Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BNotO
§ 29 Abs. 1
Unzulässigkeit der Führung der Bezeichnung „Notar & Mediator“
a) Durch die
Verwendung der Bezeichnung „Mediator“ gleichwertig neben der
Amtsbezeichnung „Notar“ kann beim rechtsuchenden Publikum, dem
die Tätigkeiten des Notars außerhalb der Beurkundung von
Rechtsvorgängen regelmäßig wenig geläufig sind, der falsche
Eindruck hervorgerufen werden, der die Bezeichnung „Notar &
Mediator“ Führende übe neben seinem Amt einen weiteren Beruf
aus, der über das reguläre Tätigkeitsspektrum eines Notars
hinausgehe.
b) Die Verwendung der Berufsbezeichnung „Notar & Mediator“ in
der Öffentlichkeit (z. B. auf Briefbögen oder im
Internetauftritt) unterliegt daher als irreführende
Selbstdarstellung des Notars dem Verbot berufswidriger Werbung
gemäß § 29 Abs. 1 BNotO.
BGH, Beschl. v.
11.7.2022 – NotZ (Brfg) 6/21
Familienrecht
PStG
§ 13; BGB § 1306
Ehehindernis wegen noch
bestehender Ehe; begründete Zweifel
1. Von einem
Ehehindernis nach § 1306 BGB ist bereits dann auszugehen, wenn
begründete Zweifel daran bestehen, dass der beabsichtigten
Eheschließung noch eine bestehende Ehe mit einer anderen Person
entgegensteht.
2. Auch eine nach nigerianischem Stammesrecht geschlossene Ehe
zwischen einem deutschen Staatsangehörigen und einer
nigerianischen Staatsangehörigen kann als wirksam anzusehen sein
und daher ein Ehehindernis im Sinne von § 1306 BGB darstellen,
falls dem nigerianischen Staatsangehörigen durch die
Nichtanerkennung substanzielles Unrecht geschehen würde.
OLG Hamm, Beschl. v. 1.2.2022 – 15 W
142/21
Gesellschaftsrecht
UmwG
§§ 4, 5 Abs. 1 Nr. 7, 8 Abs. 1 S. 2, 13 Abs. 1, 62 Abs. 5; ZPO §§
128 Abs. 2, 295 Abs. 1, 513 Abs. 1; AktG §§ 78 Abs. 4, 82 Abs. 1,
112, 241, 245 Nr. 1; WpHG §§ 33, 44 Abs. 1
Beschluss über Ausschluss der Minderheitsaktionäre unterliegt
nicht Präsenzerfordernis aus § 13 UmwG; alleinige
Anfechtungsbefugnis des Aktionärs in den Fällen des § 245 Nr. 1-3
AktG
1. Die
Anfechtungsklage nach § 245 Nr. 1-3 AktG kann nur von einem
Aktionär erhoben werden. Mit der Eintragung eines
Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister verliert ein
Minderheitsaktionär seine Stellung als Aktionär, weil die Aktien
auf den Hauptaktionär übergehen. Durch den Übergang der Aktien
verliert der Aktionär aber nicht die Befugnis, gegen den
Übertragungsbeschluss selbst vorzugehen, weil er andernfalls
rechtlos gestellt wäre.
2. Hat ein Legitimationsaktionär oder ein verdeckter
Stellvertreter an der Hauptversammlung teilgenommen und
Widerspruch erklärt, muss der wahre Aktionär, wenn er
Anfechtungsklage erhebt, innerhalb der Anfechtungsfrist
offenlegen, wer für ihn als Legitimationsaktionär oder
verdeckter Stellvertreter in der Hauptversammlung Widerspruch
erhoben hat.
3. Ein Beschluss nach § 62 Abs. 5 S. 1 UmwG über den Ausschluss
der Minderheitsaktionäre unterliegt nicht dem Präsenzerfordernis
des § 13 UmwG. Dies ergibt sich aus § 62 Abs. 5 S. 2 UmwG, der
für die Hauptversammlung nicht auf § 13 UmwG, sondern auf die §§
327a ff. AktG verweist.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG Schleswig, Urt.
v. 8.6.2022 – 9 U 128/21
Notarrecht/Verfahrensrecht
GNotKG § 130
Nach Berichtigung der Kostenberechnung ist ursprüngliche
Kostenberechnung mangels Rechtschutzbedürfnis unangreifbar
1. Berichtigt der
Notar im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens in
Notarkostensachen seine Kostenberechnung, existiert die
ursprüngliche Kostenberechnung nicht mehr. Sie kann mangels
Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr vor Gericht angegriffen werden.
2. Werden auch gegen die neue Fassung der Kostenberechnung
Einwendungen erhoben, ist darüber das anhängige Verfahren
fortzuführen, anderenfalls tritt Erledigung ein.
3. Zum Verfahrensgegenstand im gerichtlichen Verfahren in
Notarkostensachen.
KG, Beschl. v.
1.6.2022 – 9 W 1/22
GWG
§§ 10 Abs. 9, 11 Abs. 5a, 56 Abs. 1 Nr. 25
Verletzung des Beurkundungsverbots bei fehlender Überprüfung der
Identität des wirtschaftlich Berechtigten
Nach § 11 Abs. 5a S.
1 GwG a. F. (bzw. § 12 Abs. 4 S. 1 GwG n. F.) ist der
beurkundende Notar – sofern der bei ihm auftretende
Vertragspartner bei einem Erwerbsvorgang nach § 1 des
Grunderwerbssteuergesetzes für eine Rechtsform i. S. v. § 3 Abs.
2 oder 3 GwG a. F. (bzw. § 3 Abs. 2 oder 3 GwG n. F.) handelt –
vor der Beurkundung verpflichtet, die Identität des
wirtschaftlich Berechtigten anhand einer von dem Vertragspartner
in Textform vorzulegenden Dokumentation der Eigentums- und
Kontrollstruktur auf ihre Schlüssigkeit zu überprüfen. Art und
Umfang der nach § 11 Abs. 5a S. 1 GwG a. F. (bzw. § 12 Abs. 4 S.
1 GwG n. F.) gebotenen Prüfung stehen nach dem Wortlaut und nach
Sinn und Zweck der klaren gesetzlichen Regelung nicht im
Ermessen des Notars.
OLG Karlsruhe,
Beschl. v. 22.6.2022 – 1 Rb 34 Ss 122/22
VwGO
§§ 58 Abs. 2, 82 Abs. 1 S. 2, 114 S. 1, 123 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2
S. 1; BNotO §§ 6 Abs. 1, 10 Abs. 1 S. 3, 67, 111b Abs. 1 S. 1; GG
Art. 12 Abs. 1 S. 1
Bei mehreren Bewerbungen auf eine Notarstelle muss die Entscheidung der
Justizverwaltung auch im Einklang mit den Belangen einer geordneten
Rechtspflege stehen
1. Wünscht ein
Bewerber, der bereits Notar ist, die Verlegung seines Amtssitzes,
um eine ausgeschriebene freie Stelle einnehmen zu können, hat
die Justizverwaltung bei mehreren Bewerbungen nicht nur eine
Auswahl nach § 6 Abs. 1 BNotO zu treffen. Vielmehr hängt ihre
Entscheidung über die Bewerbung des bereits amtierenden Notars
auch – und vorrangig – davon ab, ob die Verlegung des Amtssitzes
i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 3 BNotO mit den „Belangen einer
geordneten Rechtspflege“ im Einklang steht. Bei der Beurteilung
dieser Frage ist der Justizverwaltung im Rahmen ihrer
Organisationshoheit ein erheblicher, gerichtlich nur beschränkt
nachprüfbarer Entscheidungsspielraum eingeräumt.
2. Es ist vertretbar und vom Senat deshalb nicht zu beanstanden,
wenn die Justizverwaltung die Sicherstellung, dass sich auch
künftig für die Stelle des Geschäftsführers einer Notarkammer
besonders geeignete Notaranwärter bewerben, als wichtigen
„Belang der geordneten Rechtspflege“ bewertet.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG Köln, Beschl. v.
21.6.2022 – Not 3/21
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