Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BeurkG §§ 57 Abs. 2, 60; BNotO § 15 Abs. 2; BGB § 401
Zulässigkeit eines notariellen Anderkontos; Differenzierung zwischen
Verwahrungsanweisung und Verwahrungsvereinbarung; Prüfungsmaßstab
des Notars bei Abtretung des Kaufpreisanspruchs
1. Der Verstoß des
Notars gegen die lediglich an ihn gerichtete Verbotsnorm des §
57 Abs. 2 Nr. 1 BeurkG gebietet es nicht, die regelmäßig im
Grundgeschäft enthaltene öffentlich-rechtliche
Verwahrungsanweisung an den Notar und die davon zu
unterscheidende zivilrechtliche Verwahrungsvereinbarung zwischen
den Vertragsparteien, die ebenfalls regelmäßig Bestandteil des
Grundgeschäfts ist, für unwirksam zu erachten.
2a. Bei einer Abwicklung der Kaufpreiszahlung über ein
Notaranderkonto erstreckt sich das mit der Pfändung des
Kaufpreisanspruchs entstandene Pfandrecht auf den
Auszahlungsanspruch des Verkäufers gegen den Notar. Der
Auskehrungsanspruch gegen den Notar ist im Verhältnis zur
Kaufpreisforderung als ein Nebenrecht im Sinne von § 401 BGB
einzuordnen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 9. Juni 2016 – V ZB
37/15, DNotZ 2016, 957). Für die Abtretung des
Kaufpreisanspruchs – auch wenn sie zur Sicherung erfolgt – gilt
nichts anderes.
2b. Soweit die Wirksamkeit der Abtretung des Kaufpreisanspruchs
oder sonstige Vorfragen der Empfangsberechtigung im mehrseitigen
Verwahrungsverhältnis zu klären sind, ist der Prüfungsmaßstab des
Notars im Rahmen einer auf Auszahlung des hinterlegten Geldes
gerichteten Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO auf eine
Evidenzkontrolle beschränkt.
BGH, Beschl. v. 2.8.2023 – VII ZB 28/20
Neu in der
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HöfeO
§§ 1, 5, 6, 10
Verlust der Hofeigenschaft; Wegfall der Hofstelle; konstitutive oder
deklaratorische Wirkung der Löschung des Hofvermerks; (Hof-)Erbfolge
bei Wirtschaftsunfähigkeit sämtlicher Abkömmlinge
Internetgutachten-Nr.:
200115
InsO
§§ 106, 140, 145
Insolvenzanfechtung ggü. Einzelrechtsnachfolger; Auswirkung einer
eingetragenen Auflassungsvormerkug
Internetgutachten-Nr.:
200213
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
GBO §§ 39, 40
Voreintragungsgrundsatz bei WEG-Teilung durch Erbengemeinschaft
Es bedarf der
Voreintragung der Erben gemäß § 39 Abs. 1 GBO, wenn durch
Teilung des im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden
Grundstücks mit nachfolgender Übertragung des Wohnungseigentums
auf die Erben in Vollzug der Aufhebung der Erbengemeinschaft
eine Wohnungseigentümergemeinschaft gebildet werden soll; § 40
Abs. 1 GBO ist auf diesen Fall weder direkt noch analog
anwendbar.
OLG Karlsruhe,
Beschl. v. 10.7.2023 – 14 W 41/23 (Wx)
Gesellschaftsrecht
GmbHG
§ 48 Abs. 2; MaßnG-GesR § 2
GmbH: Gesellschafterbeschluss im Umlaufverfahren nach § 2 MaßnG-GesR
(COVMG)
Die in § 2 COVMG in
Abweichung von § 48 Abs. 2 GmbHG vorgesehenen Erleichterungen
für die Beschlussfassung im Umlaufverfahren (hier:
Beschlussfassung durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne
Einverständnis aller Gesellschafter) sind nicht auf solche GmbH
beschränkt, in deren Satzung noch gar keine Regelung für
Umlaufbeschlüsse vorgesehen ist (entgegen LG Stuttgart, Urteil
vom 25.1.2021 – 44 O 52/20 KfH –, Rn. 36 nach juris). Es wäre
mit der Zielsetzung der COVID-Sondergesetzgebung nicht zu
vereinbaren, würde gerade bei Gesellschaften, die sich für
Umlaufbeschlüsse bereits grundsätzlich geöffnet und damit in
gewissem Sinne Vorsorge getroffen haben, eine COVID-bedingte
Handlungsunfähigkeit hingenommen, während sie bei Gesellschaften
ohne solche Vorkehrungen vom Gesetzgeber behoben worden ist.
KG, Beschl. v. 17.5.2023 –
2 U 159/21
ZPO
§§ 291, 727
Klauselerteilungsverfahren; Eintragung einer Verschmelzung im
Handelsregister
Die im Internet über
das Gemeinsame Registerportal der Länder (www.handelsregister.de)
aus dem elektronisch geführten Handelsregister ersichtliche
Eintragung der Verschmelzung zweier Rechtsträger ist eine
allgemeinkundige Tatsache im Sinne von § 727 Abs. 1 und 2 ZPO.
BGH, Beschl. v.
24.5.2023 – VII ZB 69/21
Kostenrecht
GNotKG § 3 Abs. 1, KV Nr. 14110
Eintragung einer aus Erben bestehenden GbR; Gebührenprivilegierung
nach KV 14110
1. Die
Kostenprivilegierung von Abs. 1 zu Nr. 14110 KV GNotKG setzt
voraus, dass es sich bei dem Erwerber um einen „Erben“ handelt.
2. Privilegiert ist nur der erbrechtliche
Gesamtrechtsnachfolger. Die Eintragung des Erben muss originär
auf der Erbfolge beruhen und der Voreintragung des Erblassers
als Eigentümer unmittelbar nachfolgen. In diesem Rahmen ist die
Art der Erbauseinandersetzung grundsätzlich unerheblich.
3. In Bezug auf die Eintragung einer mit den Erben
personenidentischen Gesellschaft bürgerlichen Rechts liegen
diese Voraussetzungen nicht vor. In Anbetracht der
Außenrechtsfähigkeit und Parteifähigkeit einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts sowie deren formeller Grundbuchfähigkeit
liegt eine Eintragung einer „Dritten“ vor, welche gerade nicht
an der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge partizipiert und
sich strukturell von den Erben und Erbengemeinschaft
unterscheidet. Die Eintragung beruht letztlich auf einem
eigenständigen Rechtsgeschäft.
4. Abs. 1 zu Nr. 14110 KV GNotKG ist als Ausnahmevorschrift eng
auszulegen.
OLG Karlsruhe,
Beschl. v. 29.6.2023 – 19 W 79/21 (Wx)
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