Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB §
320
Einrede des nicht erfüllten Vertrags bei geringfügigem Mangel des
Grundstücks
Weist die Kaufsache
einen behebbaren Mangel auf, ist der Käufer grundsätzlich selbst
dann berechtigt, gemäß § 320 Abs. 1 BGB die Zahlung des
Kaufpreises insgesamt zu verweigern, wenn es sich um einen
geringfügigen Mangel handelt (Bestätigung von Senat, Urteil vom
14. Februar 2020 – V ZR 11/18, BGHZ 225, 1 Rn. 53).
BGH, Urt. v.
19.11.2021 – V ZR 104/20
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 1020, 1023, 1027, 1028; EGBGB Art. 184, 189; AGBGB BW § 31; GBVO
BW § 21
Erlöschen einer vor Inkrafttreten des BGB entstandenen Dienstbarkeit
nach württembergischem Recht
1. Eine schon vor
Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende
Dienstbarkeit nach württembergischen Recht erlischt nach diesem
Recht nicht durch Nichtgebrauch, wenn sie in das Güterbuch
eingetragen ist. Es besteht eine tatsächliche Vermutung für die
Eintragung ins Güterbuch, wenn die Dienstbarkeit entsprechend
der damaligen Vorschriften zur Entlastung des Güterbuchs in ein
gesondertes Servitutenbuch eingetragen ist.
2. Ist eine Dienstbarkeit gemäß § 1028 BGB wegen einer ihrer
Ausübung entgegenstehenden Anlage teilweise erloschen und baut
der Eigentümer des dienenden Grundstücks die Anlage in
unverjährter Zeit um, so hängt die Frage, ob die Beseitigung des
Umbaus verlangt werden kann, davon ab, ob die von der umgebauten
Anlage ausgehende Beeinträchtigung der Dienstbarkeit die
bisherige Beeinträchtigung übersteigt (Anschluss OLG Hamburg,
Urteil v. 8. April 1998 – 13 U 52/15).
LG Stuttgart, Urt.
v. 1.4.2021 – 14 O 528/20
Erbrecht
VVG
a. F. § 5a; VAG § 10a Abs. 1; BGB §§ 812 Abs. 1 Var. 1, 818
Rückzahlungsansprüche von Erben ggü. einem Lebensversicherer
Der Anspruch der
Erben auf Rückzahlung von Versicherungsprämien des Erblassers oder
von hieraus gezogenen Nutzungen gem. §§ 812
Abs. 1 Var. 1, 818 BGB aufgrund Widerspruchs der Erben mit der
Begründung, dass dem Erblasser die Verbraucherinformationen
nicht vollständig erteilt worden sind oder eine
Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen worden ist,
kann – wie hier – verwirkt sein, wenn zwischen dem
Vertragsschluss und dem Widerspruch mehr als 10 Jahre liegen und der
Erblasser die Ansprüche aus dem streitgegenständlichen
Versicherungsvertrag unstreitig unmittelbar nach Vertragsschluss
– unter Einschluss der Todesfallleistung – zur
Darlehenssicherung abgetreten hat. In diesem Fall, ist davon
auszugehen, dass der Erblasser sein Widerspruchsrecht unabhängig
von einer vollständigen Verbraucherinformation nicht ausgeübt
hätte.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
OLG Frankfurt, Urt.
v. 21.6.2021 – 12 U 157/20
Gesellschaftsrecht
MaßnG-GesR § 2; GmbHG § 48 Abs. 2
Verschiebung einer Gesellschafterversammlung aufgrund der
Corona-Pandemie
Eine
außerordentliche Gesellschafterversammlung ist zu verschieben,
wenn eine Einreise von Gesellschaftern aufgrund der
Corona-Pandemie nicht rechtzeitig zu bewerkstelligen ist. Die
gesellschafterliche Treuepflicht verpflichtet Gesellschafter,
denen die Tagesordnung für die Gesellschafterversammlung erst 11
Tage vor der Versammlung mitgeteilt wird, nicht zu Anstrengungen
zur Ermöglichung der Einreise nach Deutschland, die über eine
(abschlägig beantwortete) Flugbuchungsanfrage hinausgehen.
LG Stuttgart, Urt.
v. 10.2.2021 – 40 O 46/20 KfH
Notarrecht/Verfahrensrecht
BGB §
2314; ZPO § 888
Auskunftserteilung über Nachlassbestand ist unvertretbare
Handlung
1. Die Erteilung der
Auskunft über den Nachlassbestand gem. § 2314 Abs. 1
BGB ist eine unvertretbare, nach § 888 ZPO zu vollstreckende
Handlung, und zwar auch dann, wenn sie durch Vorlage eines
notariellen Nachlassverzeichnisses zu erfolgen hat. Auch wenn
der Schuldner zur Erfüllung seiner Auskunftsverpflichtung der
Mitwirkung eines Dritten – eines Notars – bedarf, handelt es
sich nicht um eine Auskunftsverpflichtung des Notars
selbst, sondern um eine solche des Schuldners.
2. Im Vollstreckungsverfahren gem. § 888 ZPO ist der Schuldner
jedoch in Fällen, in denen die Möglichkeit der Vornahme einer
Handlung von der Mitwirkung eines Dritten abhängt und diese
Mitwirkung zweifelhaft ist, auch verpflichtet, die Handlung des
(ihm gegenüber) mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen
Intensität einzufordern, die ihm zustehenden tatsächlichen und
rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten zur Mitwirkung zu bewegen, und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen –
ggf. einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens – zu
ergreifen. Erst wenn feststeht, dass trotz derartigen intensiven
Bemühens um die Mitwirkungshandlung des Dritten diese nicht zu
erlangen ist, ist die titulierte unvertretbare Handlung nicht
unmittelbar erzwingbar.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
OLG Koblenz, Beschl.
v. 1.4.2021 – 12 W 50/21
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