Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 13, 14; HGB § 344 Abs. 1
Verbraucherhandeln eines Einzelkaufmanns; Vermutung des § 344 Abs. 1
HGB
1. Die Vermutung des
§ 344 Abs. 1 HGB, wonach die von einem Kaufmann vorgenommenen
Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines
Handelsgewerbes gehörig gelten, findet im Rahmen der Einordnung
des rechtsgeschäftlichen Handelns eines Kaufmanns als
Verbraucher- oder Unternehmerhandeln nach §§ 13, 14 Abs. 1 BGB
jedenfalls dann keine Anwendung, wenn es sich bei dem Kaufmann
um eine natürliche Person (Einzelkaufmann) handelt
(Fortentwicklung des Senatsurteils vom 18. Oktober 2017 – VIII
ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 37; Abgrenzung zu BGH, Urteile vom
13. Juli 2011 – VIII ZR 215/10, NJW 2011, 3435 Rn. 19 und vom 9.
Dezember 2008 – XI ZR 513/07, BGHZ 179, 126 Rn. 22).
...
4. Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der
Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281
Abs. 1 BGB kann nach wie vor anhand der sogenannten fiktiven
Mangelbeseitigungskosten bemessen werden (im Anschluss an BGH,
Urteil vom 12. März 2021 – V ZR 33/19, NJW 2021, 1532 Rn. 11,
zur Veröffentlichung in BGHZ 229, 115 bestimmt und Beschluss vom
13. März 2020 – V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 41 ff. mwN;
Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17,
BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.).
BGH, Urt. v.
10.11.2021 – VIII ZR 187/20
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
GBO §§ 18, 35; BGB §§ 80, 84, 1923, 2096, 2101, 2106
Unmöglicher Nachweis der Rechtsfähigkeit einer Stiftung – Aufhebung
einer Zwischenverfügung
1. Stellt sich nach
Erlass einer Zwischenverfügung heraus, dass mit den darin
aufgezeigten Abhilfemitteln der Nachweis der Beseitigung eines
der Eintragung entgegen stehenden Hindernisses nicht erbracht
werden kann – hier Anerkennung einer als Erbin eingesetzten
Stiftung durch die Stiftungsaufsicht im Zeitpunkt des Erbfalls
–, ist die Zwischenverfügung aufzuheben; erscheinen nun andere
Mittel zur Beseitigung des Eintragungshindernisses geeignet, ist
dem Antragsteller mit einer weiteren Zwischenverfügung
Gelegenheit zu geben, die Beseitigung nachzuweisen.
2. Hat der Erblasser in einem öffentlichen Testament für den
Fall, dass eine von ihm als Erbin bestimmte Stiftung im Erbfall
noch nicht anerkannt sein sollte, einen Dritten – hier den
Stifter – zum Ersatzerben bestimmt, ist eine Auslegung dahin,
die Stiftung solle tatsächlich Nacherbin sein und der
Nacherbfall im Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung eintreten,
zwar nicht ausgeschlossen. Müssen hierzu aber weitere
Ermittlungen erfolgen, kann zum Nachweis der Erbfolge gegenüber
dem Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins erforderlich sein.
KG, Beschl. v.
12.8.2021 – 1 W 305/21
Familienrecht
BGB
§§ 107, 1629, 1643, 1795
Keine familiengerichtliche Genehmigung gegen den Willen des
Ergänzungspflegers; Schenkung von Wohnungseigentum nicht lediglich
rechtlich vorteilhaft
1. Will der
Ergänzungspfleger an dem Abschluss des Rechtsgeschäfts nicht
oder nicht mehr festhalten, so darf das Gericht den Abschluss
des Rechtsgeschäfts nicht gegen seinen Willen genehmigen.
2. Es liegt kein lediglich rechtlicher Vorteil nach § 107 BGB
bei schenkweiser Übertragung von
Wohnungseigentum vor, weil sich mit der Eigentümerstellung die
Mitgliedschaft in der
Wohnungseigentümergemeinschaft verbindet, aus der sich
persönliche Verpflichtungen ergeben können.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 1.7.2021 – 9 WF 158/21
Erbrecht
BGB
§§ 2077 Abs. 1, 2279 Abs. 1, 2084
Anwendung des § 2077 BGB bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft
1. § 2077 Abs. 1 BGB
enthält keine widerlegliche Vermutung, sondern eine dispositive
Auslegungsregel.
2. Haben die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
einen Erbvertrag geschlossen oder der Erblasser zu Gunsten
seines Partners ein Testament errichtet und heiraten die Partner
später, findet auch im Fall der Scheidung vor dem Tod § 2077 BGB
keine entsprechende Anwendung (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom
9. April 2009 – 3 U 43/08).
OLG Rostock, Beschl.
v. 13.7.2021 – 3 W 80/20
Gesellschaftsrecht
GmbHG § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 4; GesLV § 1; FamFG § 382 Abs. 4 S. 2
Prüfungsbefugnis des Registergerichts bei eingereichter
Gesellschafterliste
1. Verfügungen des
Registergerichts, mit denen dieses eine nach § 40 GmbHG
eingereichte Gesellschafterliste beanstandet und zur Hergabe
einer korrigierten Fassung auffordert, stellen keine nach § 382
Abs. 4 S. 2 FamFG anfechtbare Zwischenverfügungen dar. Es
handelt sich vielmehr um Endentscheidungen, mit denen die
Aufnahme der tatsächlich eingereichten Liste abgelehnt wird.
Diese sind mit der Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG anfechtbar.
2. Die Prüfungsbefugnis des Registergerichts, ob die
eingereichte Gesellschafterliste den formellen Anforderungen des
§ 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG entspricht, umfasst auch die Prüfung, ob
die Vorgaben der am 01.07.2018 in Kraft getretenen Verordnung
über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste (GesLV)
eingehalten werden.
3. Die am 01.07.2018 in Kraft getretene Verordnung über die
Ausgestaltung der Gesellschafterliste (GesLV) hat mit § 1 Abs. 2
den Grundsatz der Nummerierungskontinuität eingeführt. Seitdem
ist eine Abänderung der Nummerierung der Geschäftsanteile nur
noch in den durch die Verordnung bestimmten Fällen zulässig.
4. Die bloße Übertragung bestehender Geschäftsanteile auf neue
Gesellschafter rechtfertigt eine Neunummerierung der
Geschäftsanteile nicht.
OLG Oldenburg,
Beschl. v. 26.7.2021 – 12 W 71/21
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