Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 104 Nr. 2, 1896 Abs. 2; FamFG § 26
Potentielle Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht wegen
Geschäftsunfähigkeit; Geschäftsunfähigkeit als Rechtsbegriff
a) Kann die
Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt
werden, bleibt es bei der wirksamen Bevollmächtigung (im
Anschluss an Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 – XII ZB
425/14, FamRZ 2016, 701).
b) Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der
Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war,
hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären.
Dabei ist die Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB kein
medizinischer Befund, sondern ein Rechtsbegriff, dessen
Voraussetzungen das Gericht unter kritischer Würdigung des
Sachverständigengutachtens festzustellen hat.
BGH, Beschl. v.
29.7.2020 – XII ZB 106/20
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB §
307 Abs. 3 S. 1
Keine AGB-Kontrolle bzgl. einer Bereitstellungsprovision
Eine Klausel in
einem Verbraucherdarlehensvertrag, die eine
Bereitstellungsprovision von 0,25 % pro Monat vorsieht, ist als
Preishauptabrede i. S. v. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der
AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen.
BGH, Beschl. v.
24.3.2020 – XI ZR 516/18
Erbrecht
BGB
§§ 666, 2216 Abs. 2, 2227 Abs. 1
Antragsbefugnis auf Entlassung des Testamentsvollstreckers
Ein Miterbe, dessen
Anteil der Testamentsvollstreckung unterliegt, kann sowohl einen
Antrag auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers betreffend
seinen eigenen der Testamentsvollstreckung unterworfenen
Erbanteil als auch betreffend einen Erbanteil eines weiteren
Miterben stellen, der ebenfalls von der Testamentsvollstreckung
umfasst ist. (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats =
OLG München Beschluss v. 22.09.2005 – 31 Wx 46/05).
OLG München, Beschl.
v. 9.7.2020 – 31 Wx 455/19
BGB
§§ 1970 ff.; FamFG §§ 454 ff.
Rechtsschutzbedürfnis im Aufgebotsverfahren trotz nur geringfügig
zu erwartender Forderungen
Das
Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufgebotsverfahren zum Zwecke der
Ausschließung von Nachlassgläubigern (§§ 1970 ff. BGB) darf
jedenfalls grundsätzlich nicht mit der Begründung verneint
werden, das Verfahren werde nur wegen einer geringfügigen
Forderung eines Gläubigers betrieben, die deutlich unter den
Kosten des Aufgebotsverfahrens liegt. Sinn und Zweck des
Aufgebotsverfahrens besteht gerade darin, aufzuklären, ob und in
welcher Höhe (weitere) Nachlassverbindlichkeiten bestehen.
OLG Hamm, Beschl. v.
14.2.2020 – 15 W 6/20
BGB §§ 2110 Abs. 2, 2113; GBO § 51
Entgeltlichkeit eines Vorausvermächtnisses
Ist mehreren
Vorerben durch notarielle Verfügung von Todes wegen ein
Vorausvermächtnis an einem Grundstück zugewandt worden und
erfolgt die Übertragung dieses Grundstücks in Erfüllung dieses
Vorausvermächtnisses, so ist die Entgeltlichkeit dieser
Verfügung nachgewiesen.
Bei einer Mehrheit von Vorerben ist das Vorausvermächtnis nicht
in dem Erbschein aufzunehmen.
OLG Hamm, Beschl. v.
21.1.2020 – 15 W 433/19
Steuerrecht
ErbStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1
Gemischte Schenkung im Rahmen einer Teilerbauseinandersetzung
1. Übernimmt bei
einer Teilerbauseinandersetzung ein Miterbe eine Immobilie und
der andere Miterbe ein landwirtschaftliches Hofgut, das er kurz
nach der Teilerbauseinandersetzung veräußert, so liegt eine
gemischte Schenkung zwischen den Miterben vor, wenn der auf
Basis des Liquidationswerts festgestellte Grundbesitzwert des
Hofguts den festgestellten Grundbesitzwert für die Immobilie um
mehr als das Doppelte übersteigt und den Erben zum Zeitpunkt der
Teilerbauseinandersetzung der erhebliche Wertunterschied auch
bewusst und bekannt war.
2. Der Wert der Bereicherung ist bei einer gemischten Schenkung
durch bloßen Abzug der Gegenleistung vom Grundbesitzwert des
zugewendeten Grundbesitzes zu ermitteln. Soweit dies im
Einzelfall einen Unterschied zwischen dem nach dem
Bewertungsgesetz ermittelten Wert und dem gemeinen Wert ergibt,
ist dies aufgrund der typisierenden Bewertungsmethoden
hinzunehmen.
3. Besteht bei einer gemischten Schenkung eine auffallende
Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung, begründet dies
die widerlegbare Vermutung, dass dem Zuwendenden der
Wertunterschied bekannt und bewusst war. Ein solches
Missverhältnis wird regelmäßig bei einer Diskrepanz von 20 bis
25 % angenommen.
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 12.2.2020 –
7 K 3078/18
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