Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
WEG
§§ 9b Abs. 1 S. 2, 18 Abs. 1
Vertretung der verwalterlosen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im
Aktivprozess gegen einzelne Wohnungseigentümer
1. Hat die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, so wird
sie bei einer gegen einzelne Wohnungseigentümer gerichteten
Klage durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich
vertreten. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem
Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er den klagenden Verband
allein (Fortführung von Senat, Urteil vom 8. Juli 2022 – V ZR
202/21, juris).
2. In einer verwalterlosen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
bedarf die Erhebung einer gegen einen einzelnen
Wohnungseigentümer gerichteten Klage auf anteilige Zahlung einer
beschlossenen Sonderumlage keiner auf die Klageerhebung
bezogenen Beschlussfassung.
3. Erhebt der Verwalter im Namen der Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer Klage gegen einzelne Wohnungseigentümer, sind
Beschränkungen seiner Vertretungsmacht im Innenverhältnis, die
die Befugnis zur Klageerhebung betreffen, jedenfalls im
Grundsatz nicht zu überprüfen.
BGH, Urt. v.
16.9.2022 – V ZR 180/21
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 909, 1004; NRG BW §§ 9, 10
Nachbarrechtliche Ansprüche bei Aufschüttungen am tiefer
gelegenen Grundstück
1. Zur Abgrenzung
der Verantwortlichkeiten, wenn bei benachbarten Grundstücken in
Hanglage das tiefer gelegene Grundstück durch Abgrabung weiter
vertieft, das höher gelegene Grundstück durch Aufschüttung
weiter erhöht wurde.
2. Wer ein Grundstück vertieft, hat für eine genügende
anderweitige Befestigung zu sorgen. Die Befestigung muss so
geartet sein, dass das Nachbargrundstück auch eine Belastung mit
solchen weiteren Anlagen verträgt, mit deren Errichtung nach den
gesamten Umständen, insbesondere den örtlichen Verhältnissen,
vernünftigerweise zu rechnen ist.
3. Soweit eine Aufschüttung des höher gelegenen Grundstücks sich
innerhalb dieses Rahmens hält, hat für die Absicherung des
tiefer gelegenen Grundstücks nur dessen Eigentümer zu sorgen.
Soweit weiterer Geländedruck durch eine darüber hinausgehende
Aufschüttung des höher liegenden Grundstücks verursacht wurde,
hat der Eigentümer des tiefer liegenden Grundstücks einen
Anspruch auf Beseitigung der Störung.
OLG Karlsruhe, Urt.
v. 11.8.2022 – 12 U 364/21
WEG
a. F. § 14 Nr. 4; BGB § 249
Eigentümergemeinschaft und Wiederherstellung des Sondereigentums
Die
Eigentümergemeinschaft, die unter Geltung des
Wohnungseigentumsgesetzes in der bis zum 30. November 2020
geltenden Fassung Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen
Eigentum beschließt, die notwendig Substanzeingriffe auch am
Sondereigentum erfordern, ist befugt, zugleich diejenigen
Maßnahmen zu beschließen, die zur Wiederherstellung des
Sondereigentums erforderlich sind.
BGH, Beschl. v.
8.7.2022 – V ZR 207/21
Erbrecht
BGB §§ 2269, 2270 Abs. 1, 2271 Abs. 2 S. 1
Wechselbezüglichkeit testamentarischer Verfügungen kinderlos
gebliebener Ehegatten
1. Setzen sich
kinderlos gebliebene Ehepartner in einem gemeinschaftlichen
Testament gegenseitig zu Alleinerben und Verwandte beider Seiten
zu Schlusserben ein, sind die letztwilligen Verfügungen in
mehrfacher Hinsicht wechselbezüglich.
2. Sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorhanden sind, ist
die Einsetzung der Schlusserben nicht von vornherein nur
insoweit wechselbezüglich, wie Verwandte der vorverstorbenen
Ehefrau bedacht worden sind.
Wechselbezüglich ist vielmehr
a) die Einsetzung der Eheleute zu gegenseitigen Alleinerben,
b) ebenso die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute und die
Berufung von eigenen Verwandten zu Schlusserben,
c) und schließlich auch die Schlusserbeneinsetzung als solche.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.4.2022 – 3
Wx 82/21
Steuerrecht
FGO
§§ 115 Abs. 2 Nr. 1 u. 2; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1; AO § 39 Abs. 2
Nr. 1 S. 1
Dispositionsbefugnis bei Kettenschenkung
1. NV: Wird ein
Gegenstand in der Weise verschenkt, dass der erste Empfänger ihn
unmittelbar darauf an einen Dritten weiterreicht, ist im
Verhältnis Zuwendender/erster Empfänger zu prüfen, ob bereits
zivilrechtlich eine Schenkung unmittelbar an den Dritten
vorliegt.
2. NV: Anderenfalls ist im Verhältnis erster Empfänger/zweiter
Empfänger bzw. Dritter zu prüfen, ob dem ersten Empfänger eine
Dispositionsbefugnis über den Gegenstand verbleibt. Fehlt es
daran, liegt steuerrechtlich eine Schenkung unmittelbar an den
Dritten vor.
3. NV: Werden die beiden Verträge in einer Urkunde
zusammengefasst oder in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden
Urkunden abgeschlossen, muss sich die Dispositionsbefugnis
eindeutig aus dem Vertrag oder den Umständen ergeben.
BFH, Beschl. v.
28.7.2022 – II B 37/21
Notarrecht/Verfahrensrecht
ZVG §
180 Abs. 1
Teilungsversteigerung eines Grundstücks
Vereinigen sich die
Miteigentumsanteile an einem Grundstück in der Hand eines
Eigentümers und wird ein Anspruch des Übertragenden auf
Rückübereignung eines Miteigentumsanteils durch Vormerkung
gesichert, kommt eine Teilungsversteigerung des Grundstücks in
analoger Anwendung von § 180 Abs. 1 ZVG nicht in Betracht.
BGH, Beschl. v.
23.6.2022 – V ZB 32/21
|