Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
GmbHG § 5a; HGB § 161
Gründung einer Einheits-UG & Co. KG; gleichzeitige Gründung von
KG und Komplementärin
Eine
Unternehmergesellschaft kann nicht von einer
Kommanditgesellschaft als Alleingesellschafterin gegründet
werden, die ihrerseits erst zeitgleich mit der
Unternehmergesellschaft als einziger Komplementärin gegründet
wird.
OLG Celle, Beschl. v.
10.10.2022 – 9 W 81/22
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 197 Abs. 1 Nr. 2, 200 S. 1; GBO §§ 13, 19, 22 Abs. 1 S. 1, 29
Beseitigungsanspruch bei Beeinträchtigung des Wegerechts
1. Bei einer
Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit (Wegerecht) hat der
Dienstbarkeitsberechtigte einen Anspruch auf Beseitigung der
Beeinträchtigung.
2. Verjährt der Beseitigungsanspruch, erlischt auch die
Grunddienstbarkeit. Dies gilt selbst dann, wenn die
beeinträchtigende Anlage nach Eintritt der Verjährung nicht mehr
vorhanden, also die Beseitigung aufgehoben ist.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.7.2022 – 12 W
38/22
Erbrecht
BGB
§§ 2065, 2084, 2247, 2267, 2269, 2270
„Berliner Testament“ im gemeinschaftlichen Testament
Ungeachtet des nicht
eindeutigen Inhalts des Begriffs „Berliner Testament“ kann die
Formulierung in einem gemeinschaftlichen Testament, man wolle
den „Restbesitz durch ein Berliner Testament vererben“
dahingehend ausgelegt werden, dass sich die Eheleute gegenseitig
zu alleinigen Vollerben und die gemeinsamen Kinder zu gleichen
Teilen als Schlusserben beim Tod des überlebenden Ehegatten
einsetzen, wenn sich die Eheleute vorher rechtlich hatten
beraten lassen und ein Notar ihnen einen Entwurf übersandt
hatte, der die gegenseitige Erbeinsetzung und die
Schlusserbeinsetzung der Kinder zum Inhalt hatte.
OLG Celle, Beschl. v. 7.7.2022 – 6 W 77/22
BGB
§§ 2198 Abs. 1, 2199 Abs. 2, 2227; FamFG § 59 Abs. 2
Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers nicht durch Ausübung
einer vom Erblasser zugleich erteilten Generalvollmacht
ausgeschlossen
1. Hat der Erblasser
seiner Ehefrau das „beim Erbfall bewohnte Wohnhaus“ als
Vorausvermächtnis zugewendet und sind die Eheleute aufgrund der
Pflegebedürftigkeit des Erblassers zu ihren Töchtern gezogen,
erfordert die Inanspruchnahme des Vorausvermächtnisses, dass der
Umzug aus dem ehelichen Haus nach dem Willen der Eheleute nur
vorübergehend sein sollte und die Ehefrau noch im Zeitpunkt des
Erbfalles die Absicht hat, in ihr früheres Wohnhaus
zurückzukehren.
2. Von dem Vermächtniszweck ist es nicht gedeckt, wenn der
überlebende Ehegatte im Zeitpunkt des Erbfalles eine andere
Unterkunft gefunden hat und ein Rückgriff auf die ehemals
eheliche Wohnung völlig ungewiss ist.
3. Ein Fehlverhalten des zum Testamentsvollstrecker berufenen
Miterben im Sinne von § 2227 BGB scheidet nicht deshalb aus,
weil der Testamentsvollstrecker Handlungen zur
Auseinandersetzung des Nachlasses unter Inanspruchnahme einer
ihm vom Erblasser über dessen Tod hinaus erteilten
Generalvollmacht veranlasst.
4. Enthält die Generalvollmacht Vorgaben zur Nachlassverwaltung
oder Nachlassauseinandersetzung und hat sich der Bevollmächtigte
im Rahmen dieser Vorgaben gehalten, ist dies bei der Beurteilung
möglicher Entlassungsgründe zu berücksichtigen.
5. Misstrauen in die ordnungsgemäße Amtsführung als
Testamentsvollstrecker kann es begründen, wenn dieser haltlose
Forderungen reklamiert oder seine
Testamentsvollstreckerleistungen pauschal mit einem weit
übersetzen Betrag abrechnet.
6. Hat der Erblasser dem Testamentsvollstrecker bei der
Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses einen weiten
Handlungs- und Entscheidungsspielraum zugebilligt, andererseits
aber durch dezidierte Vorgaben zum Ausdruck gebracht, dass für
ihn die wertmäßig exakte Aufteilung seines Nachlasses unter den
Miterben von großer Bedeutung ist, führen Verfehlungen des
Testamentsvollstreckers, die auf eine erhebliche Schädigung der
Miterben gerichtet waren, zu seiner Entlassung.
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 12.8.2022 – 3 Wx 71/22
FamFG
§ 348
Eröffnung einer Kopie des Testaments
Kann ein Testament
nicht im Original, sondern nur eine private Kopie der
Originalurkunde vorgelegt werden, ist die Kopie gemäß § 348
FamFG zu eröffnen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.8.2022 – 3
Wx 119/22
Notarrecht/Verfahrensrecht
GNotKG §§ 79 Abs. 2 S. 2, 81 Abs. 3 u. 4 S. 1, 83 Abs. 1; GNotKG KV
Nr. 11101; SGB XII § 90 Abs. 1, 2 Nr. 8 u. 3; BGB § 2214
Verwaltung eines durch Behindertentestament zugewandten Vermögens
unterliegt Testamentsvollstreckung
1. In KV Nr. 11101
GNotKG ist nur das tatsächlich verwertbare und verfügbare
Vermögen gemeint (sozialhilferechtlicher Vermögensbegriff).
2. Das dem Betreuten über ein sog. „Behindertentestament“
zugewandte Vermögen unterliegt der Verwaltung des
Testamentsvollstreckers, so dass es bei der Berechnung des
Geschäftswerts für die Jahresgebühr nach KV Nr. 11101 GNotKG
nicht in Betracht kommt.
LG Ravensburg,
Beschl. v. 4.8.2022 – 2 T 28/22
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