Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
GmbHG § 16 Abs. 1 S. 1
Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses; negative
Legitimationswirkung der Gesellschafterliste
1a. Der Anfechtung
eines Gesellschafterbeschlusses durch einen zum Zeitpunkt der
Beschlussfassung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils
eingetragenen Gesellschafter einer GmbH steht grundsätzlich die
negative Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG
entgegen.
1b. Fehlt dem Kläger die Anfechtungsbefugnis, weil er nicht als
Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste
eingetragen ist, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur
Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung
gerichteten Klageanträgen.
2. Die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung
einer GmbH kann analog § 244 Satz 1 AktG nicht mehr geltend
gemacht werden, wenn die Gesellschafterversammlung den
anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat
und dieser Beschluss nicht fristgerecht angefochten oder die
Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist.
BGH, Urt. v.
26.1.2021 – II ZR 391/18
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
GBO
§§ 29, 35; BGB §§ 1936, 1964
Nachweis der Erbenstellung des Fiskus im Grundbuchverfahren
1. Ein vorhandener
Feststellungsbeschluss über das Fiskus-Erbrecht gemäß § 1964 BGB
erübrigt im Grundbuchverfahren nicht den gemäß § 35 GBO durch
Vorlage eines Erbscheins zu erbringenden Nachweis der Erbfolge
nach dem eingetragenen Berechtigten.
2. Gibt der um Löschung einer Sicherungshypothek nachsuchende
Antragsteller ernsthaft und endgültig zu erkennen, dass er nicht
gewillt ist, die vom Grundbuchamt hierzu für erforderlich
gehaltenen Voraussetzungen zu erfüllen, so darf das Grundbuchamt
nicht durch Zwischenverfügung entscheiden, sondern muss – auf
der Basis seiner eigenen Rechtsauffassung – über den
Eintragungsantrag entscheiden (Bestätigung der
Senatsrechtsprechung zuletzt FGPrax 2019, 102).
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 28.2.2020 – 3 Wx 12/19
WEG
§§ a. F. 14 Nr. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 4, 22 Abs. 1 u. 2, 21 Abs. 4 u. 5
Nr. 2; BGB § 1004 Abs. 1 u. 2
Bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums durch einzelnen
Wohnungseigentümer
a) § 16 Abs. 4 WEG
a. F. steht einem Beschluss nicht entgegen, der einzelnen
Wohnungseigentümern die Durchführung einer baulichen Veränderung
des Gemeinschaftseigentums mit der Maßgabe gestattet, dass die
bauwilligen Wohnungseigentümer sämtliche Errichtungskosten und
Folgekosten der Maßnahme tragen. Dies gilt auch dann, wenn eine
solche – hinreichend bestimmt beschriebene – Maßnahme im
Zeitpunkt des Beschlusses noch nicht geplant ist.
b) Hat ein Wohnungseigentümer eigenmächtig eine bauliche
Veränderung des Gemeinschaftseigentums vorgenommen, haben die
Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz, dies mit der Maßgabe
zu genehmigen, dass der die Veränderung vornehmende
Wohnungseigentümer die Folgekosten der Maßnahme trägt.
BGH, Urt. v.
15.5.2020 – V ZR 64/19
Erbrecht
BGB
§§ 2303, 2346
Fortwirken eines gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichts
trotz Rückübertragung des Verzichtsgegenstands
Für die Annahme, ein
gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht sei unter der
stillschweigenden auflösenden Bedingung der Rückübertragung der
betreffenden Immobilie vereinbart worden, bedarf es mit Blick
auf die Beweislastverteilung erheblicher Anhaltspunkte.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
OLG Saarbrücken,
Urt. v. 12.2.2020 – 5 U 59/19
Gesellschaftsrecht
GmbHG
§ 13 Abs. 3; HGB §§ 6, 18 Abs. 2 S. 1 u. 2; StBerG § 5
Verstoß gegen den Grundsatz der Firmenwahrheit; Anschein von tatsächlich nicht zum
Geschäftsbetrieb gehörender Tätigkeiten
1. Die Firma „T…
GmbH“ („TAX-Care“ bedeutet ins Deutsche übersetzt so viel wie
„Steuer-Hilfe“, „Steuer-Vorsorge“, „Steuer-Pflege“,
„Steuer-Sorgfalt“, „Steuer-Versorgung“) ist bei verständiger
Würdigung geeignet, aus der objektivierten Sicht eines
durchschnittlichen Angehörigen der beteiligten Verkehrskreise
den Eindruck hervorzurufen, zu ihrem Geschäftsbetrieb gehöre –
wie gerade nicht der Fall und überdies rechtlich unzulässig –
(auch) die steuerrechtliche Vorsorge, Betreuung, Beratung oder
Hilfe in Steuerangelegenheiten, was sich nicht mit dem Grundsatz
der Firmenwahrheit vereinbart.
2. Berufsständische Organe der freien Berufe sind
beschwerdeberechtigt, wenn das Registergericht ihren Antrag auf
amtswegige Löschung einer Firma wegen Vorliegens eines
wesentlichen Mangels bzw. ihre Anregung zur Einleitung eines
entsprechenden Verfahrens abgelehnt hat.
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 16.3.2020 – 3 Wx 133/19
Notarrecht/Verfahrensrecht
BNotO § 18 Abs. 2
Interesse an der weiteren Geheimhaltung und Befreiung von der
Verschwiegenheitspflicht nach dem Tod
a) Im Rahmen des §18
Abs.2, 2. Halbs. BNotO hat die Aufsichtsbehörde nach
pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob der verstorbene
Beteiligte, wenn er noch lebte, bei verständiger Würdigung der
Sachlage die Befreiung erteilen würde oder ob unabhängig hiervon
durch den Todesfall das Interesse an einer weiteren
Geheimhaltung entfallen ist (Fortführung von Senatsbeschluss vom
10.März 2003 – NotZ 23/02, DNotZ 2003, 780, 781, juris Rn.22).
b) Dabei ist nur über die auf einen bestimmten tatsächlichen
Vorgang bezogene Befreiung des Notars von der
Verschwiegenheitspflicht zu entscheiden, aber nicht (auch nicht
nur mittelbar) darüber, ob überhaupt und wie der bei einer
stattgebenden Entscheidung von seiner Verschwiegenheitspflicht
entbundene Notar dem Antragsteller die erstrebte Information zu
verschaffen hat.
c) Mit dem Tod entfällt das Interesse des Erblassers an der
Geheimhaltung seines letzten Willens den gesetzlichen Erben
gegenüber insoweit, als der letzte Wille diese betrifft. Denn um
die Verwirklichung des letzten Willens sicherzustellen, müssen
insbesondere über die Erbeinsetzung der testamentarischen Erben
und die damit verbundene Enterbung der gesetzlichen Erben auch
letztere informiert werden.
BGH, Beschl. v.
20.7.2020 – NotZ(Brfg) 1/19
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