Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
VwVfG §§ 48, 49; GrdstVG §§ 7 Abs. 2 u. 3, 22 Abs. 1
Rücknahme oder Widerruf einer Genehmigung nach dem
Grundstückverkehrsgesetz; Rechtsfolgen
1. Gegen die
Rücknahme oder den Widerruf einer Genehmigung nach dem
Grundstückverkehrsgesetz kann gemäß § 22 Abs. 1 GrdstVG ein
Antrag auf Entscheidung durch das nach dem Gesetz über das
gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen zuständige
Gericht gestellt werden.
2a. Die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung nach dem
Grundstückverkehrsgesetz richtet sich nach § 48 Abs. 3 VwVfG und
kann auch dann erfolgen, wenn die privatrechtsgestaltende
Wirkung der Genehmigung bereits eingetreten ist; die Fiktion des
§ 7 Abs. 3 GrdstVG tritt nicht ein, wenn die Eintragung in das
Grundbuch aufgrund eines rechtswidrig genehmigten
Rechtsgeschäfts vorgenommen worden ist.
2b. Die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung nach dem
Grundstückverkehrsgesetz ist nach dem im Rahmen der
Ermessensabwägung einzubeziehenden Rechtsgedanken des § 7 Abs. 3 GrdstVG regelmäßig ausgeschlossen, wenn das Rücknahmeverfahren
nicht innerhalb eines Jahres nach Eintragung der Rechtsänderung
in das Grundbuch eingeleitet worden ist; das gilt jedoch nicht,
wenn die in § 48 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 VwVfG genannten
Voraussetzungen vorliegen, unter denen sich die Beteiligten
nicht auf Vertrauensschutz berufen können.
2c. Auch eine gemäß § 7 Abs. 3 GrdstVG fingierte Genehmigung
kann zurückgenommen werden, wenn und soweit die in § 48 Abs. 2
Satz 3, Abs. 3 Satz 2 VwVfG genannten Voraussetzungen bezogen
auf die Herbeiführung der Eintragung in das Grundbuch vorliegen.
3. Soll die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung nach dem
Grundstückverkehrsgesetz erfolgen und liegen die Voraussetzungen
vor, unter denen das Vorkaufsrecht nach dem
Reichssiedlungsgesetz ausgeübt werden kann, so hat die Behörde
während des Rücknahmeverfahrens die Erklärung der
Siedlungsbehörde über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die
vorkaufsberechtigte Stelle herbeizuführen und muss den
Veräußerer über diesen Vorgang in Kenntnis setzen; die Rücknahme
muss zwingend mit der Mitteilung über die Ausübung des
Vorkaufsrechts verbunden werden. Eines Zwischenbescheids nach §
6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG bedarf es nicht; die Vertragsparteien
können die Anhörung zum Anlass nehmen, zu erklären, dass der
Antrag für den Fall der Rücknahme zurückgenommen wird.
4. Das Grundbuchamt hat in entsprechender Anwendung von § 7 Abs.
2 Satz 1 GrdstVG einen Widerspruch in das Grundbuch einzutragen,
wenn das Ersuchen der Genehmigungsbehörde auf die Rücknahme oder
den Widerruf der nach dem Grundstückverkehrsgesetz erteilten
Genehmigung nach §§ 48, 49 VwVfG gestützt wird; die
Unanfechtbarkeit des Rücknahmebescheids bzw. dessen sofortige
Vollziehbarkeit gehört zu denjenigen Voraussetzungen des
Widerspruchs, die grundsätzlich nicht das Grundbuchamt, sondern
die Genehmigungsbehörde zu prüfen hat.
BGH, Beschl. v.
29.4.2022 – BLw 5/20
Erbrecht
BGB
§§ 823 Abs. 2, 2259
Ablieferungspflicht für Testamente
Die
Ablieferungspflicht für Testamente gemäß § 2259 BGB ist ein
Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der
Nachlassbeteiligten. Abzuliefern sind ältere Testamente auch
dann, wenn die in ihnen festgelegte Erbfolge von derjenigen in
dem zeitlich jüngsten Testament nicht abweicht. Allerdings kann
es in solchen Fällen u. U. an einem Verschulden der
ablieferungspflichtigen Person fehlen.
OLG Hamburg, Urt. v.
9.9.2021 – 2 U 9/21
BGB
§§ 1812, 1915, 1975
Nachlassgerichtliche Genehmigungspflicht ist auch auf
Nachlassverwaltung anzuwenden
Auf die
Nachlassverwaltung als besondere Form der Nachlasspflegschaft (§
1975 BGB) sind die allgemeinen Pflegschaftsvorschriften und über
§ 1915 BGB die Vormundschaftsrechtsbestimmungen anwendbar,
sodass die Rechtshandlungen des Nachlassverwalters grundsätzlich
den allgemeinen gerichtlichen Genehmigungspflichten nach den §§
1810 ff. BGB unterliegen. Dies gilt auch für einen vom
Nachlassverwalter erklärten Rücktritt, der – entgegen einer in
der Lit. und Rspr. teilweise vertretenen Ansicht – nach § 1812
BGB generell genehmigungspflichtig ist.
(Leitsatz der
DNotI-Redaktion)
OLG Hamburg, Urt. v.
21.12.2021 – 2 U 11/21
Notarrecht/Verfahrensrecht
FamFG
§§ 6 Abs. 2, 14b Abs. 1 u. 2, 17 Abs. 2; ZPO §§ 130d, 569
Elektronische Übermittlung der Beschwerde zur Wahrung der
Beschwerdefrist
Eine sofortige
Beschwerde, die durch einen Rechtsanwalt nach dem 1.1.2022
eingelegt wird, muss auch in Familiensachen, die keine
Familienstreitsachen sind, elektronisch übermittelt werden, um
die Beschwerdefrist zu wahren.
OLG Frankfurt,
Beschl. v. 11.3.2022 – 5 WF 11/22
ZPO §
727
Nachweis der Rechtsnachfolge
durch Handelsregisterauszug; Anforderungen
Im Rahmen des § 727
ZPO sind grundsätzlich keine gesteigerten Anforderungen an die
Aktualität eines zum Nachweis der Rechtsnachfolge vorgelegten
Handelsregisterauszugs zu stellen.
OLG Karlsruhe,
Beschl. v. 15.12.2020 – 10 W 6/20
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