Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 437 Nr. 3, 444
Reichweite des Haftungsausschlusses bei offenbarungspflichtigem
Mangel
1. Dem Käufer eines
Grundstücks stehen Schadensersatzansprüche nach § 437 Nr. 3 i.
V. m. §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 u. 2 BGB nur zu, wenn der
Verkäufer, der keine Garantie für eine bestimmte Beschaffenheit
des Grundstücks übernommen hat, sich nach § 444 BGB nicht auf
einen vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann,
weil er dem Käufer einen Mangel des Grundstücks arglistig
verschwiegen hat.
2. Dem Verkäufer obliegt die sekundäre Darlegungslast, dazu
vorzutragen, weshalb er davon ausgeht, dass der Käufer bei
Vertragsschluss trotz unterbliebener Offenbarung Kenntnis von
einem Mangel gehabt habe.
3. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise als
durch Besichtigung die Möglichkeit gegeben wird, sich
Kenntnis von einem Mangel des Kaufobjekts zu verschaffen, stehen
der Besichtigungsmöglichkeit nicht ohne Weiteres gleich. Mit
Blick auf übergebene Unterlagen, aus denen sich die
Mangelhaftigkeit der Sache ergibt, ist eine Gleichstellung nur
dann gerechtfertigt, wenn der Verkäufer aufgrund der Umstände
die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die
Unterlagen als Grundlage seiner Kaufentscheidung durchsehen
wird.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
BGH, Urt. v.
23.9.2022 – V ZR 133/21
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
WEG
§§ 10 Abs. 2, 16 Abs. 2, 18 Abs. 2 Nr. 1
Teilung des Versicherungsselbstbehalts bei Wohnungseigentümern
1. Kommt es für die
Frage, ob eine Verwaltungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung
entspricht, auf eine umstrittene und höchstrichterlich
ungeklärte Rechtsfrage an (hier: Verteilung des Selbstbehalts in
einer verbundenen Gebäudeversicherung), ist die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer berechtigt, durch Mehrheitsbeschluss zu
entscheiden, welche Auffassung für die künftige
Verwaltungspraxis maßgeblich sein soll. Ein solcher Beschluss
kann mit einer Beschlussersetzungsklage gerichtlich erzwungen
werden.
2a. Tritt in einer Wohnungseigentumsanlage aufgrund einer
defekten Wasserleitung ein Schaden ein, ist ein von der
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in der verbundenen
Gebäudeversicherung vereinbarter Selbstbehalt, durch den der
Versicherer einen bestimmten Teil des ansonsten versicherten
Interesses nicht zu ersetzen hat, wie die Versicherungsprämie
nach dem gesetzlichen bzw. vereinbarten Verteilungsschlüssel zu
verteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob der
Leitungswasserschaden an dem Gemeinschaftseigentum oder –
ausschließlich oder teilweise – an dem Sondereigentum entstanden
ist.
2b. Die Wohnungseigentümer können gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG
eine von dem allgemeinen Umlageschlüssel abweichende Verteilung
des Selbstbehalts beschließen.
2c. Ein auf § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gestützter Anspruch eines
Wohnungseigentümers auf Anpassung der Kostenverteilung für
einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten ist nur dann
gegeben, wenn zugleich die in § 10 Abs. 2 WEG genannten
Voraussetzungen vorliegen (Fortführung von Senat, Urteil vom 15.
Januar 2010 – V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 27). Dies gilt auch
bei der Verteilung eines in der verbundenen Gebäudeversicherung
vereinbarten Selbstbehalts.
BGH, Urt. v.
16.9.2022 – V ZR 69/21
Erbrecht
BGB §§ 2247, 2265, 2292
Aufhebung des Erbvertrages durch Ehegattentestament
1. Ergeben sich aus
den äußeren Umständen keine Besonderheiten und entspricht das
Testament im Übrigen den Anforderungen an die Eigenhändigkeit
gemäß § 2247 BGB, ist regelmäßig von der Ernstlichkeit des
Testierwillens bei der Testamentserrichtung auszugehen.
2. Durch ein gem. § § 2265 BGB wirksam errichtetes
Ehegattentestament kann ein zuvor von den Eheleuten
geschlossener Erbvertrag wirksam aufgehoben werden, § 2292 BGB.
OLG Hamm, Urt. v.
11.8.2022 – 10 U 68/22
IPR und ausländisches
Recht
FamFG §§ 107, 109
Anerkennung der Khol-Scheidung nach iranischem Recht
Die sog.
Khol-Scheidung nach iranischem Recht ist als Kombination der
gerichtlichen Feststellung des Scheiterns der Ehe in dem nach §§
8 ff. des iranischen Gesetzes zum Schutze der Familie vom
04.02.1975 (FamSchutzG) durchzuführenden Verfahren und der
anschließenden notariellen Registrierung gemäß § 107 FamFG als
gerichtliche Scheidung anerkennungsfähig. Die
Gerichtsentscheidung, die die Unmöglichkeit einer Versöhnung
feststellt, ist für die Scheidung konstitutiv, da nach deren
Erlass keiner der Ehegatten allein den Vollzug der Scheidung
mehr verhindern kann.
OLG Braunschweig,
Beschl. v. 10.10.2022 – 5 VA 1/22
Notarrecht/Verfahrensrecht
BauGB
§ 144; GBO §§ 15, 17, 18; BGB § 878; GNotKG §§ 13, 22
Zu den Voraussetzungen, unter denen im Grundbuchverfahren ein
Gerichtskostenvorschuss verlangt werden kann
1. Ein Vorschuss auf
Gerichtskosten nach § 13 GNotKG kann im Grundbuchverfahren nur
im Ausnahmefall verlangt werden, nämlich wenn konkrete
Einzelfallumstände ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit
oder Zahlungswilligkeit des Kostenschuldners begründen.
Anhaltspunkte dafür können eingetragene
Zwangsversteigerungsvermerke oder Sicherungshypotheken sein.
2. § 878 schützt lediglich vor den Gefahren der Dauer des
Eintragungsverfahrens, nicht jedoch vor den Risiken sonstiger
ausstehender Voraussetzungen für die Wirksamkeit des
Rechtsgeschäfts. Liegen diese Voraussetzungen bei Eintritt der
Verfügungsbeschränkung noch nicht vollständig vor, so ist das
Vertrauen noch nicht hinreichend schutzwürdig.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG Karlsruhe,
Beschl. v. 25.8.2022 – 19 W 7/21 (Wx)
ZVG § 9 Nr. 1; BGB § 1010 Abs. 1
Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an Grundstück
a) In dem Verfahren
über die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an einem
Grundstück sind die Eigentümer der übrigen Miteigentumsanteile
nicht schon wegen ihrer Stellung als Miteigentümer als
Beteiligte i. S. v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen.
b) Die übrigen Miteigentümer sind aber nach § 9 Nr. 1 ZVG
Beteiligte, wenn für sie oder ihren jeweiligen
Miteigentumsanteil ein Recht an dem zu versteigernden
Miteigentumsanteil im Grundbuch eingetragen ist (etwa ein
Grundpfandrecht, ein Vorkaufsrecht oder eine Regelung nach §
1010 BGB), oder wenn ihre aus dem Grundbuch ersichtlichen
rechtlichen Interessen ausnahmsweise ihre Beteiligung gebieten;
das ist etwa dann der Fall, wenn eine Gesamtgrundschuld auf
allen Miteigentumsanteilen lastet (Fortführung von Senat,
Beschluss vom 7. Juni 2018 – V ZB 221/17, ZfIR 2019, 31).
BGH, Beschl. v.
22.9.2022 – V ZB 8/22
|