Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
GmbHG §§ 66 Abs. 4 u. 5, 70
Gerichtliche Bestellung von Liquidatoren; Eintragung einer
gelöschten GmbH von Amts wegen
Eine gelöschte GmbH
und ihre Liquidatoren sind grundsätzlich von Amts wegen
einzutragen, wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt
worden sind, weil sich nach der Löschung der Gesellschaft wegen
Vermögenslosigkeit herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist,
das der Verteilung unterliegt.
BGH, Beschl. v.
26.7.2022 – II ZB 20/21
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB §§ 226, 917 Abs. 1
Anspruch auf Beseitigung von Hindernissen; Notwegrecht
Ein Notwegrecht kann
sich weder aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis noch
aus dem Schikaneverbot des § 226 BGB, sondern nur unter den
Voraussetzungen von § 917 Abs. 1 BGB ergeben; danach richtet
sich auch, ob der Nachbar Hindernisse beseitigen muss, die er
auf seinem Grundstück errichtet hat, um die Nutzung des Wegs zu
unterbinden.
BGH, Urt. v.
6.5.2022 – V ZR 50/21
Familienrecht
BGB
§§ 362, 1602 Abs. 1, 1606 Abs. 3 S. 1, 1610, 1612, 1613
Höhe des Kindesunterhalts nicht von mietfreiem Wohnen abhängig
a) Das mietfreie
Wohnen beeinflusst nicht die Höhe des Kindesunterhalts. Die
kostenfreie Zurverfügungstellung von Wohnraum wird vorrangig im
unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern
ausgeglichen. Ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich kann auch
darin bestehen, dass der Betreuungselternteil keinen Anspruch
auf Trennungsunterhalt geltend machen kann, weil nach der
Zurechnung des vollen Wohnwerts keine auszugleichende
Einkommensdifferenz zwischen den Eltern mehr besteht.
b) Die Eltern können eine – nach den Umständen des Einzelfalls
gegebenenfalls auch konkludente – Vereinbarung darüber treffen,
dass die Wohnungskosten durch den Naturalunterhalt des
Barunterhaltspflichtigen abgedeckt werden. Für die Erfüllung des
Barunterhaltsanspruchs (§ 362 BGB) aufgrund einer solchen
Vereinbarung trifft den Barunterhaltsschuldner die Darlegungs-
und Beweislast.
c) Bevor die Haftungsquote für den anteiligen Mehrbedarf
bestimmt wird, ist von den Erwerbseinkünften des betreuenden
Elternteils der Barunterhaltsbedarf der Kinder nach den
gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen auf
den Barunterhalt entfallenden Kindergelds und abzüglich des vom
Kindesvater geleisteten Barunterhalts abzusetzen. In der
verbleibenden Höhe leistet der betreuende Elternteil neben dem
Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von
Naturalunterhalt. Die andere Hälfte des Kindergelds, die der
betreuende Elternteil erhält, ist nicht einkommenserhöhend zu
berücksichtigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29.
September 2021 – XII ZB 474/20 – FamRZ 2021, 1965).
BGH, Beschl. v.
18.5.2022 – XII ZB 325/20
IPR und ausländisches
Recht
EuUnthVO Art. 15; HUP Art. 3 Abs. 1, 5, 8
Nachehelicher Unterhalt; engere Verbindung der Ehe zum Recht eines anderen Staates
a) Ob für eine
engere Verbindung der Ehe zum Recht eines anderen Staates nach
Art. 5 HUP Anhaltspunkte von solcher Art und solchem Gewicht
bestehen, dass der gewöhnliche Aufenthalt des
Unterhaltsberechtigten als in der Regel maßgeblicher
Anknüpfungspunkt zurücktritt, ist eine Frage der bei der
vorzunehmenden wertenden Gesamtbetrachtung zu berücksichtigenden
Einzelfallumstände.
b) Zur engeren Verbindung der Ehe zum Recht eines anderen
Staates nach Art. 5 HUP bei aufgrund beruflicher Verhältnisse
eines Ehegatten („Expatriate“) jeweils befristeten Aufenthalten
in verschiedenen Ländern.
BGH, Beschl. v.
11.5.2022 – XII ZB 543/20
Steuerrecht
BewG §§ 95 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, 151 Abs. 1 S. 1 Nr.
2, 4 u. S. 2; ErbStG § 12 Abs. 5 u. 6; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2; KStG
§§ 1 Abs. 1 Nr. 1 u. 5, 8 Abs. 1 u. 2; AO §§ 157 Abs. 2, 171 Abs. 10
S. 1, 179, 181 Abs. 1 S. 1, 182 Abs. 1 S. 1, 367; FGO § 100 Abs. 1
S. 1; BGB § 80
Stiftung & Co. KG ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft
1. Eine Stiftung &
Co. KG ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft.
2. Für eine vermögensverwaltende Stiftung & Co. KG, bei der
ausschließlich eine Stiftung persönlich haftende
Gesellschafterin ist, ist ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr.
4 BewG festzustellen.
3. Das Erbschaftsteuerfinanzamt entscheidet, ob eine
Wertfeststellung dem Grunde nach erforderlich ist. Dem zur
Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG berufenen
Finanzamt obliegt die Entscheidung über die Qualifikation des
Feststellungsgegenstands nach den Kategorien des § 151 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG.
BFH, Urt. v.
27.4.2022 – II R 9/20
GrEStG §§ 1 Abs. 2a, 6 Abs. 3 S. 2, 23; FGO § 120; AO § 39
Zurechnung des Grundstücks einer Untergesellschaft
1. Ein inländisches
Grundstück „gehört“ einer Gesellschaft i. S. des § 1 Abs. 2a
GrEStG nur dann, wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der
Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 2a GrEStG der
Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang aufgrund eines zuvor
unter § 1 Abs. 1 bis 3a GrEStG fallenden und verwirklichten
Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen ist.
2. Ein Grundstück einer Untergesellschaft ist einer
Obergesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich nur zuzurechnen,
wenn die Obergesellschaft selbst es aufgrund eines
Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1 bis 3a GrEStG erworben hat.
BFH, Urt. v.
1.12.2021 – II R 44/18
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