Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
GBO
§§ 39, 19; BGB § 185 Abs. 1
Übertragung einer Buchgrundschuld durch einen Nichtberechtigten mit
Einwilligung des Berechtigten
1. Die Übertragung
einer Buchgrundschuld kann nur nach §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 3
BGB i. V. m. § 873 Abs. 1 BGB durch deren Eintragung in das
Grundbuch auf der Grundlage der Einigung mit dem bisherigen
Gläubiger wirksam erfolgen.
2. Die Übertragung kann auch durch einen Nichtberechtigten mit
Einwilligung des Berechtigten gemäß § 185 Abs. 1 BGB erfolgen.
Mit der Abtretung der Grundschuld und der Eintragungsbewilligung
(§ 19 GBO) gibt der Zedent regelmäßig zu erkennen, dass sein
Rechtsnachfolger über das Grundpfandrecht frei verfügen können
soll, z. B. durch Aufhebung oder Weiterübertragung, und damit
auch die Löschung oder Abtretung des übertragenen Rechtes
beantragen können soll.
3. Von einer Einwilligung auch ohne Voreintragung des Zessionars
ist grundsätzlich auszugehen, wenn der eingetragene Gläubiger
des Buchgrundpfandrechts mit seiner Abtretungserklärung dem
Zessionar zugleich eine Bewilligung in der Form des § 29 GBO zur
Umschreibung aushändigt. Die Einwilligung deckt grundsätzlich
auch Kettenabtretungen ab.
4. § 39 Abs. 1 GBO verlangt nicht, dass derjenige, der die
Eintragung nach § 19 GBO bewilligt hat, im Grundbuch
voreingetragen sein muss. Eingetragen sein muss der Inhaber des
durch die Verfügung betroffenen Rechts, nicht jedoch derjenige,
der ihn vertritt oder über dessen Recht verfügen kann.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.9.2022 – 3
Wx 127/22
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
StPO §§ 111f Abs. 2, 111h Abs. 2 S. 1, 111i Abs. 1 S. 1, 111k
Abs. 1 S. 1; GBO § 38
Abweisung der mehrfachen Eintragung einer Sicherungshypothek
1. Auch die
Staatsanwaltschaft selbst hat – wie andere Gläubiger – wegen §
111h Abs. 2 S.1 StPO kein Recht auf die Eintragung einer
weiteren Sicherungshypothek in das Grundbuch, wenn das
Grundstück bereits durch eine Sicherungshypothek aufgrund einer
Arrestvollziehung durch die Staatsanwaltschaft gesichert ist.
2. § 111h Abs. 2 S.1 StPO dient der Sicherung des
grundsätzlichen Vorrangs der Verletzten vor anderen Gläubigern
und der Gleichbehandlung der Tatgeschädigten.
3. Die Vorschrift soll darüber hinaus, im Hinblick auf das
Erlöschen des Sicherungsrechts nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens (gem. § 111i Abs.1 S.1 StPO), verhindern,
dass durch Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen zwischen der
Arrestvollziehung und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Absonderungsrechte einzelner Gläubiger entstehen, die die
Vermögensmasse zu Lasten der Verletzten schmälern.
OLG Bremen, Beschl.
v. 12.9.2022 – 3 W 13/22
Erbrecht
BGB §
2325; VVG §§ 159, 169
Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs
1. Zur Berechnung
des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei schenkweiser Zuwendung
der Todesfallleistung aus einem Lebensversicherungsvertrag über
ein widerrufliches Bezugsrecht (im Anschluss an BGH, Urteil vom
28. April 2010 – IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252 = VersR 2010, 895).
2. Für die Anwendung dieser Grundsätze macht es keinen
Unterschied, ob es sich bei dem Versicherungsvertrag um eine
Risiko-Lebensversicherung handelt, die nur im Todesfall
Leistungen an den Bezugsberechtigten erbringt, oder ob der
Vertrag auch eine Leistung im Erlebensfall vorsah.
OLG Saarbrücken,
Beschl. v. 5.8.2022 – 5 W 48/22
Öffentliches Recht
BauGB
§ 194; BGB § 134; EnteigG BY Art. 10 Abs. 1 S. 2; BayGO Art. 75
Abs. 1 S. 2 u. Abs. 3 S. 1 u. 2, 112; GG Art. 103 Abs. 1
Verkauf eines Gemeindegrundstücks unter Wert
1. Nach Art. 75 Abs.
1 Satz 2 GO dürfen Vermögensgegenstände bayerischer Gemeinden in
der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. Voller Wert
im Sinne der Vorschrift ist der Verkehrswert im Sinne von Art.
10 Abs. 1 Satz 2 BayEG, § 194 BauGB.
2. Gemäß Art. 75 Abs. 3 Satz 1 GO ist es unzulässig,
Gemeindevermögen zu verschenken oder unentgeltlich zu
überlassen. Eine Verschenkung ist nicht nur dann anzunehmen,
wenn die Veräußerung vollkommen unentgeltlich erfolgt, sondern
auch dann, wenn wegen eines massiven Unterschreitens des
Verkehrswerts ein derart grobes Missverhältnis zwischen dem
Verkehrswert und dem Entgelt besteht, dass die Veräußerung einer
Verschenkung gleichkommt. Gegen dieses Verbot verstoßende
Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte der Gemeinde sind nach §
134 BGB nichtig.
3. Nichts anderes gilt grundsätzlich bei einem Verstoß gegen das
in Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO enthaltene Gebot,
Vermögensgegenstände in der Regel nicht unter ihrem Wert zu
veräußern.
4. Da Art. 75 Abs. 3 Satz 2 GO bestimmt, dass die Veräußerung
von Gemeindevermögen, wenn es sich um eine Verschenkung handelt,
nur dann zulässig ist, wenn sie in Erfüllung von
Gemeindeaufgaben oder herkömmlicher Anstandspflichten erfolgt,
ist bei einem Unter-Wert-Verkauf zunächst festzustellen, ob eine
Verschenkung im Sinne des Art. 75 Abs. 3 Satz 1 GO vorliegt. Ist
dies der Fall, ist das Veräußerungsgeschäft nur dann zulässig,
wenn die Veräußerung des gemeindlichen Vermögensgegenstandes in
Erfüllung von Gemeindeaufgaben oder herkömmlicher
Anstandspflichten erfolgt.
5. In gleicher Weise ist ein bloßer Unter-Wert-Verkauf dann als
zulässige Ausnahme vom Gebot der Veräußerung zum vollen Wert und
somit als Sonderfall im Sinne des Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO
anzusehen, wenn er in Erfüllung von Gemeindeaufgaben oder
herkömmlicher Anstandspflichten erfolgt.
6. Demgegenüber scheidet die Annahme eines zulässigen
Sonderfalls stets aus, wenn ein Unter-Wert-Verkauf an Private
vorliegt, der unter keinerlei Gesichtspunkten als durch die
Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben im Rahmen einer an
den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit orientierten Verwaltung
gerechtfertigt erachtet werden kann. Ein Geschäft, das diese
Voraussetzung erfüllt, ist wegen Verstoßes gegen ein
gesetzliches Verbot als nichtig zu werten.
7. Ob in einer Konstellation, die nicht einem dieser beiden sich
gegenüberstehenden Grenzbereiche unterfällt, Nichtigkeit gemäß §
134 BGB anzunehmen ist, ist eine Frage der Bewertung der
gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
BayObLG,
Beschl. v. 14.9.2022 – 101 ZRR 180/21
Notarrecht/Verfahrensrecht
GNotKG § 13
Gerichtskostenvorschuss für die Eintragung einer GmbH
1. Nach § 13 S. 1
GNotKG kann in erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren, in
denen der Antragsteller die Kosten schuldet, die beantragte
Handlung von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht
werden. Dabei dürfte es jedoch ermessensfehlerhaft sein, wenn
Eintragungen im Handelsregister durchgängig oder bei bestimmten
Geschäften ausnahmslos – und ohne weitere Begründung – von der
Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht würden.
Hierdurch würde nämlich ein Hindernis geschaffen, das die Schnelligkeit
des elektronischen Handelsregisters verkehrsempfindlich
beeinträchtigte.
2. Jedoch begründet das Sicherungsinteresse des Staates im
Hinblick auf zu erwartende Beitreibungsprobleme gegenüber einer
Gesellschaft, die Eintragung von der Zahlung
eines Kostenvorschusses abhängig zu machen, und rechtfertigt damit auch etwaige
Verzögerungen des Verfahrensablaufs.
3. Bleibt die Zahlung trotz berechtigter Vorschussanforderung
aus, so berechtigt dies das Gericht nicht zur Zurückweisung der
auf die Eintragung der Gesellschaft gerichteten
verfahrensgegenständlichen Anmeldung. Das Verfahren ruht
vielmehr.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG Frankfurt,
Beschl. v. 17.1.2022 – 20 W 254/21
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