Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 307, 309 Nr. 2 lit. a, 650u; BeurkG § 53
Vorlagesperre beim Bauträgervertrag; Unwirksamkeit bei Vorlage erst
nach Zahlung des „gesamten Kaufpreises”
Eine Klausel, wonach
die Beteiligten eines Bauträgervertrags den Notar anweisen, die
Eigentumsumschreibung im Grundbuch (unabhängig von den
Leistungspflichten untereinander) erst zu veranlassen, wenn die
Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen ist, ist in AGB
unwirksam, weil das Leistungsverweigerungsrecht des Erwerbers
unzulässig eingeschränkt wird.
(Leitsatz der
DNotI-Redaktion)
OLG Rostock, Beschl. v.
21.12.2021 –
4 U 79/18
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
WEG
§§ 21 Abs. 7, 28 Abs. 3; BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
Fälligkeitsvoraussetzungen von WEG-Sonderumlagen
1. WEG-Sonderumlagen
werden grundsätzlich erst durch die Beschlussfassung über die
Erhebung der Sonderumlage und den anschließenden Abruf durch den
Verwalter fällig.
2. Die Beschlusskompetenz zur abweichenden Fälligkeitsbestimmung
durch die Eigentümerversammlung ergab sich im alten Recht aus §
21 Abs. 7 WEG a. F. bzw. ergibt sich im neuen Recht aus § 28
Abs. 3 WEG n. F.
3. Verzug kann ohne Mahnung eintreten, wenn die Fälligkeit der
Sonderumlage kalendermäßig bestimmt wird (§ 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB).
LG Karlsruhe,
Beschl. v. 2.6.2022 – 11 T 22/22
Familienrecht
BGB
§§ 242, 1378, 1570, 1579 Nr. 2
Zugewinnausgleich; keine Unbilligkeitseinrede bei
Sabotagehandlungen; keine Berufung auf den objektiven Marktwert
1. Sorgt ein
Ehegatte durch Sabotagehandlungen dafür, dass das Hausanwesen
des anderen Ehegatten nur unterhalb des Marktpreises veräußert
werden kann, steht der späteren Geltendmachung eines
Zugewinnausgleichsanspruches zwar nicht die Unbilligkeitseinrede
des § 1381 Abs.1 BGB entgegen (Fortführung Senat, Beschluss vom
31. August 2018, 2 UF 34/18). Ihm bleibt aber die Berufung auf
den objektiven Marktwert des Anwesens nach § 242 BGB verwehrt.
2. Erwirbt der an sich unterhaltsberechtigte Ehegatte mit seinem
neuen Partner ein Grundstück, um darauf ein gemeinsames Haus zu
bauen, spricht dies selbst dann für eine verfestigte
Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB, wenn die
Hausbaupläne aufgrund gestiegener Baukosten zurückgestellt oder
ganz aufgegeben werden.
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.5.2022 – 2
UF 184/21
Gesellschaftsrecht
AktG
§§ 16 Abs. 4, 20 Abs. 6, 122 Abs. 2, 126 Abs. 1, 127, 131, 246a,
293a; MaßnG-GesR § 1 Abs. 2; WpHG §§ 33, 44; WpÜG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
COVMG; Zwei-Wege-Kommunikation; Fristberechnung
1. Eine
Anfechtungsklage ist offensichtlich unbegründet, wenn nach
umfassender rechtlicher Würdigung aller unstreitigen oder
glaubhaft gemachten Tatsachen die Rechtslage so eindeutig ist,
dass das Gericht eine andere Beurteilung für nicht oder kaum
vertretbar hält. Eine offensichtliche Unbegründetheit ist also
nicht nur dann anzunehmen, wenn sie schon bei einer nur
kursorischen Prüfung ohne weiteres erkennbar ist. Unerheblich
ist damit, ob die Entscheidung schwierige rechtliche
Überlegungen erfordert oder von einer höchstrichterlich noch
nicht entschiedenen Rechtsfrage abhängt
2. Die fehlende Zweiwegekommunikation bei der Durchführung einer
virtuellen Hauptversammlung stellt keinen Rechtsverstoß dar, da
das COVMG (MaßnG-GesR) eine solche Zweiwegekommunikation in seinem § 1 Abs. 2
S. 1 nicht zwingend vorsieht. Vorgeschrieben ist nur eine „Bild-
und Tonübertragung der gesamten Versammlung“, die Möglichkeit
zur Stimmrechtsausübung sowie die Ausübung des Fragerechts im
Wege elektronischer Kommunikation. Von einer
darüber hinausgehenden Möglichkeit der Aktionäre, durch eine
Zweiwegekommunikation „live“ an der virtuellen Hauptversammlung
teilzunehmen und sich dort durch Wortmeldungen einzubringen, ist
in § 1 COVMG (MaßnG-GesR) nicht die Rede.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG München, Beschl. v. 29.6.2022 – 7 AktG
2/22
UmwG
§ 62 Abs. 5; AktG §§ 17, 67 Abs. 2, 131 Abs. 1 S. 1, 147, 243 Abs. 4
S. 2, 305, 311, 317, 319 Abs. 6, 327 ff.; EGBGB a. F. Art. 27 f., 35
Abs. 1, 37 Abs. 1 Nr. 2; FamFG § 26; GG Art. 12, 14, 20 Abs. 3; HGB
§ 290; öABGB § 1175 Abs. 2; SpruchG §§ 7 Abs. 7, 8 Abs. 3, 15, 17
Abs. 1; WpHG a. F. §§ 21, 22, 22a, 28
Kein Rechtsmissbrauch bei Squeeze-out nach § 62 Abs. 5 UmwG
1. Ein
Übertragungsbeschluss nach § 62 Abs. 5 Satz 1 UmwG in Verbindung
mit § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG bedarf nicht einer sachlichen
Rechtfertigung. Der Gesetzgeber selbst hat die Abwägung der
widerstreitenden Interessen vorgenommen, weshalb der Squeeze-out
seine Rechtfertigung „in sich“ trägt.
2. Der gesetzgeberischen Wertung, dass der Hauptaktionär sein
Interesse an einer effektiven Unternehmensführung bzw. an einer
Vereinfachung der Konzernstruktur verfolgen kann, soweit die
vermögensrechtlichen Interessen der Minderheitsaktionäre in
angemessener Weise gewahrt werden, hat eine
Rechtsmissbrauchskontrolle Rechnung zutragen. Es können nur
eklatante Fallgestaltungen als rechtsmissbräuchlich angesehen
werden, wenn etwa deutliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass
der gesetzgeberische Zweck entfremdet und stattdessen ein
anderweit aufgestelltes Verbot unterlaufen wird oder die
beabsichtigte Maßnahme in ihrer Benachteiligung der Minderheit
über das vom Gesetz vorgesehene Maß deutlich hinausgeht.
Insofern liegt die Darlegungs- und Beweislast für die einen
Missbrauchstatbestand begründenden Tatsachen bei den sich
hierauf berufenden (ehemaligen) Minderheitsaktionären und sind
an den zu führenden Nachweis einer solchen Zweckentfremdung hohe
Anforderungen zu stellen.
3. Aus der bloßen Herbeiführung der Voraussetzungen für einen
Squeeze-out kann dessen Rechtsmissbräuchlichkeit nicht
hergeleitet werden.
4. Der Umstand, dass durch die Verschmelzung das Amt des
besonderen Vertreters erlischt und damit die ihm übertragene
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verhindert wird,
führt nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Squeeze-out.
OLG Köln, Urt. v.
23.6.2022 – 18 U 213/20
Notarrecht/Verfahrensrecht
ZPO
§§ 46 Abs. 2 Var. 2, 47 Abs. 2, 160 Abs. 4 S. 3, 557 Abs. 2, 321a,
727, 767 Abs. 2, 794 Abs. 1 Nr. 5, 795, 797 Abs. 4; BNotO § 15 Abs.
2; BGB §§ 362 Abs. 1, 873 Abs. 1, 1154 Abs. 3, 1192 Abs. 1, 2039;
ZVG §§ 180 Abs. 1, 182 Abs. 1
Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen Grundschuldzinsen
1. Für eine
Leistungsklage auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen
Grundschuldzinsen fehlt auch dann nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn stattdessen ein Rechtsbehelf gegen den Notar wegen der
unterlassenen Herausgabe der die
Zwangsvollstreckungsunterwerfung enthaltenden Urkunde denkbar
wäre.
2. Ersteigert ein Miterbe im Rahmen der Teilungsversteigerung
Grundbesitz der Erbengemeinschaft, so kann er sich im Folgenden
nicht nach § 1192 Abs. 1a BGB auf Einwendungen aus der
Sicherungsabrede berufen, da er als Ersteigerer nicht Partei der
Sicherungsabrede wird.
3. Grundpfandrechte, die Teil des geringsten Gebots sind, bilden
materiell einen Teil des Versteigerungserlöses. Der Erwerber
übernimmt durch den Zuschlag die Grundschuld samt Zinsen. In
dieser Übernahme liegt insbesondere unter Berücksichtigung der
Wertungen des Zwangsvollstreckungsrechts ein Rechtsgrund für den
aus dem Grundpfandrecht Berechtigten. Dies gilt auch für die
Früchte des Rechts, hier die Zinsen der Grundschuld.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG München, Endurt. v. 20.7.2022 – 7 U
6031/20
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