Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
GBO § 135 Abs. 1 S. 3; ERVV SH § 3 Abs. 2 S. 2
Pflicht zur elektronischen Einreichung beim Grundbuchamt; technische
Durchsuchbarkeit; OCR-Scan; Folgen bei Verstoß
1. Gemäß § 135 Abs.
1 S. 2 Nr. 4 GBO i. V. m. § 3 Abs. 2 S. 2 ERVV SH ist der Notar
verpflichtet, soweit technisch möglich, Dokumente in
durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln. Es
handelt sich um eine Verpflichtung, die der Notar verbindlich
einzuhalten hat.
2. Die Nichteinhaltung des § 135 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GBO i. V. m.
§ 3 Abs. 2 S. 2 ERVV SH führt jedoch nicht dazu, dass die
Einreichung unwirksam ist, § 135 Abs. 1 S. 3 GBO. Der Verstoß
wirkt sich auf das Verfahren beim Grundbuchamt nicht aus, was
der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dient und die
Beteiligten vor ansonsten drohenden erheblichen Risiken schützt.
3. Gelten der Antrag und die eingereichten Dokumente wegen § 135
Abs. 1 S. 3 GBO als wirksam eingegangen, fehlt es (insoweit) an
einem Eintragungshindernis, § 18 Abs. 1 GBO. Deshalb kann das
Grundbuchamt – trotz eines Verstoßes gegen § 135 Abs. 1 S. 2 Nr.
4 GBO i. V. m. § 3 ERVV SH – weder eine Zwischenverfügung noch
eine Zurückweisung erlassen.
4. Die Einhaltung der Pflicht zur Einreichung von Dokumenten
nach § 135 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GBO i. V. m. § 3 Abs. 2 S. 2 ERVV
SH kann jedoch durch die Dienstaufsicht durchgesetzt werden. Die
Dienstaufsicht hat insbesondere bei einem wiederholten bzw.
ständigen Verstoß ein disziplinarisches Einschreiten zu
überprüfen.
OLG Schleswig, Beschl. v.
1.3.2023 – 2 Wx 10/23
Familienrecht
BGB
§§ 1592 Nr. 2, 1595 Abs. 1
Vaterschaftsanerkennung; vorheriges Versterben der Kindsmutter
Eine
Vaterschaftsanerkennung ist nicht mehr möglich, wenn die
Kindsmutter vor Erteilung der Zustimmung zur Anerkennung
verstirbt.
OLG Bamberg, Beschl.
v. 26.1.2023 – 1 W 67/22
Erbrecht
BGB §§ 1938, 2069
Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments; unwirksame
Erbeinsetzung; Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge
Erweist sich eine
Erbeinsetzung als unwirksam, wird damit im Regelfall auch die
mit der Erbeinsetzung korrespondierende Enterbung entfallen.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 17.11.2022 – 3 W 121/22
BGB §
2269
Berliner Testament; Errichtung in mehreren Urkunden
Einem einheitlichen
Regelungsgehalt letztwilliger Verfügungen im Sinne eines sog.
Berliner Testaments steht nicht entgegen, dass die
entsprechenden Anordnungen in drei verschiedenen Urkunden und
mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Jahren getroffen
wurden.
(Leitsatz der DNotİ-Redaktion)
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 20.1.2023 – 3 W 133/22
Gesellschaftsrecht
BGB §
709
GbR; Stimmverbot; Richten in eigener Sache
a) Ein
Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist wegen
des Grundsatzes, dass niemand Richter in eigener Sache sein
darf, von der Abstimmung über die Kündigung eines Vertrags
ausgeschlossen, wenn der Beschluss darauf abzielt, das Verhalten
des Gesellschafters zu missbilligen.
b) Auch bei der konkludenten Beschlussfassung einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts ist der einem Stimmverbot unterliegende
Gesellschafter an der Willensbildung der Gesellschaft zu
beteiligen.
BGH, Urt. v.
17.1.2023 – II ZR 76/21
Notarrecht/Verfahrensrecht
BNotO
§ 4
Grds. kein Anspruch auf Nichtbesetzung einer im selben
Amtsbezirk frei werdenden Notarstelle
Die Bedürfnisprüfung
gem. § 4 BNotO geschieht ausschließlich im Interesse der
Allgemeinheit und dient nicht dazu, Berufsaussichten
Interessierter oder den Besitzstand amtierender Notare zu
wahren. Ein Notar hat daher nur ausnahmsweise einen Anspruch auf
Nichtbesetzung einer im selben Amtsbezirk frei werdenden
Notarstelle, wenn seine wirtschaftliche Unabhängigkeit gefährdet
ist.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 19.1.2023 – Not 1/22
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