Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Aktuelles
Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie in Kraft getreten
Zum 01. März 2023
ist das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie in Kraft
getreten. Neben der Einführung von Regelungen zur
grenzüberschreitenden Spaltung sowie zum grenzüberschreitenden
Formwechsel werden das Recht der grenzüberschreitenden
Verschmelzung reformiert und einige Regelungen für
innerstaatliche Sachverhalte modernisiert.
Weitere
Informationen finden Sie
hier.
Entscheidung der Woche
BGB §
1021
Grundstücksgrenzübergreifende Tiefgarage; Grunddienstbarkeit;
Pflicht zur Kostenübernahme
a) Gehört zur
Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten
Grundstück, kann zwischen den Eigentümern des dienenden und des
herrschenden Grundstücks mit dinglicher Wirkung vereinbart
werden, dass die Pflicht zur Unterhaltung der Anlage zwischen
ihnen aufgeteilt wird.
b) Möglich ist auch eine Vereinbarung, die sich auf die –
anteilige – Verpflichtung zur Übernahme der zur Unterhaltung der
Anlage erforderlichen Kosten beschränkt, ohne eine Pflicht zur
tatsächlichen Unterhaltung zu begründen.
c) Wenn sich eine Anlage auf zwei Grundstücke erstrecken soll
und beide Eigentümer zur Nutzung der Anlage (auch) auf dem
jeweils anderen Grundstück berechtigt sein sollen (hier:
Tiefgarage), können wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt
werden; die Grundstücke sind dann zugleich herrschendes und
dienendes Grundstück. Auch in diesem Fall ist es möglich, die
Unterhaltungskosten der Anlage unter den beteiligten Eigentümern
durch eine dinglich wirkende Vereinbarung nach einer bestimmten
Quote zu verteilen.
d) Auch wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur
(anteiligen) Unterhaltung der Anlage bzw. zur anteiligen
Kostentragung verpflichtet ist, genügt für die dingliche
Wirksamkeit der Vereinbarung die Eintragung in das Grundbuch des
dienenden Grundstücks. Einer zusätzlichen Eintragung auf dem
Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks bedarf es nicht.
BGH, Urt. v.
27.1.2023 – V ZR 261/21
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 323 Abs. 1, 328 Abs. 1, 1812 a. F.
Rücktritt vom Vertrag zugunsten Dritter bei einer Leistungsstörung;
Genehmigungserfordernis bei einer Nachlassverwaltung
a) Das in § 1812 BGB
[a. F.] für bestimmte Verfügungen vorgesehene Genehmigungserfordernis
besteht bei der Nachlassverwaltung nicht.
b) Das Recht, im Falle von Leistungsstörungen von dem Vertrag
zurückzutreten (hier: gemäß § 323 Abs. 1 BGB), steht bei einem
Vertrag zugunsten Dritter grundsätzlich dem
Versprechensempfänger und nicht dem Dritten zu. Auch eine
Zustimmung des Dritten ist zur Wirksamkeit des Rücktritts nicht
erforderlich, selbst wenn das Recht des Dritten unwiderruflich
ist.
c) Nicht ausgeschlossen ist allerdings eine Vereinbarung
zwischen Versprechensempfänger und Versprechendem, dass das
Rücktrittsrecht dem Dritten zustehen soll. Möglich ist es zudem,
dass der Versprechensempfänger sein Rücktrittsrecht an den
Dritten abtritt oder diesen zur Ausübung des Rücktrittsrechts
ermächtigt.
BGH, Urt. v.
9.12.2022 – V ZR 68/22
BGB
§§ 929, 931
Sachenrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz; Übereignung einer
Gesamtheit von Gegenständen
a) Soll eine
Gesamtheit von Gegenständen, die nicht räumlich zusammengefasst
sind, unter Verwendung eines Gattungsbegriffs übereignet werden,
ist der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz nur dann
gewahrt, wenn sich die Vertragsparteien bewusst und erkennbar
über Merkmale einigen, aufgrund deren die übereigneten
Gegenstände der Gattung individualisierbar sind (Abgrenzung zu
BGH, Urteil vom 4. Oktober 1993 – II ZR 156/92, NJW 1994, 133).
b) Eine Einigung, nach der nur diejenigen Gegenstände einer
bestimmten Gattung übereignet werden sollen, die der Veräußerer
nicht näher bezeichneten Dritten überlassen hat, genügt für sich
genommen den Anforderungen an den sachenrechtlichen
Bestimmtheitsgrundsatz nicht (hier: Flüssiggastanks, die nicht
näher bezeichneten Kunden überlassen worden sind).
BGH, Urt. v.
16.12.2022 – V ZR 174/21
WEG §
18 Abs. 1
Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer
Nach dem seit dem
01.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht trifft die Pflicht
zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer nicht
mehr den Verwalter, sondern die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 8. Juni 2018
– V ZR 125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 15).
BGH, Urt. v.
16.12.2022 – V ZR 263/21
Gesellschaftsrecht
GmbHG
§§ 16 Abs. 1, 40 Abs. 1
Unrichtige Gesellschafterliste; Anspruch eines Gesellschafters auf
Unterlassung der Einreichung; gesellschafterliche Treuepflicht
a) Dem
Gesellschafter einer GmbH steht kein Anspruch gegen den
Geschäftsführer auf Unterlassung der Einreichung einer zu seinen
Lasten materiell unrichtigen Gesellschafterliste zum
Handelsregister wegen drohender Verletzung organschaftlicher
Pflichten zu.
b) Ein Gesellschafter einer GmbH, der seine Stellung als
Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass er eine materiell
unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um
damit eigennützige Interessen durchzusetzen, verletzt seine
gesellschafterliche Treuepflicht gegenüber dem von der
Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter.
c) Gegen den Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH, der unter
Verletzung seiner gesellschafterlichen Treuepflicht eine
materiell unrichtige Gesellschafterliste einreichen will, steht
dem von der Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter
ein Unterlassungsanspruch zu, den er mit der vorbeugenden
Unterlassungsklage geltend machen kann.
BGH, Urt. v.
8.11.2022 – II ZR 91/21
StGB
§ 266 Abs. 1; BetrVG § 78 S. 2
Vermögensbetreuungspflicht des Prokuristen;
Strafbarkeit wegen Untreue bei Verstoß gegen das
betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot
Der objektive
Tatbestand der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB kann erfüllt sein,
wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft unter
Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche
Begünstigungsverbot (§ 78 Satz 2 BetrVG) einem Mitglied des
Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt.
BGH, Urt. v.
10.1.2023 – 6 StR 133/22
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