Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BauGB
§ 172; WEG § 30
Genehmigungsvorbehalt bei Aufteilung eines Erbbaurechts in Wohnungs-
und Teilerbbaurechte; analoge Anwendung des § 172 BauGB
Zumindest in
Umgehungsfällen, in denen der Eigentümer sich selbst oder einer
Sanierungsgesellschaft ein Erbbaurecht bestellt, das in engem
zeitlichem Zusammenhang dazu in Wohnungs- und Teilerbbaurechte
aufgeteilt wird, gilt entsprechend § 172 BauGB der
Genehmigungsvorbehalt auch für die Aufteilung des Erbbaurechts
in Wohnungs- und Teilerbbaurechte.
OLG München, Beschl.
v. 17.5.2021 – 34 Wx 101/21
Immobilienrecht/allg.
Zivilrecht
BGB
§§ 164 Abs. 1, 167 Abs. 1; GBO §§ 29 Abs. 1, 35 Abs. 1
Nachweis der Vertretungsmacht bei transmortaler Vollmacht des
eingetragenen Berechtigten
Eine transmortale
Vollmacht des eingetragenen Berechtigten genügt zum Nachweis der
(Vertretungs-) Macht des Bevollmächtigten auch dann, wenn dieser
erklärt, Alleinerbe des Vollmachtgebers zu sein; es bedarf
keines Nachweises der Erbfolge in der Form des § 35 Abs. 1 GBO
(Fortführung von Senat, Bes. v. 22. Oktober 2020 – 1 W 1357/20,
MDR 2021, 162; entgegen OLG Hamm, Bes. v. 10. Januar 2013 – I-15
W 79/12, FGPrax 2013, 148; OLG München, Bes. v. 31. August 2016
– 34 Wx 273/16, NJW 2016, 3381).
KG, Beschl. v.
2.3.2021 – 1 W 1503/20
Erbrecht
BGB
§§ 133, 242, 2069, 2094 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 3
Zur Auslegung eines notariellen Testaments bzgl. Anwachsung
oder Ersatzerbschaft
Setzt die
unverheiratete, kinderlose Erblasserin in einem notariellen
Testament (1997) ihre Nichte und ihren Neffen (Kinder ihrer
Halbschwester) zu gleichen Teilen als Miterben ein (§ 1), trifft
Grabpflegeanordnungen (§ 2) und erklärt, weiter habe sie nichts
zu bestimmen (§ 3), so ergibt die Auslegung mangels
Anwendbarkeit der Zweifelsregel des § 2069 BGB sowie
entsprechender Anhaltspunkte nicht, dass die Erblasserin ihren
Neffen „als Ersten seines Stammes“ und demnach bei seinem
„Ausfall“ dessen Kinder als Ersatzerben berufen wollte, sondern
eine erstrebte Alleinerbenstellung der Nichte infolge Anwachsung
(§ 2094 Abs. 1 Satz 1 BGB).
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 12.1.2021 – 3 Wx 132/20
Notarrecht/Verfahrensrecht
BNotO
§§ 31, 75 Abs. 5 S. 1
Fernbleiben eines Notars von Schlichtungsversuch bei
der Notarkammer vor Anrufung eines staatlichen Gerichts; Ermahnung
des Notars
1. Verfahren nach §
75 Abs. 5 Satz 1 BNotO betreffen disziplinargerichtliche
Streitigkeiten, für die in Bayern nach § 2 Satz 1 BayNotV das
Bayerische Oberste Landesgericht zuständig ist.
2. Die in Ziffer XI 1.2 der Richtlinienempfehlungen der
Bundesnotarkammer vom 29. Januar 1999 und Ziffer XI 1.2 der
entsprechenden Richtlinie der Bayerischen Notarkammer
vorgesehene Pflicht der Notare, vor der Anrufung eines
staatlichen Gerichts wegen einer Auseinandersetzung mit einem
anderen Notar einen Schlichtungsversuch bei der Notarkammer
durchzuführen, verletzt weder die Berufsfreiheit der Notare nach
Art. 12 Abs. 1 GG noch deren Justizgewährleistungsanspruch.
3. Eine Pflicht des Notars, an einem im Schlichtungsverfahren im
Sinne von XI. 1.2 der Richtlinie der Bayerischen Notarkammer
anberaumten Schlichtungstermin persönlich teilzunehmen, ergibt
sich nicht unmittelbar aus § 31 BNotO.
4. Eine analoge Anwendung der Bestimmungen des Bayerischen
Schlichtungsgesetzes auf vor der Notarkammer Bayern
durchzuführende Schlichtungsverfahren zwischen Notaren kommt
nicht in Betracht.
5. Mangels einer entsprechenden ausdrücklichen Bestimmung
verletzt ein Notar, der sich in einem solchen Schlichtungstermin
von einem Rechtsanwalt vertreten lässt und nicht persönlich
erscheint, seine Berufspflichten nicht.
6. Der Festsetzung eines Gegenstandswerts für Verfahren § 75
Abs. 5 Satz 1 BNotO bedarf es nicht.
BayObLG, Beschl. v. 16.2.2021 – 501 DSNot 2/20
GNotKG §§ 51, 112, 113 Abs. 1; GNotKG KV Nr. 21100, Nr. 21102, Nr.
24200
Gebühr für Auflassungserklärung nach Ausübung eines Vorkaufsrechts
durch den Vorkaufsberechtigten
1. Im Falle einer
Auflassungserklärung nach Ausübung eines Vorkaufsrechts durch
den Vorkaufsberechtigten ist der Kaufvertrag mit dem Erstkäufer
nicht das zugrundeliegende Geschäft im Sinne von Nr. 21102 Nr. 1
KV/GNotKG, so dass für die Beurkundung der Auflassung eine 2,0
Gebühr gemäß Nr. 21100 KV/GNotKG anfällt.
2. Für eine Anrechnung einer Beratungsgebühr auf die Gebühr für
ein anderes Verfahren oder Geschäft gemäß Nr. 24200 Absatz 2 KV/GNotKG
genügt es bereits, wenn bezüglich der jeweiligen Gegenstände
eine Teilidentität gegeben ist. Weicht der Beratungsgegenstand
von dem Gegenstand des anderen Verfahrens bzw. des anderen
Geschäfts dergestalt ab, dass hinsichtlich der
Rechtsverhältnisse nur eine Teilidentität besteht, so findet die
Anrechnung insoweit statt, wie sich die Rechtsverhältnisse
decken.
3. Ob eine Beurkundung „demnächst“ im Sinne von Nr. 24200 Absatz
2 KV/GNotKG erfolgt, richtet sich unter Berücksichtigung der
Umstände des Einzelfalles danach, ob eine Situation eingetreten
ist, in der der Notar seine bisherigen Arbeitsergebnisse nicht
mehr nutzen konnte und deshalb ein einem neuen
Beurkundungsverfahren vergleichbarer Aufwand angefallen ist, so
dass es gerechtfertigt ist, dem Notar zusätzlich zu der Gebühr
der isolierten Beratung die vollen Gebühren für ein neues
Beurkundungsverfahren zuzubilligen. Eine (analoge oder
regelmäßige) Anwendung der Frist aus der Vorbemerkung 2.1.3 Abs.
1 S. 2 KV/GNotKG kommt nicht in Betracht.
4. Der Wert eines im Grundbuch eingetragenen, jedoch zweifellos
erloschenen Vorkaufsrechtes ist gemäß § 51 Absatz 3 GNotKG zu
bewerten.
5. Gemäß § 113 Absatz 1 GNotKG ist für den Geschäftswert der
Betreuungsgebühr der Verfahrenswert für die zugrundeliegende
Beurkundung maßgeblich. Eine Beschränkung des Wertes für die
Betreuungsgebühr auf den von der Betreuungstätigkeit betroffenen
Beurkundungsgegenstand findet nicht statt.
6. Ist der Betreuungstätigkeit kein Beurkundungsverfahren
vorangegangen, dessen Wert gemäß § 113 Absatz 1 GNotKG zugleich
für die Wertbestimmung der Betreuungsgebühr maßgeblich sein
könnte, ist in entsprechender Anwendung von § 112 Satz 2 GNotKG
derjenige Wert als Geschäftswert anzunehmen, der maßgeblich
wäre, wenn eine der Betreuungstätigkeit zugrundeliegende Urkunde
Gegenstand eines Beurkundungsverfahrens wäre.
KG, Beschl. v.
26.1.2021 – 9 W 96/19
ZPO
§§ 750 Abs. 2, 189
Zustellung von Nachweisurkunden im Original
oder in Ausfertigung
Ist die Zustellung
von Nachweisurkunden gemäß § 750 Abs. 2 ZPO erforderlich, müssen
die Urkunden dem Gerichtsvollzieher im Original oder in
Ausfertigung vorgelegt werden, wenn auch die qualifizierte
Klausel aufgrund des Originals (oder der Ausfertigung) erteilt
wurde. Geschieht dies nicht, kommt eine Heilung des
Zustellungsmangels (§ 189 ZPO) nicht in Betracht.
LG Kassel, Beschl.
v. 8.1.2021 – 3 T 558/20
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