Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BeurkG § 17 Abs. 2a; BGB §§ 13, 14
Verbrauchereigenschaft; Klärung durch Notar; Zwei-Wochen-Frist; sicherster Weg
a) Der Notar muss,
wenn er um Beurkundung einer auf einen Vertragsschluss
gerichteten Willenserklärung ersucht wird, klären, ob es sich um
einen Verbrauchervertrag im Sinne des § 17 Abs. 2a BeurkG
handelt, sofern der Status des Urkundsbeteiligten nicht
offensichtlich ist.
b) Verbleiben hiernach Zweifel an der Verbrauchereigenschaft des
Urkundsbeteiligten, muss der Notar den sichersten Weg wählen und
den Beteiligten wie einen Verbraucher behandeln. Auf die
Einhaltung der Wartefrist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG
ist auch in diesem Fall hinzuwirken.
BGH, Urt. v.
28.5.2020 – III ZR 58/19
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB §§ 125 S. 1, 311b Abs. 1 S. 1, 134, 814, 899 Abs. 1 u. 2 S.
2, 888 Abs. 2; StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 942
Bedürfnis für Eintragung eines Widerspruchs gegen nichtige
Vormerkung
Ein Bedürfnis für
die Eintragung eines Widerspruchs gegen eine Vormerkung, deren
Nichtigkeit sich aus einer Formunwirksamkeit des Kausalgeschäfts
ergibt, besteht dort, wo die Gefahr eines Rechtsverlustes durch
einen gutgläubigen Erwerb Dritter besteht. Diese ist
insbesondere dann gegeben, wenn der nichtige
Grundstückskaufvertrag eine Belastungsvollmacht zugunsten des
avisierten Erwerbers vorsieht.
AG Steinfurt,
Beschl. v. 4.12.2019 – 21 C 988/19
Familienrecht
BGB
§§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1
Baulasterklärung für minderjährigen Grundstückseigentümer
1. Die Übernahme
einer Baulast ist eine Verfügung im Sinne des § 1821 Abs. 1 Nr.
1 BGB (wie OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9.5.1995 – 11 A
4010/92 – NJW 1996, 275 f.).
2. Eine tatsächliche Vermutung betrifft als Anscheinsbeweis
nicht die Beweislastverteilung, also die (rechtliche) Verteilung
des Risikos der Unaufklärbarkeit, sondern die Beweiswürdigung,
nämlich die tatsächliche Beurteilung eines Lebenssachverhalts.
3. Die tatsächliche Vermutung der Richtigkeit des
Baulastenverzeichnisses findet ihre Grundlage in der
Verpflichtung der Baurechtsbehörde, die Baulastbestellung vor
deren Eintragung auf ihre Wirksamkeit zu prüfen, wobei
typischerweise davon auszugehen ist, dass die Baurechtsbehörde
dieser Verpflichtung nachkommt, wenn aus deren Sicht zumindest
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Hindernisses
erkennbar sind und daher Anlass besteht, die Wirksamkeit der
Baulast insoweit einer Überprüfung zu unterziehen.
4. Im Jahre 1971 bestand aus Sicht der Baurechtsbehörde kein
Anlass, die Wirksamkeit einer von Eltern minderjähriger
Grundstückseigentümer als deren gesetzliche Vertreter
abgegebenen Baulasterklärung auf das Vorliegen einer
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1643 Abs. 1 i. V.
mit § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu überprüfen.
VGH
Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.3.2020 – 3 S 3378/19
Erbrecht
BGB
§§ 1836 Abs. 1, 1915 Abs. 1, 1962; VBVG § 3 Abs. 1 Nr. 2; InsO §§
209 Abs. 1, 324 Abs. 1 Nr. 4
Zur Vergütung eines berufsmäßigen Nachlasspflegers
Bei nicht
vollständig mittellosem Nachlass kommt es zu einer gespaltenen
Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers; in Höhe des
verfügbaren Nachlasses ist sie diesem zu dem (höheren)
Stundensatz gemäß § 1915 Abs. 1 BGB zu entnehmen, im Übrigen ist
die Vergütung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 VBVG gegen die Staatskasse
festzusetzen. Bezüglich der Frage, inwieweit bei der Bemessung
der Vergütung gemäß § 1915 Abs. 1 BGB Nachlassverbindlichkeiten
zu berücksichtigen sind, ist die Rangfolge des § 324 InsO zu
beachten. Danach sind die Gerichtskosten des Nachlassverfahrens
im Verhältnis zur Vergütung des Nachlasspflegers gleichrangig
und anteilig abzuziehen.
OLG Hamburg, Beschl.
v. 14.10.2019 – 2 W 72/19
Gesellschaftsrecht
GenG
§ 77a S. 1 u. 2
Keine Beendigung der Genossenschaftsmitgliedschaft bei Formwechsel
1. Die
Genossenschaftsmitgliedschaft einer eingetragenen Genossenschaft
endet nicht nach oder analog § 77a GenG mit ihrer Umwandlung
durch Formwechsel in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Eine solche Umwandlung hat weder die Auflösung noch das
Erlöschen der eingetragenen Genossenschaft zur Folge. Ebenso
wenig tritt eine Rechtsnachfolge ein.
2. Wird in der Mitgliederliste dennoch die Beendigung der
Mitgliedschaft vermerkt, hat die Gesellschaft gegen die
Genossenschaft einen auf Berichtigung gerichteten Anspruch.
OLG Naumburg, Urt.
v. 12.12.2019 – 1 U 125/19
Steuerrecht
UStG
§§ 1 Abs. 1a, 4 Nr. 8 lit. f, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 15 Abs. 2 S. 1
Nr. 1 S. 1; RL/2006/112/EG Artt. 19, 135 Abs. 1 lit. f, 168 lit. a
Keine Geschäftsveräußerung bei vollständiger Übertragung der Anteile
an einer GmbH
1. Die Inhaberschaft
von Anteilen an einer GmbH reicht (im Gegensatz zur
Inhaberschaft von Vermögenswerten dieser GmbH) für sich genommen
nicht hin, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit der
Veräußerin fortführen zu können.
2. Anders kann es sein, wenn die bisherige Organträgerin die
Anteile an der GmbH an die neue Organträgerin überträgt.
BFH, Urt. v.
18.9.2019 – XI R 33/18
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