Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 u. 2, Abs. 2a, 3 Nr. 8
Grundstückserwerb durch Treuhänder; Grunderwerbsteuerpflichtigkeit
Ein Erwerbsvorgang
ist nicht bereits deshalb grunderwerbsteuerfrei, weil der
Erwerber das Grundstück lediglich als Treuhänder für den
Veräußerer als Treugeber halten soll.
BFH, Beschl. v.
30.11.2020 –
II B 41/20
Familienrecht
BGB §
242
Kindesunterhalt; keine Verwirkung bei Unterlassen der Geltendmachung nach Titulierung
1. Das bloße
Unterlassen der Geltendmachung des Unterhalts oder der
Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung kann das
Umstandsmoment der Verwirkung nicht begründen. Hinzutreten muss
ein Vertrauen begründendes Verhalten des Gläubigers, das dem
Schuldner Grund zu der Annahme gibt, der Unterhaltsberechtigte
werde seinen Unterhaltsanspruch endgültig nicht mehr geltend
machen, insbesondere weil er seinen Rechtsstandpunkt aufgegeben
hat.
2. Das gilt erst recht bei titulierten Ansprüchen, denn mit der
Verschaffung eines Vollstreckungstitels zeigt der Gläubiger
bereits, dass er diesen über die gesamte Verjährungsfrist hin
auch geltend machen will.
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 20.5.2020 – 13 WF 84/20
FamFG
§ 68 Abs. 3 S. 2; BGB §§ 1361 Abs. 1, 1579 Nr. 2; EuUntVO Art. 3
lit. a u. b, 15; HUP Art. 3 Abs. 1
Trennungsunterhaltsanspruch aufgrund neuer verfestigter
Lebensgemeinschaft
1. Eine verfestigte
Lebensgemeinschaft i. S. v. § 1579 Nr. 2 BGB kann angenommen
werden, wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa
ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer
Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere
gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen
Familienheims oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine
verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen.
2. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft i. S. v. § 1579 Nr. 2
BGB erfordert, dass die Partner ihre Lebensgemeinschaft so
aufeinander eingestellt haben, dass sie wechselseitig
füreinander einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und
Unterstützung gewähren und damit das Zusammenleben ähnlich
gestalten wie Ehegatten.
3. Dies lässt sich grundsätzlich erst nach einer gewissen
Mindestdauer der Beziehung beurteilen, wobei im Regelfall eine
verfestigte Lebensgemeinschaft i. S. v. § 1579 Nr. 2 BGB nach
zwei bis drei Jahren angenommen werden kann. Bei Paaren, die
nicht zusammenwohnen, ist eine verfestigte Beziehung im
Regelfall dann erreicht, wenn die Partner seit fünf Jahren in
der Öffentlichkeit, bei gemeinsamen Urlauben und der
Freizeitgestaltung als Paar auftreten und Feiertage und
Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 22.6.2020 – 9 UF 254/19
Erbrecht
BGB
§§ 2069, 2108 Abs. 2 S. 1
Anwendbarkeit von § 2069 BGB bei Veräußerung des
Nacherbenanwartschaftsrechts
1. Ein
Nacherbenanwartschaftsrecht ist grundsätzlich übertragbar und
vererblich; ob ein entgegenstehender Wille des Erblassers
vorgelegen hat und er eine Ersatznacherbschaft angeordnet hat,
ist durch Auslegung der letztwilligen Verfügung nach den
allgemeinen Auslegungsregeln zu ermitteln, namentlich durch die
erläuternde Auslegung, hilfsweise durch die ergänzende
Auslegung.
2. Erst wenn sich nach den allgemeinen Auslegungsregeln kein
eindeutiges Ergebnis ergibt, ist auf die nachrangigen
gesetzlichen Auslegungsregelungen des § 2018 Abs. 2 Satz 1 BGB
und des § 2069 BGB zurückzugreifen.
3. Wenn ein vom Erblasser als Nacherbe bedachter Abkömmling nach
Testamentserrichtung wegfällt, ist gemäß § 2069 BGB zwar im
Zweifel anzunehmen, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht
sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle
treten würden. Dies gilt aber nicht, wenn ein als Nacherbe
eingesetzter Abkömmling aus freien Stücken als Erbe wegfällt und
dafür etwas erhält, etwa dann, wenn er sein
Nacherbenanwartschaftsrecht veräußert.
OLG Braunschweig,
Beschl. v. 13.5.2020 – 3 W 74/20
HöfeO
§§ 1 Abs. 1 S. 1, 8 Abs. 1; BGB §§ 1416, 1418
Ehegattenhof i. S. d. HöfeO und Gütergemeinschaft
1. Gehört im
Zeitpunkt des Erbfalls ein Hof i. S. d. HöfeO zum Gesamtgut der
Eheleute, dann wird der überlebende Ehegatte Hoferbe.
2. Das Gesamtgut entsteht kraft Gesetzes an allen beweglichen
und unbeweglichen Sachen. Eines dinglichen Übertragungsaktes
bedarf es nicht. Bei Grundstücken ist die entsprechende
Eintragung im Grundbuch nicht konstitutiv. Das Grundbuch ist
lediglich unrichtig. Der nicht eingetragene Ehegatte hat einen
Anspruch auf Berichtigung gemäß § 1416 Abs. 3 BGB. Die
Gütergemeinschaft ist durch den notariellen Ehevertrag wirksam
vereinbart. Es bedarf auch keiner Eintragung in das
Güterrechtsregister.
OLG Hamm, Beschl. v.
8.8.2019 – 10 W 94/18
Gesellschaftsrecht
HGB §
171 Abs. 1 u. 2
Einwendungen des Kommanditisten nach Begleichung
der Gesellschaftsschulden durch übrige Kommanditisten
Der Kommanditist
kann gegen seine Inanspruchnahme entsprechend § 422 Abs. 1 Satz
1, § 362 Abs. 1 BGB einwenden, dass durch Zahlungen anderer
Kommanditisten der zur Deckung der von der Haftung erfassten
Gesellschaftsschulden nötige Betrag bereits aufgebracht wurde.
Die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Kommanditisten ist
nicht allein davon abhängig, ob diese Gesellschaftsschulden aus
der aktuell zur Verfügung stehenden Insolvenzmasse gedeckt
werden können.
BGH, Urt. v.
21.7.2020 – II ZR 175/19
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