Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Aktuelles
Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB in Berlin in Kraft
getreten
Im Land Berlin ist
die Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gemäß § 250
Absatz 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs für die Begründung oder
Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit
angespannten Wohnungsmärkten (Umwandlungsverordnung nach § 250
BauGB) am 5.8.2021 verkündet worden (GVBl.
2021, 932). Der Volltext kann
hier abgerufen werden.
Entscheidung der Woche
BeurkG § 17; AktG § 179a
Zustimmung zum Gesamtvermögensgeschäft;
Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses; sicherster Weg
Ein Notar begeht
ungeachtet der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Januar
2019 (II ZR 364/18) keine Pflichtverletzung, wenn er den
Urkundsbeteiligten als sichersten Weg die notarielle Beurkundung
des Gesellschafterbeschlusses einer GmbH empfiehlt, mit dem die
Gesellschafter der Übertragung des Gesellschaftsvermögens oder
eines wesentlichen Teils davon zustimmen.
OLG Celle, Beschl.
v. 30.6.2021 – 3 U 72/21
Immobilienrecht/allg.
Zivilrecht
GBO
§§ 3 Abs. 2, 71 Abs. 1, 116 ff.; FamFG § 59
Aneignungserklärung bzgl. eines für herrenlos
gehaltenen Flurstücks;
Beschwerde gegen Zurückweisung eines Gesuchs auf Anlegung eines
Grundbuchblattes
1. Weist das
Grundbuchamt nach Aneignungserklärung bzgl. eines für
herrenlos gehaltenen Flurstücks das Gesuch auf Anlegung eines
Grundbuchblatts zurück, weil es nicht herrenlos, sondern
buchungsfrei i. S. v. § 3 Abs. 2 GBO sei, so ist die
hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers im Falle
eines – unterstellt – nicht buchungsfreien Grundstücks
bereits wegen fehlender Beschwerdebefugnis unzulässig, soweit
nicht festgestellt werden kann, dass die Ablehnung der Anlegung eines
Grundbuchblattes (gem. §§ 116 ff. GBO) den Antragsteller in seinem rechtlich
geschützten Interesse (ein solches ergibt sich hier nicht allein
aus seinem Vortrag, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW habe
dem Notar telefonisch angekündigt, gegen Zahlung einer Gebühr
auf sein gesetzliches Aneignungsrecht zu verzichten)
beeinträchtigt.
2. Das Gesuch auf Anlegung eines Grundbuchblatts für ein –
unterstellt – buchungsfreies Grundstück ist wegen fehlender
Antragsberechtigung zurückzuweisen, wenn der Antragsteller – wie
hier – zweifelsfrei weder Eigentümer noch dinglich Berechtigter
dieses Flurstücks ist.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 9.4.2021 – 3 Wx 93/20
WEG §
9a Abs. 2; WEG a. F. § 10 Abs. 6; BauNVO § 12 Abs. 4
„Geborene“ Ausübungsbefugnis der Eigentümergemeinschaft zur
Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Nachbaransprüchen;
Festsetzung von Tiefgaragen nach § 12 Abs. 4 BauNVO ist
nachbarschützend
1. Die Befugnis,
öffentlich-rechtliche Nachbaransprüche im Hinblick auf das
Gemeinschaftseigentum geltend zu machen, steht nach der
Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes der
Eigentümergemeinschaft als „geborene“ Ausübungsbefugnis zu. Die
anderslautende höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach es sich
bei der Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Nachbaransprüche
auch im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum lediglich um eine
„gekorene“ Ausübungsbefugnis handelt, ist durch die
Gesetzesänderung obsolet geworden.
2. Die Festsetzung von Tiefgaragen nach § 12 Abs. 4 BauNVO und
das hiermit verbundene Verbot oberirdischer Stellplätze ist als
Festsetzung der Art der baulichen Nutzung für einen
Grundstückseigentümer im Plangebiet nachbarschützend.
VGH
Baden-Württemberg, Beschl. v. 24.2.2021 – 3 S 2373/20
Erbrecht
BGB
§§ 2314 Abs. 1, 2333 Abs. 1 Nr. 4, 2336 Abs. 2 S. 2
Unwirksamkeit einer Pflichtteilsentziehung mangels vorsätzlicher
Straftat von einem Jahr bei Gesamtstrafe oder Summe mehrerer
Einzelstrafen in dieser Höhe
1. Eine
Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung
oder die Addition mehrerer (Gesamt-)Freiheitsstrafen, die in der
Summe zu mindestens einem Jahr führen, ist für eine Entziehung
des Pflichtteils nach § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht ausreichend.
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll es auf die Schwere
des sozialwidrigen Verhaltens des Pflichtteilsberechtigten
ankommen, die in der „einen“ Straftat ihren Niederschlag
gefunden hat.
2. § 2336 Abs. 2 S. 1 BGB schreibt nicht vor, auf welche Weise
und in welchem Umfang der Entziehungsgrund in der Verfügung
angegeben werden muss. Es ist jedoch anerkannt, dass der
Erblasser zumindest einen „Sachverhaltskern“ angeben muss,
mithin eine substantiierte Bezeichnung, die es erlaubt
festzustellen, weshalb der konkrete Pflichtteil entzogen worden
ist und auf welchen Lebenssachverhalt sich der Erblasser bezieht.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
LG Köln, Teilurt. v.
21.10.2020 – 24 O 394/19
– bestätigt durch OLG Köln, Beschl.
v. 21.01.2021 – 24 U 144/20
FamFG
§ 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; BGB §§ 125, 2232 S. 1 Var. 2, 2276 Abs. 1 S.
2; BeurkG §§ 7, 27, 30, 44; DONot §§ 18 Abs. 2, 30
Wirksame Bestellung eines Urkundsnotars zum Testamentsvollstrecker
1. Reichen Eheleute,
deren Erbvertrag der Notar beurkundet hat, bei diesem einen
privatschriftlichen „Nachtrag“ ein, in dem sie den Notar als
Testamentsvollstrecker einsetzen, ohne dass er die im Nachtrag
enthaltenen Erklärungen oder die Übergabe des Nachtrags als
letztwillige Verfügung beurkundet, so stehen der Wirksamkeit der
Ernennung des Notars zum Testamentsvollstrecker §§ 7, 27 BeurkG
i. V. m. § 125 BGB nicht entgegen.
2. Die Verwahrung des „Nachtrags“ zusammen mit der Haupturkunde
oder Anheftung an diese führt nicht dazu, dass nunmehr eine
einheitliche Urkunde vorliegt und die Urkundstätigkeit des
Notars sich dann auch auf den an die Haupturkunde angeklebten
oder angehefteten und in ihr verwahrten privatschriftlichen
„Nachtrag“ erstreckt.
3. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Fortbildung des
Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Frage des
Vorliegens einer Urkundstätigkeit oder eines
Umgehungstatbestands bei der Bestellung des Urkundsnotars zum
Testamentsvollstrecker erfordert.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG Düsseldorf,
Beschl. 9.4.2021 – 3 Wx 61/20
Verfahrensrecht
BGB
§§ 138, 1643 Abs. 1, 1822 Abs. 1 Nr. 5; ZPO §§ 767, 794 Abs. 1 Nr. 5
Einwendung des Fehlens einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung; Beweislast
1. Wer gegen die
Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde einwendet, ein
zugrunde liegender Darlehensvertrag sei mangels einer
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung sittenwidrig, trägt die
Beweislast, wenn sich wegen Ablaufs der Aufbewahrungsfristen
nicht mehr feststellen lässt, ob eine solche Genehmigung erteilt
wurde.
2. Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer
Grundschuldbestellung erstreckt sich auch auf den zugrunde
liegenden Darlehensvertrag, wenn zwischen beiden ein enger
wirtschaftlicher und rechtlicher Zusammenhang besteht.
3. Ein durch einen Minderjährigen abgeschlossener
Darlehensvertrag ist nicht bereits deswegen als sittenwidrig
anzusehen, weil der Minderjährige aufgrund seiner Einkommens-
und Vermögensverhältnisse nur unter besonders günstigen
Bedingungen zur Bedienung des Darlehens in der Lage ist.
OLG Dresden, Beschl.
v. 19.4.2021 – 4 W 109/21
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