Austritt eines Kommanditisten aus KG: Verpflichtung des Austretenden zur Mitwirkung an der Anmeldung
letzte Aktualisierung: 29.6.2022
KG, Beschl. v. 21.12.2021 – 22 W 84/21
HGB §§ 12 Abs. 1, 16 Abs. 1, 143 Abs. 1 u. 2
Austritt eines Kommanditisten aus KG: Verpflichtung des Austretenden zur Mitwirkung an
der Anmeldung
Die Anmeldung, dass ein Kommanditist aus einer KG austritt, hat durch alle Gesellschafter,
einschließlich des Ausscheidenden zu erfolgen. Dessen Anmeldung kann nach
durch eine gerichtliche Entscheidung, in der die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Anmeldung
festgestellt worden ist, ersetzt werden.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1) ist seit der Eintragung der Gesellschaft, einer KG, am 23. Februar 2012
als Komplementärin und der Beteiligte zu 2) mit einer Einlage von zunächst 5.000 EUR als
Kommanditist eingetragen. Am 9. Juli 2012 ist der Beteiligte zu 3) als weiterer
Kommanditist unter Übernahme im Wege der Einzelrechtsnachfolge eines Teilbetrags von
2.500 EUR der Einlage des Beteiligten zu 2) eingetragen worden.
Mit einer elektronisch und notariell beglaubigten Erklärung vom 8. Dezember 2020
meldeten der Geschäftsführer S der Beteiligten zu 1) und der Beteiligte zu 2) unter Vorlage
eines elektronischen Dokumentes der vollstreckbaren Ausfertigung des mit Rechtskraft
versehenen Urteils des Landgerichts Berlin, Az.: 100 O 83/13, vom 27. August 2014 an,
dass der Beteiligte zu 3) nicht mehr Kommanditist sei. Dies ergebe sich aus dem
beigefügten Urteil, das durch das Kammergericht und den BGH bestätigt worden sei. Das
Handelsregister sei unrichtig und müsse von Amts wegen berichtigt werden. Der Beteiligte
zu 2) sei wieder mit einer Einlage von 5.000 EUR einzutragen. Die Eintragung des
Vorstehenden werde beantragt. Die Anmeldung enthält weiter den Hinweis, dass der Notar
die Eintragungsfähigkeit der Erklärungen geprüft habe. Mit einer Erklärung zu der
Anmeldung vom 4. Februar 2021 ergänzte der Notar die Anmeldung unter Beidrückung
seines Siegels dahin, dass die Erklärungen von Herrn S und dem Beteiligten zu 2) als
Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) und von dem Beklagten zu 2) zugleich als
Kommanditist abgegeben worden seien.
Mit einem Schreiben vom 26. August 2021 hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass es
nach
die ebenfalls der Form des
Landgerichts Berlin ersetze die notwendige Anmeldung nicht. Dort sei nur eine
Verpflichtung zur schriftlichen Zustimmung zur Anmeldung der Eintragung des Beteiligten
zu 2) mit einem Kommanditanteil von 5.000 EUR vorgesehen. Bezüglich der Anmeldung
des Ausscheidens des Beteiligten zu 3) sei aber nicht erkennbar, ob diese im Wege des
isolierten Ausscheidens oder im Wege der Einzelrechtsnachfolge mit der dazugehörigen
Versicherung erfolgen solle. Nach diesem Urteil sei der Beteiligte zu 3) nie Gesellschafter
geworden, nach der weiteren Entscheidung des Landgerichts Berlin zum Az.: 93 O 124/19,
sei er unter Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft als Gesellschafter
anzusehen.
Es bedürfe deshalb auch der Anmeldung des Beteiligten zu 3), weil es unabhängig von der
materiell-rechtlichen Lage um die Anmeldung des Ausscheidens und Teilübertragung des
Kommanditanteils gehe. Dies setze eine entsprechende Anmeldung durch alle
Gesellschafter voraus. Zugleich wurde eine Frist zur Erledigung von sechs Wochen gesetzt.
Das Schreiben war mit einer Belehrung über eine Beschwerdemöglichkeit nach § 382 Abs. 4
Satz 2 FamFG versehen.
Gegen diese dem verfahrensbevollmächtigten Notar am 26. August 2021 zugestellte
Aufforderung haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit einem am 2. September 2021
eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt. Darüber hinaus hat der beurkundende
Notar mit einem Schreiben vom 9. September 2021 Beschwerde eingelegt. Diesen
Beschwerden hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem
Beschluss vom 18. Oktober 2021 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die (gemeinschaftliche) Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist nach § 58 Abs. 2
FamFG iVm
fristgerecht innerhalb der Monatsfrist nach
das Schreiben vom 2. September als auch das Schreiben vom 9. September 2021 erfüllen die
Formerfordernisse nach
Gesellschafter der eingetragenen KG auch beschwert, weil ihre Anmeldung vom 8.
Dezember 2020 nicht vollzogen worden ist. Dass der Beteiligte zu 3) als weiterer
Gesellschafter an dem Rechtsmittel nicht mitwirkt, schadet nicht, weil seine Beteiligung an
der Anmeldung nach dem Vortrag der beiden weiteren Gesellschafter wegen einer
Ersetzung nach
Zulässigkeitsprüfung der Beschwerde als doppelrelevante Tatsache zugrunde zu legen. Die
Beschwerde des Notars ist mangels eigener Beschwer als im Namen der Beteiligten 1) und
2) eingelegt anzusehen.
2. Die Beschwerde hat auch Erfolg. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bedarf es
einer Anmeldung des Beteiligten zu 3) und einer Klarstellung bezüglich der Frage, ob hier
ein Ausscheiden und ein Eintritt oder eine Übertragung des Kommanditanteils vom
Beteiligten zu 3) auf den Beteiligten zu 2) im Wege der Sonderrechtsnachfolge angemeldet
ist, nicht.
a) Aus der Anmeldung vom 8. Dezember 2020 ergibt sich mit dem Anmeldetext, dass der
Beteiligte zu 3) nicht mehr Kommanditist und der Beteiligte zu 2) wieder mit einem
Kommanditanteil von 5.000 EUR einzutragen ist, hinreichend, dass hier ein Ausscheiden
und ein Wiedereintritt angemeldet werden soll. Dies ist im Übrigen durch den
Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 9. Dezember 2021 auch bestätigt worden.
Der weiter enthaltene Zusatz, dass sich die Anmeldung in Bezug auf den Beteiligten zu 3)
aus dem Urteil zum Az.: 100 O 83/13 ergibt, das Handelsregister daher unrichtig und von
Amts wegen zu berichtigen sei, steht dem nicht entgegen. Denn eine Anmeldung ist der
Auslegung zugänglich, soweit sich aus ihr der einzutragende Inhalt unzweifelhaft
entnehmen lässt. Dies ist hier der Fall. Der Hinweis auf die gerichtliche Entscheidung weist
lediglich aus, dass es, wie auch mit der Beschwerde geltend gemacht worden ist, einer
weiteren Beteiligung des Beteiligten zu 3) nicht bedarf. Zweifel an der Anmeldung und
ihrem Inhalt ergeben sich auch nicht, soweit auf eine Berichtigung von Amts wegen
hingewiesen wird.
Soweit dies nicht darauf hindeuten soll, dass die Beteiligten zu 1) und 2) eine
Vollzugsfähigkeit der Anmeldung trotz des Fehlens der Voraussetzungen einer Anmeldung
durch alle eingetragenen Gesellschafter für möglich halten, bestärkt es lediglich ihre
Auffassung, dass eine Eintragung unter allen Umständen erfolgen muss.
Auch die Tatsache, dass die erfolgte Anmeldung wegen der mit ihr verbundenen
Haftungswirkungen keine Rückabwicklung der mit der Eintragung des Beteiligten zu 3) als
Kommanditisten durch Herabsetzung der Einlage des Beteiligten zu 2) und seinen eigenen
Eintritt im Wege der Einzelrechtsnachfolge darstellt, steht einem Vollzug der Anmeldung
nicht entgegen. Denn ausweislich der Verurteilung des Beteiligten zu 3) durch die
rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Berlin besteht ein entsprechender Anspruch
des Beteiligten zu 2) auf eine derartige Abwicklung. Dem stehen auch nicht die
Ausführungen in dem am 21. April 2021 verkündeten Urteil des Landgerichts Berlin, Az.:
93 O 124/19, entgegen, wonach der hier eingetragenen Gesellschaft keine
Rückzahlungsansprüche wegen Ausschüttungen an den Beteiligten zu 3) zustehen, weil
dieser – allerdings auf fehlerhafter Grundlage – Gesellschafter geworden sei. Denn diese im
Übrigen nicht bindenden Ausführungen ändern an der rechtskräftigen Verpflichtung des
Beteiligten zu 3) aus dem Urteil zum Az.: 100 O 83/13 nichts. Eine inhaltliche Überprüfung
der Verurteilung durch das Registergericht kommt nicht in Betracht.
b) Es bedarf auch keiner Anmeldung des Beteiligten zu 3).
Nach
ist das Ausscheiden eines Gesellschafters ebenso durch alle Gesellschafter anzumelden wie
nach
Anmeldung des Ausscheidens hat auch dieser Gesellschafter selbst mitzuwirken (vgl.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 01. Februar 2012 – 2 W 10/12
–, juris Rdn. 8; Beschluss vom 20. Januar 2010 – 2 W 182/09 –, juris Rdn. 21; Bayerisches
Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 04. April 1978 – 1 Z 15/78 –, juris;
Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 40. Aufl., § 143 Rdn. 3; Münchener Kommentar zum
HGB/Schmidt, 4. Aufl., § 143 Rdn. 10; Oetker/Kamanabrou, HGB, 7. Aufl., § 143 Rdn. 5).
An dieser Anmeldung des Beteiligten zu 3) fehlt es, wie das Amtsgericht zutreffend
festgestellt hat.
Nach
Beteiligten – hier der Beteiligten zu 1) und 2), wenn u.a. durch eine rechtskräftige
Entscheidung des Prozessgerichts die Verpflichtung zur Mitwirkung bei einer Anmeldung
festgestellt worden ist. Die Wirkungen der Entscheidung sind dabei für das Registergericht
bindend (vgl. Münchener Kommentar zum HGB/Krafka, 5. Aufl., § 16 Rn. 9; Schmidt-
Kessel/Müther, Handelsregisterrecht, 2010,
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beteiligte zu 3) ist nach der Entscheidung des
Landgerichts Berlin dazu verpflichtet, an der Anmeldung seiner Löschung als
Kommanditist und der Eintragung des Beteiligten zu 2) mit der Einlage von 5.000 EUR
mitzuwirken. Dass diese Mitwirkung entgegen
Erklärung erfolgen soll, steht den Wirkungen dieser Entscheidung im Sinne des § 16 Abs. 1
Satz 1 HGB nicht entgegen. Denn nach dieser Vorschrift muss der Verpflichtete gerade
keine Erklärungen mehr gegenüber dem Registergericht abgeben. Sie werden vielmehr
durch das Urteil ersetzt. Die Verpflichtung durch Mitwirkung mittels schriftlicher Erklärung
soll dabei auch ausweislich der Entscheidungsgründe, die sich zur Notwendigkeit dieser
Formulierung nicht verhalten, keine Einschränkung der Wirkung der Verurteilung
darstellen.
c) Nach alldem ist die Zwischenverfügung aufzuheben. Über den Eintragungsantrag selbst
ist nicht zu entscheiden. Dieser ist hier nicht angefallen.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtskosten fallen nicht an, eine
Kostenerstattung scheidet aus. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt mangels
Vorliegens einer Beschwer nicht in Betracht.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:21.12.2021
Aktenzeichen:22 W 84/21
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Kommanditgesellschaft (KG)
OHG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
HGB §§ 12 Abs. 1, 16 Abs. 1, 143 Abs. 1 u. 2