Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BeurkG a. F. § 54 Abs. 2 Nr. 1; BeurkG n. F. § 57 Abs. 2 Nr. 1
Berechtigtes Sicherungsinteresse; Notaranderkonto; Hinterlegung;
Beurteilungsspielraum des Notars
a) Dem Notar steht
bei der Prüfung der Frage, ob ein berechtigtes
Sicherungsinteresse für eine Hinterlegung von Geld auf einem
Notaranderkonto besteht, ein gerichtlich nur eingeschränkt
überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
b) Dementsprechend kommt ein Einschreiten der Dienstaufsicht nur
in eindeutigen Fällen in Betracht, etwa wenn der Notar seinen
Beurteilungsspielraum ersichtlich nicht ausgeübt oder
überschritten hat oder sich allein von dem nicht berechtigten
Wunsch der Beteiligten hat leiten lassen. Der Aufsichtsbehörde
ist es verwehrt, ihr eigenes Beurteilungsermessen an die Stelle
derjenigen des Notars zu setzen.
BGH, Urt. v. 16.11.2010
– NotSt(Brfg) 2/19
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 883, 398, 158
Zulässigkeit eines Grundbuchvermerks bei aufschiebend bedingter
Abtretung des vorgemerkten Anspruchs
1. Zur Sicherung
eines Rückauflassungsanspruchs, der im Voraus an einen Dritten
bedingt durch den Tod des zunächst Berechtigten und unabhängig
von einer Geltendmachung des Anspruchs durch diesen abgetreten
wurde, ist nur eine Vormerkung im Grundbuch einzutragen.
2. Zur Verlautbarung der sukzessiven Berechtigung des Dritten im
Grundbuch ist die Eintragung eines Vermerks über die
aufschiebend bedingte Abtretung des durch die Vormerkung
gesicherten Anspruchs zumindest zulässig.
OLG Stuttgart,
Beschl. v. 29.10.2019 – 8 W 272/19
GBO §
12 Abs. 1
Kein allgemeiner Grundbucheinsichtsanspruch aus Abgeordnetenstellung
a) Einem
Abgeordneten des Deutschen Bundestages oder der Volksvertretung
eines Landes steht nicht allein aufgrund seiner Stellung als
Abgeordneter ein Anspruch auf Grundbucheinsicht nach § 12 Abs. 1
GBO zu.
b) Die Kontrollfunktion der Parlamente gegenüber Regierung und
Verwaltung kann ein öffentliches Interesse an der
Grundbucheinsicht begründen, das der einzelne Abgeordnete als
berechtigtes Interesse i. S. v. § 12 GBO geltend machen kann; dies
setzt aber voraus, dass die Grundbucheinsicht der Aufklärung von
Missständen oder Fehlverhalten im Bereich der Exekutive dient
und nicht lediglich allgemeinen Informationszwecken.
BGH, Beschl. v.
9.1.2020 – V ZB 98/19
Familienrecht
BGB
§§ 1671 Abs. 1 S. 2, 1969 Abs. 1
Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil
als Gewähr für die Umsetzung des Wechselmodells
1. Sorge- und
Umgangsrecht sind zwei eigenständige Verfahrensgegenstände,
sodass eine im Verfahren zum Umgangsrecht erlassene Entscheidung
keine übergreifende Bindungswirkung auch für den anderen
Verfahrensgegenstand entfaltet. Auf eine erstmalige Entscheidung
über das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist § 1696 Abs. 1 BGB nicht
anzuwenden.
2. Die vom BGH aufgestellten Grundsätze zur Anordnung des
Wechselmodells für das Umgangsrecht gegen den Willen eines
Elternteils können auch im Rahmen der Übertragung des
Aufenthaltsbestimmungsrechts herangezogen werden.
3. Gerade wenn ein Elternteil das Wechselmodell ablehnt, ist es
geboten, sofern das Wechselmodell dem Kindeswohl am besten
entspricht, das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht demjenigen
Elternteil zu übertragen, der die Gewähr für dessen Umsetzung
bietet.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
OLG Brandenburg, Urt. v. 23.3.2020 – 15 UF
68/17
VersAusglG §§ 33 Abs. 3, 34 Abs. 3; BGB §§ 1573 Abs. 2, 1578 lit. b
Abs. 2
Entscheidungsanpassung bzgl. Versorgungsausgleich wegen Unterhalt
1. Bei der
Wertgrenze des § 33 Abs. 3 Hs. 2 VersAusglG (Differenz der
beiderseitigen Ausgleichswerte) sind nur diejenigen Anrechte zu
berücksichtigen, aus denen die ausgleichspflichtige Person
tatsächlich eine im Beurteilungszeitpunkt laufende Versorgung
bezieht. Sie greift deshalb nicht ein, solange der
Ausgleichspflichtige eine laufende Leistung allein aus seiner
eigenen Versorgung bezieht, nicht aber auch aus der Versorgung,
welche er infolge des Versorgungsausgleichs erhalten hat.
2. Für die Berechnung der Wertdifferenz kommt es auf die
aktuellen Werte ab dem Wirksamwerden der Anpassung im Sinne von
§ 34 Abs. 3 VersAusglG an, nicht auf diejenigen bei Ehezeitende.
Wertveränderungen im Saldo können bei der Entscheidung über die
Aussetzung der Kürzung berücksichtigt werden, wenn sie während
des laufenden Verfahrens eingetreten sind und in der
gerichtlichen Entscheidung der jeweilige Aussetzungsbetrag der
Höhe nach konkret festgelegt wird.
OLG
Schleswig, Beschl. v. 19.6.2020 – 15 UF 151/19
Gesellschaftsrecht
GenG § 25 Abs. 3 S. 1
Ermächtigung einzelner Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft zur
Alleinvertretung; Mitwirkung des zu Ermächtigenden
1. Ermächtigen zur
Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder einer eingetragenen
Genossenschaft einzelne Mitglieder gemäß § 25 Abs. 3 S. 1 GenG
zur Vornahme bestimmter Geschäfte, so können diese an der
Beschlussfassung mitwirken.
2. Das zu ermächtigende Vorstandsmitglied muss an seiner eigenen
Ermächtigung mitwirken, wenn der Vorstand nur aus zwei
Mitgliedern besteht und das weitere Mitglied allein nicht
vertretungsbefugt ist.
OLG Bamberg, Beschl.
v. 25.3.2020 – 4 W 21/20
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