Anfechtung von der Gegenseite nicht erfüllten entgeltlichen Vertrages
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Dokumentnummer: 9zr42997
letzte Aktualisierung: 23. März 1999
Gegenleistung für die von ihm erbrachte Zuw endung vereinbart, kann diese nicht
schon deshalb als unentgeltlich angefochten w erden, w eil die Gegenleistung
ausgeblieben ist.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger ist Verwalter in dem am 18. Juli 1995 über das Vermögen des A. R. eröffneten
Konkursverfahren. Der Gemeinschuldner war mit der Beklagten verheiratet; die Ehe wurde am 31. Oktober
1995 geschieden.
Die Beklagte war Alleineigentümerin des bebauten Grundstücks R. Straße in Ö. In ihrem Auftrag ließ der
Gemeinschuldner an diesem Anwesen Sanierungs- und Umbauarbeiten durchführen. Für die deshalb
anfallenden Kosten hatte die Beklagte auf einem Bausonderkonto den Betrag von 405.000 DM zur
Verfügung gestellt. Der Kläger hat behauptet, der Gemeinschuldner habe der Beklagten für dieses
Bauvorhaben folgende Leistungen für insgesamt 263.874, 29 DM aus seinem Vermögen zugewendet: Er
habe eine Rechnung des Gipsermeisters W. in Höhe von 95.256 DM dadurch bezahlt, daß er diese
Forderung mit einem entsprechenden Teil des Kaufpreises einer an den Unternehmer veräußerten
Wohnung verrechnet habe. Außerdem habe er fünf weitere dasselbe Objekt betreffende
Handwerkerrechnungen über 42.000 DM, 36.375,30 DM, 48.721,09 DM, 2.640,40 DM und 38.881,50 DM
aus eigener Tasche beglichen.
Bei einem anderen Bauvorhaben der Beklagten habe der Gemeinschuldner für den Aushub der Baugrube,
die Fundamente und die Herstellung einer Garage 8.242,85 DM aufgewandt. Zur Tilgung eines Darlehens
der Beklagten habe er 12.000 DM aufgebracht.
Diese und weitere nicht mehr im Streit befindliche Leistungen hat der Kläger gemäß
angefochten und die Beklagte auf Zahlung von insgesamt 329.788,18 DM in Anspruch genommen. Die
Beklagte hat die behaupteten Aufwendungen bestritten und eingewandt, der Gemeinschuldner habe die bei
dem Objekt R. Straße angefallenen Handwerkerrechnungen aus dem Bausonderkonto befriedigt. Hilfsweise
hat die Beklagte mit angeblichen Gegenforderungen aufgerechnet.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Senat hat die Revision in Höhe eines Betrages von
284.116,74 DM angenommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Revision führt in Höhe von 20.242,85 DM zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten und im
übrigen zur Zurückverweisung der Sache an die \/orinstanz.
I.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Rückgewähranspruch gemäß §§ 37, 32
KO wegen der Aufwendungen für das Haus R. Straße in 0. (263.874,29 DM) nicht zu, weil er nicht
substantiiert dargelegt habe, daß der Gemeinschuldner insgesamt Leistungen erbracht habe, die über den
ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellten Betrag von 405.000 DM hinausgegangen seien. Diese
Erwägung trägt jedoch die Klageabweisung nicht.
1. Soweit die Revision sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer
Schenkungsanfechtung nach
a) Der Kläger macht geltend, der Gemeinschuldner habe der Beklagten die das Anwesen R. Straße in O.
betreffenden Geldleistungen geschenkt oder zu ihren Gunsten eine sogenannte unbenannte Zuwendung
(vgl. dazu
Verfügung im Sinne von
eine rechtliche Verpflichtung dazu nicht besteht (
Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Senats zum Begriff der unentgeltlichen Verfügung (vgl.
b) Der Kläger ist offenbar der Auffassung, er brauche nur eine Leistung des Gemeinschuldners
nachzuweisen. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Dem Konkursverwalter obliegt der Beweis, daß es sich bei
der angefochtenen Rechtshandlung um eine unentgeltliche Verfügung gehandelt hat (BGH, Urt. v. 25. Juni
1992 - IX ZR 94/91,
Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 32 Rdnr. 52). Die Beklagte hat dem Gemeinschuldner 405.000 DM auf einem
Bausonderkonto zur Verfügung gestellt. Das deutet auf ein entgeltliches Auftragsverhältnis hin. Da der
KIäger behauptet, bei den hier streitigen Leistungen habe es sich gleichwohl um unentgeltliche Verfügungen
gehandelt, trifft ihn insoweit die Beweislast.
Allerdings erfordert der Begriff der unentgeltlichen Verfügung in
"weitgehende Ausdeutung" (
Vermögen des Gemeinschuldners geflossen ist, in erster Linie vom objektiven Sachverhalt auszugehen. Erst
wenn feststeht, daß der Gemeinschuldner einen Gegenwert für eine Zuwendung erhalten hat, ist zu prüfen,
ob die Beteiligten diesen als Entgelt oder gleichwohl das Geschäft als Freigebigkeit angesehen haben
(
Vorstellungen der Beteiligten nur von nachgeordneter Bedeutung. Das besagt jedoch nicht, daß der
Gemeinschuldner immer dann, wenn die Gegenleistung ausgeblieben ist, eine unentgeltliche Verfügung
vorgenommen hat. Die Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit lassen sich nicht ohne Berücksichtigung der
mit dem Anfechtungsgegner getroffenen Abrede feststellen. Hatte der Gemeinschuldner danach Anspruch
auf einen seine Leistung ausgleichenden Gegenwert, kann nicht schon deshalb eine unentgeltliche
Verfügung bejaht werden, weil er im Ergebnis nichts erhalten hat (vgl. BGHZ 1 13, 393, 397 m.w.N.).
c) Die sehr knappe Begründung des angefochtenen Urteils läßt noch erkennen, daß das Berufungsgericht
der Argumentation des Landgerichts folgen will. Dieses hat nach Vernehmung des Zeugen R. für bewiesen
erachtet, daß die Beklagte mit ihrem damaligen Ehemann wegen seiner das Anwesen R. Straße
betreffenden Leistungen eine "Vergütung" vereinbart hatte. Damit meint das Landgericht ersichtlich, dem
Gemeinschuldner habe ein Anspruch auf Erstattung der angefallenen Aufwendungen zugestanden. Die
gegen diese Feststellungen gerichteten Rügen der Revision greifen nicht durch.
aa) Der Kläger hat sich zum Beweis seiner Behauptung, daß der Gemeinschuldner mit der Beklagten über
eine unentgeltliche Zuwendung einig gewesen sei, auf die Unterlagen des Bausonderkontos berufen. Ob
darin überhaupt ein geeignetes Beweismittel für die Unentgeltlichkeit des Auftrags zu sehen ist, kann auf
sich beruhen. Jedenfalls ist es verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht diesen
Beweis nicht erhoben hat.
Der Urkundenbeweis kann nur dann durch den Antrag angetreten werden, dem Gegner die Vorlegung der
Urkunde aufzugeben (
Im Streitfall kommt als Grundlage einer solchen Verpflichtung allein ein Auskunftsanspruch aus
in Betracht. Die höchstrichterliche Rechtsprechung versagt jedoch dem Verwalter einen solchen Anspruch
gegenüber Personen, die lediglich im Verdacht stehen, sie könnten etwas vom Gemeinschuldner in
anfechtbarer Weise erworben haben (
1978, 1002; v. 15. Januar 1987 - IX ZR 4/86,
Juni 1998 - IX ZR 311/95,
fest. Erst wenn das Anfechtungsrecht dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere
Bestimmung des Anspruchs geht, begründet das Rückgewährschuldverhältnis entsprechende
Verpflichtungen des Anfechtungsgegners. Der Verwalter hat sich vorher wegen aller benötigten Auskünfte
an den Schuldner zu halten.
bb) Die Revision beanstandet weiter, das Berufungsgericht hätte den Gemeinschuldner gemäß dem Antrag
des Klägers zu dieser Frage erneut vernehmen müssen. Die Rüge ist unbegründet. Der Zeuge R. war zur
Frage der Vereinbarung eines Aufwendungsersatzes erstinstanzlich gehört worden. Der Kläger hat nichts
dargelegt, was erwarten ließ, die wiederholte Vernehmung werde in dieser Hinsicht zu neuen Erkenntnissen
führen.
cc) Die Tatrichter haben nichts außer Betracht gelassen, was geeignet sein könnte, zu einem anderen
Ergebnis zu führen. Vielmehr spricht der Umstand, daß die Beklagte auf einem Sonderkonto einen Betrag
von 405.000 DM für die anfallenden Baukosten zur Verfügung gestellt hat, für einen Auftrag an den
Gemeinschuldner, der Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen (
einigen der behaupteten Leistungen keine Rechnungen. Das allein deutet indes nicht hinreichend auf eine
unentgeltliche Verfügung hin. Zudem befand sich die Ehe bereits damals in der Krise. Die Eheleute lebten
seit dem 17. Oktober 1994 getrennt. Die angefochtenen Verfügungen fallen in die Zeit ab November 1994.
Es ist nichts ersichtlich, was dem Gemeinschuldner hätte Veranlassung geben können, der Beklagten in
dieser Zeit etwas unentgeltlich zuzuwenden.
2. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht beachtet, daß die Klage unter dem Gesichtspunkt eines vom
Kläger als gesetzlicher Prozeßstandschafter geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs des
Gemeinschuldners (
a) Das Berufungsgericht durfte selbst dann nicht davon absehen, das Vorbringen des Klägers auch unter
diesem Gesichtspunkt rechtlich zu würdigen, wenn man darin deshalb einen gesonderten Streitgegenstand
sieht, weil eine entsprechende Forderung im Gegensatz zu dem erst mit Konkurseröffnung entstandenen
Rückgewähranspruch aus
Jaeger/Henckel, aaO § 41 Rdnr. 22).
Die Pflicht des Gerichts zur Prüfung des Klagebegehrens erstreckt sich auf einen solchen neuen
Streitgegenstand, wenn der Kläger erkennen läßt, daß er seinen Anspruch zumindest hilfsweise auch darauf
stützen will (vgl. Senatsurt. v. 30. September 1993 - IX ZR 211/92,
ausreichender Weise geschehen. Der Kläger hat zudem in der Klageschrift vorgetragen, die Beklagte
schulde dem Gemeinschuldner in Höhe der von ihm geleisteten Zahlungen gemäß
Aufwendungsersatz und habe diesen Anspruch bisher nicht befriedigt.
b) Für die revisionsrechtliche Prüfung dieses Anspruchs ist davon auszugehen, daß die vom Kläger
behaupteten Zahlungen geleistet wurden; denn das Berufungsurteil enthält keine dem widersprechenden
Tatsachenfeststellungen. Gleichwohl obliegt der Beklagten damit noch nicht der Beweis, Ansprüche des
Gemeinschuldners erfüllt zu haben. Da sie ihm die Summe von 405.000 DM auf einem Bausonderkonto zur
Verfügung gestellt und er über die von ihm getätigten Geschäfte Rechenschaft zu legen hatte (
ist es nunmehr Aufgabe des Verwalters nachzuweisen, daß der Gemeinschuldner die betreffenden Beträge
nicht aus dem Bausonderkonto beglichen und sich wegen der ihm entstandenen Aufwendungen auch später
nicht daraus befriedigt hat.
c) Der Kläger hat sich auf Beweise berufen, die das Berufungsgericht bisher nicht erhoben hat.
aa) Der Kläger hat beantragt, der Beklagten die Vorlage der Kontoauszüge betreffend das Bausonderkonto
aufzugeben. Es läßt sich nicht ausschließen, daß der Kläger den ihm obliegenden Beweis damit führen
kann. Auf der Grundlage des für die revisionsrechtliche Prüfung maßgeblichen Sachverhalts ist der Antrag
auch verfahrensrechtlich zulässig.
Soweit der Konkursverwalter gemäß
in dessen Rechtsstellung bei Konkurseröffnung ein. Damit richtet sich die Frage eines Auskunftsanspruchs
gegen die Beklagte hier nach dem zwischen den Eheleuten vor Konkurseröffnung begründeten
Rechtsverhältnis. Die Rechtsprechung bejaht einen Auskunftsanspruch aus
schon begründeter Rechtsbeziehungen der eine Teil in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang
seines Rechts im Ungewissen ist und der andere Teil die benötigten Auskünfte unschwer zu geben vermag
(
ein von ihm namentlich benannter Mitarbeiter des Gemeinschuldners habe alle das Bauvorhaben
betreffenden Unterlagen mitgenommen und sie der Beklagten ausgehändigt. Trifft dies zu, hat der
Gemeinschuldner seine Unkenntnis nicht schon deshalb verschuldet, weil er gemäß
Tätigkeit Rechenschaft zu leisten hatte. Zwar kann eine Auskunftspflicht ausscheiden, wenn der
Anspruchsteller früher von einer sich aufdrängenden Informationsmöglichkeit keinen \Gebrauch gemacht
hat. Das ist aber dann nicht anzunehmen, wenn er im Besitz der erforderlichen Unterlagen war und nicht
damit zu rechnen brauchte, daß diese ihm entwendet werden (BGH, Urt. v. 28. November 1989 - Vl ZR
63/89,
Selbst wenn der Kläger nur die Entfernung der Unterlagen aus dem Besitz des Gemeinschuldners ohne
dessen Einverständnis, nicht jedoch deren Weiterleitung an die Beklagte zu beweisen vermag, kommt eine
Auskunftspflicht nach Treu und Glauben in Betracht, sofern die Beklagte zuvor nie den Gemeinschuldner
aufgefordert hatte, eine ordnungsgemäße Abrechnung vorzulegen, und sie ohne weiteres Zweitschriften der
Kontoauszüge beim Kreditinstitut zu beschaffen vermag.
bb) Der Kläger hat sich zudem auf das Zeugnis des Gemeinschuldners dafür berufen, daß er die von ihm
geleisteten Tilgungsbeträge weder dem Bausonderkonto entnommen noch von dort später zurückgeholt hat.
Auch dieser Beweisantrag ist rechtserheblich; denn das Protokoll über die Vernehmung des Zeugen in
erster Instanz läßt nicht erkennen, daß er dazu in allen hier bedeutsamen Einzelheiten gehört worden ist.
II.
Das Landgericht hat Ansprüche des Klägers aus
Garage (8.242,45 DM) sowie Tilgungsleistungen von 12.000 DM auf ein von der Beklagten aufgenommenes
Darlehen bejaht, demgegenüber jedoch die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem Rückgriffsanspruch
aus
Berufungsgericht hat die Aufrechnung gebilligt.
Dagegen wendet sich die Revision zu Recht. Der Anfechtungsgegner kann mit einer Konkursforderung
gegen den Rückgewähranspruch aus
entstanden ist. Die Aufrechnung ist daher nach
III.
Soweit die Tatrichter einen konkursrechtlichen Rückgewähranspruch bejaht haben, ist die Sache im Sinne
der Klage entscheidungsreif. Im übrigen muß der Rechtsstreit zur Prüfung eines
Aufwendungsersatzanspruchs des Gemeinschuldners aus
zurückverwiesen werden. Sofern dieses nunmehr eine entsprechende Forderung ganz oder teilweise
bejahen sollte, wird es zu beachten haben, daß ihr gegenüber die Aufrechnung nicht durch
ausgeschlossen ist.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:20.01.1999
Aktenzeichen:IX ZR 429/97
Erschienen in:NJW 1999, 1033-1035
Normen in Titel:KO § 32