaat Bayern mit folgendem Inhalt eingetragen:
„1.) soweit und solange auf dem landwirtschaftlichen Anwesen ein oder mehrere Austrägler leben, ist das vorgenannte Wohngebäude ausschließlich zu Wohnzwecken für diese Austrägler zu benutzen. Jede andere Benutzung ist zu unterlassen.
2.) Sofern auf dem landwirtschaftlichen Anwesen … keine Austrägler leben, darf das Gebäude auch dem Eigentümer des landwirtschaftlichen Anwesens, seinen auf dem Hof lebenden Familienangehörigen oder auf dem Anwesen beschäftigten landwirtschaftlichen Arbeitern zu Wohnzwecken dienen. Andere als die vorgenannten Personen dürfen das Wohngebäude nicht bewohnen.“
Das Grundbuchamt hatte in einem vom Eigentümer „angeregten“ Amtslöschungsverfahren darüber zu entscheiden, ob eine Dienstbarkeit dieses Inhaltes zulässig ist. Das Grundbuchamt lehnte den Antrag auf Amtslöschung ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte Erfolg.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG München ist die Dienstbarkeit ihrem Inhalt nach unzulässig. Die erlaubte Handlung (Bewohnen durch Austrägler etc.) unterscheide sich in tatsächlicher Hinsicht nicht von der verbotenen Handlung (Bewohnung durch andere Personen). Es fehle an der erforderlichen Verschiedenheit in der tatsächlichen Nutzung. In der Dienstbarkeit könne auch kein zulässiges Wohnungsbelegungs- bzw. besetzungsrecht gesehen werden. Inhalt solcher Dienstbarkeiten sei typischerweise, dass der Inhaber der Dienstbarkeit bestimmen dürfe, wer auf dem belasteten Grundstück wohnen darf. Eine Beschränkung anhand abstrakter Kriterien unmittelbar in der Dienstbarkeit sei nicht zulässig.
Praxishinweis
In der Entscheidung manifestiert sich die Inkonsequenz der Rechtsprechung zu zulässigen Wohnungsbesetzungsrechten einerseits und zu unzulässigen Beschränkungen der Wohnnutzung durch bestimmte Personen als unmittelbarer Inhalt der Dienstbarkeit andererseits (vgl. hierzu ausführlich Bauer/Schaub/Bayer/Lieder, GBO, 4. Auflage 2018, Allgemeiner Teil C, Rn. 296). Diese Differenzierung lässt sich nicht aus dem Gesetz ableiten, sondern allenfalls aus der gewohnheitsrechtlichen Anerkennung der Wohnungsbesetzungsrechte. Solange eine höchstrichterliche Vereinheitlichung der Rechtsprechung aussteht, kann rechtssicher nur auf Wohnungsbesetzungsrechte zur Erreichung des Gestaltungsziels zurückgegriffen werden.
Hilfreiche Musterformulierungen finden sich u.a. bei Kersten/Bühling/Basty, Formularbuch der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 26. Aufl. 2019, § 64 Rn. 28M und Beck’sches Notarhandbuch/Everts, 7. Aufl. 2019, § 7 Rn. 46.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:24.10.2019
Aktenzeichen:34 Wx 264/17
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
BGB §§ 1018, 1090; GBO § 53