Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
HGB §§ 160, 161 Abs. 2
Zeitliche Begrenzung der Außenhaftung bei Herabsetzung der
Haftsumme; Beginn der Nachhaftungsfrist
a) Im Fall der
Herabsetzung der Haftsumme wird die Außenhaftung des
Kommanditisten für Altverbindlichkeiten im Umfang des die neue
Haftsumme übersteigenden Betrags entsprechend § 160 Abs. 1 und
2, § 161 Abs. 2 HGB zeitlich begrenzt.
b) Bei der entsprechenden Anwendung der § 160 Abs. 1 und 2, §
161 Abs. 2 HGB auf die Herabsetzung der Hafteinlage eines
Kommanditisten beginnt die fünfjährige Nachhaftungsfrist
unabhängig von der Eintragung der Kapitalherabsetzung in das
Handelsregister bereits mit dem Ende des Tages, an dem der
Gesellschaftsgläubiger positive Kenntnis von dem
Herabsetzungsbeschluss erlangt.
c) Mit Ablauf der Nachhaftungsfrist des § 160 HGB entfällt in
entsprechender Anwendung des § 217 BGB nicht nur die Haftung für
den geltend gemachten Hauptanspruch, sondern auch die Haftung
für die von ihm abhängenden Nebenleistungen.
BGH, Urt. v.
4.5.2021 – II ZR 38/20
Erbrecht
BGB
§§ 138, 1936, 1964, 2229 Abs. 4
Sittenwidrigkeit eines notariellen Testaments zugunsten eines
Berufsbetreuers
1. Zur Feststellung
der Testierunfähigkeit eines unter Betreuung stehenden
Erblassers.
2a. Ungeachtet der nach wie vor fehlenden Wertung des
Gesetzgebers, dass Zuwendungen des Betreuten an den Betreuer als
sittenwidrig anzusehen sind, kann ein notarielles Testament
zugunsten einer Berufsbetreuerin und eines „Seniorenbetreuers“
sittenwidrig sein, wenn – wie vorliegend – eine Berufsbetreuerin
ihre gerichtlich verliehene Stellung und ihren Einfluss auf
einen älteren, kranken und alleinstehenden Erblasser dazu
benutzt, gezielt auf den leicht beeinflussbaren Erblasser
einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, vor einer von ihr
herangezogenen Notarin in ihrem Sinne letztwillig zu verfügen.
2b. Dass als Folge der Nichtigkeit des Testaments der Fiskus
erben wird (§ 1936 S. 1 BGB), verändert den Maßstab bei der
Anwendung von § 138 BGB nicht zu Gunsten der eingesetzten Erben.
OLG Celle, Urt. v.
7.1.2021 – 6 U 22/20
Gesellschaftsrecht
BGB
§§ 26 Abs. 1 S. 2 u. 3, 86 S. 1; GmbHG § 11 Abs. 1
GmbH-Gründung: Vertragsschluss mit Vorgründungsgesellschaft;
grds. unbeschränkte Vertretungsmacht des Vorstands einer Stiftung
a) Die Auslegung
eines vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags von den Gründern
eingegangenen Rechtsgeschäfts kann ergeben, dass ausschließlich
die erst zu gründende, noch nicht existierende GmbH berechtigt
und verpflichtet werden soll. In diesem Fall ist regelmäßig
davon auszugehen, dass die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts unter
der aufschiebenden Bedingung der Entstehung der GmbH steht. Ein
solches Rechtsgeschäft ist nach § 177 BGB genehmigungsbedürftig
(Anschluss an und Fortentwicklung von BGH, Urteile vom 20. Juni
1983 – II ZR 200/82, NJW 1983, 2822; vom 7. Mai 1984 – II ZR
276/83, BGHZ 91, 148, 153; vom 13. Januar 1992 – II ZR 63/91,
GmbHR 1992, 164 und vom 7. Februar 1996 – IV ZR 335/94, WM 1996,
722, 723).
b) Die Vertretungsmacht des Vorstands einer Stiftung ist gemäß §
26 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 86 Satz 1 BGB umfassend und
unbeschränkt, soweit sie nicht nach § 26 Abs. 1 Satz 3 i. V. m.
§ 86 Satz 1 BGB durch die Satzung beschränkt wird. Einer
generellen Einschränkung durch den Stiftungszweck unterliegt sie
nicht (Aufgabe von BGH, Urteile vom 30. März 1953 – IV ZR
176/52, GRUR 1953, 446 und vom 16. Januar 1957 – IV ZR 221/56,
LM Nr. 1 zu § 85 BGB).
c) Eine die Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands
einschränkende Satzungsbestimmung wirkt gegenüber Dritten nur,
wenn sie auch den Umfang der Beschränkung klar und eindeutig
regelt. Einer näheren Konkretisierung des Kriteriums der
steuerrechtlichen „Gemeinnützigkeit“ bedarf es dabei
grundsätzlich nicht.
BGH, Urt. v.
15.4.2021 – III ZR 139/20
OWiG
§§ 3, 30 Abs. 1 u. 2a; UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 103 Abs. 2
Kartellbußgeldsache: Festsetzung einer Geldbuße gegen juristische
Person nach § 30 Abs. 1 OWiG bei Gesamtrechtsnachfolge
a) Der zeitliche
Anwendungsbereich des § 30 Abs. 2a OWiG ist eröffnet, wenn nach
dessen Inkrafttreten am 30. Juni 2013 nicht nur die (partielle)
Gesamtrechtsnachfolge nach der gemäß § 30 Abs. 1 OWiG
verantwortlichen juristischen Person oder Personenvereinigung,
sondern auch die Beendigung der von ihrer Leitungsperson
begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit eingetreten ist.
b) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG führt die Eintragung der
Verschmelzung im Register dazu, dass ein rechtskräftig gegen den
Rechtsvorgänger festgesetztes Bußgeld, also die
Zahlungsverpflichtung als solche, auf den Rechtsnachfolger
übergeht. Steht aufgrund eines teilrechtskräftigen Erkenntnisses
lediglich fest, dass der Rechtsvorgänger für die Tat seiner
Leitungsperson bußgeldrechtlich verantwortlich gewesen ist,
bewirkt die Vorschrift keinen Eintritt in diese
Verantwortlichkeit.
BGH, Beschl. v.
8.3.2021 – KRB 86/20
Notarrecht/Verfahrensrecht
GNotKG § 19 Abs. 1 S. 1
Zu den Anforderungen an die Form der Erhebung von Notarkosten;
Übermittlung der Kostenrechnung per E-Mail unzureichend
Die Übersendung
einer Notarkostenrechnung per E-Mail wird der Formvorschrift des
§ 19 Abs. 1 GNotKG nicht gerecht.
LG Bremen, Beschl.
v. 19.8.2020 – 4 T 396/19
GNotKG §§ 45 Abs. 3, 52
Geschäftswert für die Eintragung einer Grunddienstbarkeit zum
Betrieb einer Photovoltaikanlage
Zur Berechnung des
Geschäftswertes für die Eintragung einer Grunddienstbarkeit zum
Betrieb einer Photovoltaikanlage im Grundbuch und ihrer
Vormerkung.
OLG Rostock, Beschl.
v. 5.10.2020 – 3 W 98/20
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