BGH 11. Juli 2023
II ZR 116/21
GmbHG §§ 34, 30 Abs. 1 S. 1

Aufgabe der sog. Bedingungslösung (BGHZ 9, 157): Unabhängigkeit der Wirksamkeit des Gesellschafterausschlusses durch Urteil von Abfindungszahlung; Voraussetzungen der actio pro socio in Zwei-Personen-GmbH

letzte Aktualisierung: 13.10.2023
BGH, Versäumnisurt. v. 11.7.2023 – II ZR 116/21

GmbHG §§ 34, 30 Abs. 1 S. 1
Aufgabe der sog. Bedingungslösung (BGHZ 9, 157): Unabhängigkeit der Wirksamkeit des Gesellschafterausschlusses durch Urteil von Abfindungszahlung; Voraussetzungen der actio pro socio in Zwei-Personen-GmbH

a) Der Gesellschafter einer Zwei-Personen-GmbH kann unter den Voraussetzungen der actio pro
socio die Ausschließungsklage gegen den anderen Gesellschafter erheben.
b) Wird ein Gesellschafter wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes ohne statutarische Regelung
durch Urteil aus der GmbH ausgeschlossen, wird die Ausschließung des betroffenen Gesellschafters
bereits mit Rechtskraft des Urteils wirksam und ist nicht durch die Leistung der Abfindung bedingt
(Aufgabe von BGHZ 9, 157, 174).

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die Entscheidung ergeht durch Versäumnisurteil, da der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht ordnungsgemäß
vertreten war. Sie beruht aber inhaltlich auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil
vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).

I. Das Berufungsgericht (OLG München, NZG 2021, 1213) hat seine Entscheidung
im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Ausschließungsklage setze voraus, dass die Nebenintervenientin die
Abfindung des Beklagten aus ihrem freien, ungebundenen Vermögen zahlen
könne. Zwar sei nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
die nicht auf eine Satzungsregelung gestützte Ausschließung eines Gesellschafters
auch dann möglich, wenn die Gesellschaft die Abfindung nicht aus freiem,
ungebundenem Vermögen zahlen könne, weil das Urteil dahingehend bedingt
werde, dass der ausgeschiedene Gesellschafter von der Gesellschaft den im
Ausschließungsurteil festzusetzenden Abfindungsbetrag binnen einer ebenfalls
im Urteil zu bestimmenden Frist ausbezahlt erhalte. Nachdem aber der Bundesgerichtshof
im Fall einer durch Beschluss der Gesellschafter auf Grundlage einer
Satzungsregelung vorgenommenen Einziehung entschieden habe, dass die Einziehung
bereits vor Zahlung des Abfindungsentgelts wirksam und vollziehbar
werde, sei die Übertragung dieser Rechtsprechung auf den Fall der Ausschließung
ohne statutarische Regelung angezeigt. Auch wenn das Wirksamwerden
des den Ausschluss aussprechenden Gestaltungsurteils damit nicht von der Zahlung
der Abfindung an den auszuschließenden Gesellschafter abhänge, müsse
das Urteil jedoch die Kapitalerhaltungspflicht des § 30 Abs. 1 GmbHG berücksichtigen
und sicherstellen, dass ein Ausschluss nur ausgesprochen werde,
wenn nicht schon bei Urteilserlass feststehe, dass die an den auszuschließenden
Gesellschafter zu zahlende Abfindung nicht aus dem freien Vermögen der Gesellschaft
aufgebracht werden könne. Von diesen Grundsätzen ausgehend
könne im vorliegenden Fall die Nebenintervenientin den nach dem Klägervortrag
dem
Beklagten zustehenden Abfindungsbetrag in Höhe von 2.839.456,65
ihrem freien Vermögen zahlen, selbst wenn man die von ihr vorgetragenen korrigierten
Jahresergebnisse zugrunde lege. Die Zusage des Klägers, die Nebenintervenientin
mit dem zur Auszahlung der Abfindung notwendigen Betrag auszustatten,
sei nicht entscheidungserheblich, solange es in der Gesellschaft an
dem für die Abfindung erforderlichen Kapital fehle.

II. Das Berufungsurteil hält in einem Punkt revisionsrechtlicher Nachprüfung
nicht stand.

1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Klage nicht mangels
Bestimmtheit des Klageantrags unzulässig, weil der Kläger im Hauptantrag zwei
Satzteile mit dem Wort "oder" verknüpft hat, wodurch unklar bleibe, in welchem
Verhältnis Ausschließung, Einziehung und Befugnis zur Abtretung des Geschäftsanteils
zueinander stünden. Bei der Auslegung des Klageantrags ist im
Zweifel wegen des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz
und rechtliches Gehör das als gewollt anzusehen, was nach den Maßstäben
der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage
der erklärenden Partei entspricht (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 3. August 2021
- II ZR 123/20, BGHZ 231, 17 Rn. 11 mwN). Im Wege gebotener Auslegung ist
danach dem Hauptantrag hinreichend zu entnehmen, dass der Kläger die Ausschließung
des Beklagten aus der Nebenintervenientin beantragt und darüber
hinaus die Rechtsmacht über die Verwertung des Geschäftsanteils erlangen will,
die entweder durch Einziehung oder Abtretung erfolgen soll. Es mag grammatikalisch
möglich sein, den Antrag so zu verstehen, dass der Kläger isoliert für
befugt erklärt werden soll, die Abtretung des Geschäftsanteils des Beklagten an
sich, die Gesellschaft oder einen Dritten herbeizuführen, wie der Beklagte meint.
Dies widerspräche jedoch erkennbar dem Interesse des Klägers, weil die Verwertung
des Geschäftsanteils die Ausschließung des Beklagten aus der Nebenintervenientin
voraussetzt. Ebenso wenig bestehen Unklarheiten in Bezug auf
das beanspruchte Wahlrecht des Klägers, das sich auf das Verhältnis von Einziehung
zur Befugnis zur Abtretung des Geschäftsanteils bezieht und nicht, wie
vom Beklagten erwogen, auf die Zahlung einer Abfindung oder die Einräumung
der Befugnis.

2. Der Kläger ist für die im eigenen Namen erhobene Ausschließungsklage
prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis ist eine Prozessvoraussetzung,
die in jeder Lage des Verfahrens und auch in der Revisionsinstanz vorliegen
muss (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 - II ZR 255/16, ZIP 2018, 276
Rn. 9; Urteil vom 25. Januar 2022 - II ZR 50/20, BGHZ 232, 275 Rn. 8).

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Ausschließungsklage
grundsätzlich von der GmbH zu erheben (BGH, Urteil vom 1. April
1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 177; Urteil vom 17. Februar 1955
- II ZR 316/53, BGHZ 16, 317, 322). Ob in einer Zwei-Personen-GmbH den Gesellschaftern
ein Klagerecht zur Ausschließung des jeweils anderen zusteht,
konnte der Bundesgerichtshof bisher offenlassen (BGH, Urteil vom 1. April 1953
- II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 177).

aa) Überwiegend wird angenommen, dass in einer Zwei-Personen-GmbH
jeder Gesellschafter persönlich eine Ausschließungsklage gegen den Mitgesellschafter
anstrengen kann (Ensthaler in Ensthaler/Füller/Schmidt, GmbHG,
2. Aufl., § 34 Rn. 26; Fleischer in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 34 GmbHG
Rn. 31; Görner in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 34 Rn. 93; Kersting in
Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., Anhang nach § 34 Rn. 8a; Kleindiek
in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 124; Klingsch in Saenger/
Inhester, GmbHG, 4. Aufl., Anhang zu § 34 Rn. 16; Sandhaus in Gehrlein/
Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 34 Rn. 83; BeckOK GmbHG/Schindler,
Stand 1.9.2022, § 34 Rn. 144; Scholz/Seibt, GmbHG, 13. Aufl., Anhang § 34
Rn. 38; Sosnitza in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl., Anhang
§ 34 Rn. 28; MünchKommGmbHG/Strohn, 4. Aufl., § 34 Rn. 176; Ulmer/
Habersack in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anhang nach § 34
Rn. 33; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., Anhang § 34 Rn. 5; Gehrlein, Ausschluss und
Abfindung von GmbH-Gesellschaftern, 1997, Rn. 228; MünchHdBGesR III/Kort,
6. Aufl., § 29 Rn. 44, 52; Reher, Die Zweipersonen-GmbH - Notwendigkeit eines
Sonderrechts? K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 35 IV 2c,
S. 1062 f.; Soufleros, Ausschließung und Abfindung, 1983, S. 71 ff.; Taetzner/
Aufl., § 14 Rn. 100; Battke,
GmbHR 2008, 850, 854; Damrau-Schröter, NJW 1991, 1927, 1934; Eser,
DB 1985, 29, 31; Eser, DStR 1991, 747, 749; Oppenländer, DStR 1996, 922,
927 f.; Wolf, ZGR 1998, 92, 106 ff.; U. H. Schneider, Festschrift Kellermann,
weitergehend: Fischer, Festschrift Walter Schmidt, 1959, 117,
133 f.; Joost, ZGR 1984, 71, 100 ff.).

Begründet wird die Prozessführungsbefugnis zum Teil mit Praktikabilitätserwägungen
(Kersting in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., Anhang nach
§ 34 Rn. 8a; Klingsch in Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl., Anhang zu § 34
Rn. 16; Battke, GmbHR 2008, 850, 854; Fischer, Festschrift Walter Schmidt,
1959, 117, 133 f.). Andere greifen die Grundsätze der actio pro socio bzw. deren
Rechtsgedanken auf (Ensthaler in Ensthaler/Füller/Schmidt, GmbHG, 2. Aufl.,
§ 34 Rn. 26; MünchKommGmbHG/Strohn, 4. Aufl., § 34 Rn. 176; Ulmer/
Habersack in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anhang nach § 34
Rn. 33; Sosnitza in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl., Anhang
§ 34 Rn. 28; Reher, Die Zweipersonen-GmbH - Notwendigkeit eines Son-
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 35 IV 2c,
S. 1062; Eser, DStR 1991, 747, 749).

bb) Nach anderer Auffassung besteht kein Bedürfnis für eine vom allgemeinen
Grundsatz abweichende unmittelbare Klagebefugnis des ausschließungswilligen
Gesellschafters bei einer Zwei-Personen-GmbH (OLG Nürnberg,
BB 1970, 1371; Balz, Die Beendigung der Mitgliedschaft in der GmbH, 1984,
S. 47; Goette/Goette, Die GmbH, 3. Aufl., § 6 Rn. 12; Ganßmüller, GmbHR 1956,
145, 148; Goette, DStR 2001, 533, 534; Seydel, GmbHR 1953, 149, 150). Da
über die Erhebung der Ausschließungsklage die Gesellschafterversammlung zu
befinden habe und der betroffene Gesellschafter nicht stimmberechtigt sei, be-
stehe ein praktisches Bedürfnis allenfalls dann, wenn der auszuschließende Gesellschafter
zugleich der einzige Geschäftsführer der GmbH sei (Goette,
DStR 2001, 533, 534).

cc) Der Senat schließt sich der überwiegenden Meinung an. Der Gesellschafter
einer Zwei-Personen-GmbH kann unter den Voraussetzungen der
actio pro socio die Ausschließungsklage erheben.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Gesellschafter
einer GmbH berechtigt sein, einen Mitgesellschafter auf Leistung an die
Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, was namentlich dann in Betracht kommt,
wenn dieser seine zwischen den Gesellschaftern bestehende Treuepflicht verletzt
und durch eine damit verbundene Schädigung des Vermögens der Gesellschaft
mittelbar auch dasjenige des klagenden Gesellschafters geschädigt hat
(sog. actio pro socio, BGH, Urteil vom 5. Juni 1975 - II ZR 23/74, BGHZ 65, 15,
18 f.; Urteil vom 28. Juni 1982 - II ZR 199/81, ZIP 1982, 1203 f.; Urteil vom 14. Mai
1990 - II ZR 125/89, WM 1990, 1240, 1241; Urteil vom 29. November 2004
- II ZR 14/03, ZIP 2005, 320, 321; Urteil vom 22. Januar 2019 - II ZR 143/17,
ZIP 2019, 1008 Rn. 10). Die Befugnis wurzelt im Gesellschaftsverhältnis und ist
Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters (st. Rspr.; BGH,
Beschluss vom 26. April 2010 - II ZR 69/09, ZIP 2010, 1232 Rn. 3; Urteil vom
19. Dezember 2017 - II ZR 255/16, ZIP 2018, 276 Rn. 11; Urteil vom 22. Januar
2019 - II ZR 143/17, ZIP 2019, 1008 Rn. 10; Urteil vom 25. Januar 2022
- II ZR 50/20, BGHZ 232, 275 Rn. 12).

(2) Die Übertragung der Grundsätze der actio pro socio auf die Ausschließungsklage
ist gerechtfertigt. Das Recht auf Ausschließung eines Gesellschafters
hat seinen materiellen Grund in der gesellschafterlichen Treuepflicht (BGH,
Urteil vom 1. April 1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 163; Urteil vom
20. September 1999 - II ZR 345/99, ZIP 1999, 1843, 1844 mwN). Die actio pro
socio soll die Gesellschafter auch vor Beeinträchtigungen durch eine unrechtmäßige
Einflussnahme auf die Geschäftsführung bei der Verfolgung von aus der
gesellschafterlichen Treuepflicht erwachsenden Ansprüchen schützen (vgl. BGH,
Urteil vom 8. November 2022 - II ZR 91/21, BGHZ 235, 57 Rn. 67). Diese Gefahr
besteht auch bei Ausschließungsklagen, weil der oft intensiv geführte Streit
zwischen den Gesellschaftern sich auf die Geschäftsführung der Gesellschaft
und damit auch auf die Durchsetzung einer gebotenen Ausschließung auswirkt.

b) Der Prozessführungsbefugnis des Klägers nach diesen Grundsätzen
steht insbesondere nicht der Vorrang der inneren Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft
entgegen.

aa) Gegenüber der Gesellschafterklage besteht grundsätzlich ein Vorrang
der inneren Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft, der jedoch entfällt, wenn
eine Klage der Gesellschaft undurchführbar, durch den Schädiger selbst vereitelt
worden oder infolge der Machtverhältnisse der Gesellschaft so erschwert ist,
dass es für den betroffenen Gesellschafter ein unzumutbarer Umweg wäre,
müsste er die Gesellschaft erst zu einer Klage zwingen (BGH, Urteil vom 5. Juni
1975 - II ZR 23/74, BGHZ 65, 15, 21; Urteil vom 28. Juni 1982 - II ZR 199/81,
ZIP 1982, 1203, 1204; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 14/03, ZIP 2005,
320, 321).

bb) So liegt es hier. Im Zeitpunkt der Klageerhebung war die organschaftliche
Vertretung der Nebenintervenientin Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren,
in denen u.a. über die Abberufung des Rechtsvorgängers des Beklagten als
Geschäftsführer sowie über die Bestellung neuer Geschäftsführer gestritten
wurde. Weil die Parteien sich nicht auf einen neuen Geschäftsführer einigen
konnten, bestellte das Amtsgericht - Registergericht - nach Klageerhebung im
vorliegenden Rechtsstreit einen Notgeschäftsführer mit einem vornehmlich auf
die Erstellung und Prüfung von Jahresabschlüssen sowie die Vertretung in Gerichtsprozessen
beschränkten Aufgabenkreis. Beide Parteien haben hiergegen
Beschwerde eingelegt.

3. Soweit der Senat bisher die Ausschließung eines Gesellschafters durch
Gestaltungsurteil an die Bedingung geknüpft hat, dass der betroffene Gesellschafter
binnen einer im Urteil festzusetzenden angemessenen Frist den ebenfalls
im Urteil zu bestimmenden Gegenwert für seinen Geschäftsanteil erhält
(sog. Bedingungslösung; vgl. BGH, Urteil vom 1. April 1953 - II ZR 235/52,
BGHZ 9, 157), hält er daran nicht mehr fest. Wird ein Gesellschafter wegen Vorliegens
eines wichtigen Grundes ohne statutarische Regelung durch Urteil aus
der GmbH ausgeschlossen, wird die Ausschließung des betroffenen Gesellschafters
bereits mit Rechtskraft des Urteils wirksam und ist nicht durch die Leistung
der Abfindung bedingt.

a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die
Einziehung des Geschäftsanteils bereits mit der Mitteilung eines entsprechenden
Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter wirksam, wenn der Einziehungsbeschluss
weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird (BGH, Urteil vom
24. Januar 2012 - II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 Rn. 13; Urteil vom 20. November
2018 - II ZR 12/17, BGHZ 220, 207 Rn. 25; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17,
BGHZ 222, 323 Rn. 46). Der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil eingezogen
wird, muss allerdings davor geschützt werden, dass die verbleibenden Gesellschafter
sich mit der Fortsetzung der Gesellschaft den wirtschaftlichen Wert seines
Anteils aneignen und ihn aufgrund der gläubigerschützenden Kapitalerhaltungspflicht
mit seinem Abfindungsanspruch leer ausgehen lassen. Die Gesellschafter
haften daher dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig auf Zahlung
der Abfindung, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen
zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters
als treuwidrig anzusehen ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 2012
- II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 Rn. 14, 21; Urteil vom 10. Mai 2016 - II ZR 342/14,
BGHZ 210, 186 Rn. 22 f.). Diese sog. Haftungslösung vermeidet die erheblichen
Nachteile der Schwebelage, die nach der Bedingungslösung entsteht (kritisch zur
Schwebelage bereits BGH, Urteil vom 30. Juni 2003 - II ZR 326/01, ZIP 2003,
1544, 1546). Dem ausgeschiedenen Gesellschafter bleiben während der Schwebezeit
seine mitgliedschaftlichen Rechte jedenfalls grundsätzlich erhalten, obwohl
es zumindest dann, wenn ein wichtiger Grund in seiner Person zur Einziehung
geführt hat, der Gesellschaft und den verbleibenden Gesellschaftern gerade
unzumutbar ist, dass er weiter in der Gesellschaft bleibt (BGH, Urteil vom
24. Januar 2012 - II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 Rn. 15). Die Durchsetzung der
berechtigt betriebenen Einziehung kann sogar scheitern, weil der betroffene Gesellschafter
durch Wahrnehmung seiner grundsätzlich fortbestehenden Gesellschafterrechte
die Auszahlung der Abfindung an ihn in dieser Schwebezeit obstruiert
(Goette, Festschrift Lutter, 2001, S. 399, 405). Der ausgeschiedene Gesellschafter
wird seinerseits in seinem berechtigten Interesse am Erhalt seiner
Abfindung ausreichend durch die persönliche Haftung der Gesellschafter geschützt
(BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - II ZR 109/11, BGHZ 192, 236
Rn. 21 f.; Urteil vom 10. Mai 2016 - II ZR 342/14, BGHZ 210, 186 Rn. 22 ff.).
b) Diese Erwägungen lassen sich auf die Ausschließung eines Gesellschafters
ohne statutarische Regelung durch Klage übertragen (Altmeppen,
GmbHG, 11. Aufl., § 60 Rn. 99; Fleischer in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 34
GmbHG Rn. 31; Görner in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 34 Rn. 92;
Kersting in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., Anhang § 34 Rn. 14;
Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 34 Rn. 132; Klingsch in
Saenger/Inhester, 4. Aufl., Anhang zu § 34 Rn. 16; Sosnitza in Michalski/
Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl., Anhang § 34 Rn. 31; Münch-
KommGmbHG/Strohn, 4. Aufl., § 34 Rn. 186; Anacker, Der Schutz des Abfindungsinteresses
des zwangsweise ausscheidenden GmbH-Gesellschafters,
2015, S. 346 f.; Goette/Goette, Die GmbH, 3. Aufl., § 6 Rn. 49;
MünchHdBGesR III/Kort, 6. Aufl., § 29 Rn. 45; MAH GmbH-Recht/
Römmermann/Passarge, 4. Aufl., § 14 Rn. 103; Witt in Gehrlein/Witt/Volmer,
GmbH-Recht in der Praxis, 4. Aufl., Kap. 3 Rn. 50; Bayer in Festschrift
Bergmann, 2018, S. 43, 60 f.; Schneider/Hoger, NJW 2013, 502, 504 f.; Staake,
LMK 2012, 330924; Strohn, Festschrift Bergmann, 2018, S. 729, 741 f.; Tröger,
VGR 2013, 23, 66 ff.; a.A. BeckOK GmbHG/Schindler, Stand 1.9.2022, § 34
Rn. 145.3; Scholz/Seibt, GmbHG, 13. Aufl., Anhang § 34 Rn. 46; Thiessen in
Bork/Schäfer, GmbHG, 5. Aufl., § 34 Rn. 63; Ulmer/Habersack in Habersack/
Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anhang nach § 34 Rn. 37; Blath in Herrler, Gesellschaftsrecht
in der Notar- und Gestaltungspraxis, 2. Aufl., § 6 Rn. 1558; Lutz,
Der Gesellschafterstreit, 7. Aufl., Rn. 272b; Gehrlein, WM 2019, 1, 4; Klöckner,
GmbHR 2012, 1325, 1327; Trölitzsch, KSzW 2016, 55, 57; offen: Sandhaus in
Gehrlein/Born/Simon, 5. Aufl., § 34 Rn. 86 ff.; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., Anhang
§ 34 Rn. 6).

aa) Die bei der Bedingungslösung nach Rechtskraft des Urteils entstehende
Schwebelage ist den übrigen Gesellschaftern in besonderem Maße unzumutbar,
weil die Ausschließung, anders als die Einziehung, als äußerstes und
letztes Mittel stets nur zulässig ist, wenn in der Person oder dem Verhalten des
Gesellschafters ein wichtiger Grund vorliegt, mithin ein Verbleib des Gesellschafters
in der Gesellschaft die gedeihliche Fortführung des Unternehmens in Frage
stellen würde oder aus sonstigen Gründen die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses
mit ihm für die übrigen Gesellschafter unzumutbar wäre (BGH, Urteil
vom 1. April 1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 164; Urteil vom 17. Februar 1955
- II ZR 316/53, BGHZ 16, 317; Urteil vom 17. September 1964 - II ZR 136/62,
WM 1964, 1188, 1191; Urteil vom 9. März 1987 - II ZR 215/86, GmbHR 1987,
302; MünchKommGmbHG/Strohn, 4. Aufl., § 34 Rn. 134). Liegen diese Voraussetzungen
vor, besteht, anders als etwa in Fällen einer einvernehmlichen Einziehung
(§ 34 Abs. 1 GmbHG), die erhöhte Gefahr, dass der Gesellschafter seine
verbliebenen Gesellschafterrechte nutzt, um die gestaltende Wirkung des Urteils
zu verzögern oder zu vereiteln.

bb) Der Abfindungsanspruch des Gesellschafters wird auch bei einem mit
Rechtskraft des Ausschließungsurteils wirksamen Ausscheiden ausreichend gesichert,
nämlich zum einen durch das Gebot der Kapitalerhaltung und zum anderen
durch die persönliche Haftung der verbliebenen Gesellschafter ab dem Zeitpunkt,
in dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen
zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters
als treuwidrig anzusehen ist.

(1) Das vorrangig gläubigerschützende Gebot der Kapitalerhaltung
schützt auch den Auszuschließenden davor, seine Mitgliedschaft zu verlieren,
wenn zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung feststeht, dass die Abfindung
nicht ohne Verletzung von § 30 Abs. 1 GmbHG gezahlt werden kann (vgl.
BGH, Urteil vom 1. April 1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 175; Urteil vom
4. August 2020 - II ZR 171/19, ZIP 2020, 1757 Rn. 31 mwN; zur Einziehung:
MünchKommGmbHG/Strohn, 4. Aufl., § 34 Rn. 31).

(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Gebot der
Kapitalerhaltung auch dann, wenn die Gesellschaft einen Gesellschafter ausschließen
will. Geschieht das durch Beschluss der Gesellschafterversammlung
aufgrund einer statutarischen Regelung, ist dieser entsprechend § 241 Nr. 3 AktG
wegen Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 GmbHG nichtig, wenn bereits bei Beschlussfassung
feststeht, dass die Abfindung nicht aus freiem Vermögen gezahlt
werden kann (BGH, Urteil vom 5. April 2011 - II ZR 263/08, ZIP 2011, 1104
Rn. 19; Urteil vom 4. August 2020 - II ZR 171/19, ZIP 2020, 1757 Rn. 31).

(b) Diese Grundsätze gelten sinngemäß bei einer Ausschließung ohne
Satzungsregelung. Steht fest, dass die geschuldete Abfindung nicht gezahlt werden
kann, ist kein Grund dafür ersichtlich, warum sich ein Gesellschafter einer
Ausschließung unterwerfen soll (BGH, Urteil vom 5. April 2011 - II ZR 263/08,
ZIP 2011, 1104 Rn. 21). Dementsprechend kann auch ein die Ausschließung des
Gesellschafters aussprechendes Gestaltungsurteil nicht ergehen, wenn zum
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung feststeht, dass die Abfindung nicht
ohne Verletzung von § 30 Abs. 1 GmbHG gezahlt werden kann (vgl. BGH, Urteil
vom 1. April 1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 175; Urteil vom 5. April 2011
- II ZR 263/08, ZIP 2011, 1104 Rn. 19; Urteil vom 4. August 2020 - II ZR 171/19,
ZIP 2020, 1757 Rn. 31 mwN).

(2) Darüber hinaus haften die verbliebenen Gesellschafter nach Wirksamwerden
der Ausschließung persönlich für die Abfindung des ausgeschlossenen
Gesellschafters ab dem Zeitpunkt, in dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter
Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen
Gesellschafters als treuwidrig anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom
10. Mai 2016 - II ZR 342/14, BGHZ 210, 186 Rn. 23). Durch diese Haftung wird
der Abfindungsanspruch zwar nicht in vollem Umfang gegen Veränderungen der
Vermögenslage der Gesellschaft geschützt; einen derartigen Schutz hätte der
nach der Bedingungslösung in der Gesellschaft verbleibende Gesellschafter im
Rahmen eines Liquidationsverfahrens aber ebenfalls nicht (BGH, Urteil vom
24. Januar 2012 - II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 Rn. 22).

cc) Die Ausschließung durch Beschluss ist ebenfalls nicht durch die Zahlung
einer Abfindung bedingt.

Hat ein rechtmäßiger Ausschließungsbeschluss der Gesellschafterversammlung
nach der Satzung der GmbH die Wirkung, dass der betroffene Gesellschafter
seine Gesellschafterstellung mit sofortiger Wirkung verliert, tritt diese
Wirkung unabhängig von der Zahlung der dem Gesellschafter zustehenden Abfindung
ein (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1960 - II ZR 22/59, BGHZ 32, 17,
23; Urteil vom 20. Juni 1983 - II ZR 237/82, NJW 1983, 2880, 2881; Urteil vom
30. Juni 2003 - II ZR 326/01, ZIP 2003, 1544, 1546; Beschluss vom 8. Dezember
2008 - II ZR 263/07, ZIP 2009, 314 Rn. 6; Urteil vom 5. April 2011 - II ZR 263/08,
ZIP 2011, 1104 Rn. 21; Urteil vom 4. August 2020 - II ZR 171/19, ZIP 2020, 1757
Rn. 26). Die Gesellschafterstellung des Betroffenen lebt nicht wieder auf, wenn
die Gesellschaft nicht in angemessener Frist die Einziehung des Geschäftsanteils
beschließt oder seine Abtretung verlangt und nichts dazu tut, dass der Ausgeschlossene
den Gegenwert seines Geschäftsanteils erlangt (BGH, Urteil vom
25. Januar 1960 - II ZR 22/59, BGHZ 32, 17, 23; Beschluss vom 8. Dezember
2008 - II ZR 263/07, ZIP 2009, 314 Rn. 6; Urteil vom 4. August 2020
- II ZR 171/19, ZIP 2020, 1757 Rn. 26). Im Prozess über die Wirksamkeit des
Ausschließungsbeschlusses kommt es daher nicht darauf an, dass lediglich die
Ausschließung des Klägers beschlossen, nicht aber über seinen Geschäftsanteil
Beschluss gefasst worden ist, und welchen Wert dieser Geschäftsanteil hat (vgl.
BGH, Urteil vom 25. Januar 1960 - II ZR 22/59, BGHZ 32, 17, 23; Beschluss vom
8. Dezember 2008 - II ZR 263/07, ZIP 2009, 314 Rn. 6; Urteil vom 4. August 2020
- II ZR 171/19, ZIP 2020, 1757 Rn. 26).

dd) Auch die fehlende antizipierte Zustimmung zum Ausschluss ohne satzungsmäßige
Regelung zwingt nicht zur Kopplung des Abfindungsanspruchs an
die Wirksamkeit der Ausschließung.

(1) Die Satzung einer GmbH kann den Ausschluss regeln und für den Fall
des Ausschlusses eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss anordnen,
dass der betroffene Gesellschafter seine Gesellschafterstellung mit sofortiger
Wirkung verliert (BGH, Urteil vom 4. August 2020 - II ZR 171/19, ZIP 2020,
1757 Rn. 21 mwN). Zwar ist ein auf einer solchen Satzungsgrundlage auszuschließender
Gesellschafter wegen seiner antizipierten Zustimmung grundsätzlich
weniger schutzwürdig als ein Gesellschafter, der einer entsprechenden Satzungsregelung
nicht zugestimmt hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2011
- II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 Rn. 16). Dem wird aber dadurch Rechnung getragen,
dass letzterer nur durch Gestaltungsurteil aufgrund eines gerichtlichen
Verfahrens, das für den Ausschluss als besonders einschneidende Maßnahme
von vornherein klare Verhältnisse schaffen soll, aus der Gesellschaft ausgeschlossen
werden kann (BGH, Urteil vom 1. April 1953 - II ZR 235/52, BGHZ 9,
157, 166). Gleichzeitig gewährleistet das gerichtliche Verfahren damit gegenüber
der Ausschließung durch Gesellschafterbeschluss dem auszuschließenden Gesellschafter
besseren verfahrensrechtlichen Schutz vor einem unberechtigten
Ausscheiden aus der Gesellschaft. Will ein Gesellschafter sich gegen einen auf
einer Satzungsregelung beruhenden Ausschließungsbeschluss der Gesellschafterversammlung
wehren, muss er selbst Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erheben
und, ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, der Gesellschaft
verbieten lassen, eine neue Gesellschafterliste, in der er nicht mehr aufgeführt
ist, bei dem Registergericht einzureichen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2019
- II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rn. 39).

(2) In Bezug auf die hiervon zu trennende Frage, ob die sofortige Wirksamkeit
der Ausschließung von der Zahlung der Abfindung abhängt, ist die Interessenlage
aber in beiden Fällen gleich. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten,
der Gesellschafter gebe mit der Unterwerfung unter eine satzungsmäßige
Regelung zu erkennen, für den Fall des Eintritts eines wichtigen Grundes dem
Fortsetzungsinteresse der Gesellschaft bzw. der übrigen Gesellschafter gegenüber
seinem Verbleib und seinem Interesse am sofortigen Erhalt der Abfindung
den Vorzug zu geben (so Pentz in Festschrift Ulmer, 2003, 451, 467). Zum einen
ist ein solcher - unterstellter - Wille in der Satzung nicht niedergelegt; zum anderen
kann ein Gesellschafter auch bei Fehlen einer satzungsmäßigen Ausschließungsregelung
angesichts des das Recht der Dauerschuldverhältnisse beherrschenden
Grundsatzes, sich aus wichtigem Grund von diesem lösen zu können
(vgl. §§ 314, 626, 723 BGB, §§ 117, 127, 133, 140 HGB), nicht berechtigt darauf
vertrauen, in der Gesellschaft zu verbleiben, obwohl in seiner Person oder in seinem
Verhalten ein wichtiger Grund für seinen Ausschluss vorliegt (vgl. Goette,
DStR 2001, 533, 539; Strohn, Festschrift Bergmann, 2018, S. 729, 732 f.).
4. Allerdings tragen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts
nicht die Annahme, die Abfindung des Beklagten könne nicht aus freiem Vermögen
der Nebenintervenientin gezahlt werden.

a) Das Berufungsgericht ist unter Bezugnahme auf die landgerichtliche
Entscheidung (§ 540 Abs. 1 ZPO) davon ausgegangen, die Zusage des Klägers,
die Nebenintervenientin mit dem zur Auszahlung der Abfindung notwendigen Betrag
auszustatten, sei nicht entscheidungserheblich, solange es in der Gesellschaft
an dem für die Abfindung erforderlichen Kapital fehle. Ein im Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung vorhandenes freies Vermögen der Nebenintervenientin
zur Zahlung der vollständigen Abfindung habe es nicht feststellen können.

b) Diese Auffassung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

aa) Für das im Gläubigerinteresse bestehende Auszahlungsverbot nach
§ 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gilt eine bilanzielle Betrachtungsweise. Auszahlun-
gen an (ausgeschiedene) Gesellschafter dürfen nicht zur Entstehung oder Vertiefung
einer Unterbilanz führen. Deren Vorliegen bestimmt sich nicht nach Verkehrswerten,
sondern nach den Buchwerten einer stichtagsbezogenen Handelsbilanz;
stille Reserven finden keine Berücksichtigung (BGH, Urteil vom
29. September 2008 - II ZR 234/07, ZIP 2008, 2217 Rn. 11; Urteil vom 5. April
2011 - II ZR 263/08, ZIP 2011, 1104 Rn. 17; Urteil vom 26. Juni 2018
- II ZR 65/16, ZIP 2018, 1540 Rn. 15; Urteil vom 26. Januar 2021 - II ZR 391/18,
ZIP 2021, 459 Rn. 32).

bb) Hat der Gesellschafter einer GmbH mit der Gesellschaft vereinbart, sie
in der Weise auszustatten, dass die Zahlung der Abfindung an einen ausgeschiedenen
Gesellschafter nicht zur Entstehung einer Unterbilanz führt, kann nach allgemeinen
Grundsätzen (§ 42 GmbHG, §§ 242 ff. HGB) eine Forderung in der
Handelsbilanz der Gesellschaft aktiviert werden.

(1) Ein Gesellschafter kann sich causa societatis, über seine Verpflichtung
zur Leistung seiner Einlage (§ 19 Abs. 1 GmbHG) hinausgehend, zur Erbringung
weiterer Leistungen, etwa zu Sanierungszwecken in Form von Verlustanteilserhöhungen
oder verlorenen Zuschüssen oder zu sonstigen freiwilligen finanziellen
Zuwendungen, verpflichten. Diese Zusagen werden regelmäßig ohne
unmittelbare Gegenleistung im Rechtssinne, wohl aber vor dem Hintergrund abgegeben,
dass sich der Gesellschafter davon eine Stärkung der Gesellschaft und
damit mittelbar eine Verbesserung seiner durch die Mitgliedschaft vermittelten
Vermögenslage verspricht (BGH, Urteil vom 8. Mai 2006 - II ZR 94/05, ZIP 2006,
1199 Rn. 11 ff.). Dementsprechend begegnet es keinen Bedenken, wenn sich
ein Gesellschafter, ggf. auch erst im Rahmen eines Prozesses, gegenüber der
Gesellschaft dazu verpflichtet, sie so auszustatten, dass sie die Abfindungsforderung
eines ausscheidenden Gesellschafters ohne Verstoß gegen § 30 Abs. 1
Satz 1 GmbHG zahlen kann. Ein entsprechender Ausstattungsanspruch der Gesellschaft
gegen ihren Gesellschafter kann in ihrer Bilanz nach allgemeinen
Grundsätzen (§ 42 GmbHG, §§ 242 ff. HGB) aktiviert werden (vgl. MünchKomm-
GmbHG/Ekkenga, 4. Aufl., § 30 Rn. 105; BeckOGK BGB/Harnos,
Stand 1.5.2023, § 765 Rn. 668.2; Wittmann, GmbHR 2020, 191, 193 f.; vgl. zur
Überschuldungsbilanz: BGH, Urteil vom 20. September 2010 - II ZR 296/08,
BGHZ 187, 69 Rn. 17 f. - STAR 21; Urteil vom 13. Juli 2021 - II ZR 84/20,
BGHZ 230, 255 Rn. 74).

(2) Das Berufungsgericht hat bisher keine Feststellungen dazu getroffen,
ob die Ausstattungszusage des Klägers eine in der Bilanz der Nebenintervenientin
im Zeitpunkt der Zahlung der Abfindung aktivierbare Forderung begründet.
Nach seinen Feststellungen hat der Kläger im Prozess erklärt, er werde der
Nebenintervenientin - sollte über eine anderweitig gerichtlich verfolgte und in der
Bilanz zu aktivierende Schadensersatzforderung gegen den früheren Geschäftsführer
und Rechtsvorgänger des Beklagten noch nicht entschieden sein - den zur
Auszahlung der Abfindung notwendigen Betrag im Wege einer Einlage rechtzeitig
zur Verfügung stellen. Soweit die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang
einwendet, es handele sich um keine rechtsverbindliche Vereinbarung
zwischen Kläger und Nebenintervenientin, fehlt es an entsprechenden Feststellungen
des Berufungsgerichts zum Rechtsbindungswillen und Vertragsabschluss
nach §§ 145 ff. BGB.

IV. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die
Sache ist, da der Rechtsstreit noch nicht zur Endentscheidung reif ist, an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO), damit
dieses ergänzende Feststellungen zur Aktivierbarkeit einer Forderung aus der
Ausstattungszusage des Klägers in der Handelsbilanz der Nebenintervenientin
im Zeitpunkt der Zahlung der Abfindung und zu den weiteren Voraussetzungen
einer Ausschließung treffen kann.

V. Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer
Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt,
schriftlich Einspruch durch eine von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwältin oder einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt
unterzeichnete Einspruchsschrift beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe (Postanschrift: 76125 Karlsruhe) einlegen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

11.07.2023

Aktenzeichen:

II ZR 116/21

Rechtsgebiete:

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Allgemeines Schuldrecht
OHG
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GmbHG §§ 34, 30 Abs. 1 S. 1