Selbsthilferecht: Auch bei drohendem Absterben eines Baums darf Überhang von Zweigen abgeschnitten werden
letzte Aktualisierung: 11.11.2021
BGH, Urt. v. 11.6.2021 – V ZR 234/19
BGB §§ 910 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2
Selbsthilferecht: Auch bei drohendem Absterben eines Baums darf Überhang von Zweigen
abgeschnitten werden
Das Selbsthilferecht nach
Beschränkungen eines Rückschnitts – nicht deshalb ausgeschlossen, weil durch die Beseitigung des
Überhangs das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit droht.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht den Klägern der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch aus
der Zweige müssten sie weder nach
dulden. Die Vorschrift des
Ästen ausgehende Beeinträchtigung. Der Beklagte berufe sich hingegen
auf den durch den Überwuchs verursachten erhöhten Nadel- und Zapfenbefall
des Grundstücks. Bei solchen mittelbaren Folgen des Überwuchses gelte
der Maßstab des
von Immissionen regele. Danach müsse, damit der Beklagte den Rückschnitt
herüberragender Äste verlangen könne, der Laubabfall wesentlich und nicht ortsüblich
sein. Jedenfalls an letzterem fehle es.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch
der Kläger gegen den Beklagten auf Unterlassen gemäß § 1004 Abs. 1
Satz 2 BGB nicht bejaht werden.
a) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass der Beklagte
als unmittelbarer Handlungsstörer das Eigentum der Kläger an ihrem
Grundstück beeinträchtigt hat, indem er die auf sein Grundstück ragenden
Zweige der Schwarzkiefer abgeschnitten hat; die Wiederholungsgefahr ist indiziert.
Dagegen erhebt die Revision auch keine Einwände.
b) Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht aber eine Duldungspflicht der
Kläger im Sinne von
durch den Nadel- und Zapfenabfall für nicht anwendbar hält und stattdessen
den Maßstab des
des angefochtenen Urteils entschieden, dass
Überhangs eine spezialgesetzliche und abschließende Regelung darstellt, die
nicht nur die unmittelbar durch den Überhang hervorgerufene Beeinträchtigung
der Grundstücksnutzung, sondern auch die mittelbare Beeinträchtigung durch
das Abfallen von Laub, Nadeln und Ähnlichem erfasst; der Maßstab des § 906
BGB gilt hierfür nicht (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 102/18, ZfIR
2019, 851 Rn. 7 f.). Das Selbsthilferecht ist auch dann nicht ausgeschlossen,
wenn die über das Nachbargrundstück hinausgewachsenen Äste auf dessen
ortsüblicher Nutzung beruhen (Senat, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 102/18,
aaO Rn. 8).
2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als
richtig (
a) Das Selbsthilferecht ist, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht
wegen des Ablaufs der in § 32 NachbG Bln bestimmten Ausschlussfrist ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch gemäß § 31 NachbG Bln auf
Beseitigung von Anpflanzungen, die - wie hier - die vorgeschriebenen Mindestabstände
zum Nachbargrundstück (vgl. § 27 NachbG BIn) nicht einhalten, ausgeschlossen,
wenn der Nachbar nicht bis zum Ablauf des fünften auf das Anpflanzen
folgenden Kalenderjahres Klage auf Beseitigung erhoben hat. Eine solche
landesgesetzliche Ausschlussfrist kann, wie
Grundstückseigentum (hier der Kläger) zu Gunsten des Nachbarn weitergehenden
Beschränkungen unterwerfen, nicht aber umgekehrt dem Nachbarn (hier
dem Beklagten) Rechte nehmen, die sich für ihn aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch
ergeben (vgl. Senat, Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW
2004, 1035, 1037). Schon deshalb kann das Recht des Beklagten aus
nicht durch das Landesnachbarrecht eingeschränkt sein. Hinzu kommt, dass sich
das Selbsthilferecht des
grundlegend von dem in § 31 NachbG Bln geregelten Anspruch auf Beseitigung
einer Anpflanzung unterscheidet. Zum einen setzt es einen Überhang, also
ein Herüberwachsen der Zweige bzw. Äste des Baumes, und eine daraus folgende
Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks voraus, während der Beseitigungsanspruch
aus § 31 NachbG Bln nur voraussetzt, dass der vorgeschriebene
Mindestabstand zur Grundstücksgrenze nicht eingehalten ist. Zum anderen erschöpft
sich die Rechtsfolge des
die überhängenden Zweige abzuschneiden. Die Beseitigung des Baumes ist
nicht Inhalt des Selbsthilferechts, auch wenn das Abschneiden der Zweige im
Einzelfall mittelbar zum Absterben des Baumes führen kann.
b) Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Selbsthilferecht des Beklagten
aus
unterliegt (vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 136/18, MDR
2019, 608 Rn. 14; Staudinger/Roth, BGB [2020], § 910 Rn. 28) - auch nicht verwirkt.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Annahme
der Verwirkung eines Rechts neben dem reinen Zeitablauf erforderlich,
dass der Berechtigte durch sein gesamtes Verhalten bei dem Verpflichteten das
Vertrauen geschaffen hat, er werde sein Recht nicht mehr geltend machen und
dass dieser sich darauf eingerichtet hat; der Vertrauenstatbestand kann nicht
durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember
2017 - V ZR 275/16,
der Kläger darauf, dass der Beklagte sein Recht aus
machen werde, hat das Berufungsgericht bislang nicht festgestellt.
III.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben.
Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da er nicht zur
Endentscheidung reif ist (
das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das Berufungsgericht wird nach dem Maßstab des
haben, ob die Kläger das Abschneiden der auf das Grundstück des Beklagten
herüberragenden Äste gemäß
a) Nach
herüberragende Zweige abschneiden, wenn er dem Besitzer des Nachbargrundstücks
eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung
nicht innerhalb der Frist erfolgt. So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat festgestellt,
dass die Äste der Schwarzkiefer über die Grenze auf das Grundstück
des Beklagten ragen und dieser mit Schreiben vom 17. Juli 2017 die Kläger vergeblich
aufforderte, die Äste zurückzuschneiden.
b) Das Selbsthilferecht des Beklagten wäre nach
ausgeschlossen, wenn der Überhang die Benutzung seines Grundstücks nicht
beeinträchtigte.
aa) Nach
Selbsthilferecht nach Absatz 1 nicht zu, wenn die herüberragenden Zweige die
Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen. In welchen Fällen keine Beeinträchtigung
vorliegt, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers;
maßgebend ist vielmehr die objektive Beeinträchtigung der
Grundstücksbenutzung (Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03,
So ist eine objektive Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung etwa zu verneinen
bei einem in ca. 5 m Höhe ungefähr 0,4 m herüberragenden Zweig (vgl. Senat,
Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, aaO). Die Darlegungs- und
Beweislast dafür, dass von den herüberragenden Ästen keine Beeinträchtigung
ausgeht, trägt der Nachbar, auf dessen Grundstück der Baum steht (vgl. Senat,
Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, aaO).
bb) Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig
- keine Feststellungen dazu getroffen, ob, was die Kläger darzulegen und
gegebenenfalls zu beweisen hätten, die herüberhängenden Äste und Zweige die
Nutzung des Grundstücks des Beklagten nicht beeinträchtigten. In diesem Zusammenhang
obliegt es den Klägern insbesondere, den Vortrag des Beklagten
zu widerlegen, wonach die Menge der ganzjährig herabfallenden Nadeln ein
Wachstum anderer Pflanzen unterhalb der Schwarzkiefer unmöglich macht und
die Nadeln den Boden säuern; zudem fielen sie bis auf die Terrasse und den
Wintergarten, wo sie sich an schwer zugänglichen Stellen sammelten.
2. Die Entfernung des Überhangs durch den Beklagten ist für die Kläger
nicht deshalb unzumutbar, weil - wie sie geltend machen - bei Beseitigung des
Überhangs das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit
droht. Allerdings ist umstritten, ob solche Risiken das Selbsthilferecht aus § 910
BGB ausschließen oder jedenfalls einschränken.
a) Nach verbreiteter Ansicht soll das Selbsthilferecht ausgeschlossen sein,
wenn durch dessen Ausübung der Baum derart geschädigt wird, dass er seine
Standfestigkeit verliert oder abzusterben droht. Dies wird unterschiedlich begründet.
aa) Teilweise wird davon ausgegangen, dass es an einer Beeinträchtigung
i.S.v.
für den Baum hat, außer Verhältnis stehen zu den von dem Überhang
ausgehenden Störungen, so dass die Beseitigung des Überhangs für den Nachbarn,
auf dessen Grundstück der Baum steht, unzumutbar sei. Dies sei insbesondere
dann der Fall, wenn die Beseitigung des Überhangs zu einem Absterben
des Baumes oder zu einer erhöhten Risikolage führte, weil die Maßnahme dann
auf eine verbotene Beseitigung des Baumes hinauslaufe (vgl. OLG Saarbrücken,
OLGR 2007, 927, 929; OLG Köln, SchAZtg 2011, 246, 250; Lüke in
Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 3. Aufl., 2. Teil Rn. 388;
NK-BGB/Ring, 4. Aufl., § 910 Rn. 44; i. Erg. ebenso LG Hamburg, ZMR 2016,
324, 326).
bb) Vereinzelt wird angenommen, dass landesrechtliche Vorschriften das
zum Absterben des Baumes führende Abschneiden von Überhang ausschließen,
wenn die dort - wie etwa in § 32 NachbG Bln - vorgesehene Ausschlussfrist für
den Anspruch des Nachbarn auf die Beseitigung des Baumes abgelaufen ist (vgl.
Staudinger/Roth, BGB [2020], § 910 Rn. 35; anders allerdings ebd. Rn. 10 für
Wurzeln).
cc) Schließlich wird der Ausschluss des Selbsthilferechts auf das nachbarliche
Gemeinschaftsverhältnis gestützt (vgl. OLG Brandenburg,
Rn. 27; BeckOK BGB/Fritzsche [1.5.2021], § 910 Rn. 10; Staudinger/Thole, BGB
[2019], § 1004 Rn. 117).
b) Nach anderer Ansicht kann der beeinträchtigte Nachbar das Selbsthilferecht
- vorbehaltlich naturschutzrechtlicher Verbote - auch dann ausüben, wenn
die Beseitigung des Überhangs mit dem Risiko verbunden ist, dass der Baum
abstirbt oder seine Standfestigkeit verliert (vgl. BeckOGK/Vollkommer, BGB
[15.2.2021], § 910 Rn. 17; RGRK/Augustin, BGB, 12. Aufl., § 910 Rn. 11;
Dehner, Nachbarrecht [September 2013], B § 21 I 2, S. 6 f.).
c) Der Senat hält die letztgenannte Ansicht für richtig. Das Selbsthilferecht
nach
eines Rückschnitts - nicht deshalb ausgeschlossen, weil durch die Beseitigung
des Überhangs das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit
droht.
aa) Das Selbsthilferecht aus
ohne Einschränkungen, wenn seine tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen.
Beschränkt ist es allein dadurch, dass dem Eigentümer das Recht nach
Abs. 2 nicht zusteht, wenn die Wurzeln oder Zweige die Benutzung seines
Grundstücks nicht beeinträchtigen. Eine Verhältnismäßigkeits- oder Zumutbarkeitsprüfung,
mit der der Ausschluss des Selbsthilferechts teilweise begründet
wird (oben Rn. 19), ist gesetzlich nicht vorgesehen und widerspräche den Vorstellungen
des Gesetzgebers. Dieser hat sich bewusst für eine einfache und allgemein
verständliche Ausgestaltung des Selbsthilferechts entschieden, die eine
rasche Erledigung etwaiger Zwistigkeiten zwischen den Nachbarn ermöglicht
(vgl. Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. III
S. 593). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn der durch den Überhang beeinträchtigte
Nachbar von dem Selbsthilferecht nur unter der Voraussetzung Gebrauch
machen dürfte, dass das Abschneiden der Wurzeln oder Zweige die Standfestigkeit
des Baumes nicht gefährdet noch aus sonstigen Gründen zum Absterben
des Baumes führen kann, was sich in vielen Fällen nicht ohne Hinzuziehung eines
sachverständigen oder zumindest sachkundigen Dritten beurteilen lassen
wird. Denn das Selbsthilferecht soll einfach handhabbar und seine Ausübung
nicht mit Haftungsrisiken belastet sein.
Zudem weist
Zweige nicht über die Grenzen des Grundstücks hinauswachsen, dem Eigentümer
des Grundstücks zu, auf dem der Baum steht; er ist hierzu im Rahmen der
ordnungsgemäßen Bewirtschaftung seines Grundstücks gehalten (vgl. Senat,
Urteil vom 20. September 2019 - V ZR 218/18,
Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach und lässt er die Zweige des Baumes
über die Grundstücksgrenze wachsen, dann kann er später nicht unter Verweis
darauf, dass der Baum (nunmehr) droht, durch das Abschneiden der Zweige an
der Grundstücksgrenze seine Standfestigkeit zu verlieren oder abzusterben, von
seinem Nachbarn verlangen, das Abschneiden zu unterlassen und die Beeinträchtigung
des Grundstücks hinzunehmen.
bb) Eine Einschränkung des Selbsthilferechts in diesen Fällen lässt sich
auch nicht damit begründen, dass anderenfalls eine bereits abgelaufene Ausschlussfrist
für einen etwaigen landesrechtlichen Anspruch auf Beseitigung des
Baumes umgangen werden könnte. Derartige Vorschriften in den Nachbargesetzen
der Länder regeln nicht ein Selbsthilferecht des beeinträchtigten Nachbarn
in Bezug auf überhängende Zweige oder eingedrungene Wurzeln, und sie könnten
das im Bürgerlichen Gesetzbuch in § 910 gewährte Selbsthilferecht zudem
mangels Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht einschränken (siehe oben
Rn. 9).
cc) Auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis lässt sich eine
Einschränkung des Rechts des beeinträchtigten Nachbarn, überhängende
Zweige abzuschneiden, nicht herleiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats
haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere
durch die Vorschriften der
der Länder eine ins Einzelne gehende Sonderregelung erfahren.
Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus
dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann
zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger
Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint (Senat,
Urteil vom 20. September 2019 - V ZR 218/18,
Dies ist, wenn der Grundstückseigentümer einen auf seinem Grundstück stehenden
Baum nicht - wie geboten - regelmäßig beschneidet oder beschneiden lässt,
mit der Folge, dass Äste und Zweige auf das Nachbargrundstück hinüberwachsen,
nicht der Fall. Denn er ist selbst für das Risiko verantwortlich, welches das
Abschneiden der über die Grundstücksgrenze herüberragenden Äste für die
Standfestigkeit seines Baumes hat (siehe oben Rn. 25).
3. Eine Beschränkung der Befugnis des Beklagten, die auf sein Grundstück
überhängenden Zweige abzuschneiden, kann sich allerdings aus naturschutzrechtlichen
Regelungen ergeben. Insoweit wird das Berufungsgericht gegebenenfalls
weitere Feststellungen zu treffen haben.
a) Das öffentliche Naturschutzrecht, auch Landes- und Gemeinderecht,
kann dazu führen, dass die Ausübung des Selbsthilferechts aus § 910 Abs. 1
Satz 2 BGB gehindert ist; insbesondere sind die Verbote wirksamer Baumschutzsatzungen
auch von dem Nachbarn zu beachten. Keinen Einschränkungen unterliegt
die Befugnis zur Ausübung des Selbsthilferechts des
wenn der beeinträchtigte Grundstückseigentümer mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung
für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann. Ob
das der Fall ist, müssen die Zivilgerichte, ebenso wie das Bestehen des Verbots,
selbständig prüfen (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR
102/18,
b) Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob der auf dem Grundstück der
Kläger stehende Baum nach den einschlägigen naturschutzrechtlichen Vorschriften,
namentlich nach der Verordnung zum Schutze des Baumbestandes in Berlin
(Baumschutzverordnung - GVBl. 1982, 250; zuletzt geändert durch Verordnung
vom 8. Mai 2019, GVBl. S. 272) geschützt ist. Zu diesem Punkt, der bislang aus
Sicht des Berufungsgerichts keine Rolle gespielt hat, wird den Parteien Gelegenheit
zu ergänzendem Vortrag zu geben sein. Ergibt die anschließende Prüfung,
dass das Abschneiden der Zweige nach der Baumschutzverordnung grundsätzlich
verboten ist und eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot nicht besteht,
ist das Selbsthilferecht des Beklagten aus
Wird die Befreiungsmöglichkeit dagegen bejaht, hätten die Kläger das Abschneiden
der Zweige unter der Voraussetzung zu dulden, dass eine Ausnahmegenehmigung
erteilt wird, was in dem Tenor zum Ausdruck kommen müsste. Der
Beklagte wäre dann befugt, selbst eine Ausnahme von dem baumschutzrechtlichen
Verbot zu beantragen und im Streit darüber den Verwaltungsrechtsweg zu
beschreiten (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 102/18,
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:11.06.2021
Aktenzeichen:V ZR 234/19
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 910 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2