Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB §
1191
Grundschuld; Pfändung und Einziehung des Rückgewähranspruchs;
Löschung der Grundschuld im Wege der Zwangsvollstreckung
a) Die Pfändung und
Einziehung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld
umfasst grundsätzlich das Recht des Vollstreckungsgläubigers, im
Wege der Vollstreckung die Löschung der Grundschuld zu
verlangen.
b) Wann, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form der
Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber die Grundschuld
zurückgewähren muss, bestimmt sich nach der
Sicherungsvereinbarung. Ist ein weiter Sicherungszweck
vereinbart, der eine Revalutierung der Grundschuld erlaubt, kann
die Rückgewähr erst dann verlangt werden, wenn eine solche
Revalutierung endgültig nicht mehr in Betracht kommt; das ist
(erst) der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung endet oder wenn die
Sicherungsvereinbarung geändert oder gekündigt wurde
(Fortführung von Senat, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 Rn. 12).
c) Der Anspruch des Sicherungsgebers auf Teilfreigabe einer
Sicherheit setzt den Eintritt einer insoweit endgültigen
Übersicherung des Sicherungsnehmers und damit den Wegfall des
Sicherungszwecks voraus. Das ist bei einer weiten
Sicherungsvereinbarung (erst) der Fall, wenn die
Geschäftsbeziehung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer
beendet oder wenn die Sicherungsvereinbarung geändert oder
gekündigt wurde.
d) Im Verlangen auf Rückgewähr einer nicht oder nicht voll
valutierten Grundschuld liegt regelmäßig die konkludente
Kündigung einer weiten Sicherungsabrede.
e) Der Vollstreckungsgläubiger, der einen Anspruch des
Sicherungsgebers auf Rückgewähr einer Grundschuld pfändet, ist
nicht berechtigt die Sicherungsvereinbarung oder die
Geschäftsbeziehung zum Sicherungsnehmer zu kündigen; die
Pfändung des Rückgewähranspruchs verschafft ihm nicht das
Kündigungsrecht.
BGH, Urt. v.
2.6.2022 – V ZR 132/21
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 307 Abs. 1, 1191; AGBG § 9 Abs. 1
Abtretung des Grundschuldrückgewähranspruchs; formularmäßiger Zustimmungsvorbehalt einer Bank
a) Der die Abtretung
eines Grundschuldrückgewähranspruchs betreffende formularmäßige
Zustimmungsvorbehalt der Bank ist auch dann wirksam, wenn die
Grundschuldsicherheit von dem Grundstückseigentümer gegeben
wurde (Fortführung von BGH, Urt. v. 9.2.1990 – V ZR 200/88, BGHZ
110, 241 = ZIP 1990, 439).
b) Ein solcher Zustimmungsvorbehalt benachteiligt den
Sicherungsgeber entgegen den Geboten von Treu und Glauben auch
dann nicht unangemessen, wenn die AGB keinen Anspruch auf
Zustimmung vorsehen.
c) Der Sicherungsgeber hat jedenfalls dann einen Anspruch auf
Zustimmung, wenn ein schützenswertes Interesse der Bank an deren
Verweigerung nicht besteht oder seine berechtigten Belange an
der Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs überwiegen.
BGH, Urt. v.
14.1.2022 – V ZR 255/20
GBO § 22; BGB § 1913
Verfahren auf Löschung des Nacherbenvermerks wegen
Grundbuchunrichtigkeit; Ermittlung der Nacherben
1. Die Ermittlung
der am Verfahren auf Löschung des Nacherbenvermerks wegen
Grundbuchunrichtigkeit (§ 22 GBO) zu beteiligenden Nacherben
darf das Grundbuchamt nicht den Beteiligten aufgeben. Vielmehr
hat das Grundbuchamt die am Verfahren materiell Beteiligten von
Amts wegen zu ermitteln.
2. Auch die Einrichtung einer Pflegschaft für unbekannte
Beteiligte (§ 1913 BGB) ist von Amts wegen bei dem zuständigen
Gericht anzuregen. Erst wenn die Einrichtung einer solchen
Pflegschaft abgelehnt worden ist, kann den Beteiligten im Wege
der Zwischenverfügung die Möglichkeit gegeben werden, für eine
solche Pflegerbestellung zu sorgen.
OLG Hamm, Beschl. v.
22.4.2022 – 15 W 76/22
Notarrecht/Verfahrensrecht
GNotKG §§ 29 Nr. 1, 127 Abs. 1; BGB §§ 133, 157
Kostenauslösender Beurkundungsauftrag
Erklärt der Käufer
eines Grundstücks im Vorfeld eines bereits festgesetzten Termins
zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrags gegenüber dem Notar
in einer E-Mail den Wunsch, die Beurkundung aus Gründen der
Corona-Pandemie ohne seine persönliche Anwesenheit allein mit
dem Verkäufer als Vertreter ohne Vertretungsmacht vorzunehmen,
so liegt hierin jedenfalls dann ein Auftrag oder Antrag gemäß §
29 Nr. 1 GNotKG, wenn der Käufer in derselben E-Mail dem Notar
gegenüber erklärt, er fühle sich durch den Notar ausreichend
beraten und informiert. Dies gilt auch dann, wenn der
Vertragsentwurf inhaltlich unabhängig von der Mitwirkung des
Käufers zu Stande gekommen ist und auch inhaltlich nicht auf
seine Veranlassung modifiziert wird.
OLG Saarbrücken,
Beschl. v. 7.4.2022 – 4 W 25/21
InsO
§§ 80, 134, 143; BGB § 199
Zurechnung der Kenntnis des Insolvenzschuldners für
Verjährungsbeginn
Hinsichtlich des
Beginns der Verjährungsfrist hat sich der Insolvenzverwalter die
bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangte Kenntnis
des Insolvenzschuldners von den den Anspruch begründenden
Umständen und der Person des Drittschuldners grundsätzlich
zurechnen zu lassen.
BGH, Urt. v.
7.4.2022 – IX ZR 107/20
ZPO
§§ 130 Nr. 1, 253 Abs. 2 Nr. 1 u. Abs. 4
Klageschrift:
Anforderungen an die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des
Klägers
Zu den Anforderungen
an die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers in der
Klageschrift (hier: c/o-Adresse einer rechtsfähigen Stiftung
bürgerlichen Rechts).
BGH, Urt. v.
6.4.2022 – VIII ZR 262/20
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