Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 1767, 1769; EGBGB Art. 6; FamFG §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 108 Abs. 1,
109
Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung; ordre public
a) Über die
Anerkennungsfähigkeit einer Volljährigenadoption, die durch ein
ausländisches Gericht oder eine ausländische Behörde
ausgesprochen worden ist, wird im Verfahren nach § 108 Abs. 2
Satz 1 FamFG entschieden; auf dieses Verfahren finden die
speziellen Vorschriften zum Adoptionsverfahren nach den §§ 186
ff. FamFG keine Anwendung.
b) Die Entscheidung des Amtsgerichts, eine ausländische
Erwachsenenadoption anzuerkennen, ist aus diesem Grunde nicht
gemäß § 197 Abs. 3 FamFG unanfechtbar, sondern unterliegt nach
den allgemeinen Regeln der Beschwerde gemäß § 58 FamFG.
c) Jedenfalls dann, wenn die Kinder des Annehmenden im
ausländischen Adoptionsverfahren weder beteiligt noch angehört
wurden, sind sie im Anerkennungsverfahren als Beteiligte gemäß §
7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG hinzuzuziehen und zur Beschwerde gegen die
positive Anerkennungsentscheidung berechtigt.
d) Der Umstand, dass die Kinder des Annehmenden im ausländischen
Adoptionsverfahren nicht beteiligt oder angehört worden sind,
führt nicht dazu, dass der ausländischen Adoptionsentscheidung
nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG die Anerkennung zu versagen wäre.
Denn die Kinder des Annehmenden sind in einem inländischen
Adoptionsverfahren ungeachtet ihrer unmittelbaren
Rechtsbetroffenheit nicht Beteiligte, sondern ihre
Verfahrensrechte sind kraft spezialgesetzlicher Regelung (§§
188, 193 FamFG) auf ein Anhörungsrecht beschränkt.
e) Zum materiellen und verfahrensrechtlichen ordre public (§ 109
Abs. 1 Nr. 4 FamFG) bei der Anerkennung ausländischer
Volljährigenadoptionen.
BGH, Beschl. v.
27.5.2020 – XII ZB 54/18
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 133, 157
Einheitliches Vertragsverhältnis trotz getrennter Vertragsurkunden
Ein einheitlicher
Vertrag liegt auch bei getrennten Urkunden vor, wenn die
Wirksamkeit des einen Vertrages von der Wirksamkeit des anderen abhängig
ist und beide Verträge nur einheitlich gekündigt werden können.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
OLG Brandenburg,
Urt. v. 18.2.2020 – 3 U 65/19
BGB §
536 Abs. 1; GlüStV § 25 Abs. 2; GewO § 33i
Behördliche Untersagung des Betriebs mehrerer Spielhallen als Mangel
des Mietobjekts
1. Die auf § 25 Abs.
2 GlüStV gestützte behördliche Untersagung des Betriebs mehrerer
Spielhallen in einem Gebäude stellt einen Sachmangel der
Mietsache dar, wenn der Betrieb von mehreren Spielhallen als
einer von mehreren Zwecken im Mietvertrag bestimmt worden ist
(im Anschluss an KG, Urteil vom 14.07.2014 – 8 U 140/13 –, NJOZ
2014, 1688 ff.). Denn die Ursache des behördlichen Verbots liegt
in der Beschaffenheit oder der Lage des Mietobjekts.
2. Ist in dem Mietvertrag das Risiko gewerberechtlicher
Genehmigungen auf den Mieter vereinbart, führt dies nicht zu
einer abweichenden Beurteilung. Denn damit ist für gewöhnlich
nicht die Überwälzung des Risikos der baulichen Beschaffenheit
des Mietobjektes für den vereinbarten Vertragszweck vom
Vermieter auf den Mieter gewollt.
3. Der Mieter kann sich auf ein Minderungsrecht wegen
treuwidrigen Verhaltens nicht berufen (§ 242 BGB), wenn er durch
Ausübung einer ihm vertraglich eingeräumten Verlängerungsoption
einen auf einer ihm bekannten Gesetzesänderung beruhenden
(unbehebbaren) Sachmangel erst herbeiführt. Eine direkte oder
analoge Anwendung von § 536b BGB kommt insoweit aber nicht in
Betracht (im Anschluss an BGH, Urteil vom 05.11.2014 – XII ZR
15/12 –, NJW 2015, 402 ff.).
OLG Hamm, Urt. v.
8.4.2020 – 30 U 107/19
Familienrecht
BGB
§§ 730 ff., 1379, 1605
Anspruch auf Mitwirkung an gesellschaftsrechtlicher
Auseinandersetzungsbilanz
Der
familienrechtliche Grundsatz der Einheitlichkeit des
Auskunftsanspruchs gilt nur für gesetzlich ausdrücklich
geregelte familienrechtliche Auskunftsansprüche. Er lässt sich nicht auf einen aus Treu und Glauben erwachsenen
Auskunftsanspruch übertragen. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 19.3.2020 – 9 UF 134/18
Erbrecht
BGB §§ 1812 Abs. 1, 1915, 1960
Keine generelle Pflicht des Nachlasspflegers zur Auflösung von
Aktiendepots
1. Im Rahmen einer
Nachlasspflegschaft gibt es auch für Aktienvermögen keine
generelle Pflicht zur Umschichtung in eine mündelsichere Anlage.
Der Nachlasspfleger hat vielmehr im Rahmen pflichtgemäßen
Ermessens zu entscheiden, inwieweit im Hinblick auf die nach
Kapitalanlagekriterien zu ermittelnden Risiken eine Fortführung
des Aktieninvestments vertretbar erscheint (im Anschluss an OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2019 – I-3 Wx 8/19 –; OLG Hamm,
Beschluss vom 07.04.2017 – 15 W 136/17).
2. Auch die durch die Corona-Krise verursachten Verwerfungen auf
dem Kapitalmarkt dürften keinen Anlass geben, ein Aktiendepot
insgesamt aufzulösen. Inwieweit es geboten sein könnte, Teile
des Depots zu verkaufen oder umzuschichten, dürfte nur – ggf.
mit Hilfe fachkundiger Beratung – für jede Aktienposition
gesondert entschieden werden können.
OLG Braunschweig,
Beschl. v. 20.4.2020 – 3 W 37/20
Notarrecht/Verfahrensrecht
GG
Artt. 1, 2, 14, 19 Abs. 4; ZPO § 765a; ZVG §§ 180 ff.
Einstellung des Teilungsversteigerungsverfahrens wegen konkreter
Suizidgefahr auch nach langjähriger Verfahrensdauer
Das
Vollstreckungsgericht darf ein Teilungsversteigerungsverfahren
nicht fortsetzen, wenn nicht sichergestellt werden kann, dass
sich die Gefahr des Suizides eines am
Teilungsversteigerungsverfahren Beteiligten bei Ergehen des
Zuschlags nicht doch verwirklicht. Dies gilt selbst dann, wenn
das Verfahren schon zehn Jahre andauert und angesichts des
fortgeschrittenen Alters des Betreibenden nicht abzusehen ist,
ob er es noch erleben wird, die in der Immobilie gebundenen
Werte für seine eigene Lebensführung einsetzen zu können.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
BGH, Beschl. v.
7.11.2019 – V ZB 135/18
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