Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
GBO §
47; BGB § 461
Überlassungsvertrag; Rückübertragungsanspruch; Angabe des
Anteilsverhältnisses
Der Grundsatz, dass
bei einem schuldrechtlich zugunsten mehrerer Berechtigter
bestellten Wiederkaufs- oder Vorkaufsrecht bei der Eintragung
einer Vormerkung die Angabe des Anteilsverhältnisses gemäß § 47
GBO entbehrlich ist, gilt auch für den bedingten
Rückübertragungsanspruch aus einem Überlassungsvertrag, wenn die
entsprechende Anwendung von § 461 BGB vereinbart wurde. Für die
Eintragung genügt der Hinweis auf § 461 BGB.
OLG Nürnberg, Beschl.
v. 25.11.2020 – 15 W 3458/20
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 1004, 906
Unzumutbare Blendwirkung durch Dachziegel
Von glasierten
Dachziegeln kann eine für den Nachbarn unzumutbare Blendwirkung
und damit eine Beeinträchtigung i. S. v. §§ 1004 Abs. 1, 906
Abs. 1 BGB ausgehen.
OLG Hamm, Urt. v.
25.5.2020 – 5 U 113/17
Erbrecht
BGB
§§ 211, 1964 Abs. 2, 1966
Hemmung der Verjährung bei Fiskalerbschaft
1. Der Gesetzgeber
hat lediglich den Fall der Annahme der Erbschaft geregelt, nicht
aber den Fall der Feststellung einer Fiskalerbschaft nach § 1964
BGB. Diese Regelungslücke ist planwidrig.
2. Die Interessenlage eines Nachlassgläubigers ist vergleichbar.
Die durch § 211 BGB bewirkte Ablaufhemmung soll den Gläubiger
vor solchen Verzögerungen bewahren, die sich aus der
Notwendigkeit der Feststellung von Erben ergeben.
3. Wird aber kein Erbe festgestellt und - aus welchen Gründen
auch immer - kein Nachlasspfleger bestellt, sondern endet die
Erbenermittlung mit der Feststellung der Fiskalerbschaft nach §
1964 BGB, kann der Gläubiger bis zu diesem Zeitpunkt seine
Forderungen gegen den Nachlass nicht durchsetzen und auch keine
verjährungshemmenden Maßnahmen ergreifen.
4. Die durch § 211 BGB analog bewirkte Ablaufhemmung entspricht
den Wirkungen von § 210 BGB. Wie § 210 BGB lässt auch § 211 BGB
den Beginn und den Lauf der Verjährung unberührt. Hier wie dort
wird der Eintritt der Verjährung im Umfang der Ablaufhemmung
hinausgeschoben. Auch wenn die Verjährungsfrist zu diesem
Zeitpunkt bereits abgelaufen sein sollte, tritt die Verjährung
erst ein, wenn sechs Monate nach dem Zeitpunkt verstrichen sind,
in dem die „Handlungsfähigkeit“ des Nachlasses wiederhergestellt
ist.
5. Die Möglichkeit der Staatskasse, beim Nachlassgericht eine
Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB zu beantragen, schließt die
analoge Anwendung von § 211 BGB nicht aus.
LG Freiburg, Beschl.
v. 14.10.2020 – 4 T 135/20
BGB
§§ 2265, 2269, 2270 Abs. 1, 2271 Abs. 2, 2289
Auslegung eines Änderungsvorbehalts in gemeinschaftlichem
Ehegattentestament
1.
Zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments, in dem sich
die Ehegatten eine Änderung der Schlusserbeneinsetzung ihres
einzigen Kindes auch für den Fall vorbehalten hatten, dass es
„mit unserem Sohn zu familiären Zuwiderhandlungen kommt“.
2. Zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer auf einen solchen
Widerrufsvorbehalt gestützten Änderungsberechtigung des
letztverstorbenen Elternteils, wenn in der Neutestierung des
überlebenden Ehegatten das Vorliegen von „familiären
Zuwiderhandlungen“ im Wesentlichen mit der mangelnden
Kontaktpflege des Sohnes begründet wird.
3. Unabhängig davon, welche gemeinsamen Vorstellungen der
Ehegatten über Art und Ausmaß eines nicht mehr tolerablen
Störverhaltens ihres Sohnes zu einem solchen Widerrufsvorbehalt
geführt haben, gehört die von den Eheleuten damit
übereinstimmend verfolgte Zielsetzung zu den tatbestandlichen
Voraussetzungen der Änderungsklausel mit der Folge, dass der
überlebende Ehegatte hieran eben auch in Bezug auf die
Beweggründe gebunden ist, von denen er sich bei der Ausübung
seiner Änderungsbefugnis leiten lässt.
4. Es liegt offenkundig jenseits dieser übereinstimmenden
Zielsetzung der Ehegatten, wenn der Erblasser nach dem Tod der
Ehefrau eine derartige Änderungsklausel ausschließlich bzw.
vorrangig dazu nutzen will, nunmehr zur hälftigen Miterbin
(neben dem Sohn) seine langjährige Lebensgefährtin zu berufen,
mit der er bereits wenige Jahre nach dem gemeinschaftlichen
Testament eine außereheliche Beziehung eingegangen war, welche –
voraussehbar – auch zu einem tiefgreifenden Konflikt zwischen
dem Erblasser und seinem Sohn geführt hatte.
OLG Bamberg, Beschl.
v. 9.10.2020 – 3 W 43/20
Steuerrecht
ErbStG § 10 Abs. 3 u. 5; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Keine Geltendmachung des (fiktiven) Pflichtteils trotz Fiktion des §
10 Abs. 3 ErbStG nach zivilrechtlicher Verjährung
1.
Im Erbschaftsteuerrecht gelten die infolge des Erbanfalls durch
Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und
Belastung zivilrechtlich erloschenen Rechtsverhältnisse gemäß §
10 Abs. 3 ErbStG als nicht erloschen. Diese Fiktion umfasst auch
das Recht des Pflichtteilsberechtigten, der der Alleinerbe des
Pflichtteilsverpflichteten ist, die Geltendmachung des
Pflichtteils fiktiv nachzuholen.
2. Die Fiktion des § 10 Abs. 3 ErbStG reicht jedoch nicht so
weit, dass der zivilrechtlich aufgrund Konfusion erloschene
Pflichtteilsanspruch auch dann noch geltend gemacht werden kann,
wenn er im Zeitpunkt der Geltendmachung zivilrechtlich verjährt
war.
BFH, Urt. v. 5.2.2020 – II R 1/16
GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 1; BewG § 13, Anl. 9a
Bemessungsgrundlage bei Verlängerung des Erbbaurechts
Wird
ein Erbbaurecht gegen Vereinbarung eines Erbbauzinses
verlängert, ist grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage
der kapitalisierte Erbbauzins für die Verlängerungszeit.
BFH, Beschl. v.
23.4.2020 – II B 80/19
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