Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB § 181 Var. 1; AktG § 112
Selbstbestellung des AG-Vorstands zum Geschäftsführer der Tochter-GmbH;
Bestellungsbeschluss; Insichgeschäft; Vertretung der Gesellschaft
ggü. Vorstandsmitgliedern
a) Die
Vertretungsmacht des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft
ist bei der Beschlussfassung über seine Bestellung als
Geschäftsführer der Tochtergesellschaft nach § 181 Fall 1 BGB
beschränkt.
b) § 112 Satz 1 AktG ist auf die Bestellung des
Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer
einer Tochtergesellschaft nicht anwendbar.
BGH, Beschl. v.
17.1.2023 – II ZB 6/22
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 242, 305, 343
AGB; Abgrenzung zur Individualvereinbarung; Vertragsstrafe
1. Eine
Individualvereinbarung und keine Allgemeine Geschäftsbedingung
liegt vor, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen
stattgefunden haben, bei denen beide Parteien die Möglichkeit
hatten, ihre Prioritäten deutlich zu machen, bei denen
verschiedene Vertragsteile zueinander ins Verhältnis gesetzt
wurden und die in Rede stehende vorformulierte Klausel letztlich
abgeändert worden ist.
2. Ein Vertragsstrafeversprechen, das für den Fall des Verzugs
der Übergabe einer erst noch zu errichtenden Gewerbeimmobilie
die Verwirkung einer täglichen Summe vorsieht, ist auch ohne
Vereinbarung einer Obergrenze zulässig. Es muss jedoch im
Einzelfall geprüft werden, ob eine zeitliche Grenze erreicht
ist, jenseits derer sich das Verlangen nach Fortzahlung der
Vertragsstrafe nach § 242 BGB als treuwidrig erweisen würde (im
Anschluss an BGH, Urteil vom 12.03.2003, XII ZR 18/00, juris Rn.
50 ff.).
3. Das Recht auf Herabsetzung der Vertragsstrafe setzt nach §
343 setzt voraus, dass die verfallene Vertragsstrafe
unverhältnismäßig hoch ist. Für die Angemessenheit der Strafe
sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen,
insbesondere Schwere, Art und Ausmaß der Zuwiderhandlung, Grad
des Verschuldens, die wirtschaftliche Lage des Schuldners, die
Funktion der Strafe als Druck- und Sicherungsmittel und dass
diese den Gläubiger im Falle der Zuwiderhandlung von der
Notwendigkeit des Schadensnachweises entheben soll. Allein das
Fehlen eines Schadens rechtfertigt die Herabsetzung der Strafe
nicht. Entscheidend ist, welchen Schaden der Vertragsbruch hätte
herbeiführen können.
OLG Bremen, Urt. v.
9.12.2022 – 4 U 20/21
BGB §
1365 Abs. 1; GBO § 19
Verfügung über Vermögen im Ganzen; Nachforschungen durch das
Grundbuchamt nur bei konkreten Anhaltspunkten
Nur wenn konkrete
Anhaltspunkte für das Vorliegen sowohl der objektiven als auch
der subjektiven Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB gegeben
sind, darf das Grundbuchamt die Zustimmung des anderen Ehegatten
oder den Nachweis weiteren Vermögens verlangen. Demgegenüber
begründen bloße Zweifel oder abstrakte Vermutungen hinsichtlich
des Umfanges des Vermögens und/oder der Kenntnis des
Vertragspartners kein Recht und keine Pflicht des Grundbuchamtes
zu Nachforschungen von Amts wegen oder zur „vorbeugenden“
Anforderung einer Zustimmung des Ehegatten.
OLG Saarbrücken,
Beschl. v. 25.1.2023 – 5 W 87/22
Öffentliches Recht
GrdstVG § 2
Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz; Änderung der
Freigrenzen in Niedersachsen
Das Niedersächsische
Gesetz über Grundstücksgeschäfte im Bereich der Landwirtschaft (NGrdstLwG)
vom 29.06.2022 gilt für Veräußerungsgeschäfte nach § 2 Abs. 1 S.
1 GrdstVG, sofern der Eintragungsantrag erst nach seinem
Inkrafttreten bei dem Grundbuchamt eingeht.
OLG Braunschweig,
Beschl. v. 30.11.2022 – 2 W 113/22
Steuerrecht
GrEStG § 6a
Grunderwerbsteuer; Steuervergünstigung bei Umstrukturierung in
Konzern
Die Steuerbefreiung
einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf
gesellschaftsvertraglicher Grundlage setzt gem. § 6a S. 4 GrEStG voraus, dass das herrschende Unternehmen am Kapital oder
Gesellschaftsvermögen der abhängigen Gesellschaften innerhalb
von fünf Jahren vor und nach dem Rechtsvorgang zu mindestens 95
% ununterbrochen beteiligt ist. Auf die Einhaltung dieser
Vorbehaltensfrist kann nicht im Wege einer teleologischen
Reduktion verzichtet werden, wenn die abhängige Gesellschaft
bereits vor dem Umwandlungsvorgang bestand und daher die
Einhaltung der Vorbehaltensfrist möglich ist.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
FG Hessen, Urt. v.
18.10.2022 – 5 K 914/21
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