Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 119 Abs. 1 Var. 1, 1953
Ausschlagung einer Erbschaft; Irrtum über die Person des
Nächstberufenen; kein anfechtungsbegründender Motivirrtum
Irrt sich der eine
Erbschaft Ausschlagende bei Abgabe seiner Erklärung über die an
seiner Stelle in die Erbfolge eintretende Person, ist dies nur
ein Irrtum über eine mittelbare Rechtsfolge der
Ausschlagungserklärung aufgrund anderer rechtlicher
Vorschriften. Ein solcher Motivirrtum berechtigt nicht zur
Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB.
BGH, Beschl. v.
22.3.2023 – IV ZB 12/22
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
WEG
§§ 3, 4, 7 Abs. 4; GNotKG § 13
Begründung von Sondereigentum; Anforderungen an Aufteilungsplan;
Gerichtskostenvorschuss
1. Die Zahlung des
vom Antragsteller zu leistenden Gerichtskostenvorschusses kann
nur bei Vorliegen besonderer Gründe Gegenstand einer
Zwischenverfügung sein.
2. Abgeschlossenheitsbescheinigung und Aufteilungsplan dürfen
nicht nur in Kopie beim Grundbuchamt eingereicht werden.
Regelmäßig ist erforderlich, dass der Plan Grundrisse der
einzelnen Stockwerke sowie Schnitte und Ansichten zur Abgrenzung
von Sonder- und Gemeinschaftseigentum enthält.
3. Nach Außerkrafttreten der AVA vom 19. März 1974 gilt jetzt
die AVA vom 6. Juli 2021, BAnz AT vom 12. Juli 2021. Sie enthält
keine Regelungen über die Mindestausstattung von Wohnungen.
4. Ein Lageplan ist entbehrlich, wenn keine Außenflächen zu
Sondereigentum erklärt wurden.
KG, Beschl. v.
27.6.2022 – 1 W 122/22
Erbrecht
BGB §§ 2203, 2205 S. 2, 2216
Befreiung des Testamentsvollstreckers vom Verbot des
Selbstkontrahierens; ordnungsmäßige Verwaltung des Nachlasses
1. Die von Amts
wegen gebotene Prüfung der Verfügungsbefugnis des
Testamentsvollstreckers erstreckt sich bei der zu eigenen
Gunsten bewilligten Auflassungsvormerkung auch auf seine
Berechtigung zur Vornahme eines solchen Insichgeschäfts, wobei
deren Fehlen im Zweifel zur Unwirksamkeit der Bewilligung auch
hinsichtlich der übrigen Miterwerber führt.
2. Eine Befreiung des Testamentsvollstreckers vom Verbot des
Selbstkontrahierens setzt voraus, dass das Insichgeschäft dem
Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses entspricht;
daran fehlt es, wenn die bewilligte Auflassungsvormerkung der
Absicherung einer freihändigen Veräußerung u.a. an den
Testamentsvollstrecker als Miterben dienen soll, dahingehende
Anordnungen durch den Erblasser nicht getroffen wurden und eine
angemessene Beteiligung der anderen Miterben nicht feststeht.
3. Die Bewilligung einer Grundschuld zugunsten eines
Kreditinstituts durch den Testamentsvollstrecker ist kein
entgeltliches Geschäft, wenn nicht sichergestellt erscheint,
dass die besicherte Darlehenssumme in voller Höhe dem Nachlass
zugeführt werden wird.
OLG Saarbrücken,
Beschl. v. 17.1.2023 – 5 W 98/22
Gesellschaftsrecht
BGB
§§ 314 Abs. 2, 723 Abs. 1 S. 3; HGB § 233 Abs. 2
Kündigung einer stillen Gesellschaft; Abmahnungserfordernis;
Informations- und Kontrollrecht des stillen Gesellschafters
1. Der
Gesellschaftsvertrag einer stillen Gesellschaft kann zur
Kündigung der Gesellschaft berechtigende wichtige Gründe
festlegen, die eine gegenüber § 723 Abs. 1 S. 3 BGB erleichterte
Kündigung ermöglichen.
2. Das Abmahnerfordernis nach § 314 Abs. 2 BGB gilt nicht für
das gesetzliche Kündigungsrecht aus § 723 Abs. 1 S. 3 BGB, das
insoweit lex specialis ist. Gleichwohl kann nach dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (ultima-ratio-Gedanke) eine
Abmahnung erforderlich sein, wenn etwa eine weniger
schwerwiegende oder erstmalige Pflichtverletzung vorliegt.
Insoweit kann im Rahmen der Abwägung, ob die Kündigung zuvor
anzudrohen ist, auch berücksichtigt werden, dass die Parteien
die Anforderungen an den wichtigen Grund gegenüber der
gesetzlichen Regelung herabgesetzt haben.
3. Die Kündigung einer stillen Gesellschaft kann auf die
Verweigerung des vertraglich vereinbarten Informationsrechts des
stillen Gesellschafters gestützt werden.
4. Zur Auslegung einer vertraglichen Klausel über Informations-
und Kontrollrechte des stillen Gesellschafters.
OLG Hamm, Urt. v.
1.2.2023 – 8 U 29/22
Notarrecht/Verfahrensrecht
GNotKG §§ 21, 127
Keine Kostenniederschlagung bei vorzeitiger Beendigung des
Beurkundungsverfahrens
1. Ein
Urkundsbeteiligter, der dem Notar keine Möglichkeit gibt, einen
Mangel der Beurkundung durch eine neue Beurkundung oder auch
eine Nachbeurkundung zu beheben, kann keine
Kostenniederschlagung nach § 21 Abs. 1 S. 1 GNotKG verlangen.
2. Im Verfahren nach § 127 GNotKG kann der Urkundsbeteiligte dem
Notar keinen Schadensersatzanspruch wegen einer
Amtspflichtverletzung entgegenhalten (Anschluss an BGHZ 233,
325).
OLG Karlsruhe,
Besch. v. 22.2.2023 – 19 W 108/21 (Wx)
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