Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BNotO
§ 15; BeurkG § 53
Wucherähnliches Geschäft; Vollzug eines Kaufvertrags bei Vorliegen
eines entsprechenden Verkehrswertgutachtens
1. Die Beschwerde
nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO kann auf neue Tatsachen gestützt
werden (§ 65 Abs. 3 FamFG i. V. m. § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO).
Unabhängig davon hat das Beschwerdegericht die Beschwerde wie
ein Erstgericht auf alle Gründe zu prüfen, die ihr zum Erfolg
verhelfen können (§ 68 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 15 Abs. 2 Satz 3
BNotO); dabei hat es auch nach der Entscheidung des Notars
bekanntgewordene Umstände zu berücksichtigen.
2. Bescheide oder Gutachten über den Wert eines verkauften
Grundstücks sind grundsätzlich ungeeignet, die evidente
Unwirksamkeit eines über das Grundstück geschlossenen
Kaufvertrags unter dem Gesichtspunkt eines wucherähnlichen
Rechtsgeschäfts gegenüber dem Notar zu belegen; er muss sie
daher im Rahmen seiner Vollzugstätigkeit nach § 53 BeurkG nicht
prüfen. Entsprechendes gilt für das Beschwerdegericht, das im
Rahmen einer Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO nur zu
entscheiden hat, ob der Notar pflichtwidrig handelt.
BGH, Beschl. v.
9.12.2021 – V ZB 25/21
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
EV
Art. 22 Abs. 1 S. 1; VZOG §§ 1 Abs. 3 S. 2, 7 Abs. 3, 8 Abs. 4, 11
Abs. 3; RTrAbwG § 27 Abs. 3; BImAG § 2 Abs. 2 S. 3; FinVermStVtr BE
Art. 6
Vermögenszuordnung für in West-Berlin belegene Vermögenswerte
In West-Berlin
belegene Vermögenswerte, als deren Eigentümer ehemalige
Gebietskörperschaften im Beitrittsgebiet eingetragen sind oder
waren, unterliegen der Vermögenszuordnung.
VG Berlin, Urt. v.
23.9.2021 – 29 K 8/21
Gesellschaftsrecht
GmbHG
§ 74 Abs. 1; FamFG §§ 21, 381
Keine Löschung der Gesellschaft bei laufendem Zivilverfahren
Eine Löschung der
Gesellschaft nach § 74 Abs. 1 GmbHG kommt nicht in Betracht, wenn
weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind. Dies ist etwa
dann der Fall, wenn die Gesellschaft noch als Beklagte Partei in
einem laufenden Zivilprozess ist.
KG, Beschl. v.
10.9.2021 – 22 W 51/21
Steuerrecht
GrEStG § 6a; AO § 163
Grunderwerbsteuer bei Verschmelzung von Genossenschaften nach
vorangegangenen Umwandlungen
1. Die Nichterhebung
der Steuer i. S. v. § 6a GrEStG setzt die Teilnahme eines
herrschenden Unternehmens am Umwandlungsvorgang voraus. Eine
Anwendung des § 6a GrEStG im Wege der teleologischen Reduktion
auf Fälle, in denen am Umwandlungsvorgang – wie hier – kein
Unternehmen mit einer Beteiligungshöhe von mindestens 95 %
beteiligt ist, scheidet aus.
2. Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen
nach § 163 AO scheidet mangels übermäßiger Besteuerung im
Zusammenhang mit § 6a GrEStG aus. Frühere
Grunderwerbsteuerbelastungen der an dem Umwandlungsvorgang
Beteiligten aufgrund vorheriger, als Zwischenschritte im Rahmen
eines „Gesamtplans“ ausgeführter Verschmelzungen führen nicht zu
einer unzulässigen Doppelbelastung. Mehrere Gesellschaften
bilden auch bei einem „Gesamtplan“ keine
grunderwerbsteuerrechtliche Einheit. Grunderwerbsteuerrechtlich
maßgebend ist vielmehr die zivilrechtliche Selbständigkeit von
Gesellschaften.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
FG Bremen,
Gerichtsbescheid v. 16.12.2020 – 2 K 151/19 (1)
Notarrecht/Verfahrensrecht
GNotKG § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; GBO § 53 Abs. 1
Aufschiebung der Wertfestsetzung oder summarische Beurteilung der
Sach- und Rechtslage durch das Nachlassgericht bei Widerspruch des
Grundbuchamts
1. Gehört ein
Grundstück zum Nachlass, ist bei der Ermittlung des
Nachlasswertes im Ausgangspunkt auf die Eintragung im Grundbuch
abzustellen.
a) Nur im Einzelfall kann eine reklamierte abweichende
Eigentumslage Berücksichtigung finden. Dies kann beispielsweise
in Betracht kommen, wenn die von der Eintragung abweichenden
Eigentumsverhältnisse zwischen allen Beteiligten unstreitig sind
oder sie sich zweifelsfrei aus öffentlichen Urkunden ergeben.
b) In allen anderen Fällen ist es demgegenüber nicht die Aufgabe
des Nachlassgerichts, die streitige materielle Eigentumslage im
Wertfestsetzungsverfahren selbst zu klären. Ihm obliegt weder
eine eigene Ermittlungspflicht noch hat es vor einer Festsetzung
des Verfahrenswertes die Eigentumslage in rechtlicher Hinsicht
zu prüfen.
c) Ist die in Rede stehende abweichende Eigentumslage bereits
Gegenstand eines anderen gerichtlichen Verfahrens, das für und
gegen den von der Gebührenfestsetzung Betroffenen rechtliche
Wirkung entfaltet, wird das Verfahren zur Festsetzung des
Verfahrenswertes zur Vermeidung sich widersprechender
gerichtlicher Entscheidungen im Allgemeinen nach § 21 FamFG bis
zum Abschluss des vorgreiflichen Prozesses auszusetzen sein.
2. Hat das Grundbuchamt gemäß § 53 Abs. 1 GBO von Amts wegen
einen Widerspruch eingetragen, darf das Nachlassgericht seiner
Ermittlung des Nachlasswertes nicht mehr alleine die
eingetragenen, aber unter Widerspruch stehenden
Eigentumsverhältnisse zugrunde legen.
a) Es kann seine Wertfestsetzung bis zur Klärung der
Rechtmäßigkeit des Amtswiderspruchs aufschieben und im Falle der
gerichtlichen Aufhebung des Widerspruchs auf die eingetragenen
Eigentumsverhältnisse zurückgreifen.
b) Das Nachlassgericht kann alternativ die mit dem Widerspruch
verbundenen Zweifel an der eingetragenen Eigentumslage
berücksichtigen und anhand aller Umstände des Falles prüfen, ob
das streitbefangene Grundstück in den Nachlass gefallen ist.
Dabei hat es die Eigentumslage nicht abschließend und zu seiner
vollen Überzeugung aufzuklären; vielmehr genügt – dem Zweck der
Wertfestsetzung folgend – eine bloß summarische Beurteilung der
Sach- und Rechtslage.
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 27.10.2021 – 3 Wx 173/21
ZPO §
867 Abs. 2
Amtswiderspruch gegen eine Zwangshypothek, wenn der Betrag bereits durch
mehrere eingetragene Einzelhypotheken gesichert ist
Zur Eintragung eines
Amtswiderspruchs gegen eine Zwangshypothek, die entgegen § 867
Abs. 2 ZPO eingetragen wird, obgleich der Betrag der titulierten
Forderung bereits vollständig durch mehrere Einzelhypotheken an
Grundstücken desselben Eigentümers gesichert ist.
OLG Schleswig,
Beschl. v. 12.10.2021 – 2 Wx 51/20
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