Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB §
1899 Abs. 1 S. 1
Bestellung mehrerer Betreuer auf Wunsch des Betroffenen nur bei
dementsprechend besserer Besorgung von dessen Angelegenheiten
Eine Bestellung
mehrerer Betreuer kommt auch auf Wunsch des Betroffenen nur dann
in Betracht, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch
besser besorgt werden können.
BGH, Beschl. v.
7.9.2022 – XII ZB 211/22
Familienrecht
BGB
§§ 1592, 1741, 1747; FamFG § 178; ZPO §§ 386, 387
Recht auf Feststellung der Vaterschaft nach erfolgter Adoption
1. Einem
(zulässigen) Antrag des potentiellen biologischen Vaters auf
Feststellung seiner Vaterschaft steht die zuvor erfolgte
Adoption des Kindes nicht entgegen, da die gerichtliche
Feststellung der Vaterschaft einerseits und die Adoption
andererseits unterschiedliche rechtliche Bezugspunkte aufweisen.
Die gerichtliche Entscheidung ist nicht auf eine
statusunabhängige Feststellung, sondern auf die Rechtsbeziehung
beider Personen gerichtet.
2. Das Feststellungsinteresse des potentiellen biologischen
Vaters folgt aus seinem Recht auf Kenntnis der
Abstammungsverhältnisse (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG)
sowie aus seinem (möglichen) Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG.
3. Dem betroffenen minderjährigen Kind, das als
Untersuchungsperson sein Weigerungsrecht über seine
(rechtlichen) Eltern oder bei hinreichender Verstandsreife
selbst ausüben kann, wird gegenüber der erforderlichen
genetischen Analyse über das Zwischenstreitverfahren nach §§ 178
Abs. 2 FamFG, 386 Abs. 1, 387 Abs. 1 ZPO umfassender
Rechtsschutz gewährt.
OLG Celle, Beschl.
v. 25.7.2022 – 21 UF 37/21
VersAusglG § 19 Abs. 2 Nr. 3; SGB VI § 97a
Unwirtschaftlichkeit des Ausgleichs eines Zuschlags für Grundrenten-Entgeltpunkte
Der Ausgleich eines
Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog.
Grundrenten-Entgeltpunkte) ist für die ausgleichsberechtigte
Person nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG unwirtschaftlich, wenn
diese wegen der besonderen Einkommensanrechnung nach § 97a SGB
VI sehr wahrscheinlich keine Rentenzahlungen aus dem
übertragenen Anrecht wird erhalten können. In einem solchem Fall
ist das Grundrenten-Anrecht als nicht ausgleichsreif anzusehen,
so dass ein Wertausgleich bei der Scheidung gemäß § 19 Abs. 1
VersAusglG nicht stattfindet.
OLG Frankfurt,
Beschl. v. 25.5.2022 – 7 UF 4/22
Erbrecht
BGB
§ 2325 Abs. 3
Hemmung der Abschmelzungsfrist bei Grundstücksschenkung unter
Vorbehalt eines umfassenden Wohnungsrechts
1. Das dem Erblasser
eingeräumte Wohnungsrecht hemmt im vorliegenden Einzelfall den
Beginn der Abschmelzungsfrist gemäß § 2325 Abs. 3 BGB, weil es
an allen relevanten Räumen des verschenkten Hauses besteht, so
dass der Erwerber insoweit keine eigene Nutzungsmöglichkeit
hatte (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. Juni 2016, IV ZR 474/15,
ZEV 2016, 445 = ErbR 2016, 570).
2. In einem solchen Fall sind die Unterschiede zwischen einem
vorbehaltenen Nießbrauch und dem tatsächlich vereinbarten
Wohnungsrecht so gering, dass die Interessen des
Pflichtteilsberechtigten, denen bei der Beurteilung der Frage
der Hemmung des Fristenlaufs gemäß § 2325 Abs. 3 BGB besonderes
Gewicht zukommt, es rechtfertigen, den Lauf der Frist gemäß §
2325 Abs. 3 BGB als gehemmt anzusehen (Anschluss an BGH, Urteil
vom 19. Juli 2011, X ZR 140/10; NJW 2011, 3082).
OLG München, Endurt.
v. 8.7.2022 – 33 U 5525/21
Gesellschaftsrecht
BGB §§
242, 705
Nachwirkende Treuepflicht eines ausgeschiedenen Gesellschafters
Ein aus einer
Zwei-Personen-GmbH ausgeschiedener Mitgesellschafter verstößt
gegen seine nachwirkende mitgliedschaftliche Treuepflicht, wenn
er die Projektleitung für eine Softwareentwicklung in agiler
Arbeitsweise, welche er für eine Kundin der GmbH innehatte, in
seinem neuen beruflichen Wirkungskreis ohne Zustimmung der
Gesellschaft fortsetzt.
OLG Naumburg, Urt.
v. 24.3.2022 – 2 U 143/21
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