Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB §
2314 Abs. 1 S. 2
Anspruch auf Wertermittlung bei Veräußerung des Nachlassgegenstands
Dem Anspruch des
Pflichtteilsberechtigten auf Wertermittlung gemäß § 2314 Abs. 1
Satz 2 Halbsatz 2 BGB steht nicht der Umstand entgegen, dass der
Nachlassgegenstand vom Erben nach dem Erbfall veräußert wurde.
BGH, Urt. v.
29.9.2021 – IV ZR 328/20
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 280 Abs. 1, 281, 313
Risiken der Bebaubarkeit und Erschließung verbleiben grds.
beim Käufer des Grundstücks
1. Ist weder die
Frage der Bebaubarkeit noch die Frage der voraussichtlichen
Erschließung eines Grundstückes zum Vertragsinhalt geworden,
verbleiben die Risiken betreffend Bebaubarkeit und Erschließung
grundsätzlich (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 23. Februar 1995 – 1
U 147/94, NJW-RR 1995, 1105) beim Käufer, sofern sich nicht
ausnahmsweise eine Risikoverlagerung auf den Verkäufer durch
gesonderte Vereinbarungen der Vertragsparteien ergibt.
2. Ist eine solche gesonderte Vereinbarung nicht festzustellen,
können bei Unterbleiben einer öffentlichen Widmung oder bei
fehlender Bebaubarkeit weder Ansprüche wegen nachvertraglicher
Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB noch Ansprüche auf
Vertragsanpassung wegen des Wegfalles der Geschäftsgrundlage
gemäß § 313 BGB gegen den Verkäufer gerichtet werden.
LG Dessau-Roßlau,
Urt. v. 19.3.2021 – 2 O 704/19
GBO
§§ 40, 82 S. 1 u. 2; FamFG § 65 Abs. 3
Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs und dadurch Unrichtigkeit
des Grundbuchs
1. Ist das Grundbuch
im Hinblick auf die Eintragung des Eigentümers durch
Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs – vor allem, wie hier,
aufgrund Erbgangs – unrichtig geworden und hat das Grundbuchamt
deshalb dem jetzigen Eigentümer – mithin hier dem/den Erben –
nach § 82 Satz 1 GBO die Verpflichtung auferlegt, den Antrag auf
Grundbuchberichtigung zu stellen und die dazu erforderlichen
Unterlagen zu beschaffen, so soll das Grundbuchamt auf die
(unbeschränkte) Grundbuchbeschwerde eines Miterben gegen die
gerichtliche Entschließung hin Maßnahmen des
Grundbuchberichtigungszwangs nach § 82 Satz 2 GBO zurückstellen,
solange berechtigte Gründe vorliegen (namentlich, wenn der Erbe
– wie hier mit Blick auf einen nach Eingang des Rechtsmittel
vorgelegten, notariell beurkundeten Vermächtniserfüllungs- und
Auseinandersetzungsvertrag – durch seine Eintragung mit im
Hinblick auf § 40 GBO entbehrlichen Kosten belastet würde).
2. Zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses nach § 65 Abs. 3
FamFG wegen veränderter Umstände mit Blick auf im
Beschwerdeverfahren zu berücksichtigende neue Tatsachen (hier:
notariell beurkundeter Vermächtniserfüllungs- und
Auseinandersetzungsvertrag).
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 5.3.2021 – 3 Wx 192/20
Familienrecht
BGB §§ 1591, 1592 Nr. 1, 1600d Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1, 6
Gesetzliche Elternstellung nach ärztlich unterstützter künstlicher
Befruchtung in gleichgeschlechtlicher Ehe
Der Senat hält es
für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, dass ein Kind, das nach
einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung im Sinne
des § 1600d Abs. 4 BGB von einer in gleichgeschlechtlicher Ehe
lebenden Mutter geboren wird, kraft Gesetzes nur einen
rechtlichen Elternteil hat.
KG, Beschl. v.
24.3.2021 – 3 UF 1122/20
Erbrecht
BGB
§§ 157, 242, 1944 Abs. 1 u. 2 S. 1, 1953
Zur Auslegung eines privatschriftlichen Testaments
1. Zur Auslegung
eines privatschriftlichen Testaments, mit dem der Erblasser
bestimmt, „seine Ehefrau solle die Wohnung einschließlich der
Einrichtung erhalten und außerdem über sein gesamtes Vermögen
verfügen können. … Nach dem Ableben seiner Ehefrau solle die
Tochter des Erblassers aus einer früheren Ehe alles erhalten,
was noch verblieben sei", als Einsetzung der Ehefrau des
Erblassers zu seiner Vorerbin und seiner Tochter als deren
Nacherbin.
2. Ein im Rahmen des § 1944 Abs. 2 Satz 1 beachtlicher, einen
späteren Beginn der Ausschlagungsfrist für die Anfechtung der
Annahme der Vorerbschaft bzw. Ausschlagung der Erbschaft (hier
der Erben der Vorerbin wegen Beschränkung deren Erbes durch die
Nacherbschaft der Tochter des Erblassers) auslösender
Rechtsirrtum ist nicht anzunehmen, wenn der Erbe subjektiv
zweifelt, die Rechtslage sich indes bei objektiver Beurteilung
als völlig eindeutig darstellt (Hier bietet die als Erben der
zweiten Ehefrau des Erblasser abgegebene notarielle Erklärung
der Kinder, „ihre Mutter habe die Erbschaft als Vorerbin nach dem
Erblasser niemals annehmen wollen; dass ihre Mutter nur als
Vorerbin des Erblassers gelte, hätten sie, ihre Kinder erst
durch Schreiben des Nachlassgerichts erfahren“, keinen Anhalt für
einen relevanten Rechtsirrtum.).
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 16.3.2021 – 3 Wx 197/20
Notarrecht/Verfahrensrecht
BNotO
§ 18 Abs. 2
Zur Befreiung eines Notars von seiner beruflichen
Verschwiegenheitspflicht
1. Im Rahmen der
Entscheidung der Aufsichtsbehörde nach § 18 Abs. 2, Hs.
2 BNotO hat diese nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob
der verstorbene Beteiligte, wenn er noch lebte, bei verständiger
Würdigung der Sachlage die Befreiung erteilen würde oder ob
unabhängig hiervon durch den Todesfall das Interesse an einer
weiteren Geheimhaltung entfallen ist. Da nicht allein das
Versterben des Erblassers dessen Geheimhaltungsinteresse
entfallen lässt, bedarf es für die Entscheidung über die
Befreiung des Notars von der Verschwiegenheitspflicht der
Feststellung, wem gegenüber und hinsichtlich welcher Tatsachen
das Geheimhaltungsinteresse des verstorbenen Beteiligten
entfallen ist.
2. Die Aufsichtsbehörde hat nur über die auf einen bestimmten
tatsächlichen Vorgang bezogene Befreiung von der
Verschwiegenheitspflicht zu entscheiden und nicht darüber, ob
überhaupt und wie der bei einer stattgebenden Entscheidung von
seiner Verschwiegenheitspflicht entbundene Notar dem
Auskunftsbegehrenden die erstrebte Information zu verschaffen
hat und ob er dazu bereit ist.
3. Da grundsätzlich von einem Interesse des Erblassers zur
Verschwiegenheit auszugehen ist, braucht es für die Annahme
eines Offenbarungswillens konkrete Anhaltspunkte/Gründe dafür,
dass die begehrte Offenbarung nötig ist, um dem Willen des
Erblassers Geltung zu verschaffen.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG Köln, Urt. v.
29.12.2020 – Not 09/20
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