Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
WEG
a. F. § 16 Abs. 3
Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch Beschluss
1. Die Aufgabe eines
Verteilungsschlüssels zugunsten eines neuen Verteilungsmaßstabes
durch Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 WEG setzt nicht
voraus, dass der geltende Kostenverteilungsschlüssel einzelne
Wohnungseigentümer benachteiligt oder dass aufgrund sonstiger
Umstände eine Neuregelung erforderlich ist. Den
Wohnungseigentümern steht aufgrund ihres
Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu,
der lediglich durch das Willkürverbot beschränkt wird.
2. Das gilt auch, wenn die Wohnungseigentümer die in § 6 Abs. 4
HeizkostenV genannten Abrechnungsmaßstäbe ändern. Insoweit
stellt das Kriterium des „sachgerechten Grundes“ i. S. d. § 6
Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 HeizkostenV lediglich eine Ausprägung des
allgemeinen Willkürverbots dar.
3. Der für die Verteilung der verbrauchsunabhängigen
Warmwasserkosten maßgebliche Begriff der „Wohnfläche“ i. S. d. §
8 Abs. 1 HeizkostenV kann unter Rückgriff auf die Bestimmungen
der Wohnflächenverordnung und damit unter Einbeziehung von
Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen ermittelt werden.
Die Wohnungseigentümer können aber auch eine andere
Berechnungsmethode festlegen
BGH, Urt. v.
2.10.2020 – V ZR 282/19
Erbrecht
BGB §§ 1960, 2361, 2365
Einziehung eines Erbscheins als Voraussetzung einer
Nachlasspflegschaft; keine Einziehung bei Gewissheit über
Urheberschaft des Testaments
1. Hat das
Nachlassgericht bereits einen Erbschein erteilt, schließt dies
in der Regel aus, dass die Erben „unbekannt“ sind. Die
Bestellung eines Nachlasspflegers kommt dann regelmäßig nicht in
Betracht.
2. Etwas anderes kann dann gelten, wenn dem Nachlassgericht ein
wohlbegründeter Antrag auf Einziehung des Erbscheins vorliegt
(Fortführung von BayObLGZ 1960, 405).
3. Vor der Bestellung eines Nachlasspflegers hat das
Nachlassgericht in einem solchen Falle als Vorfrage zu prüfen,
ob die Voraussetzungen für die Einziehung eines Erbscheins
vorliegen.
4. Für diese Vorprüfung bleibt auch dann der Rechtspfleger
zuständig, wenn für das Einziehungsverfahren der Richter
zuständig ist.
OLG München, Beschl.
v. 18.6.2020 – 31 Wx 553/19
Gesellschaftsrecht
BGB §§ 133, 157; GG Art. 9 Abs. 2; VereinsG § 3 Abs. 1; VwGO § 61
Nr. 2
Keine Klagebefugnis der ehemaligen Mitglieder eines aufgelösten
Vereins
1. Mit seiner
endgültigen Selbstauflösung erlischt ein Verein und ist damit in
einem Rechtsstreit grundsätzlich nicht mehr beteiligtenfähig.
2. Die Klage eines Vereins gegen ein Vereinsverbot ist mangels
Beteiligtenfähigkeit unzulässig, wenn der Verein selbst
substantiiert vorträgt, dass er sich vor der Verbotsverfügung
(und vor Klageerhebung) aufgelöst habe.
3. Die Parteibezeichnung in einer Klagschrift ist grundsätzlich
auslegungsfähig. Gemäß §§ 133, 157 BGB ist insoweit der
objektive Empfängerhorizont maßgeblich.
4. Die Klage der ehemaligen Mitglieder eines verbotenen Vereins
ist mangels Klagebefugnis unzulässig, wenn diese substantiiert
geltend machen, der Verein habe sich vor der Verbotsverfügung
(und vor Klageerhebung) aufgelöst.
OVG Bremen, Urt. v.
9.6.2020 – 1 D 137/13
Steuerrecht
GrStG §§ 10 Abs. 1, 13 Abs. 1 S. 2, 17;
AO § 182 Abs. 2
Bindungswirkung des Grundsteuermessbescheids gegenüber dem
Rechtsnachfolger
Der notwendige
Inhalt eines Grundsteuermessbescheids – der
Grundsteuermessbetrag, der Einheitswert und die Steuermesszahl –
bindet auch den Rechtsnachfolger (sog. dingliche Wirkung des
Grundsteuermessbescheids). Wird eine Neuveranlagung des
Grundsteuermessbetrags nach einer Zurechnungsfortschreibung des
Einheitswerts durchgeführt, beschränkt sich die Neuveranlagung
auf die Bestimmung des neuen Steuerschuldners. Eine geänderte
Steuermesszahl wird nicht berücksichtigt. Eine solche kann im
Rahmen einer Neuveranlagung zur Fehlerbeseitigung
Berücksichtigung finden.
BFH, Urt. v.
12.2.2020 – II R 10/17
Verfahrensrecht
InsO
§§ 38, 39 Abs. 1, 187, 201 Abs. 2, 294 Abs. 1
Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Eintragung in der
Insolvenztabelle während des Restschuldbefreiungsverfahrens
1. Widerspricht der
Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als
vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger
auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung
der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu
erteilen.
2. Das während der Wohlverhaltensphase im
Restschuldbefreiungsverfahren geltende Vollstreckungsverbot
steht der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der
Tabelle nicht entgegen.
3. Durch Ausschüttungen im Rahmen des Verteilungsverfahrens
werden mehrere Forderungen eines Insolvenzgläubigers nach dem
Verhältnis ihrer Beträge berichtigt; abweichende
Anrechnungsvorschriften finden keine Anwendung.
BGH, Beschl. v. 18.6.2020 – IX ZB 46/18
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